Was ist das Wesen der Moral?

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und der Wahrheit.
Maurice
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Mi 14. Dez 2005, 01:10 - Beitrag #81

Wo liegt denn hier der Unterschied zwischen "wie" und "warum"? Also in meinen Augen deckt meine Theorie beides ab.

Ipsissimus
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Mi 14. Dez 2005, 12:58 - Beitrag #82

Wenn die Grundlage der Moral aber inhaltlich-instinktiv und formell-bewußt ist, so ist die Grundlage nicht durch Sozialisierung gelegt, es sei denn einer der beiden Aspekte ist durch Sozialisierung begründet. Bei Instinkten scheint das Gegenteil auf der Hand zu liegen. Bei Bewusstsein ist das ganze etwas schwieriger, aber wenn man sich ansieht welches Bewusstsein für Moral erforderlich ist, stellt man fest, dass dies nicht notwendigerweise das Bewusstsein für einen Selbst, sondern einen viel schwächeren Grad der Bewußtheit nämlich des Erkennens der Anderen (Menschen und Dinge) und die anschließende Bewertung.


es scheint angebracht, danach zu fragen, in welcher der vielen möglichen Arten von Existenz Moral "existiert" - existiert sie in der Art des Apfels, den ich gerade verzehre, oder existiert sie in der Art des Gedankens eines träumenden Einhorns, von dem ich gerade denke, daß es gerade träumt, ein Mensch zu sein?

Aus meiner Sicht der Dinge "existiert" Moral in der Form der Handhabung und des Umgangs mit Regeln und Regelwerken; mit anderen Worten, Moral existiert gar nicht, es handelt sich lediglich um eine Begrifflichkeit, ein Abstraktum, mit dem bestimmte Phänomene des menschlichen Verhaltens sowohl zusammenfassend beschrieben als auch geregelt werden sollen.

Dieses Abstraktum wurde sicher nicht aus purer Lust am Sprachspiel erfunden.

Letztendlich würde es reichen, daß eine hinreichend mächtige Instanz mit der Keule hinter jedem Menschen steht und in jeder Situation sagt: "Du handhabst das SO." Das ist aber nicht sonderlich effektiv. Viel effektiver ist es, die Individuen dahingehend zu beeinflussen, Regeln zu verinnerlichen, unhinterfragbar zu verinnerlichen. Dabei kann zurückgegriffen werden auf verschiedene Phänomene des Menschlichen, z.B: den Selbsterhaltungstrieb, den Brutpflegetrieb u.a. Aber erst deren Überhöhung, Stilisierung und Kanalisierung im Rahmen eines moralischen Systems machen aus diesen Moral, sie sind nicht per se moralisch, weil mein ursprünglicher, unbeeinflusster Selbsterhaltungstrieb sehr wohl darauf aus sein kann, das Leben anderer Menschen zu meinen Gunsten zu opfern - dem kleinen Baby ist es zunächst mal egal, ob seine Mutter daran stirbt, es zu stillen.

Bei diesem Prozess der Kanalisierung, Stilisierung und Überhöhung fließen natürlich weitere Inhalte mit ein - und von da an wird es höchst problematisch mit der Moral.

Warum Macht solches tun will? Weil es keinen Spaß macht, mächtig zu sein, ohne anderen Menschen zu sagen, wie sie zu leben haben.

Bowu
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Mi 14. Dez 2005, 18:10 - Beitrag #83

@ Maurice

Die kindliche Naivität -

Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie man einem Kind soetwas wie Mitleid (als Gefühl) beibringen können soll. Ich kann mir auch nicht vorstellen wie man einem Kind Vernunft beibringen soll.

Auch ergibt sich für mich kein rechter Sinn daran, dass jemand einen Sollen Satz der Art "Ihr sollt Mitleid fühlen" aus persönlichem Interesse aufstellt, der auch noch ein wirksames sollen enthalten würde. (Vom Mitleid profitieren i.d.R. die Unterlegenen)

Ein Gebot ist moralisch, wenn sein Zweck moralisch ist, und um diese Spezifizierung - welche Zwecke moralisch sind - kommt man auch nicht herum. Zweckmäßigkeit erklärt nicht welche Zwecke angestrebt werden.

Für dich scheint der Ursprung im Zwang zu liegen, nun ist aber in den gängigen Moralkonzepten der Zwang unmoralisch (ausgenommen ist nur der Zwang nicht zu Zwingen). Wie sollten sich solche Moralsysteme, mit solchen Aussagen, auf genau ihrem entgegengesetztem Inhalt begründen?



@Ipsismus/Maurice

Ein paar Posts eher wurde noch die Notwendigkeit des Bewußtseins für Moral betont. Hier schreibt ihr beide, das die Faktoren als unhinterfragbar und unbewußt eingeprägt sind. Warum sollten moralische Entscheidungen notwendigerweise bewußt sein, wenn schon ihre Konstituenten unbewußt sind?

Maurice
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Mi 14. Dez 2005, 18:52 - Beitrag #84

Bowu da hast du was nicht verstanden. Man kann natürlich nicht jemadnen befehlen Mitleid zu empfinden. Was man aber kann ist jemanden zu befehlen so und so zu handeln. Diese Soll-Sätze werden verinnerlicht, nicht Mitgefühl. Das wird wenn überhaupt nur durch verinnerlichte Soll-Sätze verstärkt.
Ich weiß nicht, wie man meinen Post so missverstehen kann, da ich mich imo eindeutig ausgedrückt habe. Wahrscheinlich hast du nicht genug genug gelesen.
Und zu fragen welchen Sinn Soll-Sätze haben, brauche ich wohl nicht zu beantworten.

