Bundeswehr - Erfahrungen und Meinungen

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Feuerkopf
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Fr 3. Mär 2006, 19:58 - Beitrag #21

e-noon,
Gegenfrage: Was sollte ihm dort besonders gut bekommen?

Ich halte Zivildienst für sinnvoll, weil da der junge Durchschnittsmann mit Bereichen des Lebens konfrontiert wird, mit denen er sonst eher gar nichts zu tun hat: Altenheime, behinderte Jugendliche, soziale Einrichtungen aller Art; die Liste lässt sich fortsetzen.
Ich kenne mehr als einen Burschen, der anschließend seine ursprüngliche Berufsplanung über den Haufen warf und einen Beruf ergriff, der mit diesen Gebieten zu tun hat.

Das einzig Positive, was ich je vom Bund gehört habe, war, dass mein Mann dort den Führerschein Klasse II gemacht hat und fast professionell Autoschrauben gelernt hat.

Ich habe ein tiefverwurzeltes Misstrauen gegenüber streng hierarchischen, autoritären Strukturen und gegenüber Gewalt als Lösungsmittel sowieso.
Dieses Denken habe ich meinen Kindern von klein auf vermittelt.
Damit wäre deine Frage auch beantwortet.

Traitor
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Fr 3. Mär 2006, 21:46 - Beitrag #22

Dank Allergie musste ich weder zum Bund noch zum Zivildienst, hätte aber ersteres auch ansonsten niemals getan. Daran gab es für mich nie auch nur einen Gedanken. Mit meinem Hang zu Diskussionen und meiner extremen Abneigung gegen sinnlose Autorität und Plackerei wäre daraus nichts geworden.
Die Bekannten, die zum Bund gegangen sind, haben entweder schnell hingeworfen oder während der Dienstzeit das Hirn ausgeschaltet - letzteres immerhin besser, als sich verderben zu lassen, aber nicht gerade eine wertvolle Erfahrung im Leben eines jungen Menschen...
An die klassischen "pädagogischen Vorteile" der Bundeswehr glaube ich nicht, Selbstständigkeit lernt man wohl überall anders besser, Verantwortung beim sozialen Zivildienst allemal mehr, Ordnung und Disziplin im Studium oder spätestens Beruf in zumindest hinreichendem Umfang, und mehr muss auch nicht sein.

Maurice
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Fr 3. Mär 2006, 23:43 - Beitrag #23

Ein kleiner Tatsachenbericht

Zitat von Traitor:Mit meinem Hang zu Diskussionen und meiner extremen Abneigung gegen sinnlose Autorität

Das ist ja bei mir auch der Fall. Nur weiß ich aus der Schulzeit, das man mit ca. 99% der Menschheit nicht anständig diskutieren kann. Da es für mich keine große Umstellung von der Schule zum Bund. In beiden Fällen konnte ich sich mit dem größten Teil der Personen nicht unterhalten.
Was die Autorität angeht: Auch ich bin gegen sinnlose. Aber nicht gegen jegliche. Nun gibt es aber viele Leute, die meinen, dass jede Autorität sinnlos sei. Jegliche Regeln zum Zusammenleben oder gar der Versuch von staatlichen Einrichtungen, die gesellschaftliche Ordnung zu gewährleisten, wird als Beraubung ihrer persönlicher Freiheit empfunden. Aber ich schweife etwas ab... Jedenfalls habe ich die Strukturen beim Bund nicht als sinnlose Autorität empfunden. Ich fand sie z.T. sogar zu lasch. Ich glaube viele haben einfach ein falsches Bild vom deutschen Militär und meinen, da geht es zu wie bei Full Metal Jacket. :rolleyes:

Die Bekannten, die zum Bund gegangen sind, haben entweder schnell hingeworfen oder während der Dienstzeit das Hirn ausgeschaltet - letzteres immerhin besser, als sich verderben zu lassen, aber nicht gerade eine wertvolle Erfahrung im Leben eines jungen Menschen.

Das Hirn ausschalten muss man wirklich nicht. Das haben die meisten Menschen sowieso nie an. Und verdorben wird man da bestimmt auch nicht. Zumindest nicht von den Ausbildern. Höchsten von seinen Kameraden. Aber da ist die Gefahr nicht größer als die die durch die Mitschüler während der Schulzeit ausgeht.

Anaeyon
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Sa 4. Mär 2006, 00:03 - Beitrag #24

Ich kann zwar nicht mit eigenen Erfahrungen mitreden, aber ich weis in etwa wie es meinem Bruder dort ging. Ihm hat es gefallen, auch wenn ihn die Kaputtheit der dortigen Materialien wohl sehr genervt hat. War bei jemandem der mit Vorliebe Militärsimulationen zockt aber auch nicht anders zu erwarten Bild

Ich denke nicht das man sein Hirn ausstellen muss, auch wenn ich nicht weis was genau man dort so alles machen muss. Ist ja nicht so das man wie in Ami-Filmen ständig nur Parolen nachbrüllt, und selbst das hieße nicht Stillstand in der Kopfgegend. Denn sicher geht es nicht um die Parolen sondern um das "sich dran halten".

