Ist eine Oligarchie unausweichlich?

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
Maurice
Analytiker
Lebende Legende

 
Beiträge: 5166
Registriert: 14.01.2003
Di 17. Jan 2006, 14:57 - Beitrag #1

Ist eine Oligarchie unausweichlich?

Eigentlich ein Thread für die Philo-Sektion, aber hier bekommt das Thema mehr Beachtung. :D

Mir kam gestern plötzlich die Idee, dass jede menschliche Gesellschaft irgendwann auf eine Oligarchie (=Herrschaft Weniger) hinausläuft. Kann sein, dass ich durch das Lesen von Nietzsche auf die Idee gekommen bin. ^^
Auf jeden Fall, will ich diese These hier diskutieren.

Die Jahrtausende haben noch nie eine Gesellschaft hervorgebracht, die nicht eine Oligarchie war oder sich zu einer solchen entwickelt hätte. Die Monarchie, Theokratie, Absolutismus, Diktatur, Faschismus, Kommunismus und heute die Plutokratie. In allen Gesellschaftsformen bestimmt eine relativ kleine Gruppe an Personen über die Masse. Auch die Demokratie ist kein Ausweg, da sie entweder nur ein Wort ist (Stichwort "DDR") oder die Bevölkerung zwar Dinge entscheiden kann, aber im Hintergrund ganz andere die Fäden in den Händen haben (Stichwort "USA"). Mag sein, dass kurze Zeit wirkliche Demokratien existieren können, also wo wirklich die Bevölkerung das Ruder in der Hand haben, aber ein solcher Zustand ist nie von Dauer. Zumindest wenn aus den bisherigen Ereignissen der Menschheitsgeschichte schließen kann.
Gib den Menschen Freiheit und es wird welche geben, die sie missbrauchen.
Gib den Menschen Freiheit und es wird welche geben, die andere ausbeuten.
Gib den Menschen Freiheit und es wird welche geben, die andere unterdrücken.
Solange es Gesellschaft gibt, wird es Machtunterschiede geben. Und solange es Menschen sind, werden manche ihre Macht missbrauchen.
Es gibt keine reale Alternative zur Gesellschaft, zum Leben in einer staatlichen Ordnung, denn der Mensch ist ein Herdentier (mit nur wenigen Ausnahmen) und ab einer gewissen Herdengröße sind dauerhafte Machthierarchien unumgänglich. Ja selbt in einem staatslosen Zustand gibt es kein Entkommen aus der Tatsache, dass nicht jeder gleich mächtig ist und somit schon immer eine Hirachie existiert hat und immer notwendig existieren wird.
Über kurz oder lange führt das natürliche Machtstreben einzelner Individuen zu einer solchen Vergrößerung der Macht, dass sie sich so von der Macht des gewöhnlichen Einzelnen unterscheidet, dass dieser sich nicht ohne weiteres aus dem Machtbereich des Stärkeren entziehen kann (oder überhaupt will). Selbst eine Revolution, ein Versuch des Ausbrechens aus herrschenden Machtstukuren führt, wenn sie erfolgreich ist, nur zu einer anderen Machtverteilung und letzten Endes wieder einer Herrschaft weniger über viele. Der einzige Unterschied ist, wer diesmal die Macht besitzt und wie die Strukturen der Macht realisiert werden.
Das menschliche Sein als Mit-Sein mit anderen ist notwendig als ein Herrschen und Beherrschtwerden strukturiert, wenn das Zusammenleben einen bestimmten Komplexitätsgrad errreicht hat.


PS: Ich habe einfach mal spontan aufgeschrieben, was mir zu der These in den Sinn kam.

Maglor
Karteizombie
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4281
Registriert: 25.12.2001
Di 17. Jan 2006, 15:41 - Beitrag #2

Polybios entwickelte einst eine Theorie zyklischer Verfassungsentwicklung.
Aus Heroen wurden Tyrannen, aus Demokratie MassenTyrannei.