Warum reitest du eigentlich so auf dem Mitleid rum? Kann jemand nur moralisch handeln, wenn er Mitleid empfindet? Handelt jemand für dich nicht moralisch, wenn er aus Pflichtgefühl Geld an eine wohltätige Organisation spendet und nicht, weil er persönliches Mitgefühl für die empfindet, an die das Geld geht?
Wenn du schon was von typischer Moralvorstellung erzählst, dann solltest du dir bewusst sein, dass diese eine kantische ist, in der die Einhaltung der Pflicht das entscheidende ist und nicht irgendwelche Neigungen und Gefühle.

Bowu
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Do 15. Dez 2005, 16:17 - Beitrag #85

Nun was ich damit sagen will ist, dass eine solche Verinnerlichung von Soll-Sätzen nicht das Wesen der Moral sein kann. Zwang ist nicht per se moralisch es bedarf eines viel wesentlicheren Prinzips der Moral um dieselbe zu begründen.

Ich reite auf dem Mitleid herum, weil dieses einen nicht so schnell abwirft, wie es ein Ritt auf der (kantischen) Vernunft imho tut.
Schopenhauers Mitleidsethik hat meines Erachtens eine Konsistenz die Kants Vernunftsethik nicht erreichte. Kants Problem war, dass die reine Vernunft nicht zur Motivation ausreichte - er brauchte noch ein Gefühl - er fand (oder "erfand"?) das Gefühl der Achtung vor der Pflicht die nix mit Achtung im eigentlichen Sinn zu tun haben sollte. Dies war nur eine der Maximen denen Kant den Namen eines Gefühls unterjubelte. Weitere Beispiele findest du unter Kants Liebespflichten in der Metaphyisk der Sitten. Lesenswert ist dahingehend auch die Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, wo er in einer Erschreckenden Klarheit die Dunkelheit seines Achtungsbegriffs zugesteht.

Davon abgesehen schrieb ich neben der rhetorischen Frage ob Mitleid beibringbar sei, ebenfalls eine solche über das Beibringen von Vernunft.

Prinzipielle All-menschlich-heit ist das Erfordernis des Wesens der Moral, welches beide Systeme gewährleisten, wobei ich sie eigentlich auch nur als Beispiele brachte nicht vorwegnehmend ob sich andere allgemeinzutreffende Prinzipien finden lassen, die zu einer Begründung der Moral fähig wären. Nicht sollte man jedoch die Grenze überschreiten ein so allgemeines Prinzip als Grundlage der Moral zu nehmen, dass jedwede Handlung (auch die un- und amoralische)auf ihr beruht. Eben dieses wäre der Fall wenn man persönliches Interesse als Grundlage vermutet.

Padreic
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Do 15. Dez 2005, 17:57 - Beitrag #86

@Ipsissimum:
Padreic, es soll auch gar nicht bestritten werden, daß neben der Sozialisation auch genetische Faktoren im späteren Sosein eines Menschen ihren Einfluss ausüben.

Ich spielte eigentlich weniger auf genetische denn auf spontane Faktoren (menschliche Freiheit) an. Ich halte den Menshcen nicht für determiniert...

Wenn sie nicht divergieren, wieso sehen wir dann nirgendwo DIE eine große absolute Moral? Weil vielleicht das Bedürfnis universell sein mag - obwohl ich auch das nicht glaube - aber eben nicht die Inhalte dieses Bedürfnisses?

Dass sie nicht divergieren, habe ich nicht gesagt. Nur, dass sie womöglich nicht in jedem Aspekt und total variieren, sondern womöglich gewisse weit verbreitete Elemente verbreitet sind, die sich aber wohl selten plump in ein konkretes Gebot fassen lassen. Aber das ist, wie gesagt, Spekulation, da ich mich nicht hinreichend mit deskriptiver Moral und Völkerkunde auseinandergesetzt habe, um dazu fundiert was zu sagen.

ich bezweifele nach wie vor, daß du mir irgendein moralisches Urteil nennen kannst, bei dem sich

ausnahmslos alle Menschen
unabhängig von ihren Gemütslagen
unabhängig von ihren Interessenlagen
zu buchstäblich jedem Zeitpunkt
unabhängig vom Kontext

derart einig sind.

Wer wirr redet, wird sicherlich auch bei dem schlagkräftigsten Beispiel einmal sagen, dass es ein sinnvolles moralisches Urteil ist..
Letztlich halte ich aber deine Kriterien vielleicht für ganz nett aus einem theoretischen Blickwinkel, aber für an der Praxis vorbei. Ich denke, man wird ganz allgemein KEIN Urteil finden, bei dem diese Kriterien alle erfüllt sind. Daraus zu folgern, dass nichts wahr sein kann, halte ich für übertrieben. Obwohl die Untersuchung von der Wahrheit von Aussagen und was das heißt, sicherlich ein interessantes Threadthema wäre.

das andere sind nur Preliminarien, das hier ist der Kern. Denn mit dieser Frage stellst du zwei andere, imo viel wichtigere Fragen, erst gar nicht:

Wie WILL ich leben?
Wie will ICH leben?

So einfach ist das nicht. Zu einem gewissen Teil ist es, denke ich, bei mir psychologische Realität, dass die Frage, wie ich leben soll, eben aus den beiden genannten Fragen erwachsen ist. Weil mein Wille eben nicht einfach so da ist und ich ihn nur befragen muss, sondern ICH ihn eben bilde. Er bildet sich nicht von allein, sondern seine Existenz überhaupt ist ungeheuer fragil. Zeichnet sich eine Tendenz im Willen ab, kommt plötzlich eine andere auf, die ihm widerspricht. Will ich wirklich wollen, so muss ich meinem Willen eine solide Grundlage bilden. Und was ist da besser geeignet, als Einsicht darein zu erlangen, was ich denn tun soll?

du scheinst anzunehmen, daß es eine Instanz unabhängig von dir gibt, die die natürliche - machtunabhängige - Befugnis und Autorität hat, an deiner Stelle, für dich verbindlich (und notfalls wohl auch gegen deine Einsicht) deine Willfährigkeit im Sinne eines bestimmten moralischen Systems einzufordern, oder wie anders ist dein "soll" zu verstehen?