Ich selbst würde und werde wohl nicht dort meine Grundausbildung machen (ich nehme an ich werde durchgehend schulisch oder anderweitig beschäftigt sein) denn ich habe so meine Eigenarten wenn es um Körperliche Leistungen geht. Wenn ich meiner Meinung nach an den Grenzen bin und jemand meint, mich bis zur Ohnmacht weiterhetzen zu müssen, dann sehe ich rot. Und ich würde mir auch keine "Disziplinarstrafen" verpassen lassen weil der Spieß mit dem falschen Fuß aufgewacht ist.
Mmn. ist Kriegsdienst nicht sinnlos wenn man selbst einen Sinn darin entdeckt, aber sinnlose Dinge würde ich dort auch nicht mitmachen. Wenn die aus mir nen Soldaten machen wollen, dann können sie es auch ohne pseudoauthoritäre Machtdemonstrationen.

Ich weis nicht wie es wirklich ist, aber was ich von der Panzergrenadierabteilung in Stetten weis: Alles ist kaputt. Kein Panzer fährt gerade, die Nachtsichtgeräte funktionieren auch nur nach Laune etc..

Wenn ich Töten soll dann nicht mit diesem Mist. Ich erwarte schon, das man mir perfekte Ausrüstung gibt wenn ich schon mein eigenes Leben aufs Spiel setze. (Und ich rede nicht nur von Auslandeinsätzen, es wurden schon Leute beim Panzerfausttraining getötet weil ihnen nicht erklärt wurde wie weit hinter so einem Ding niemand stehen darf)..

Und somit ist mir nach meiner jetztigen Erfahrung (durchs Hörensagen) das deutsche Militär einfach zu Arm und kaputt, als das ich diesem dienen wollte.
Disziplin habe ich sicher nicht nötig, denn wer intelligent genug ist, zu wissen das man sich in gewissen Situationen anpassen muss und trotzdem seine eigene Meinung haben kann, der braucht auch kein Morgenapell. Für meinen Körper kann ich auch ohne AGA was tun. Also wozu?


Allerdings verstehe ich nicht warum man seinen Sohn davon abbringen will, nur weil man persönlich keine Vorteile sieht. Wenn er will, warum nicht? So lange er keine romantisch verträumte Sichtweise auf die Sache hat wird es ihm entweder gut gehen oder er wird dadurch was lernen. Also warum ausdiskutieren?

Feuerkopf
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Sa 4. Mär 2006, 00:26 - Beitrag #25

Zitat von Anaeyon: Allerdings verstehe ich nicht warum man seinen Sohn davon abbringen will, nur weil man persönlich keine Vorteile sieht. Wenn er will, warum nicht? So lange er keine romantisch verträumte Sichtweise auf die Sache hat wird es ihm entweder gut gehen oder er wird dadurch was lernen. Also warum ausdiskutieren?


Ana,
das ist eine Frage der persönlichen Grundhaltung und Überzeugung. Wir sind keine besonders dogmatischen Eltern, wer uns kennt, weiß das. ]Aus[/I]diskutieren, womit Spender wahrscheinlich das endlose Debattieren um Einzelheiten meint ;), gehört bei uns zur anstrengenden Familienkultur.

the_quest
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Sa 4. Mär 2006, 12:53 - Beitrag #26

Auch wenn ich euch nur ungern unterbreche, so habe ich trotzdem eine nicht minder wichtige Frage, bei deren Lösung es wohl oder übel eurer Hilfe bedarf.

Wie ich letzte Woche durch ein Schreiben eben jener hier umstrittenen Vereinigung erfahren musste werde ich nächste Woche zur Musterung erwartet.

Nicht das ich nicht irgendwie, in den letzten 5 Jahren, damit gerechnet habe, dass SIE sich irgendwann melden, aber warum jetzt?

Ich befinde mich im 2. Semester meines hart erarbeiteten Studentenlebens und werde wie man meinem Profil entnehmen kann mitte Juli 23. Ich habe mir einen Nebenjob besorgt um für meine kleine Familie zu sorgen, und jetzt das... Normalerweise sollte man meinen das ich schon genug zu tun habe und ich momentan alles andere als wichtiger erachte als den Bund.

Für Ideen und Ratschläge bin ich offen..

Verweigern möchte ich aber aus Prinzip nicht...
Keine Fragen dazu bitte...

MfG

janw
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Sa 4. Mär 2006, 13:17 - Beitrag #27

Vielleicht liegt es an Deinem Alter ;)
Nein, ich meine natürlich, daß es doch eine Obergrenze gibt, bis zu der SIE einen noch nehmen, war die nicht bei 23 oder 24?

