Die Osthoff-Entführung

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
Lykurg
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So 4. Dez 2005, 17:54 - Beitrag #21

Zitat von Aydee:Es ist ihre Welt.
Warum sollten sie ihre Welt verbiegen nur weil unsere Welt es für richtiger, besser... hält....?

Machen 'wir' ja auch nicht.
Darf ich dich, auch wenn es OT ist, darauf hinweisen, daß (wie die Presse berichtete) neulich im EU-Parlament ein "Iftar-Essen" stattfand, eine festliche Mahlzeit als Abschluß des Ramadan? Daß belgische Polizisten während eben dieses muslimischen Fastenmonats auf der Straße nicht rauchen sollen? Daß in Österreich gerade (wahlweise serbokroatische oder) türkische Sprachkurse zum verpflichtenden Bestandteil der Lehrerausbildung werden sollen?

(Wobei ich jedenfalls letzterem in der Sache eher zustimme. Besser, alle erhalten etwas schlechteren Unterricht, weil die Lehrerausbildung etwas leidet, als es werden Analphabeten produziert, weil die benachteiligten Kinder gar nichts mitbekommen - stark vereinfachend dargestellt.) Ich will nur vorsichtig andeuten, daß ein solches Entgegenkommen unsererseits durchaus vorhanden ist.

Es geht ja überhaupt nicht darum, ob Frau Osthoff ein Kopftuch trug. Ich gehe davon aus, da sie Muslimin geworden ist, und da es in diesen Ländern auch für nichtmuslimische Frauen ratsam bis selbstverständlich ist, sich dementsprechend zu verhalten. Ich bezweifle sehr, daß ihr möglicherweise ungewöhnlich selbstbewußtes Auftreten als Frau sie zum Entführungsopfer werden ließ. Sondern in ihr wurde einfach eine Repräsentantin des 'Westens' angegriffen, egal, inwieweit sie sich tatsächlich angepaßt hat, dort lebte, nach den dortigen Sitten lebte. Und ich meine nicht, daß 'der Westen' sich dort irgendwie beliebter machte, wenn er keine Frauen in diese Gebiete schickte.

Ein Artikel von Linksnet (leider schon von Oktober 2004, aber es sollte sich seitdem nicht massiv verschlimmert haben), stellt die Situation der Frauen im Irak allgemein sehr kritisch dar. Dort heißt es aber zugleich, das Engagement von Frauen sei anzuraten:
Es ist zu betonen, dass die Beteiligung von Frauen am Wiederaufbau des Irak nicht einfach nach Motto: "Frauen dazu und einmal umrühren" funktionieren kann. Es fehlt eine Geschlechterperspektive im Einklang mit der Oktober 2000 verabschiedeten UN-Resolution 1325. In dieser Resolution wird anerkannt, welche Bedeutung der Einbeziehung von Frauen und dem gender mainstreaming in allen Aspekten der post-conflict resolution und der Friedensoperationen zukommt. Forschungen über und politische Erfahrungen mit anderen Konfliktregionen und Nachkriegssituationen wie Nordirland, Bosnien-Herzegowina, Zypern, und Israel/Palästina belegen, dass Frauen oft eher befähigt sind, Brücken über ethnische, religiöse und politische Spaltungen zu schlagen und dass sie eine bedeutende Rolle im Rahmen des "peace-making" spielen können. Ich glaube, dass ein zukünftiger Frieden erreicht werden kann, wenn man sich mit Hilfe eines Wahrheits- und Versöhnungskomitees mit der Vergangenheit des Irak auseinandersetzt und sie aufarbeitet, um so eine Sensibilität gegenüber allen Formen von Menschenrechtsverletzungen einschließlich sexueller Gewalt zu entwickeln.
und endet sogar positiv:
Im Gegensatz zu den üblichen Darstellungen unterdrückter arabischer Frauen in den Medien haben Frauen im Irak sich in der neuen Situation auf verschiedene Weise als einfallsreicher und anpassungsfähiger erwiesen als Männer. Kleine informelle Geschäftsideen wie Essensstände schossen während der Periode der Wirtschaftssanktionen aus dem Boden. Die Qualifikationen im Handwerk und das Recycling von Kleidung und anderen Materialien bezeugen eine unglaubliche Kreativität. In der Post-Saddam-Periode haben Aktivistinnen sich über simple ethnische, religiöse und politische Barrieren hinweggesetzt und sich zusammengeschlossen, um in verschiedenen Fragen Einfluss auszuüben.

janw, es freut mich, daß du das ähnlich siehst. (Allerdings weiß ich nicht so recht, inwieweit die sehr spezielle Situation in Bayern wirklich mit dem Irak vergleichbar ist.^^) Zu ihrer Freilassung rief übrigens Moktada Sadr (Schiit) auf, mit einem Hinweis auf die Haltung Deutschlands im Krieg.

e-noon
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So 4. Dez 2005, 21:01 - Beitrag #22

@Aydee: Dass ich verstehe, dass man sich von seinen eingefleischten Vorstellungen nicht leicht lösen kann und unter Umständen nicht will, heißt nicht, dass ich das gutheiße, wenn diese Vorstellung die Unterdrückung von Frauen beinhalten.