Er selbst sah den Ablauf folgendermaßen.
Am Anfang steht der gute König, die Monarchie. Sie entwickelten, wohl wegen der im Grunde verdorbenen Natur des Menschen, Dekadenz, die Tyrannei. Die Dekadenz des Tyrannen wegt die Geister der Revolution. Ein Bund schöngeistiger Heroen, Aristokraten ohne jegliche neagtive Konnotierung, ergreift die Macht und erneuert wieder den gerechten Staat. Die aristokratischen Familien verfallen der Dekadenz und werden schlimme Oligarchen. Die Olgarchie wie vom Volke beseitigt, die Demokratie wird eingeführt. Das Volk selbst wird dekadent, die Ochlokratie (Massentyrannei) beginnt. Nur ein großer Diktator, der gute König, kann die Ochlokratie beenden und die gute Monarchie wiedereinführen. Der Teufelskreis nimmt seinen Lauf.

Soweit Polybios. Also Maurice, so jung kann der Gedanke gar nicht sein.

Im Grunde spiegelt sich die Idee, Demokratie sei unmöglich, auch im historischen Materialismus des Kalr Marx wieder. Der Lauf der Geschichte wird als eine Abfolge revolutionärer Gedanken, Bewegungen und Vorgänge gedeutet. Aus der bürgerlichen Befreiungsbewegung wird schließlich das böse Kapital.
Marx setzt allerdings ans Ende der Geschichte einen paradiesischen Endzustand, den Kommunismus. Dass die Diktatur des Proletariats nicht selbst dekadent werden kann, hat die jüngere Geschichte widerlegt.

Auch Polybios sah allerdings einen Ausweg: Die römische Mischverfassung, die demokratische (Volksversammlung), aristokratische (Senat) und monarchische (Konsul) harmonisch vereine und so unkaputtbar sei. Tja, vom großen Augustus und den Caesaren konnte aber auch Polybios nichts ahnen. ;)
Eigentlich ein Thread für die Philo-Sektion, aber hier bekommt das Thema mehr Beachtung.

Verdammt, jetzt ich habe ich die alten Griechen und Karl Marx hineingebracht! Und eigentlich gehört es ja ins Politikfeld.
:crazy:

MfG Maglor

Maurice
Analytiker
Lebende Legende

 
Beiträge: 5166
Registriert: 14.01.2003
Di 17. Jan 2006, 16:08 - Beitrag #3

Soweit Polybios. Also Maurice, so jung kann der Gedanke gar nicht sein.

Habe ich irgendwo den Anspruch erhoben, dass meine Idee ein absolutes Novum sei? :P

Traitor
Administrator
Administrator

Benutzeravatar
 
Beiträge: 17500
Registriert: 26.05.2001
Di 17. Jan 2006, 16:35 - Beitrag #4

Maglor hat Recht, es passt am besten unter Politik.

Dass einige wenige die Herrschaft ausüben, ist sowohl unvermeidlich als auch sogar sinnvoll. Dass sie die Herrschaft auch nur nach ihrem eigenen Gutdünken gestalten können, dazu besteht eine sehr starke Tendenz.
Aber unterschiedliche Regierungsformen haben unterschiedlich gute Handhabe, dieser Tendenz entgegenzuwirken. Dabei fallen mir spontan drei Strategien ein:
-die Wenigen sollen möglichst viele sein - besser ein 500er-Parlament mit großen Parteikadern als Reserve als eine Junta aus einer Handvoll Generale.
-die Wenigen sollen möglichst wechselnd sein - besser Wahlen als Erbfolge, besser 4 statt 10 Jahre Legislatur
-die Wenigen müssen einer Kontrolle unterstehen - sowohl durch Punkt 2 als durch Geschichten wie Gewaltenteilung
All dies schafft eine Demokratie besser als alle anderen bekannten Formen. Aber auch in ihr können diese Maßnahmen ausgehöhlt oder umgangen werden - indem sich für die eigentlich wechselnden Wenigen doch feste Schemata herausbilden, siehe Politikerdynasiten der USA; indem die Kontrollmechanismen nicht mehr genutzt werden; oder indem sich Parallelstrukturen etablieren (Lobbyismus).

Ipsissimus
Dämmerung
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 10251
Registriert: 29.10.2004
Di 17. Jan 2006, 17:14 - Beitrag #5

Wer hat das gesagt "Das einzige, was bei Revolutionen passiert, ist die Auswechlung der Bedienungsmannschaft an den Kanonen und Hinrichtungswerkzeugen"?