Zuerst mal würde ich überlegen, ob die Musterung aufgrund Deiner Gebrechenslage (ich weiß ja nicht, hast Du da was zu bieten?) überhaupt ein Problem darstellt.

Dann wäre es durchaus eine Idee, denen die Konsequenzen für Dich darzustellen - Studiendauerverlängerung, Familie... und sie deshalb um Verschonung zu bitten.
Kann vielleicht Dein AStA Dir Tipps geben?

Maurice
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Sa 4. Mär 2006, 14:45 - Beitrag #28

@Quest: Iirc wirst du nicht eingezogen, wenn du nachweisen kannst, dass du dich in einer Ausbildung oder in einem laufenden Studium befindest. Du wirst dann zurückgestellt, solange du in der AUsbildung/Studium bist. Und wenn das bei dir vorbei ist, hast du wohl e die Altersgrenze überschritten.
Abgesehen davon musste mein Vater damals nicht zum Bund, weil er anfang 20 Vater geworden war und sich deshalb zurückstellen lassen konnte. Du hättest also schon zwei Argumente nicht hinzugehen.
Mach dir also nicht zuviele Sorgen, frag aber auf jeden Fall nochmal nach. :)

@Ana:
War bei jemandem der mit Vorliebe Militärsimulationen zockt aber auch nicht anders zu erwarten

Also ich kannte damals einige Leute, die begeistert Kriegsspiele gezockt haben, besonders CS. Von denen ist aber gerade mal einer zum Bund gegangen. Der Rest hat Zivi gemacht oder wurde ausgemustert. :rolleyes:

@Feuerkopf:
Dazu gehört die strikte Ablehnung von Gewalt als Problemlösungsmittel und deren offizielle Ausprägung, die Armee.

Wobei die deutsche Armee sich mit Gewalt gegen Menschen (offizell) sehr zurücknimmt. Wann hat ein Soldat der Bundeswehr absichtlich einen Menschen getötet? Abgesehen davon wird man beim Bund, entgegen der Vorurteile vieler Leute, nicht zum Berufsmörder ausgebildet. Es wird nämlich x-mal betont, dass man nur im Notfall von der Waffe Gebrauch machen soll und wenn es dann doch sein sollte, man sich bloß davor hüten sollte, jemanden damit ernsthaft zu verletzen. Kampfmaschinen werden wohl anders herangezüchtet. :para:

janw
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Sa 4. Mär 2006, 15:13 - Beitrag #29

Mh, Maurice, das sagen sie den Wehrdienstlern, jetzt, wo man staunend registriert, daß der Militäretat überhaupt noch die aktuelle Höhe erreicht.
Letztlich ist aber jede Armee nicht als firewall gedacht, sondern als Kampfeinheit, die Tote und Verletzte als Ergebnis ihres Handelns billigend in Kauf nimmt.

Zitat von Maurice:Das Hirn ausschalten muss man wirklich nicht. Das haben die meisten Menschen sowieso nie an. Und verdorben wird man da bestimmt auch nicht. Zumindest nicht von den Ausbildern. Höchsten von seinen Kameraden. Aber da ist die Gefahr nicht größer als die die durch die Mitschüler während der Schulzeit ausgeht.

Hm, ist es nicht schlimm genug, daß dort das Hirn derer nicht eingeschaltet wird, die es immer aus haben?
Ist etwa die Verlängerung der Gefahren der Schulzeit erstrebenswert? ;)

Lykurg
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Sa 4. Mär 2006, 15:18 - Beitrag #30

@The_Quest
Dein 23. Geburtstag ist tatsächlich das entscheidende Datum, wenn du nicht aus irgendeinem Grund vorher offiziell zurückgestellt warst. Liegt dein vorgesehenes Dienstantrittsdatum dahinter, müßtest du raus sein (siehe Wehrpflichtgesetz §5, Abs. 1: "Grundwehrdienst leisten Wehrpflichtige, die zu dem für den Diensteintritt festgesetzten Zeitpunkt das 23. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.")

Ansonsten ist für dich WPflG §12, Abs. 4 von Bedeutung, da geht es um die Zurückstellungsmöglichkeiten wg. Studium:
(4) Vom Wehrdienst soll ein Wehrpflichtiger auf Antrag zurückgestellt werden, wenn die Heranziehung zum Wehrdienst für ihn wegen persönlicher, insbesondere häuslicher, wirtschaftlicher oder beruflicher Gründe eine besondere Härte bedeuten würde. Eine solche liegt in der Regel vor,

1. wenn im Falle der Einberufung des Wehrpflichtigen
a) die Versorgung seiner Familie, hilfsbedürftiger Angehöriger oder anderer hilfsbedürftiger Personen, für deren Lebensunterhalt er aus rechtlicher oder sittlicher Verpflichtung aufzukommen hat, gefährdet würde oder
b) für Verwandte ersten Grades besondere Notstände zu erwarten sind,

