Demnächst Folter in Deutschland?

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
MartinR
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So 1. Jan 2006, 13:47 - Beitrag #1

Demnächst Folter in Deutschland?

In einem Spiegel-Online-Artikel
"Tabubruch: Juristenbund macht sich für Folter stark" vom 01.01.2006
sagt ein Richter am Bundesgerichtshof Sätze wie: "Das Leben unschuldiger Opfer besitzt einen höheren Wert als die körperliche Integrität von
Verbrechern".

Deutschland fängt an, mir Angst zu machen!
JURISTEN fordern die Folterung??? Wohin soll das führen!??

Wenn diese Aussage so stimmt und von einem Bundesrichter ist, müßte
er meiner Meinung nach augenblicklich aus dem Amt entfernt werden!

Was ist mit der Unschuldsvermutung? Ein Mensch ist erst "Täter", wenn
er von einem ordentlichen Gericht verurteilt wurde.

Was, wenn der vermeintliche Täter doch nichts weiß!? Ist er dann nicht
spätestens dann plötzlich auch Opfer!?

Siehe auch den in Großbritanien erschossenen Mann letztes Jahr...

janw
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So 1. Jan 2006, 15:12 - Beitrag #2

Martin, hast du den Artikel noch irgendwo? spiegelonline hat ihn offenbar entfernt.

MartinR
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So 1. Jan 2006, 15:19 - Beitrag #3

der war hier ....spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,393051,00.html

scheint aber wirklich weg zu sein. hmmmmm. komisch...
ne, den hab ich leider sonst nicht :(((

teut
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Mo 2. Jan 2006, 12:37 - Beitrag #4

Vielleicht war das ganze eine bewußte Falschmeldung um eine Diskussion über eine peinliche Befragung von Verbrechern im Keim zu ersticken.In unseren Medien -Zeitalter kommt das wohl vor.Der Spiegel wird ja sehr wohl für sinistre Ziele verwendet.
Übrigens wird die Folter ohnehin angewendet Schlafentzug ,pausenloses Verhören,ein paar Tröstungen mit Faustschlägen und Tritten wahlweise Schläge mit nassen Handtüchern und mit dem Telefonbuch.Nur das Strecken, der spanische Stiefel und die Daumenschrauben haben noch keinen Eingang in unser Rechtssystem gefunden.Auch Psychofolter gibt es.Nun ein paar Verbrecher sollten aus Rachegründen schon die Angst wenigstens haben einer Tortur unterworfen zu werden,wenngleich ich ein Gegner der Folter bin :)

Ipsissimus
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Mo 2. Jan 2006, 12:51 - Beitrag #5

und da die Gedenkstätten der letzten Ära, in der in Deutschland Folter auch flächendeckend eingesetzt wurde, im Normalfall in einem schönen gepflegtem Zustand sind, haben wir auch schon die Örtlichkeiten zur Hand, an der unsere tüchtigen Beamten dieser ihrer aufopferungsvollen Tätigkeit nachgehen können; und nach der Reparatur von ein paar Öfen ist sicher auch die Entsorgung der Verbrecher kein wirkliches Problem mehr


das vorauseilende "Wissen" vieler Polizisten, daß ein Verbrecher ein Verbrecher sei und daß demzufolge auch entsprechend mit ihm umgegangen wird, ist ein echtes Problem. Frei nach Brecht wurden diese Polizisten jenen gleich, die sie ursprünglich bekämpfen wollten

Lykurg
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Mo 2. Jan 2006, 13:28 - Beitrag #6

teut, ich glaube nicht, daß diese Meldung, falls bewußt falsch, schon nach höchstens ein paar Stunden entfernt worden wäre. Die Möglichkeit zur Kenntnisnahme wäre denn doch etwas zu beschränkt. Wenn man schon falschmeldet, dann richtig. :rolleyes:

Zu bestreiten, daß derartiges vorkommt, wäre wohl blauäugig; aber das Ausmaß dürfte zu gering sein, um davon auszugehen, daß es "Eingang in unser Rechtssystem gefunden" hätte. 'Pausenlose' Verhöre sind für mich ein Grenzfall; wenn keine weiteren Zwangsmittel (wie Schlafentzug) eingesetzt werden, ist das in Extremlagen (Gäfgens) mE zulässig. - Und wenn schon, warum schließt du die Daumenschrauben explizit aus? Bist du dir sicher? - Vielleicht könnten hier Insiderkenntnisse weiterhelfen?^^