Es würde imo sicherlich den "Umgang" mit muslemischen Staaten erleichtern, wenn dort Frauen aus westlichen Ländern - egal um welche Geschäfte welcher Art auch immer es geht - sich sehr im Hintergrund halten würden.
Das würde den Umgang erleichtern, aber wieso sollten WIR uns an SIE anpassen, wenn SIE UNSERE Hilfe wollen? Wieso sollten wir den Eindruck erwecken, dass Frauen für unsere Hilfeleistung nicht in Frage kommen, und ihr negatives Frauenbild dadurch noch stärken?

Ich denke, es wären mehr Menschen glücklich, wenn alle Menschen sich an unsere Gesetze halten würden, als wenn alle Menschen sich an die Gesetze einiger islamischer Länder halten würden. Darum ziehe ich unsere Gesetze ihren vor.

Ich weiß nicht, auf was sich dein EDIT bezog, aber ich poste einfach nur meine Meinung darüber ^^ Wer Recht hat in Bezug auf Meinungen, kann man wohl nur schwer beurteilen.

janw
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Mo 5. Dez 2005, 00:16 - Beitrag #23

Aydee, Deine Meinung ist eine mögliche von vielen, wie wir alle nur aufgrund unseres begrenzten Überblicks argumentieren können.

Lykurg, danke für den el Sadr :)
Sein Hinweis auf das Verhalten Deutschlands im Krieg spricht IMHO sehr dafür, daß es derzeit keine halbwegs rationale Beuteilung der Person Osthoffs und ihres Wirkens gibt, sondern die Präsenz einer Besatzungsmacht und eingedrungener Islamisten die Kulisse bilden, vor der sich alles abspielt.
Und im Zweifel könnten sich die Iraker mit den, wenn auch nicht geliebten, Islamisten solidarisieren, nur um die verhassten Amerikaner loszuwerden.
Eine Annäherung Merkels an das Bush-Regime könnte da alles andere als segensreich wirken.

Mit dem Verweis auf Bayern wollte ich nur mal auf den tatsächlichen Zustand von Gleichberechtigung der Frauen und von religiöser Neutralität des Staates in Mitteleuropa rekurrierren^^

Zitat von e-noon:Das würde den Umgang erleichtern, aber wieso sollten WIR uns an SIE anpassen, wenn SIE UNSERE Hilfe wollen? Wieso sollten wir den Eindruck erwecken, dass Frauen für unsere Hilfeleistung nicht in Frage kommen, und ihr negatives Frauenbild dadurch noch stärken?

Ich denke, es wären mehr Menschen glücklich, wenn alle Menschen sich an unsere Gesetze halten würden, als wenn alle Menschen sich an die Gesetze einiger islamischer Länder halten würden. Darum ziehe ich unsere Gesetze ihren vor.

Im Gegenteil, der Druck auf viele Länder, auch in der arabischen Welt, sich an die von uns (Westen) gemachten Gesetze der Globalisierung anzupassen, stürzt mehr Menschen in Armut, als er hierzueuropanordamerika glücklich macht.
Man kann das auf die Ölstaaten bezogen sicher etwas relativer sehen, allerdings kommen die Erlöse hauptsächlich den herrschenden Oligarchen zugute.

Und man muß einfach erkennen, daß die Wahrnehmung dessen, was wir tun, nicht auf die Frage nach unseren (guten^^) Absichten dabei abstellt, sondern darauf, wie stark dieses Tun konservierend für als schlecht empfundene Zustände wirkt.