2. wenn der Wehrpflichtige für die Erhaltung und Fortführung eines eigenen oder elterlichen Betriebes unentbehrlich ist,

3. wenn die Einberufung des Wehrpflichtigen
a) eine zu einem schulischen Abschluss führende Ausbildung,
b) ein Hochschul- oder Fachhochschulstudium, in dem zum vorgesehenen Diensteintritt das dritte Semester bereits erreicht ist, oder einen zu einem Drittel absolvierten sonstigen Ausbildungsabschnitt oder
c) eine bereits begonnene Berufsausbildung
unterbrechen oder die Aufnahme einer rechtsverbindlich zugesagten oder vertraglich gesicherten Berufsausbildung verhindern würde.
Hinsichtlich des Studiums als Argument (3b) sieht es also schlecht aus, wenn du meinst, daß du jetzt im zweiten Semester bist. Aber ich würde es mit der Familie (1a) versuchen. Argh! Hoffentlich reicht das mit dem 23. Lebensjahr! Der Dienstantritt wäre also so spät wie möglich zu legen... hmm - mir ließ man damals die Wahl, ob ich zum 1.7. oder zum 1.10. wollte - aber die werden sie dir wohl kaum geben, wenn es für dich Dienst oder Nichtdienst bedeutete. Wenn du dich jetzt wegen 1a zurückstellen lassen kannst, dann greift ab dem nächsten Semester 3b, und zum 25. Geburtstag bist du dann ganz aus dem Schneider (WPflG § 5, Abs. 1, Satz 1). Jedenfalls solltest du dich kompetent beraten lassen; es geht einfach um zu viel, um nur auf eigene Recherche und eine entschlossene Miene zu setzen. (Ich hatte jedenfalls mindestens einen Kameraden mit Frau und Kind.) Ich drücke dir die Daumen...



Und zu mir?^^

Erstens fände ich das Ausdiskutieren am Küchentisch extrem mühsam. Zum Glück gab es das bei uns eigentlich nie. Ich kann mich aus meiner Kindheit an nichts von mir Entscheidbares erinnern, was meine Eltern uns durch lange Diskussionen hätten ausreden wollen oder müssen - und etwa in meine Entscheidung, ob Bund oder Zivi, haben sie sich nicht eingemischt (wie auch nicht in Studienwahl oder sonstiges). Ich kann mir auch schlecht vorstellen, daß eine solche Diskussion mir wirklich geholfen hätte. Bestimmte Erfahrungen muß man in dem Alter einfach auch selbst machen können; es kann auch heilsam sein, negative Folgen nicht befolgter elterlicher Ratschläge am eigenen Leib zu spüren. Aber mehr Beeinflussung sollte nicht sein - psychischer Druck, pfui Spinne!

Zweitens sah ich meine Entscheidung weitgehend als Pflichtfrage. Die Möglichkeiten zur Verweigerung, die ich im Netz sah (Erklärungsschreiben im Sinne von "Ich bin Vegetarier, seit ich mit drei Jahren auf meinen Hamster trat") sind und waren nicht mein Geschmack. Hätte man mir eine ehrliche Wahl gelassen, wäre mir sicherlich der Dienst an der Gemeinschaft wichtiger gewesen als der an der Waffe (wobei ich vermutlich ein guter Gemeindezivi gewesen wäre). Aber die leicht schockierten Fragen von Klassenkameraden "Aber du hast doch die Wahl! Sag doch einfach..." bestärkten eher meinen Abscheu vor einer nur vorgeschobenen Gewissensargumentation. Weit skrupellosere Bekannte von mir haben verweigert; mein Gewissen verpflichtete mich zum Wehrdienst.^^

Selbstverständlich erkenne ich es voll an, wenn andere Menschen mit gutem Grund und aus der Kenntnis ihrer selbst sagen, daß sie nicht dazu imstande sind, Menschen ein Leid zuzufügen. Ich verstehe es auch sehr gut, wenn Andere von sich sagen können, daß sie sich nicht vorstellen könnten, Teil einer Befehlskette zu sein oder ihre persönlichen Freiheiten potentiell einer Gruppe von Primaten zu opfern. Ich achte es als Ausprägung einer anderen Lebensauffassung als der meinigen, die jedenfalls ihre Berechtigung hat, in gewisser Weise auch Staat und Gesellschaft dienlicher ist, jedenfalls als Zeichen von Charakter. Ganz große Schwierigkeiten habe ich dagegen mit jemandem, der verweigert, weil Zivildienst die bequemere oder alles in allem besser bezahlte "Wahlmöglichkeit" darstellt.

