Tim aus Elmshorn

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aleanjre
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Fr 18. Nov 2005, 02:32 - Beitrag #1

Tim aus Elmshorn

dpa: Der kleine Tim aus Elmshorn ist nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft vom Freund seiner Mutter erschlagen worden. Die Polizei nahm den 38 Jahre alten Lebensgefährten der 21-Jährigen Mutter fest. Oliver H. habe in einem Teilgeständnis zugegeben, den Jungen getötet zu haben. Der Junge starb an «massiver Gewaltanwendung gegen den Kopf». Gegen Oliver H. wurde Haftbefehl erlassen. Tim war schon einen Tag lang tot, als die Mutter den Jungen als vermisst meldete. Ihre zunächst falschen Angaben begründete die Alleinerziehende mit Befürchtungen wegen des Sorgerechts.

**********

Es ist einfach nur furchtbar...
Und so unverständlich. Was kann einen Menschen dazu bringen, ein solch kleines Kind zu töten?
Nein, eigentlich will ich es gar nicht wissen. Wie krank muss man sein, wie geringfügig die Hemmschwelle?

Feuerkopf
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Fr 18. Nov 2005, 09:57 - Beitrag #2

Du vermutest schon ganz richtig: Wie krank muss man sein...

Im Zusammenhang mit diesem Fall habe ich gestern irgendwo (Spiegel-Online?) gelesen, dass entgegen der öffentlichen Wahrnehmung die Zahl der schweren Kindesmisshandlungen und Kindstötungen deutlich zurückgegangen ist.
Gewalt gegen Kinder sei nur im allerseltensten Fall mit Lust an der Gewalt gekoppelt. Meistens seien Unwissenheit und Überforderung der Auslöser.
Schlimm genug.

Schrecklich, dass hier ein kleines Kind mal wieder für Streit und Stress zwischen Erwachsenen büßen musste. Warum bloß ist die Hemmschwelle so hoch, sich professionelle Hilfe zu suchen?!

aleanjre
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Fr 18. Nov 2005, 10:25 - Beitrag #3

Der öffentlichen Wahrnehmung bleibt ja gar nichts anderes übrig, als in beständiger Panik zu sein! Neuerdings wird ja selbst jeder versuchte Fall von Kindesentführung breit getreten - es genügt, das ein Mensch ein Kind vom Auto aus anspricht, um zumindest lokal für Warnmeldungen zu sorgen. Mindestens einmal im Monat verschwindet ein Kind und taucht nie wieder lebendig auf, die ganze Zeit geistern Name und Bild des Kindes durch alle Medien...

Gerade dieser Fall hier war von Anfang an so seltsam. Ein Kind verschwindet völlig spurlos, obwohl es eigentlich nicht hätte fähig sein dürfen die Haustür zu öffnen, eine Zeugin behauptet, es in der Nacht gesehen zu haben...
Da passte nichts. Man wusste von Anfang an: der Junge muss tot sein, da ist irgendwas passiert.

Feuerkopf
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Fr 18. Nov 2005, 11:04 - Beitrag #4

Hilflosigkeit und Überforderung werden häufig als Unfähigkeit betrachtet, auch von außen.
Unausgesprochen wird erwartet, dass man mit den Widrigkeiten des Lebens schon klar kommt. Dass Kinder schwierig und fordernd sein können und einen durchaus an die Grenzen treiben können, wird gern verschwiegen. Nicht jeder ist psychisch so stabil, alle Schwierigkeiten aushalten zu können.
Eigentlich weiß das jeder.
Aber trotzdem wird man schief angeguckt, wenn man laut darüber nachdenkt, mal einen Profi in Sachen Problembewältigung ansprechen zu wollen.

Ich will nicht die Tat entschuldigen, doch ich würde gern die Mechanismen verstehen, die dahinter stecken.

Ratte
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Fr 18. Nov 2005, 11:27 - Beitrag #5

Zitat von Feuerkopf:... Dass Kinder schwierig und fordernd sein können und einen durchaus an die Grenzen treiben können, wird gern verschwiegen. Nicht jeder ist psychisch so stabil, alle Schwierigkeiten aushalten zu können...


Mir ist das, als mein Großer vielleicht 3 Monate alt war, selbst mal so gegangen, dass ich nicht mehr weiter wußte. er brüllte und brüllte und brüllte. Er wollte weder Milch noch Tee noch schlafen. Die Windel war frisch, die Blähungen waren abgegangen, ikurz: ich wußte nicht, was er wollte. Ich wurde durch die Brüllerei immer nervöser und irgendwann hab ich ihn gepackt und geschüttelt. Doch noch in der gleichen Sekunde war ich so über meine eigene Reaktion erschrocken, dass ich selbst erst mal 'ne Runde heulte.

Ich habe mir mittlerweile angewöhnt, wenn ich an meine Grenzen komme, lasse ich meine Kinder auch mal brüllen, meckern oder heulen (Ausnahme ist ganz klar, wenn was passiert ist oder ein Kind schmerzen hat, aber das hört man und dann ist der Streß auch plötzlich ganz anders geartet. Man ist nicht mehr ungeduldig, sondern will nur noch irgendiwe helfen!) und gehe dann mal kurz raus, z.B. um eine zu rauchen. Dabei versuche ich, erstmal wieder runter zu kommen. Denn wenn ich mich aufrege, überträgt sich das nbur auf die Kinder, die ich dann erst Recht nicht beruhigen kann. Wenn ich mir aber mal ein paar Minuten "Auszeit" nehme, bin ich danach wieder entspannter und dann kehrt auch wieder Ruhe ein.

Bei mir klappt das so. Ich habe aber auch einen Mann, dem ich, wenn er von der Arbeit heimommt, mal die Kinder aufdrücken kann, um ein bißchen Ruhe zu tanken. Außerdem ist meine Schwiegermutter, die Beste von allen, nicht weit, und sie nimmt die Kinder oft mal zum Spazierengehen mit.
Wenn ich mir aber vorstelle, ich wäre alleinerziehend ohne Familie und Freunde in der Nähe.... Hm... Ich kann Gewalt gegen Kinder nicht tolerieren, aber ich kann nachvollziehen, wie es dazu kommen kann!


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