Lykurg
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Mo 5. Dez 2005, 01:09 - Beitrag #24

Aydee, so weit sind unsere Positionen doch nun wirklich nicht auseinander! (Und auch wenn ich ein paar Texte zitiere, ist mein Beitrag auch in keiner Weise 'richtiger' oder 'besser' als deiner.) Meiner Meinung nach sollte sich ein Fremder in einem Land grundsätzlich so gut an die regionalen Sitten anpassen, wie es ihm möglich ist, ohne seine Identität aufzugeben. Und vielleicht ist der Linksnet-Artikel in den zitierten Passagen wirklich zu optimistisch hinsichtlich der Einsatzmöglichkeiten von Helferinnen. An anderen Stellen sieht er das auch (wie von mir beiläufig erwähnt) deutlich kritischer, warnt, daß beispielsweise eine aufoktroyierte Frauenquote sich letztlich schädlich auswirken würde, sobald das Land auf eigenen Füßen steht und zurückpendelt... -

Und ohne die Fähigkeit, sich in die Menschen hineinzuversetzen, können die Helfer vor Ort wohl wirklich wenig erreichen. (Allerdings ist ja genau das eher eine weibliche Qualität.) - Jedenfalls ist janws Hinweis auf unser aller begrenztes Wissen zutreffend; und wenn Ipsissimus sich gleich noch dazu äußert, klingt das vielleicht eher nach "Nur ein Beitrag, der ohne Einfluß fremder Quellen aus dem eigenen Verständis entsteht, kann mit einer gewissen Chance der Wahrheit entsprechen, wenn es eine solche überhaupt geben sollte."^^

janw, el Sadrs Hinweis verstehe ich genauso, deswegen hatte ich ihn auch erwähnt. - Jaja, die Binnenstaaten Mitteleuropas mit ihren speziellen dem Deutschen verwandten Sprachen...^^ - Und da ich jetzt ohnehin schon ins OT abdrifte, kann ich ja auch noch auf deine Globalisierungskritik eingehen - ach nein, das wäre mir dann doch zu weit weg vom Thema.^^ :crazy:

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Mo 5. Dez 2005, 01:47 - Beitrag #25

e-noon,so würden wir die Sache gerne sehen, daß sie unsere Hilfe wollen.

meine Einwände, Lykurg rekurrieren nicht auf unser begrenztes Wissen^^ sondern darauf, daß für Menschen, die verstehen wollen, wie die Zusammenhänge sind, das Denken in Zusammenhängen unerlässlich ist^^

und daß da, wo die Dinge (Militär-, Wirtschafts- und Kulturimperialismus einerseits, Terrorismus andererseits) nicht in Bezug zueinander gesetzt werden, nur anscheinend isolierte Einzelphänomene bleiben, die auch nur anscheinend völlig unverständlich sind

janw
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Mo 5. Dez 2005, 01:57 - Beitrag #26

Zusammenhänge, ja, und Einblicke in die Psychologie der kollektiven Wahrnehmung...

e-noon
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Mo 5. Dez 2005, 20:08 - Beitrag #27

@Ipsi: Wenn sie die Hilfe nicht wollen - wieso nehmen sie sie dann an? Wenn die Hilfsstationen (oder was auch immer) monatelang unbesucht wären, würden sie wahrscheinlich von selber abziehen, denke ich.

Ich habe gehört, dass Frau Osthoff den ersten Hilfskonvoi nach dem Krieg in den Irak begleitet hat - würden sie keine Hilfe wollen, wäre das wohl auch der letzte gewesen, und Frau Osthoff längst wieder in Deutschland, oder nicht?

Ich habe natürlich zu wenig Hintergrundwissen, um zu beurteilen, wer da was aus welchem berechtigten oder unberechtigten Grund auch immer gemacht hat - aber es auf den Köpfen von Hilfeleistenden auszutragen ist für mich einfach nicht tragbar, so ein Handeln hat eben meiner Meinung nach keine Berechtigung (es sei denn aus Notwehr in Lebensgefahr, dann ok).

Wenn man aber nun auf ein paar Verbrecher hört und seine Politik danach ausrichtet, dabei vermutlich viele Hilfebedürftige im Irak im Stich lässt - wäre das besser?

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Mo 5. Dez 2005, 20:19 - Beitrag #28

Zitat von e-noon:Wenn sie die Hilfe nicht wollen - wieso nehmen sie sie dann an?

Nun im Grunde gibt "die" und "die".
Es gibt jene, die die Hilfe annehmen und jene die sie nicht wollen.
Konkret steht ja nur die deutsche Hilfe bei der Ausbildung irakischer Polizisten in Frage. An dieser Art der Entwicklungshilfe war Frau Osthoff jedoch vermutlich nur steuerrechtlich beteiligt.
Ich denke, dass es nur einen konkreten Zusammenhang zwischen der Persönlichkeit von Frau Osthoff und ihrer Entführung. Frau Osthoff reiste in den Irak und ist eine Deutsche.
Das einzige, was mir ihr vorwerfen kann, ist Leichtsinn.
Ob die irakische Terroristen (Ipse, spricht ja bevorzugt von Untergrundkämpfern und der gleichen) Geiseln auswählen, scheinen ihre Kriterien wohl nur sehr wage. Alle Europäer, Amerikaner und alle anderen, die den wohlhabenderen Teilen der Erde entstammen, passen ins Beuteschema.
MfG Maglor :rolleyes:

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Mo 5. Dez 2005, 20:53 - Beitrag #29

Was mich den Fall angeht, beleuchte ich die Seite doch etwas skeptischer.... während in der Boulevard-Presse zu lesen war von "Oh Gott... lasst die arme Deutsche frei"... man weiß doch bisher nur von dem einen Video, das der ARD zugespielt wurde und sonst nichts... es gibt kein Zeichen wo sie ist, oder ob sie immer noch in Geiselhaft ist.... was ich mir gedacht habe und meine Hypothese stellt sich vllt. auf wackligen Beinen, aber könnte es nicht auch sein, dass sie mit den Irakis unter einer Decke steckt... zu überlegen wäre dann, welches Kalkül dahintersteckt...

Maglor
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Mo 5. Dez 2005, 21:00 - Beitrag #30

Da hast du ja eine schöne Verschwörungstheorie hervorgezaubert, frei nach dem Motto: Alle Muselmänner halten zusammen und sind Terroristen - auch Muselfrauen. :crazy:
Für eine Inzinierung inzinieren sich die Entführer allerdings denkbar schlecht...
MfG Maglor

Ipsissimus
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Mo 5. Dez 2005, 22:51 - Beitrag #31

e-noon, Maglor, mensch muss die Dinge nicht aus der Sicht der anderen zu verstehen versuchen ... dann versteht mensch halt die Sicht der anderen nicht^^

e-noon
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Di 6. Dez 2005, 18:49 - Beitrag #32

Verstehen kann ich das in gewissem Sinne schon, wenn auch nicht nachvollziehen. Mir ging es aber um die Bewertung ^^ und da schneiden die Entführer bei mir eher schlecht ab.

Ihre Gründe und zwingende Ursachen haben sie schließlich alle, aber dass diese Gründe es rechtfertigen, eine soweit ich das beurteilen kann völlig unschuldige Frau (/Mutter) da mit reinzuziehen, wage ich zu bezweifeln.

Die Gründe wiederum könnten sehr vielfältig sein, sie könnten sich ungerecht behandelt fühlen, oder bevormundet, oder sie stecken eben so tief in ihrer Weltanschauung, dass sie einfach keine unverschleierten Frauen sehen wollen. Wer weiß?

Die Maschine
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Mi 7. Dez 2005, 20:37 - Beitrag #33

Zitat von Maglor:Da hast du ja eine schöne Verschwörungstheorie hervorgezaubert, frei nach dem Motto: Alle Muselmänner halten zusammen und sind Terroristen - auch Muselfrauen. :crazy:


Unsinn! Das es sich um eine extreme muslimische Gruppe handelt, liegt ja auf der Hand. Und ich gehe auch davon aus, dass die meisten Muslime diese oder andere Entführungen missbilligen... und mit "Lasst die arme Deutsche frei" war gemeint, dass das die dt. Presse veröffentlichte, weil es das erste mal ist, dass eine Deutsche entführt wurde... natürlich... für die Deutschen ist eine Entführung einer Deutschen interessanter als eine von einem Japaner oder Italiener o.ä.
Dieses Phänomen ist mir auch schon bei 09/11 aufgefallen.... aber das möchte ich hier nicht vertiefen.

Lykurg
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Mi 7. Dez 2005, 23:53 - Beitrag #34

Die Maschine, daß sie die erste deutsche Geisel ist, stimmt zwar mW, aber mit deiner zuvor aufgestellten These hat das nichts zu tun. Die Entführergruppe nutzt ihre aktuelle öffentlichkeitswirksame Position erstaunlich schlecht; für die Risiken, die sie eingehen, ist das bisherige Resultat mager. Wenn man von einer Inszenierung ausginge, wäre sie miserabel.