So genau kann ich leider meinen Begriff des Sollens nicht definieren. Aber ganz so, wie du es ausdrückst, würde ich ihn sicherlich nicht definieren. Soll dieses Sollen mich treffen, so muss auch irgendwie in mir verwoben sein. Und so kann ich prinzipiell auch Einsicht darein erlangen. Weicht es von meiner Einsicht ab, dann kann es nur daran liegen, dass meine Einsicht noch nicht weit genug gediehen ist und vielleicht von häuslicher oder gesellschaftlicher Prägung in eine falsche Richtung gebracht wurde.


@Mauricem
So eine These habe ich nicht behauptet. [...]

Exkurs zur Diskussionskultur 1 (Prinzip der hermeneutischen Billigkeit): Es ist meiner Meinung nach für eine Diskussion sinnvoll, das Gegenüber möglichst so zu verstehen, dass seine Äußerungen irgendeinen Sinn machen. Wenn einem nicht klar ist, ob er es wirklich so gemeint hat, dass in den Augen von mir Sinn macht, so kann ich nachfragen. Wenn ich aber die These meines Gegenübers als offensichtlichen Unsinn verstehe, so muss ich mich zumindest fragen, wie er zu dieser These kommt und ob es überhaupt irgendwie plausibel ist, dass mein Gegenüber eine solche These äußert; insbesondere, wenn ich vielleicht mein Gegenüber sonst für einen intelligenten Menschen halte. Rein wörtliche Interpretationen können oft zu Missverständnissen führen; dann argumentiert man plötzlich gegen etwas, das keiner der Beteiligten vertritt und niemandem ist gedient. [zu näheren Ausführungen bzgl. dieses Prinzips bitte meinen Philosophieprofessor Herrn von Savigny kontaktieren ;)]

Anwendung auf das Fallbeispiel: Kann ich wirklich gemeint haben, dass man nur dann einen Wertrelativismus vertreten kann, wenn man davon ausgeht, dass auch jemand, der völlig anderer Meinung ist, plötzlich eine These vertreten kann?

Exkurs zur Diskussionskultur 2 (Kontextabhängigkeit): Man kann fast jedes Zitat beliebig missdeuten, besonderes, wenn es vielleicht etwas unsorgfältig formuliert ist, wenn man es aus dem Kontext reißt. Deshalb sollte man immer den Kontext eines Zitats mit berücksichtigen, wenn man es interpretiert.

Analyse meiner Äußerung ("Zumindest nach meinem Begriff von Wertrelativismus, nach dem man in jeder Situation jeder Handlung in gleichem Maße zu- oder abesprechen kann, dass sie moralisch ist"): Was heißt hier 'man'? Es ist kein konkretes Subjekt gemeint; analog dazu, wie man in der Mathematik sagt: "Man kann annehmen, dass x negativ ist." Damit meint man auch nicht, dass vielleicht jemand, der das Wort 'negativ' noch nie gehört hat, dies annehmen kann.
Wenn man den Satz zuvor betrachtet, wird einem noch deutlicher, was gemeint ist. Ich setze die wertrelativistische Ansicht in Gegensatz zu der Ansicht, dass das moralisch richtig ist, was im Gesetz steht oder dessen man sich in einem Vertrag verpflichtet hat. D.h. wenn ich auch nur eine Situation angebe, wo ich sage, dass dies und das moralisch richtig ist, das und das nicht (und das nicht im Sinne von bloßem persönlichen Geschmack), so bin ich kein Wertrelativist mehr (nach meinem Begriff von Wertrelativismus), weil ich damit leugne, dass man in der Situation eines solchen Vertrags oder Gesetzes der Handlung, dem Gesetze zu genügen, mit gleicher Gültigkeit absprechen wie zusprechen kann, moralisch zu sein.

Wenn du nun sagst, dass du Glück nicht als etwas positives siehst, würde ich antworten, dass du nicht verstanden hast, was Glück bedeutet.

Dann sag mir bitte genau, was du unter Glück verstehst. Mir erscheint es sehr fragwürdig, was du hier schreibst, aber das mag an einer anderen Benutzung des Wortes Glück liegen (womit natürlich keine sachliche Aussage getroffen ist).

Stell dir mal vor, dass du kein Klassik-Fan wärst, ja Klassik sogar nicht leiden kannst, weil es ein langweiliges Gedudel in deinen Ohren ist. Stattdessen ist Hip-Hop für dich die tollste Musik auf der Welt.
Du würdest genauso für deine bevorzugte Musik argumentieren, wie jetzt für Klassik, wenn auch mit vielleicht etwas anderen Worten.
Kannst du dir das vorstellen? Wenn ja, gibt dir das nicht zu denken?

Ja, vorstellen kann ich mir das; genauso wie ich mir beispielsweise vorstellen kann, dass ich glaubte, die Sonne drehte sich um die Erde. Natürlich gibt das mir zu Denken; ein Irrtum ist immer möglich und man sollte seine Ansichten nicht zu sehr verabsolutieren. Was nicht heißt, dass es keine Wahrheit gibt und wir nicht in der Erkenntnis fortschreiten können.

Du hast einen anderen Ausganspunkt, andere Prämissen, deshalb kommst du zu einer anderen Schlussfolgerung. Leider kannst du diese Prämisse nicht benennen.

Ich glaube nicht, dass sich meine Ansicht desbezüglich unter eine Prämisse subsumieren lässt. (auch, weil sie nicht hinreichend klar ist) Auf jeden Fall sehe ich (hedonistisches) Glück nicht als mein letztes Ziel. Wenn es mich reifen und lernen lässt, so mag ein Martyrium durchleidenswert sein.