Zyklizität scheint ein allgemeines Phänomen zu sein, warum also nicht auch bei menschlichen Gesellschaftsformen - es wäre dann natürlich ein Fehler, anzunehmen, daß die Entwicklung an irgendeiner Stelle ende (abgesehen von umfassender Ausrottung der Menschheit), denn auch die Oligarchie wäre dann bloß eine Durchgangsstation wie viele andere auch.

shipY
Active Newbie
Active Newbie

 
Beiträge: 10
Registriert: 01.12.2001
Di 17. Jan 2006, 17:51 - Beitrag #6

Ich glaube, nein - bin fester der Meinung, dass wohl eine Herrschaft (egal unter welchen Bedingungen, egal auf was welche Größe bezogen, sprich egal ob kleiner Lernkreis,Verein,Interessensverbände oder Länder) von "weningen" auf Dauer unvermeidbar ist.

Wenn jmd. nicht der Meinung sein sollte dann wär ich für Beispiel gerne offen. Kurz aber meine Definiton von "Herrschaft":
Ich verstehe Herrschaft nicht als "Gewalt über andere/anderes auszuüben" sondern dass durch gewisse Fähigkeiten, seien es Führungspotential (auch auf Grundlage von Respekt), Fachwissen oder einfach nur Dreistigkeit Einfluß auf andere/anderes ausgeübt wird.

Bsp. Lerngruppe:
Minimieren wir diese Gruppe auf die wohl kleinstmögliche Sinnvolle Anzahl von 4 Personen,dann findet man immer mindestens 1Person die den Respekt der anderen genießt, die Lernmethoden vorschlägt und "zu erst" sagt wie sein Lösungsweg ist.

... will Gegenbeispiele hören die ich in Grund und Boden argumentieren kann :P

ps: meine ganzen Einträge seit meinem Anmeldedatum sind weg... warum :boah:

Lykurg
[ohne Titel]
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 6865
Registriert: 02.09.2005
Di 17. Jan 2006, 17:55 - Beitrag #7

Es ist kaum anzunehmen, daß eine Gesellschaftsform ihre Kultur überlebt^^ - und genau das, der Untergang von Kulturen, ist eben eine zyklische Erscheinung, ob nun durch inneren Zerfall, Fremdeinwirkung oder Umweltbedingungen. In den meisten Fällen ändern maßgebliche Anführer die Staatsform in autokratischer Richtung, weil sie hoffen, den Untergang noch aufhalten zu können (bzw. weil das Volk eben das von ihnen erwartet, und zu degeneriert oder desillusioniert ist, um noch aus sich selbst heraus andere Hoffnungen zu hegen). Erfahrungsgemäß beschleunigen diese Schritte letztlich den Untergang - wobei sich mir die Frage stellen würde, wann zuletzt ein demokratisches System tatsächlich als solches untergegangen wäre, ohne zuvor diese Verfallsstufen zu durchlaufen.

Traitor, allein die Größe des Parlamentes und kurze Legislaturperioden sagen nun wirklich herzlich wenig aus, der römische Senat wurde gerade in der Zeit seines Bedeutungsverlustes massiv erweitert, von etwa 600 Mitgliedern zur Zeit Sullas auf 900 unter Caesar und auf über 1000 Mitglieder in der frühen Kaiserzeit. Zugleich dauerte die Legislaturperiode der meisten wichtigen Ämter (darunter Konsuln, Aedile, Praetoren, Quaestoren etc.) ein Jahr und durfte nicht in zwei aufeinanderfolgenden Jahren von denselben Leuten bekleidet werden. Ein Problem war hier die kaum vorhandene Repräsentanz der Plebs; die Rücknahme der Bodenreformen und Ermordung des Tiberius Sempronius Gracchus - der innere Friede bereits so instabil, daß der Bürgerkrieg daraus entstand und die Republik verloren war.

Maglor
Karteizombie
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4281
Registriert: 25.12.2001
Mi 18. Jan 2006, 12:20 - Beitrag #8

Eine möglichst hohe Kopfzahl der Herrschenden ist nicht immer von Vorteil.
Ein absoluter Monarch ist sicherlich sinnvoller als eine ganze Liga oligarchischer Lokaldespoten. (Erwähnte ich schon, dass ich Föderalismus an sich als nicht wertvoll erachte?) Gleiches ist wohl auch der Vorzug des großen Augustus.
Heißt es nicht auch viele Köche verderben den Brei?
Ein aktuelles Beispiel ist da wohl die EU-Kommision. Bis zur großen Osterweiterung wurde jedes Land durch einen Kommisar repräsentiert. Und überhaupt musste jedes Land in jeder Behörde die Finger drin haben. Das hat die EU allerdings nicht vor Korruption oder Ineffektivität bewahrt, im Gegenteil.