Abgesehen davon ist eine solche Aktion so zweischneidig hinsichtlich der nationalen und internationalen Sympathien, daß ich es für sehr unwahrscheinlich halte, daß jemand, der genügend darüber reflektiert, um eine solche Entführung nicht tatsächlich durchzuführen, sondern nur eine Illusion dessen aufzubauen, es überhaupt auf diese Weise versucht, statt wirksamere Wege zu finden, seine Ziele durchzusetzen.

janw
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Do 8. Dez 2005, 01:23 - Beitrag #35

Eher schon könnte man geneigt sein, an eine andersartige Verschwörung zu denken...unsere Bündnispartner jenseits des Atlantik erreichen ja jetzt eine zunehmende Akzeptanz ihrer Ziele und Methoden... :rolleyes:

Lykurg
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Do 8. Dez 2005, 01:30 - Beitrag #36

Das wird jetzt OT, janw, aber sie haben ja gerade die Fehlerhaftigkeit ihres Tuns gewissermaßen eingestanden und Gegenorder erlassen (bezüglich der Folterpraxis). Das war unerläßlich, von der Bedeutung für das US-EU-Verhältnis aber weit wichtiger als die Osthoff-Entführung. Insofern sehe ich eher eine zunehmende Akzeptanz gleicher Ziele bei veränderten Methoden.

Maglor
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Do 8. Dez 2005, 16:49 - Beitrag #37

Nun man kann aso festhalten: Nur die wenigsten dürfen deutsche Staatsbürger entführen?
"Jeder muss sich entscheiden, entweder für uns oder gegen uns," sagte einst der Präsident der USA. Deutschland hat sich entschieden. Irgendwelche dahergelaufenen Iraker dürfen keine Deutschen entführen; staatlich organisierte Verschleppung deutscher Staatsbürger durch unsere Freunde ist hingegen gut und zweckdienlich, außer natürlich man irrt sich beim Verschleppen und erwischt den falschen Osama.
MfG Maglor

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Do 8. Dez 2005, 17:56 - Beitrag #38

Ich gestehe, dass ich in manchen Fällen einfach kein Verständnis haben will für die Beweggründe irgendwelcher hergelaufenen Gewaltfritzen, egal welcher ethnischen, politischen oder sexuellen Herkunft. Arschlochverhalten ist Arschlochverhalten und ist manchmal einfach nicht entschuldbar. Mir kann kein Iraker erzählen, dass irgendein moralischer Standard ihn dazu berechtigt, unschuldige Menschen zu entführen, zu foltern und zu töten.

Manche Dinge will ich nicht verstehen, nicht entschuldigen - und in manche Leute will ich mich nichtmal ansatzweise hineinversetzen.

Und davon mal abgesehen: Ich würde den Schweinen, die sowas machen, gar nicht immer so hehre Motive unterstellen. Es gibt Leute, die haben einfach Spaß an Gewalt. Die geilen sich daran auf, Macht über andere zu haben. Und gerade solche Menschen hängen sich gerne an eine politische Strömung, um so eine "Rechtfertigung" für ihre perverse Lust am Quälen zu haben.

Maglor
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Do 8. Dez 2005, 18:00 - Beitrag #39

Schon mal dran gedacht, dass es neben Politik und Spaß noch andere niedere Gründe zur Gewalt gibt, z.B. Geld...
Zaster ist denke ich das naheliegendste. :rolleyes:
Selbst wenn Entführer höhere Ziele haben, werden diese höheren Ziele nicht von allen geteilt. Selbst wenn man die höheren Ziele teilt, muss man längst nicht jeden Versuch sie zu erpressen gut heißen.
MfG Maglor :rolleyes:

janw
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Do 8. Dez 2005, 18:34 - Beitrag #40

Nun, den offiziellen Verlautbarungen nach gibt es bisher keine Kontakte zu den Entführern. Das spricht gegen rein finanziell motivierte Banditen, aber auch gegen Osamas Kreise, die in den anderen Fällen immer wieder Videos über Al Dschasira in Umlauf gebracht haben um damit Druck zu erzeugen.
Es mag darauf umgekehrt darauf hindeuten, daß faktisch Verhandlungen im Gang sind, deren Geheimhaltung ungewohnt gut funktioniert.

Windsbraut, mit meiner linken Gehirnhälfte kann ich Dir folgen, Sympathie haben die Entführer bei mir keine.
Ich habe aber den festen Eindruck, daß diese Entführungspraxis nicht von ungefähr kommt, sie ist letztlich Teil der Ernte, die all jenen zuteil wird, die von der amerikanischen Praxis Nutzen geschöpft haben. Und es wird sicher nicht die letzte gewesen sein, wenn wir nicht g a n z e x p l i z i t dagegen vorgehen, daß permanent die usa sich schwerer Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig machen, indem sie willkürlich Menschen entführen und unmenschlich behandeln.
Das jetzige Zurückrudern von Madam R. bezieht sich nur darauf, daß sie den Folterbegriff einfach etwas anders gefaßt hat. Scheinhinrichtungen sind plötzlich davon ausgenommen.

Merkel und Steinmeyer werden noch als dunkles Kapitel in den Geschichtsbüchern erscheinen, fürchte ich. Und Schily als ihr Wegbereiter.

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