Dass jeder nach Glück strebt, ist die Vereinfachung meiner Bedürfnisbefriedigungstheorie. Jeder versucht seine Bedürfnisse zu befriedigen und wenn sie befriedigt werden folgt daraus Glück. Deshalb kann man vereinfacht sagen, dass jeder nach Glück strebt, weil das die Bedürfnisbefriedigung voraussetzt.[/quote}
Selbst wenn deine ersten zwei Sätze wahr sind, so kann man, denke ich, nicht einmal vereinfachst sagen, dass dein dritter Satz zutrifft. Wenn ich nach etwas strebe und dabei eine Nebenwirkung XY eintritt, dann kann es trotzdem durchaus einfach falsch sein, dass ich XY erstrebt habe. Vielleicht haben wir auch einen unterschiedlichen Begriff von 'erstreben'. Vielleicht könntest du deinen darlegen. Mir ist z. B. noch nicht völlig klar, wie man unbewusst etwas erstreben kann.
Darüberhinaus würde ich auch den zweiten Satz in Frage stellen (wenn wir über hedonistisches Glück reden). Das müsste erst erwiesen werden.

Oh diese Schlussfolgerung ist nicht so selbstverständlich, wie du es glaubst. Kant z.B. würde gegen diese Behauptung entschieden Einspruch erheben.

Ist das nicht primär ein terminologischer Dissens? Oder was verstehst du genau unter 'Wünschen'?

Glück braucht nicht weiter gerechtfertigt zu werden, weil es ein höchstes Gut ist, was seiner Selbst willen gewollt wird. Soetwas muss nicht nur nicht begründet werden, sondern kann nicht weiter begründet werden, weil der Grund danach zu streben, schon im Gut enthalten ist.

Du klingst für mich ein wenig nach (Platoniker/Aristoteliker/Theologe)³, wobei Glück dein Gott ist...Zu deiner Argumentation:
1. Wenn wir niemals glücklich sind, um etwas anderes zu erreichen und wir keinen Grund angeben können, warum wir glücklich sein wollen, heißt das noch nicht, dass Glück das höchste Gut ist. Ich könnte ja z. B. sagen, dass ich Glück für ein hohes Gut halte, dass ich um keines anderen Gutes willen erstrebe, aber noch stärker Wahrheit erstrebe. Warum sollte ich das nicht können?
2. Aus einem Fallbeispiel folgt kein allgemeiner Satz. ICH würde nämlich behaupten, dass Glück nicht unbedingt gut ist. Und stürzt nicht deine ganze Argumentation ein, wenn nur einer das sagt? Denn dann steht Glück nicht mehr als unhinterfragbar da, sondern nur als weitgehend unhinterfragt.
3. Ich habe in meinem letzten Post schon dargelegt, dass man durchaus glücklich sein wollen kann, um etwas anderes zu erreichen. Ich kann versuchen, weniger unglücklich zu sein, um weniger unglücklich auszusehen, um einen anderen Menschen nicht zu betrüben. Dies mag letztendlich wieder auf Glück abzielen oder auch nicht. Es tut dies höchstens mittelbar und somit ist erwiesen, dass Glück zumindest unmittelbar Mittel für einen anderen Zweck sein kann.

Bei diesen Sätzen wird deutlich, dass Mill das Glücksprinzip nicht konsequent durchzieht und widersprüchlich wird.[...] Wenn Glück nämlich nur die Anwesenheit von positiven Emotionen und die Abwesenheit von negativen ist, dann macht der Satz "Lieber ein unglücklicher Sokrates als ein glücklicher Dummkopf." keinen Sinn, wenn man gleichzeitig Glück als das höchste und einzige Gut bezeichnet.

Dann verwendet eben Mill den Glücksbegriff etwas anders. Ich glaube (unfachmännisch, da ich von Mill höchstens kleine Auszüge gelesen habe), dass es bei Mill weniger eine echte Behauptung ist, dass Glück das höchste und einzige Ziel ist, als vielmehr eine Definition des Glücksbegriffes.

Es ist nicht Blödsinn zu sagen, dass man einen Stuhl sieht, wenn man annimmt, dass da wirklich einer unabhänging von mir ist. Was ich ausdrücken wollte ist, dass du die Existenz des Stuhls nicht einem Skeptiker beweisen kannst, indem du sagst, du würdest ihn sehen.

Natürlich nicht. Worauf ich auch nur hinauswollte, war, dass man das "Moralsehen" gleichermaßen als Hinweis auf eine Moral deuten kann, wie das "Stuhlstehen" auf einen Stuhl.

Soweit ich mich erinnere und ihn verstanden habe, war Berkley kein Solipsist, sondern nur ein idealistischer Monist. Woher hast du die Meinung, dass er Solipsist war? Oder verstehen wir nur was anderes unter dem Wort?

Ich sprach von dem Solipsismus ähnlichen Ansätzen. Die Ähnlichkeit ist hier natürlich aber nur sehr weitläufig. Aber es ist das wesentliche gemeinsame Element da, dass dort keine materielle Außenwelt ist.

Wenn du einen Satz mit deinen Wortbedeutungen liest, die sich von dem des Autors unterscheiden, dann muss man sich nicht, wundern wenn ein verfälschtes Ergebnis rauskommt.

Du übersiehst hinter der terminologischen Kritik die sachliche. Ich halte 'Metaphysik [in deinem Sinne] gebrauchen' nicht für einen Malus; diese Einteilung in Ontologie und Metaphysik geht sowohl an der ursprünglichen Bedeutung von 'Metaphysik' vorbei als auch an der sachlichen Zusammengehörigkeit, IMHO.

Das ist ja das Schöne an meinem Standpunkt. Ich kann selbstordganisierende Materie postulieren, die zu den komplexen Strukturen in der Welt (u.a. Bewusstsein) geführt haben. Wie das genau funktionieren soll, müssen die Wissenschaften erklären, die diesen Standpunkt teilen. Das ist nicht mein Aufgabenbereich.