Nun ein paar Verbrecher sollten aus Rachegründen schon die Angst wenigstens haben einer Tortur unterworfen zu werden,wenngleich ich ein Gegner der Folter bin :)
Die Angst der Verbrecher vor Folter halte ich aus demselben Grund für eher weniger wirksam. Dafür müßte schon breiter darüber berichtet werden. Allgemein halte ich aber Angst vor Repression für eine miserable Methode zur Aufrechterhaltung einer wie auch immer gearteten Ordnung. Auch Angst vor angedrohter Folter ("Territion", Zeigen der Folterinstrumente) zählt schließlich zu den Foltermethoden; das auf eine unter Generalverdacht stehende Gesellschaft anzuwenden, hebt diese tatsächlich auf. Und "Rache" ist sowieso mW nicht ganz der aktuelle Stand der Rechtspflege... :rolleyes:

Ipsissimus, meinst du, daß z.B. in Polen, wo jedenfalls einige der Anlagen in schlechterem Zustand sind als hierzulande, die Folterhäufigkeit geringer sei? (wobei ich die CIA-Geschichten hierbei als nichtpolnische Aktivität ausnehme)
Zum zweiten Absatz ließe sich eine reichlich problematische Wertung anstellen, ob gut gemeint besser ist als schlecht.^^

Ipsissimus
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Mo 2. Jan 2006, 13:40 - Beitrag #7

Lykurg, meine Ausführungen waren lediglich als Polemik gegen eine Tendenz in Teuts Worten gedacht - ich weigere mich allerdings meistens, Ironie- und/oder Sarkasmus-Tags zu benutzen

gut gemeint ist besser als schlecht? besser als schlecht gemeint, schlecht gemacht, oder was? Wer Folter anwendet oder ihre Anwendung erwägt, hat jedenfalls nichts gut gemeint.

MartinR
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Mo 2. Jan 2006, 13:53 - Beitrag #8

User Rechtssystem sieht das garantiert nicht vor...

Es gibt wohl einige, die meinen genau IHRE Mittel würden dem Sinn des Rechtes und der Rechtsfindung entsprechen. Doch ist das ein Trugschluß.

Warum gibt es in vielen Rechtssystemen denn die Unschuldsvermutung!?
Eben genau darum, weil allen klar ist, daß es auch mal den falschen trifft!

Die USA bieten derzeit ja immer wieder herforagende Beispiele dafür!!!

Und wenn ich gefoltert werde, gestehe ich alles. Das ist so.

Artikel 1 (nicht etwa Artikel 196 oder irgendein anderer ganz hinten im GG!!!) Artikel 1 GG Absatz 1.
Also das aller erste im Grundgesetz sagt:
"Die Würde des Menschen ist unatastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt."

Jede Form der Gewalt und ganz besonders der, gegen die man sich nicht wehren kann resp. "darf", ist ENTwürdigend!

Und es steht dort nicht etwa, des Bundesbürgers oder des unverdächtigen oder des unschuldigen oder des Europäers. Nein.
DES MENSCHEN.

Ein Rechtsgrundsatz:
Nemo tenetur se ipsum accusare
(Niemand ist verpflichtet, sich selbst anzuklagen)

Wiederzufinden z.B. in §§ 55, 136 StPO

Würde Folter oder Androhung solcher nicht genau diesen Rechtsgrundsatz zunichte machen!?

Lykurg
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Mo 2. Jan 2006, 14:03 - Beitrag #9

[OT] Ipsissimus, vielleicht solltest du ein generelles Sarkasmus-Tag in die Signatur einfügen?^^ An sich bedarf es dessen nicht, nur geht mein Versuch, die ernstgemeinte Aussage dahinter (die es in den meisten Fällen ja doch geben dürfte) zu suchen, eben gelegentlich fehl. Auch eine sarkastische Aussage darf ein Ziel verfolgen.^^[/OT]

Wer Folter anwendet oder ihre Anwendung erwägt, hat jedenfalls nichts gut gemeint.
Auch Folter könnte eventuell in guter Absicht erfolgen; außerdem schreibst du ja über das Behandeln Verdächtiger als Verbrecher, was für mich nicht zwangsläufig^^ 'foltern' beinhalten sollte.

[Edit] Vielleicht sollte ich doch dazusagen, daß ich Folter auch aus einer Reihe von weiteren Erwägungen strikt ablehne. - Wobei Detailfragen zu klären blieben, s.o. [/Edit]

Maglor
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Mo 2. Jan 2006, 15:38 - Beitrag #10

Folter in Deutschland wäre noch ein humanitärer Fortschritt. So würde den armen Seelen doch die Verschleppung ins autoritäre Ausland erspart. :crazy:
Ansonsten schließen die unveränderlichen Artikel des Grundgesetzes Folter keineswegs aus.