MfG Maglor :rolleyes:

Ipsissimus
Dämmerung
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 10251
Registriert: 29.10.2004
Mi 18. Jan 2006, 12:52 - Beitrag #9

es gibt allerdings eine Überlegung, die mich nachdenklich stimmt, ob wir nicht doch am "Ende der Geschichte" angelangt sind, zumindest hinsichtlich des Themas und hinsichtlich der derzeitigen Oligarchie

Wir leben in einer historisch erstmaligen und damit einmaligen Situation, bedingt durch die gleichzeitige Verfügbarkeit von Massenvernichtungswaffen, flächendeckender Überwachungstechnologie und automtisierter, computergestützter Auswertung. Ich frage mich, ob diese drei Faktoren nicht ausreichen, um die derzeitigen Zustände zu verewigen.

Dieses Verewigen stelle ich mir durchaus al kompatibel zu Oberflächenbewegungen vor - wenn in den USA mal die Reps, mal die Demos an der Macht sind, tut sich ja optisch auch was - aber abgesehen von Tsunamiwellen bewirken Meereswellen auch keine Bewegung der Wassermassen ab 100 Meter Tiefe.

Die "Leute dahinter", die Clique von Wirtschaftsfunktionären, Bankern und Militärs, die wirklich die Richtlinienkompetenz ausübt, kann sich ,gesichert durch diese Technologien, in alle Ewigkeit aussuchen, wer in ihren illustren Kreis aufsteigt und somit in alle Ewigkeit herrschen. Der Pöbel ist mit den Oberflächenbewegungen völlig zufrieden- und ruhiggestellt, anscheinendes Wahlrecht und Presse- und Meinungsfreiheit verschleiern vollkommen die faktische Bedeutungslosigkeit derselben.

Ich halte die gegenwärtige Situation daher tendentiell für das Ende der Geschichte^^

Maglor
Karteizombie
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4281
Registriert: 25.12.2001
Mi 18. Jan 2006, 13:03 - Beitrag #10

Zitat von Ipsissimus:Wir leben in einer historisch erstmaligen und damit einmaligen Situation, bedingt durch die gleichzeitige Verfügbarkeit von Massenvernichtungswaffen, flächendeckender Überwachungstechnologie und automtisierter, computergestützter Auswertung. Ich frage mich, ob diese drei Faktoren nicht ausreichen, um die derzeitigen Zustände zu verewigen.

Dass hatten Stalin und Mao auch schon, naja ohne Computer und so.
Bisher sind Theorien über eine Endgültigkeit des jetzigen Zustandes immer von der Geschichte widerlegt worden. Das musste ja schon Polybios erfahren, der die römische Mischverfassung für den Ausweg aus dem Teufelskreis hielt.
Es kommt immer anders als man denkt. Wer dachte in den Tagen des Westfälischen Friedens, es könne ein schlimmerer Krieg vom Zaun gebrochen werden als der dreißigjährige? Wer glaubte zu Lebzeiten Ludwig XIV., es könne eine andere Regierungsform als die Monarchie geben? Und im Deutschen Reich der 30er und 40er glaubte man doch tatsächlich an ein tausendjähriges Reich. ;)
Die derzeitigen Machtcliquen des Westens sind nicht unbesiegbar. Massenverschuldung, das Versiegen der fossilen Rohstoffquellen und die Überalterung winken schon mit verlodderten Fahne des Niedergangs.
MfG Maglor :(

Ipsissimus
Dämmerung
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 10251
Registriert: 29.10.2004
Mi 18. Jan 2006, 13:24 - Beitrag #11

prinzipiell stimme ich dir darin durchaus zu, Maglor - aber es geht eben nicht mehr nur darum, ob wir uns etwas vorstellen können oder nicht. Ich rekurriere ja nicht umsonst auf die gleichzeitige Verfügbarkeit mehrerer Technologien, die alle drei weltumspannend wirksam sind, was bisher keiner Gruppe von Mächtigen zur Verfügung stand. Außerdem wäre es aus der Perspektive jener Mächtigen wahrscheinlich belangslos, ob es durch einen Bürgerkrieg zu gesellschaftlichen Umstürzen käme