Und zum Dritten war meine Bundeswehrzeit nun sicher nicht der schönsten eine. Ich war in der Grundausbildung in der direkten Umgebung des bereits erwähnten Stetten am kalten Markt; zum Glück nicht als PzGren, dafür als Jäger, auch eine Sache für sich. Meine oben erwähnte Entscheidung zum Dienstantritt erst am 1.10. bescherte mir zwar einen schönen Urlaub nach dem Abi, den ich mir auch verdient zu haben meinte, dafür aber eine Grundausbildung im Spätherbst und Winter. Der Ortsname besteht nicht grundlos; wir durften als 'Abschlußprüfung' bei -20 bis -25°C zwei Tage und eine (sehr kurze^^) Nacht im Freien verbringen (zum Zelteaufbau war keine Zeit und der Boden zu hart). Ekliges Gefühl, mit dreiviertelsteifen Fingern auf Zeit im Dunkeln Waffen zu zerlegen... Absolut dämlich auch, als Brillenträger mit Gasmaske laufen zu müssen - die Brille paßt nicht drunter, man braucht also mehr Zeit zum Aufsetzen und sieht nichts mehr.

Das sind aber alles äußerliche Kleinigkeiten verglichen mit der kaputten Horde von Idioten, mit der man da zusammengesperrt war. Es gab durchaus auch Leute, mit denen ich mich in einem anderen Zusammenhang gut hätte verstehen können - aber sie waren so in der Minderzahl... Das Gros meines Zuges waren Berliner, der Grund meiner tiefsten Vorurteile gegen diese Stadt. Brutale, dumme Proleten. Alles Menschen, mit denen ich (hoffentlich) sonst nie in Berührung gekommen wäre - und insofern auch ein winziger Schimmer einer produktiven Erfahrung - massive Erweiterung meines Weltbildes in Richtung eines resignativen Kulturpessimismus. :rolleyes:

Ich hatte bereits vor meiner Musterung (durch ein Gespräch mit meinem späteren Spieß) dafür gesorgt, daß ich nach diesen drei Monaten in Hamburg diensttun würde - an der Führungsakademie, deren Kasernen von meinem Elternhaus aus bequem mit dem Fahrrad zu erreichen sind. (Mein Heimweg verkürzte sich also von etwa sieben Stunden auf gut zehn Minuten.) Auch sonst war es eine völlig andere Welt. Ich wurde dort im Geschäftszimmer eines Lehrgangs für Stabsoffiziere eingesetzt, hatte also mit einer großen Anzahl von diensterfahrenen Soldaten zu tun, die durch hohen Rang und Bildungsgrad eine gewisse Gelassenheit gegenüber dem ganzen Formalkram entwickelt hatten. Es gibt wohl wenig zivilere Orte in der ganzen Armee als die Brutstätte ihrer Köpfe!^^ Während unsere Grundausbilder uns ehrfurchtsvoll verkündeten, zum Gelöbnis komme ein Major, wir würden wohl in unserer Dienstzeit kaum je wieder einem begegnen, war an der FüAk für mich ein plaudernder Umgangston, Witzeleien, ernsthafte Tischgespräche etc. mit einer ganzen Reihe von Oberstleutnanten angenehmer Alltag. Militärisch gegrüßt habe ich dort mE dreimal - beim Dienstantritt, weil ich den Laden noch nicht kannte; später einem älteren General gegenüber, über den ich gehört hatte, daß er das gelegentlich gerne so hätte; und als Parodie beim Abschied.

Meine Tätigkeit dort war sicher nicht immer spannend und nutzte meine Fähigkeiten nur bedingt aus.^^ Immerhin habe ich meine EDV-Kenntnisse wesentlich verbessern können. Ich habe sehr viel mit Excel gearbeitet, das ich vorher kaum kannte; ich habe gelernt, effizient, schnell und mit lauter verschiedenen Spezialeinstellungen zu kopieren (sehr nützlich!), ich war verantwortlich für ein Dutzend Beamer und diverse Rechner, die ich mit ihren Macken kennenlernte. Anekdoten liegen in Masse bereit - ich war hier jedenfalls als kleinstes Glied in der Kette ein durchaus geschätzter Teil einer Gemeinschaft, auf dessen Meinungen und Vorstellungen durchaus auch eingegangen wurde. Und ich bekam am Schluß mehr Sonderurlaub, als ich in meinen restlichen Diensttagen noch ableisten konnte. :P

Ein kleiner Wermutstropfen: Eine inkompetente Sachbearbeiterin beim Kreiswehrersatzamt hatte mich damals nach Stetten geschickt in der Annahme, wegen der Zuordnung der FüAk müsse ich zum Heer. Aus meinem nachträglichen Wissen heraus hätte ich es in einer Grundausbildung bei Luftwaffe oder Marine auch sehr viel einfacher haben können.