"Artikel 2
Allgemeine Handlungsfreiheit; Freiheit der Person; Recht auf Leben

(1)
Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die ver*fas*sungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2)

Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden."

Auf Grund von Gesetze darf in die Freiheit eingegriffen. Natürlich ist es konform Menschen Gewalt anzutun um Dritte zu bewahren. Es ist allerdings nicht genehm, Menschen Gewalt anzutun um sie zu entwürdigen.
Die Sache mit der Würde ist ohnehin recht relativ. Soll heißen man darf Gefangene vielleicht unter Drogen setzen und sie schlagen, sie aber vielleicht nicht nackend an einer Hundeleine vor die Kamera ziehen.

MfG Maglor

MartinR
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Mo 2. Jan 2006, 15:51 - Beitrag #11

was möchtest du jetzt eigentlich genau aussagen, Maglor?

Maglor
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Mo 2. Jan 2006, 16:07 - Beitrag #12

In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Entsprechende Gesetze müssten vom Bundestag verabschiedet werden.

Ipsissimus
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Mo 2. Jan 2006, 16:58 - Beitrag #13

natürlich kann sich ein einigermaßen aufgeklärtes staatliches System in ein Unrechtssystem zurückverwandeln und z.B. durch Gesetze Folter wieder legal machen; im Rahmen positiven Formalrechts ist das ein Allerweltstrick.
glücklicherweise sieht das derzeitige Grundgesetz für diese Fälle auch eine allgemeine Widerstandspflicht der Bürger vor^^

Maglor
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Mo 2. Jan 2006, 17:04 - Beitrag #14

Vorsicht, das Recht auf Widerstand bezieht sich nicht auf Widerstand gegen die freiheitlich, demokratische Grundordnung.
Was freiheitlich und demokratisch ist, bestimmt das von Bundestag und Bundesrat eingesetzte und damit zwangsläufig unabhängige Bundesversaffungsgericht.

"Artikel 18
Verwirkung von Grundrechten


Wer die Freiheit der Meinungsäußerung, insbesondere die Pressefreiheit (Artikel 5 Abs. 1), die Lehrfreiheit (Artikel 5 Abs. 3), die Versammlungsfreiheit (Artikel 8), die Vereinigungsfreiheit (Artikel 9), das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis (Artikel 10), das Eigentum (Artikel 14) oder das Asylrecht (Artikel 16 a) zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung mißbraucht, verwirkt diese Grundrechte. Die Verwirkung und ihr Ausmaß werden durch das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen."

Merke: Eine Verschwörung aller Verfassungsorgane ermöglicht despotische Untriebe!

MfG Maglor

Ipsissimus
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Mi 4. Jan 2006, 13:57 - Beitrag #15

Vorsicht, das Recht auf Widerstand bezieht sich nicht auf Widerstand gegen die freiheitlich, demokratische Grundordnung.
Was freiheitlich und demokratisch ist, bestimmt das von Bundestag und Bundesrat eingesetzte und damit zwangsläufig unabhängige Bundesversaffungsgericht.


Formalrecht ist schöööööön^^
Inhaltlich ist das natürlich Unfug, denn das Widerstandsrecht kam unter dem Eindruck der Situation im Dritten Reich zustande und war explizit gedacht als Widerstandsrecht gegen eine zwar formalkorrekt an die Macht gekommene Regierung, welche die staatliche Ordnung formalkorrekt ins Unrechte verändern würde. Daß ein paar Jahrzehnte später sich wieder das gutbürgerliche "Hauptsache, wir werden regiert, egal unter welchem System" durchsetzen würde, war vorhersehbar^^ anders gesagt, es ist verfassungskonform, gegen eine Regierung und gerade dadurch für die freiheitlich demokratische Grundordnung zu kämpfen^^

janw
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Mi 4. Jan 2006, 14:31 - Beitrag #16

Zitat von teut:Der Spiegel wird ja sehr wohl für sinistre Ziele verwendet.

Wurde, eher, er ist heute ja eher dexter^^

Die Geschichte der Meldung finde ich wirklich merkwürdig, wieso wird soetwas veröffentlicht und gleich zurück gezogen?

Das vorauseilende "Wissen" vieler Polizisten, daß ein Verdächtiger ein Verbrecher sei und daß demzufolge auch entsprechend mit ihm umgegangen wird, ist ein echtes Problem. Frei nach Brecht wurden diese Polizisten jenen gleich, die sie ursprünglich bekämpfen wollten.


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