Du weißt natürlich selbst, dass das Unsinn ist ;). Denn erstens ist, dass die Wissenschaft einmal dies und das beweisen wird, kein Argument, und zweitens kann Bewusstsein nur sehr begrenzt Gegenstand einer Wissenschaft sein, da man Bewusstsein beobachten jeweils ja nur bei sich selbst kann...


[zur Moralgenese vielleicht später]

Maurice
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Fr 16. Dez 2005, 00:19 - Beitrag #87

Pad nachdem ich deinen Exkurs zur "Diskussionskultur" gelesen habe, habe ich echt überlegt, ob ich dir überhaupt antworten soll. Ich fühle mich einfach verarscht :rolleyes: ...
Lass deine Launen nicht in der Form aus. Es kann nämlich passieren, dass ich dann keine Lust mehr habe, mich mit dir zu unterhalten.

@Def. von "Glück":
Warum fragst du nach meiner Def. von "Glück", wenn du sie in deinem eigenen Post später benennst? Willst du mich auf den Arm nehmen?

@Glück als Gut:
Wie willst du dann erklären, wie positive Emotionen, POSITIV = GUT, schlecht sein können. Das hieße ja, dass alles was gut ist gleichzeitig schlecht sein kann. Entweder etwas ist zu einem bestimmten Zeitpunkt (oder -abschnitt) für ein oder mehrere Personen oder an sich gut oder es ist schlecht. Einzige weitere Option ist, dass es weder gut noch schlecht ist oder positive und negative Aspekte hat. Aber nichts kann unterm Strich gleichermaßen gut und schlecht sein ohne neutral zu sein.
Wie soll das gehen?

@Glück als höchstes Gut:
Auf jeden Fall sehe ich (hedonistisches) Glück nicht als mein letztes Ziel.

Das glaube ich dir. Aber kann es trotzdem sein, dass es dies unbewusst trotzdem ist. ;)
Nenn mir mal ein Beispiel, wo man Glück um etwas anderen willen, als um seiner selbst willen erstrebt. Und erkläre mir, wie etwas anderes außer Glück ein um seiner selbst willen erstrebenswertes ist.
Ich hingegen habe dir ein wohl für jeden plausibles Beispiel gebracht, wo positive Emotionen Selbstzweck sind. Oder was würdest du antworten, wenn du mir sagst, dass du ein Spiel spielst, weil es dir Freude macht und ich dich frage, warum du Freude empfinden willst? Mit welchem Gut würdest du das Glück in den Status eines Mittel zum Zwecks machen?

Und stürzt nicht deine ganze Argumentation ein, wenn nur einer das sagt?

Warum sollte sie? Ich habe ja nie behauptet, dass alle Menschen bewusst nach Glück als Endziel streben. Wenn ich das gesagt hätte, dann hättest du mich wiederlegt. Ich habe aber gesagt, dass das Streben nach Glück auch unbewusst abläuft. Dagegen wirkt dein Einwand nicht.

Denn dann steht Glück nicht mehr als unhinterfragbar da, sondern nur als weitgehend unhinterfragt.

Das Glück stand noch nie unhinterfragt da und das habe ich auch nie behauptet. Über das Wesen und die Rolle des Glücks wurde bereits in der Antike diskutiert.
Woher nimmst du die These, ich hätte das Glück als unhinterfragbar bezeichnet? Oder verstehe ich dich falsch?

Wenn wir niemals glücklich sind, um etwas anderes zu erreichen und wir keinen Grund angeben können, warum wir glücklich sein wollen, heißt das noch nicht, dass Glück das höchste Gut ist. Ich könnte ja z. B. sagen, dass ich Glück für ein hohes Gut halte, dass ich um keines anderen Gutes willen erstrebe, aber noch stärker Wahrheit erstrebe. Warum sollte ich das nicht können?

Dann frage ich dich, warum du nach Wahrheit strebst? Ist Wahrheit für dich Selbstzweck? Das wäre mir nicht plausibel. Ich verstehe den Satz nicht, dass etwas nützlich sei, obwohl es nichts mit Glücksmaximierung zu tun hat. Das ist wie bei einem ungültigen Schachzug oder einen unlogischen Satz. Er macht für mich keinen Sinn.
Ich will damit nicht bestreiten, dass du deine Aussage, dass du Wissen für einen Selbstzweck hälst, nur ist mir dies völlig unplausibel.
Was deinen ersten Einwand angeht, so stimmt das natürlich, allein schon deshalb, weil wir nichts mit Sicherheit wissen können. Wenn wir aber als Grund für ein Handeln nur Glück als höchsten Zweck angeben können, dann ist das imo zumindest ein sehr guter Grund, Glück als das höchste Gut einzuschätzen.

@unbewusste Wünsche:
Du leugnest latente Wünsche? Wenn du gedankenverloren über die Straße gehst und ein auf dich zufahrendes Auto hupt und du instinktiv zu Seite springst, warum hast du das gemacht? Weil du instinktiv dein Leben sichern wolltest, also du den unbewussten Wunsch hattest zu leben.
Stimmst du mit nicht zu, dass wir auch Bedürfnisse haben, denen wir uns nicht immer bewusst sind, die wir aber trotzdem haben? Wenn es nur an meiner Ausdrucksweise lag, dann entschuldige, denn ich benutze "Wunsch" hier recht umfassend.

Selbst wenn deine ersten zwei Sätze wahr sind, so kann man, denke ich, nicht einmal vereinfachst sagen, dass dein dritter Satz zutrifft.(...)
Darüberhinaus würde ich auch den zweiten Satz in Frage stellen (wenn wir über hedonistisches Glück reden). Das müsste erst erwiesen werden.

Das muss überhaupt nicht bewiesen werden. Es reicht, wenn es plausibel ist. Ich kann es ja auch gar nicht beweisen. Du aber auch nicht das Gegenteil.

@Mill: Wenn er Glück nicht als das höchste Glück (oder mindestens ein höchstes Glück) definiert, dann wäre er kein Utilitarist.