Was bleibt als Fazit?
a) Man informiere sich.
b) Man entscheide nach seinem Gewissen, wenn man das für mit seinem Gewissen vereinbar hält.^^
c) Man informiere sich.
d) Man sorge vor.
e) Man mache das Beste daraus.^^

C.G.B. Spender
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Sa 4. Mär 2006, 15:50 - Beitrag #31

Natürlich weiß ich nicht, ob sich inzwischen etwas an der Gesetzeslage geändert hat, aber zu meiner Zeit war es so, dass man bis zu einem Alter von 27 oder 28 eingezogen werden konnte, was mit einer möglichen Studienzeit oder Ausbildungszeit zusammenhängt, soweit ich mich erinnern kann. Die Studienzeit wird nämlich wohl auf die 23 oder 24 aufgerechnet, aber ganz sicher bin ich mir da nicht. Ich meine auch zu wissen, dass das maximale Einberufungssalter einst noch höher lag. Oh, ich sehe gerade, Lykurg hat mal im Gesetzesbuch geblättert...interessant.

Im Internet wird man sicher noch mehr Infos darüber finden und es gibt zudem einige Lektüre zur KDV. In einer solchen fand ich die interessante Statistik, dass es mehr Suizidfälle unter KDVlern gibt, als bei W10ern. (Respektive W9ern - oder wo sind wir inzwischen? ;) ) Das hatte mich damals vor meinem Wehrdienst überrascht, denn geht man davon aus, dass zumindest einige der weitverbreiteten Horrorgeschichten über die Bundeswehr stimmen, dann müßte es eigentlich umgekehrt sein. Jetzt weiß ich, dass diese Horrorgeschichten zu den Urban Legends gehören, oder anders ausgedrückt Schwachsinn sind.

Das soll nicht heißen, dass beim Bund nur eitel Sonnenschein herrscht. Die Grundausbildung hat schon gewisse harte Momente. Danach ist es jedoch weniger schlimm und lockerer, selbst bei den Kampfkompanien. Mit Drills in Elitearmeen, wie z.B. der britischen, ist die AGA der WDL in der BW nicht zu vergleichen. (Gerade entdecke ich wieder diese geilen Abkürzungen...je länger die Dienstzeit, desto mehr Silben werden verschluckt. :D)

Man sollte nicht den Fehler machen, den Eignungstest zu versäumen oder zu schwänzen, wenn man zum Bund geht, denn dieser beeinflußt den späteren Einsatzort- und zweck. Ich kannte da einige traurige Fälle. :D

Das Problem mit der Wehrgerechtigkeit ist sicher ein Diskussionsthema für sich, denn diese ist wohl nur noch in Teilen vorhanden. Es kann passieren, dass sich der Bund garnicht großartig für einen interessiert, denn die Anzahl der WDLer wird bekanntlich immer geringer. Ist man jedoch erst einmal erfaßt, durch die Musterung, dann gibt es außer einer Ausbilung, eines Studiums oder Schulzeit, höchstens noch bestimmte Härtefälle, die eine Einberufung verhindern.

Noch was: Die deutsche Armee bevorzugt Soldaten, die für sich selbst denken können, die auch in bestimmten Situationen Verantwortung übernehmen können. In anderen Ländern ist man in dieser Hinsicht weniger anspruchsvoll.

Ob und wie oft dieser Anspruch erfüllt wird, ist eine andere Frage. ;)


Feuerkopf, dein Sohn wird die emotionale Erpressung irgendwann erkennen und euch dafür verabscheuen. Ihr müßt wissen, was ihr da tut.


Wow, Lykurg, meine Erfahrungen bei der BW waren recht ähnlich, interessant. Ich glaube ich schreibe darüber auch mal einen Bericht, könnte allerdings auch ein Buch daraus werden... :)

Lieblingsmotto: "Ich liebe den Geruch von Toner am Morgen!"

Ein Amerikaner im Hohenfels CMTC: "Holy Shit Maaan! It's a Geee Thirty-Six!"

Im Unimog in Baumholder, in der Luft über einer Sprungkuppe: "Houston, we have a problem!"

Maurice
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Sa 4. Mär 2006, 17:08 - Beitrag #32

Hm, ist es nicht schlimm genug, daß dort das Hirn derer nicht eingeschaltet wird, die es immer aus haben? Ist etwa die Verlängerung der Gefahren der Schulzeit erstrebenswert?

Als ob plötzlich all diejenigen anfangen würden zu denken, die vorher nicht nachgedacht haben, nur weil sie Zivi machen. :rolleyes:

Ansonsten darf ich gerade freudig feststellen, dass ich nicht der einzige bin, der neben Kritik auch positives zu dem Verein zu sagen haben. Es gibt nämlich durchaus positive Aspekte bei der Sache. z.B. dieses spezifische Gefühl der Kammeradschaft habe ich bisher noch niergendwo sonst erlebt (wobei es natürlich auch da Kammeradenschweine gab).