Maurice
Analytiker
Lebende Legende

 
Beiträge: 5166
Registriert: 14.01.2003
Mi 18. Jan 2006, 13:38 - Beitrag #12

Nur kurz, weil ich nicht viel Zeit habe im Moment:

Ipsi spätestens dann, wenn die Menschheit eine riesige Katastrophe heimsucht, wird ein Ruck durch mögliche etablierte Strukturen gehen, egal wie lange sie bis dahin auch gehalten haben. Angenommen es würde bald ein Zustand eintreten, der keine großen Änderungen mehr zulässt und theoretisch in alle Ewigkeiten fortgesetzt werden könnte. Spätestens wenn unsere Sonne den Löffel abgibt wirds problematisch. Aber auch ein großer Komet, eine weltweite Super-Seuche oder ein Nuklearkrieg würde einen entscheidenden Einschnitt in der Geschichte bedeuten. Ich halte einen Nuklearkrieg zwar für äußerst unwahrscheinlich, aber in Hinblick auf die Natur des Menschen durchaus denkbar. Es bedarf nur ein paar verrückter Despoten an den roten Knöpfen und unter den nötigen Anspannungen ein kleiner Funken... Die Lunte des Pulverfasses, auf dem wir sitzen, bleibt bestehen.

Ipsissimus
Dämmerung
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 10251
Registriert: 29.10.2004
Mi 18. Jan 2006, 13:59 - Beitrag #13

jo^^ "Ewigkeit" muss nicht gar so wörtlich verstanden werden. 1000 oder 10000 Jahre sind auch schon ziemlich lang für ein Menschenleben

Maglor
Karteizombie
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4281
Registriert: 25.12.2001
Mi 18. Jan 2006, 14:02 - Beitrag #14

Ipse, glaubt also an Atomwaffen und nicht an die Donnerkuppel oder den Planet der Affen... :crazy:

Ipsissimus
Dämmerung
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 10251
Registriert: 29.10.2004
Mi 18. Jan 2006, 14:03 - Beitrag #15

"glauben an" ist nicht ganz der Punkt^^

janw
Moderator
Moderator

Benutzeravatar
 
Beiträge: 8488
Registriert: 11.10.2003
Mi 18. Jan 2006, 14:05 - Beitrag #16

Ipsi, so gesehen haben wir nicht nur eine Oligarchie, sondern eine Monarchie oder - im griechischen Sinne - Tyrannis. Dadurch, daß die Oligarchen davon abhängen, daß Billys Weichware zuverlässig funktioniert. Der Nabel der Welt steht in Redmond, und keiner hats gemerkt :rolleyes:

Traitor
Administrator
Administrator

Benutzeravatar
 
Beiträge: 17500
Registriert: 26.05.2001
Do 19. Jan 2006, 11:39 - Beitrag #17

@Lykurg: Ich hatte gehofft, mir den Disclaimer "bis zu gewissen Obergrenzen und nicht als allein hinreichende Maßnahmen, sondern als Mittel zur richtigen Tendenz" sparen zu können. ;)

@shipY: Wo ist für dich der Unterschied zwischen Gewalt (im politischen Sinne, nicht im Sinne von Prügeln) und Einfluss?

@Ipsissimus: Das Kennzeichen und gleichzeitig das Erschreckende des modernen Kapitalismus-Elitarismus-etcismus ist meines Erachtens, dass es nicht eine Schicht der wenigen Personen ist, die Macht hat, sondern dass es personenunabhängige Strukturen sind, die die Macht haben. Ob ein Konzern gerade von Herrn Müller oder von Herrn Meier geführt wird, ist irrelevant - der Konzern hat Einfluss. Eigentlich nichtmal mehr der individuelle Konzern, auch der kann ja sehr schnell seine Macht wieder verlieren, sondern eher die Lobby der Gesamtwirtschaft.
Der gute Karl Marx hatte schon Recht, "Das Kapital" zu schreiben statt "Die Kapitalisten". *g*
Das hat aber auch ein gutes: gegenüber klassischen oligarchischen Schichten, etwa einer Aristokratie, ist die heutige Oberklasse trotz aller Schranken und Klüngel deutlich leichter von unten zu erreichen. Letztlich gibt es keine stabile Oligarchie einer klar umrissenen Gruppe.