@Klassik und Hip-Hop:
Ich wollte damit nicht sagen, dass das Beispiel beweise, dass es keine objektiven Werte gibt. Ich habe für gar nichts irgendwelche Beweise. Für mich ist das Beispiel nur ein Argument für meine These.

Du klingst für mich ein wenig nach (Platoniker/Aristoteliker/Theologe)³, wobei Glück dein Gott ist.

Hör mir doch bitte mit solchen Vergleichen auf. Ist schon schlim mgenug dass ich immer mal wieder hören muss, dass die Wissenschaft eine Religion sei, jetzt fang du nicht auch noch damit an das auf den Hedonismus zu übertragen.

Natürlich nicht. Worauf ich auch nur hinauswollte, war, dass man das "Moralsehen" gleichermaßen als Hinweis auf eine Moral deuten kann, wie das "Stuhlstehen" auf einen Stuhl.

Habe ich das geleugnet? Klar sind deine Gefühle ein Argument dafür. Nur wieviel das Argument wiegt, darüber gehen die Meinungen auseinander. Das Problem bei deinem "Moralsehen" ist auch, dass deine Moral nicht für alle Menschen so zugänglich ist, wie der Stuhl. Dass an einer Stelle ein Stuhl steht, darüber werden wir uns schnell einig sein. Bei der Moral ist das eben etwas schwieriger.

Ich sprach von dem Solipsismus ähnlichen Ansätzen. Die Ähnlichkeit ist hier natürlich aber nur sehr weitläufig. Aber es ist das wesentliche gemeinsame Element da, dass dort keine materielle Außenwelt ist.

Wenn ich dich hier falsch verstanden habe, sorry. Ich habe ja extra nochmal nachgefragt, weil ich mir nicht sicher war.

Du übersiehst hinter der terminologischen Kritik die sachliche. Ich halte 'Metaphysik [in deinem Sinne] gebrauchen' nicht für einen Malus; diese Einteilung in Ontologie und Metaphysik geht sowohl an der ursprünglichen Bedeutung von 'Metaphysik' vorbei als auch an der sachlichen Zusammengehörigkeit, IMHO.

Ok ich versuche mit abzugewöhnen "metaphysisch" als "nicht-naturalistisch" zu übersetzen. Was aber die Def. der beiden Wörter betrifft, so gibt es durchaus unterschiedliche, wo mal Ontologie von Metaphysik unterschieden wird, mal das eine Teil des anderen ist. Wie du ursprüngliche Def. war spielt keine Rolle, sondern allein welche Def. heute die vorherrschende ist.

Du weißt natürlich selbst, dass das Unsinn ist.

Das war wieder eine der Stellen, wo ich gezweifelt habe, ob ich antworten soll. Im Post gab es auch noch andere Stellen, die ich jetzt aber nicht alle benenne. Ich wundere mich schon etwas über mich selber, dass ich ausnahmsweise so ruhig geblieben bin, angesichst deiner Ausdrucksweise. Aber vielleicht hast du ja nur einen schlechten Tag und du findest schnell wieder in den üblichen sachlicheren Stil zurück.
Nun aber noch kurz zu deinem Satz: Nur weil es für dich unplausibel ist, heißt es nicht, dass es prinzipell unplausibel ist. Wenn ich die Aussage für Unsinn gehalten hätte, dann hätte ich sie entweder nicht geschrieben oder deutlich gemacht, dass sie nicht ernst gemeint habe. Ich finde das nicht ok von dir.
Wie würdest du denn reagieren, wenn ich sagen würde "du weißt doch selbst, dass Willensfreiheit Unsinn ist"? Du würdest bestimmt nicht sagen "oh klar, ich hab nur Spaß gemacht" oder "oje du hast recht, ich habe wirklich Unsinn erzählt". Du wärst bestimmt nicht begeistert von so einem Verhalten. Ich verstehe deshalb nicht, warum du dich dann so verhälst, wo du doch sonst idR mit guten Beispel vorangehst. Versuchst du das positive Bild von dir selbst zu schänden?

PS: Ich glaube ich hatte beim letzten Mal nicht auf deine Behauptung geantwortet, dass es Gebote gibt, über die es keine Diskussionen geben kann (wenn ich dich richtig verstanden hast). Als Beispiel brachtest du iirc Vergewaltigung. Ich würde sagen, dass es durchaus auch Menschen gab (/gibt?), die Vergewaltigung in bestimmten Situationen als moralisch in Ordnung ansahen. Diese sprachen dann von "ehelichen Pflichten der Frau".

PPS: Sorry wenn der Post in der Reihenfolge der besprochenen Punkte hier und da nicht optimal geordnet ist. Ich bin müde und habe mich erst im Nachhinein dazu entschlossen auf möglichst alle Punkte zu antworten. Um jetzt auch noch auf Bowu Stellung zu nehmen, reicht die Energie nicht mehr. ^^*

Ipsissimus
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Fr 16. Dez 2005, 12:26 - Beitrag #88

Letztlich halte ich aber deine Kriterien vielleicht für ganz nett aus einem theoretischen Blickwinkel, aber für an der Praxis vorbei. Ich denke, man wird ganz allgemein KEIN Urteil finden, bei dem diese Kriterien alle erfüllt sind. Daraus zu folgern, dass nichts wahr sein kann, halte ich für übertrieben.

hmm, Padreic, letztlich betreibst du die Neuauflage des uralten Versuchs, Moral anders als durch intentionalen menschlichen Machtentscheid zu begründen, auf einen anderen Urgrund als den der Anmaßung - ich sage dir, wie du zu leben hast - zurückzuführen. Das mochte zu früheren Zeiten möglich gewesen sein, allein, uns heutigen ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Licht aufgegangen. Relativität. Die Dinge sind nur in relationaler Handhabung "wahr", weil eben gehandhabt; über das Absolute können wir keine Aussagen treffen (was nur in logischer Hinsicht ein Widerspruch ist, nicht in empfundener oder praktischer).