Feuerkopf
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Sa 4. Mär 2006, 18:28 - Beitrag #33

Emotionale Erpressung! Also, hängen wir das Ding doch bitte mal ein bisschen tiefer, ja?
Wir halten nichts davon, Wehrdienst zu leisten - die Argumente habe ich angeführt - und sagen das auch so und ganz offen. Da wird nichts erpresst, da wird argumentiert. Das sollte doch wohl bitte noch möglich sein, oder?
Das ist ein ganz normaler Prozess innerhalb der Erziehung eines Kindes. Wir verbieten nichts, wir setzen ihn höchstens argumentativ unter Druck, das wird seinem Hirn wohl keinen Schaden zufügen. (Bisher war das noch keine Minute lang nötig im Zusammenhang mit Wehrdienst.)
Ich halte überhaupt nichts davon, keine Position zu beziehen. Ich kann einem Kind gegenüber auch sagen "Ich finde Neonazis scheiße." oder "Ich will hier keine fremdenfeindlichen Sprüche hören." oder "verkneif dir deine blöden Mackertouren", um mal andere mögliche Beispiele zu nennen.

Der Bursche ist intelligent genug, sich selbst eine Meinung zu bilden. Wie man sich informiert und wie man argumentiert, hat er gelernt. Aber ihn in Grundsatzfragen in Watte zu packen?

Mich würde mal in diesem Zusammenhang interessieren, wie Ipsi oder Milena oder Rosalie darüber denken, Leute also mit erwachsenen Söhnen.

Ich vermisse übrigens eines hier bei den Leuten, die ihren Wehrdienst abgeleistet haben: Eine klare Aussage zum Sinn der Bundeswehr und zum Sinn der Ausbildung dort. Ein Bekenntnis zum Dienst an und mit der Waffe.

janw
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Sa 4. Mär 2006, 18:47 - Beitrag #34

Maurice, dann passt aber das Argument mit dem Denken auch nicht. Es wäre höchstens differenzierend wirksam bei der Abwägung Dienst aka hirnlose Pflichterfüllung vs kein Dienst ;)

Definiere "Kameradschaft"
Kameradschaft nach "wikiJan": Begriff der Verbundenheit unter Männern. Speziell im milit. bzw. Sicherheitsbereich gebräuchl. und dort mit der speziellen Bedeutung "Bedingungslose Verbundenheit auch unter Duldung von Verstößen gegen geltendes Recht oder Würde oder Grundrechte Dritter". Ein Einschreiten gegen derartige Verstöße gilt als "unkameradschaftlich", ein Einschreiter in diesem Sinne wird vulgo als "Kameradenschwein" bezeichnet.

Nein, ich unterstelle Dir solches nicht. Aber die Belege für derartiges Verhalten und eine derartige Begriffsdeutung sind legion, der militärische Bereich ist IMHO geradezu als Brutstätte für derartiges Verhalten geeignet - wenn auch die BW offiziell sich dessen bewußt gibt und vorgibt, dagegen vorzugehen.

Maurice
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Sa 4. Mär 2006, 23:03 - Beitrag #35

@Kammderadschaft: Ich glaube Jan in deinem Kopf geistern zu viele amerikanische Kriegsfilme herum ^^* ...

Feuerkopf
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Sa 4. Mär 2006, 23:19 - Beitrag #36

Ich schließe mich Jans Wunsch nach Definition des Begriffs "Kameradschaft" an.
Zwar habe ich auch diffuse Vorstellungen, was damit gemeint sein könnte, möchte aber beschriebenen Erfahrungen nicht vorgreifen.

Mir ist allerdings dieser Begriff im Zusammenhang mit Bundeswehrberichten immer wieder begegnet. Was hat es damit auf sich?

Maurice
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So 5. Mär 2006, 00:46 - Beitrag #37

Was ist "Kameradschaft"?