Ipsissimus
Dämmerung
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 10251
Registriert: 29.10.2004
Do 19. Jan 2006, 12:42 - Beitrag #18

Traitor, das ist in meiner Darlegung durchaus mit bedacht; es ist korrekt, daß die konkreten Subjekte der Macht in gewissem Maße auswechselbar sind. "Das System" ist aber so gemacht , daß die Stabilität der Art der Schichtbildung (elitäre Machtschicht, puffernde Pseudomachtschicht, Bürokratie, der beherrschte Rest) gewährleistet ist, unabhängig davon, welches gerade die konkreten Objekte der Macht sind.

Dabei scheint mir relevant zu sein, daß der Zugang zur elitären Machtschicht eben gerade nicht so einfach ist, sondern diese Machtschicht durch ein Bündel von Maßnahmen sichergestellt hat, daß bis zu ihr nur "aufsteigt", wer auch ihre Werte und Ziele teilt. Für den Rest der Menschheit ist es damit praktisch gleichgültig, wer "oben" angesiedelt ist, unterschiedliche Subjekte werden trotzdem dieselben Ziele verfolgen zur Absicherung ihrer persönlichen Machtsouveränität.

Maurice
Analytiker
Lebende Legende

 
Beiträge: 5166
Registriert: 14.01.2003
Do 19. Jan 2006, 13:49 - Beitrag #19

Ich lehne Traitors Verhalten, Macht zu entpersonalisieren, ab. Es stellt sich nämlich dann unweigerlich die Frage nach dem ontologischen Status, der bei einer unpersonalen Macht imo nur schwer zu bestimmen sein wird.
Es gibt im Grund keine "Macht", sondern nur mächtige Lebewesen. Macht ist immer an Lebewesen gebunden.
Dass es quasi keine Rolle spielt, wer im Moment der Chef eines Konzerns ist, liegt nicht daran, dass eine inmaterielle Struktur, den Menschen zwingt so und so zu handeln. Es sind hier immer Menschen, die andere Menschen zwingen. Wenn ich nur mit einem gewissen Verhalten zum Chef werde und nur mit einem bestimmten Verhalten dies auch bleibe, dann hat das nicht "das Wesen des Kapitalismus" zur Ursache, sondern immer Menschen, die Zwang ausüben. Verhalte dich so und so, oder du kannst keine Karriere machen. Da diese Verhaltensweisen jedem aufgezwängt werden, der in Karriere machen will, übernimmt derjenige, der Karriere macht die Verhaltensweisen und übt wiederum auf andere Zwang aus.
Es gibt kein abstraktes System, das die Menschen zwingt, das sie in Formen presst. Es sind immer Menschen, die sich gegenseitig unter Druck setzen. Ein kollektiver wechselseitiger Zwang. Aber immer ein Zwang von Menschen.

Ipsissimus
Dämmerung
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 10251
Registriert: 29.10.2004
Do 19. Jan 2006, 14:13 - Beitrag #20

Maurice, ich empfehle, hierzu wirklich mal "Die Gesellschaft der Gesellschaften" von Niklas Luhmann zu lesen.

Natürlich ist deine Beobachtung korrekt, konkreter Druck wird durch konkrete Menschen ausgeübt, auch der Computer, der blind eine Mahnung ausdruckt und den Versand veranlaßt, ist nur Arm eines solchen. Aber das eigentliche Problem dabei ist die strukturelle Gewalt, der Umstand, daß eine - gesellschaftliche, unternehmenseigene, gruppeninterne uvm. - Struktur, nötigenfalls über Generationen hinweg so gebaut wird, daß die ihr unterworfenen Menschen als einzelne keine Chance haben, dem Zwang, den Selbstverständnissen der strukturellen Anforderungen zuwiderzuhandeln, ohne alle anderen der Struktur unterworfenen Menschen gegen sich aufzubringen und die Regelmechanismen der Struktur gegen sich zu aktivieren. Den Rest erledigen Angst oder Berechnung.

Nächste

Zurück zu Politik & Geschichte

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 8 Gäste