Dabei besteht doch im Prinzip auch gar keine Notwendigkeit, Moral auf Absolutes, auf Objektivität zurückzuführen. Jedermensch erlebt und versteht nach einiger Zeit die Notwendigkeit, seine Handlungen und Haltungen auf die seiner Umgebung abzustimmen als Gebot der praktischen Vernunft; und wer das nicht tut, ist entweder extrem mächtig oder sehr schnell tot. Alle anderen werden schon ein Arrangement finden, dem bequemerweise ein Reglwerk zugrundeliegen mag.

Wenn also schon ein moralisches Bedürfnis behauptet wird - warum dann immer wieder den Versuch, dieses auf immer wieder nur scheinbar objektive Kriterien zurückzuführen? DEIN moralisches Bedürfnis als Phänomen DEINES Soseins ist dir ja unbenommen, aber was hat das mit mir zu tun? Ich hege keinerlei moralische Bedürfnisse; und im Sinne des Falzifizierbarkeitsaxioms ist damit die Frage einer objektiven Moral erledigt.

Padreic
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Di 27. Dez 2005, 23:20 - Beitrag #89

@Maurice:
Wenn dir mein Post als "Launenausleben" vorkommt, so tut es mir leid, es war nicht so beabsichtigt und beruht auch höchstens sehr begrenzt auf Tatsachen. Erst recht wollte ich dich nicht verarschen. Nur um jemanden zu verarschen, hätte ich mir nicht die Mühe eines so langen Posts gemacht. Mein 'Exkurs zur Diskussionskultur' beruhte aus einer Mischung von (IMHO berechtigtem) Ärger und dem Versuch, Prinzipien zu benennen, wie man vielleicht in Zukunft solch krasse Missverständnisse vermeiden kann.

Warum fragst du nach meiner Def. von "Glück", wenn du sie in deinem eigenen Post später benennst? Willst du mich auf den Arm nehmen?

Ich weiß auch nach längerem Nachdenken nicht, was du meinst.

Wie willst du dann erklären, wie positive Emotionen, POSITIV = GUT, schlecht sein können. Das hieße ja, dass alles was gut ist gleichzeitig schlecht sein kann.

Dann verstehen wir unter 'gut' etwas anderes. Ich setze es wohl in diesem Kontext mit 'erstrebenswert' gleich.
Auch wenn unser rein emotionaler Part (sofern man den Menschen denn so plump aufteilen könnte) auf Glück voll abfahren mag, so mögen dennoch andere Teile die Herrschaft übernehmen und sagen, dass den Ansichten des emotionalen Parts nicht die höchste Priorität eingeräumt wird.
Darüber bezieht sich die Positivität des Glücksgefühls auf das Jetzt, auf den Moment. Was erstrebenswert ist, bezieht sich aber auf die Zukunft. Und ein zukünftiges Glück mag anders eingeschätzt werden als das jetzt gefühlte Glück.
Also ja, etwas kann gleichzeitig gut und schlecht sein. In verschiedenen Hinsichten, von verschiedenen Seiten beurteilt.

Nenn mir mal ein Beispiel, wo man Glück um etwas anderen willen, als um seiner selbst willen erstrebt.

Ich geh davon aus, dass, wenn du auf meine letzten beiden Nennungen eines Beispiels nicht eingangen bist, du es das dritte Mal auch nicht tun wirst; also spare ich mir die Arbeit und verweise dich auf meine letzten beiden Posts.

Oder was würdest du antworten, wenn du mir sagst, dass du ein Spiel spielst, weil es dir Freude macht und ich dich frage, warum du Freude empfinden willst?

Kommt auf meine Stimmung an. Vielleicht, dass es eine gute Frage ist.

Woher nimmst du die These, ich hätte das Glück als unhinterfragbar bezeichnet?

'Glück unhinterfragt' stand für mich kurz für 'unhinterfragt, dass Glück höchstes Gut ist'

Dann frage ich dich, warum du nach Wahrheit strebst? Ist Wahrheit für dich Selbstzweck? Das wäre mir nicht plausibel. Ich verstehe den Satz nicht, dass etwas nützlich sei, obwohl es nichts mit Glücksmaximierung zu tun hat. Das ist wie bei einem ungültigen Schachzug oder einen unlogischen Satz. Er macht für mich keinen Sinn.
Ich will damit nicht bestreiten, dass du deine Aussage, dass du Wissen für einen Selbstzweck hälst, nur ist mir dies völlig unplausibel.

Nunja, genauso wie für mich eine absolute Relativität nicht lebbar scheint, so scheint es dir unplausibel, dass Wahrheit Selbstzweck sein kann. Letztendlich musst du das mit dir ausmachen, warum du das findest. Ich sehe mich da in keinem direkten Begründungszwang.

Du leugnest latente Wünsche? Wenn du gedankenverloren über die Straße gehst und ein auf dich zufahrendes Auto hupt und du instinktiv zu Seite springst, warum hast du das gemacht? Weil du instinktiv dein Leben sichern wolltest, also du den unbewussten Wunsch hattest zu leben.

Das ist IMHO kniffliger als du es darstellst. Du wirst vermutlich nicht bestreiten, dass ich zur Seite springe, weil Lichtstrahlen auf mein Auge fallen, diese interpretiert werden als Gefahr, was einen Ausweichreflex auslöst. Nun an dich die Frage: siehst du den unbewussten Wunsch als wirklich existent an (dann sag mir, was er ist) oder als bloßes Hilfskonstrukt? Man muss sich nämlich auch fragen, dass, wenn man beim Menschen unbewusste Wünsche zulässt, vielleicht auch anderem, was kein Bewusstsein hat, Wünsche zubilligen muss: Pflanzen, die wachsen wollen, Steine, die zu Boden fallen wollen...
Bei bewussten Wünschen besteht das Problem nicht, da hier die Finalität ja bewusst da ist. Aber wenn du unbewusste Wünsche zulässt, dann sagst du, dass nicht nur Kausalität, sondern auch Finalität im Unbewussten existiert. So offenbar ist die These für mich nicht. Und daran hängt auch dein ganze unbewusstes Streben zum Glück, denke ich, denn wo kein Streben ist, da ist auch kein Streben zum Glück.

Das muss überhaupt nicht bewiesen werden. Es reicht, wenn es plausibel ist. Ich kann es ja auch gar nicht beweisen. Du aber auch nicht das Gegenteil.

Dann sag ich es so: für mich ist es nicht plausibel. Und ich kann mir durchaus Fälle gut vorstellen, wo deine These falsch ist.

Hör mir doch bitte mit solchen Vergleichen auf. Ist schon schlim mgenug dass ich immer mal wieder hören muss, dass die Wissenschaft eine Religion sei, jetzt fang du nicht auch noch damit an das auf den Hedonismus zu übertragen.

Wenn ich sage 'du hörst dich an wie', dann ist das meine persönliche Empfindung und nur weil du dir nicht anhören willst, wie deine Argumentationen auf mich wirken, heißt das für mich noch nicht, dass ich das nicht schreiben darf. Wenn du nicht willst, dass ich auf deine Argumentationen antworte, dann schreib sie nicht. Wenn du nicht willst, dass ich dies konkret sage, dann antworte mit sachlichen Gründen. Einem 'Schreib nie wieder, dass der Mensch determiniert ist.' würdest du wohl auch nicht folgen.

Wenn ich die Aussage für Unsinn gehalten hätte, dann hätte ich sie entweder nicht geschrieben oder deutlich gemacht, dass sie nicht ernst gemeint habe. Ich finde das nicht ok von dir.

Das beruht wohl auf einem doppeltem Missverständnis. Den Smiley :P hab ich als Zeichen interpretiert, dass du es nicht ernst gemeint hast. Enschuldige.

Trotzdem halte ich deinen Punkt auch wirklich für methodisch unzulässig. Ich halte es nicht für einen prinzipiellen Vorteil einer Theorie, dass sie prinzipeill wissenschaftlich falsifizierbar ist, so lange dieser Zeitpunkt, wo sie das ist, noch in ferner Zukunft liegt. Ganz davon abgesehen, dass ich, wie schon im letzten Posting erwähnt, nicht davon ausgehe, dass der Punkt wirklich wissenschaftlich klärbar ist.

@Ipsissimus:
Ich hege keinerlei moralische Bedürfnisse; und im Sinne des Falzifizierbarkeitsaxioms ist damit die Frage einer objektiven Moral erledigt.

Ich habe nie behauptet, dass du ein moralisches Bedürfnis hast und es berührt meinen Punkt auch nur unwesentlich. Das es Leute gibt, die nicht schwimmen wollen, heißt nicht, dass es kein Wasser gibt, um mal einen plumpen Vergleich zu bemühen....wenn du mir widersprechen willst, führe deinen Punkt bitte aus.

Maurice
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Mi 28. Dez 2005, 16:45 - Beitrag #90

Padreic ich breche die Diskussion hier mit dir ab, weil mir dein Ton nicht gefällt.
Du wirfst mir vor wichtige Dinge nicht zu beachten, doch in meinen Augen verhält es sich gerade andersherum. Wem es selbst so an Diskussionsdisziplin mangelt, sollte sich nicht anspielen, andere zu ermahnen. Ich empfinde es als lächerlich aus mangelnder Einsicht auf Punkten des anderen rumzureiten, ohne ein eigenes Gegenkonzept zu haben und auf Anfragen nur auf bereits geschriebene nichtsagende Sätze zu verweisen.
Ich habe mir diesmal wirklich alle Mühe gegeben ruhig und besonnen zu sein und da ich nicht wieder daran schuld sein will, dass eine Diskussion im Chaos endet, will ich es vorerst mit dieser kritischen Antwort auf deine Provokationen belassen.
Überleg dir vielleicht besser erstmal ein Konzept, bevor du das der anderen kritisierst. Ich zu meinen Teil mache mir über die Einwände der anderen meine Gedanken. Bei dir habe ich nicht den Eindruck.
Ich hatte kurzzeitig die Idee meine These als Glück als höchstes Gut hier ganz selbstkritisch zur Diskussion zu stellen. Aber bei deinem jetztigen Verhalten habe ich darauf keine Lust.
Wenn du nun meinst, dass ich dich gründlich missverstehen würde, dann überleg mal an was das liegt. Vielleicht mangelt es mir einfach an der Erkenntnis deine Sätze richtig zu interpretieren, aber vielleicht fehlt es dir auch an der nötigen Ausdrucksfähigkeit.

Bevor ich mich wieder in Rage schreibe, mache ich hier einen Punkt. Man soll mir nciht vorwerfen können, dass es mir am guten Willen gemangelt hat.

janw
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Mi 28. Dez 2005, 17:27 - Beitrag #91

Maurice, Du magst ein System Dein eigen nennen, das Du für sinnvoll und geschlossen erachtest, Padreic hat es nicht und lebt gut damit.

Dennoch ist es ihm unbenommen, die Dinge in Deinem System zu kritisieren, die er (und nicht nur er) sieht.
Und mit seinen Hinweisen zur Diskussionsmethodikl hat er in meinen Augen recht, im Falle eines offensichtlichen unauflöslichen Nicht-Verständnisses sollte man dies zum Ausdruck bringen und um Klärung bitten. Anstatt einer eigenen Verständnisvariante zu folgen, die zwangsläufig auf Grund läuft.

Wenn Du nicht mehr antworten möchtest, ist dies Dir unbenommen, aber es ist Deine Entscheidung, nicht ist irgendwer anderes dafür verantwortlich oder gar "schuld".

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