Ich will und kann hier keine Definition von "Kameradschaft" geben, von der ich sicher sein könnte, dass sie auf einen allgemeinen Konsens beruht. Was ich aber versuchen kann, ist zu beschreiben, was ich mir bei diesem Wort vorstelle. Aber letzten Endes laufen alle Definitionen so ab. ;)
Also: Es fällt mir jetzt nicht leicht auf diese berechtigte Frage zu antworten, da ich selbst nur eine (für meine Verhältnisse) schwammige Vorstellung des Begriffs "Kameradschaft" habe. Das wird daran liegen, dass ich bisher nicht versucht habe, mir eine griffige Definition zu überlegen. Ich frage also einfach mal, was ich glaube, wie man das Wort "Kameradschaft" allgemein benutzt. Ich schätze mal, dass das Wort am häufigsten in der Komposition "Klassenkamerad". Was ist das für ein Mensch, den wir einen "Klassenkameraden" nennen? Meiner Erfahrung mit diesem Wort nach, bezeichnet man jeden Menschen als "Klassenkamerad", mit dem man in eine Schulklasse geht. Das persönliche Verhältnis spielt hier keine Freunde. Auch jemand den man nicht leiden kann, ist ein Klassenkamerad. Ich kann mir gut vorstellen, dass manche das Wort "Kamerad" bei Personen im Militär ganz ähnlich benutzen, also jeder ein Kamerad ist, der in der gleichen Einheit ist wie man selbst. In diesem Sinne benutze ich das Wort aber nicht, und mit mir bestimmt einige andere auch. "Kamerad" ist nicht nur rein deskriptiv, sondern hat auch einen wertenden Charakter. Das Wort "Kamerad" stellt dann nicht nur eine Gruppenzugehörigkeit fest, sondern stellt eine positive Bewertung da.
Lange Rede... ich sollte die Kurve bekommen. Man merkt, dass ich gerade erst richtig über den Begriff reflektiere. ^^*
Also ich würde jemanden dann als "Kamerad" bezeichnen, mit dem ich unfreiwillig durch bestimmte Funktionieren verbunden bin und der Umgang durch gegenseitige Hilfsbereitschaft geprägt ist. Diese Hilfsbereitschaft ist neben der rein praktischen Überlegung, dass man zusammen die zu bewältigenden Aufgaben besser erfüllen kann, auch durch ein bestimmtes Gefühl der Verpflichtetheit gegenüber dem anderen motiviert. Man sitzt mit dem anderen im selben Boot und aus diesem Bewusstsein heraus entspringt eine Solidarität, die sich sogar zu Freundschaft steigern kann. Normalerweise kommt es aber nicht soweit und der andere bekommt, wenn man sich versteht, den Rang eines "Kumpels".
Ich hoffe, ich muss dieses Wort jetzt nicht auch ausführlich erläutern. Für mich bedeutet "Kumpel" soviel wie, dass ich mich mit jemanden gut verstehe, er aber noch kein Freund ist. Dabei ist zu beachten, dass "Freund" für mich eine sehr starke Bezeichnung ist, und meiner Erahrung nach die meisten Menschen auch die Personen als ihre "Freunde" bezeichne, die ich nur "Kumpel" nennen würde.

Ich habe jetzt garantiert nicht ideal wiedergegeben, was mir durch den Kopf ging, und man merkt, dass die Sache nicht einfach so auf dem Präsentierteller dargeboten werden konnte, wie man es wohl idR von mir gewohnt ist, wenn es um Begriffsdefinitionen geht.
Mein Verhältnis zu den anderen Soldaten in der Kaserene war primär distanziert. Das sollte bei mir aber nicht verwundern, da dies schon auch zu Schulzeiten im Laufe der Jahre immer mehr der Fall wurde. Ich wurde nunmal so sozialisiert, dass ich die Menschheit im allgemeinen nicht lieben gelernt habe. ^^
Im Vergleich zu meiner Schulzeit (besonders die Oberstufe), bewerte ich aber mein Verhältnis zu den meisten übrigen Soldaten als relativ gut. Mit wenigen Ausnahmen sogar als überraschend gut, wenn man den Kontext bedenkt. Es dominierte ein "freundschaftliches" Miteinander (auch wenn es in der AGA zu dem einen zwischenmenschlichen Konflikt kam, der aber außer einmal nie von einem Ausbilder ausging), was nicht zwischen Freunden (mit seltenen Ausnahmen) stattfand, sondern eben zwischen "Kameraden". Diesen Umgang habe ich während meiner Schulzeit vermisst und ist wohl das, was sich die Lehrer immer als "Klassengemeinschaft" wünschen, aber imo fast nie der Fall ist. Das ist eine der positiven Seiten, die ich beim Bund erlebt habe. Wobei ich anmerken möchte, dass ich nie versucht hatte, mich unterzuordnen oder mich mehr anzupassen, als ich für nötig hielt. Entsprechende Anekdoten folgen bei Gelegenheit.

Was Feuerkopfs Frage nach dem Sinn der Ausbildung angeht, so schreibe ich vielleicht morgen, wahrscheinlich aber erst Übermorgen was dazu.

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Mo 6. Mär 2006, 19:45 - Beitrag #38

Bundeswehr!
Ich hatte fast keine schlechte Erfahrung gemacht, genauso viele bzw. schlechte wie die Leute die Zivi gemacht haben.
Es mag daran liegen das in meiner Stammeinheit das Durchschnittsalter 38 Jahren lag. Bei den Mannschaftsdienstgraden niedriger. :-)

Wobei ich persönlich niemals den Zivi gewählt hätte!

@the quest
Das Grenzalter bei der Bundeswehr ist 28 Jahre, für Studenten glaube ich sogar weiter hinten -> ist zwar fast ausgeschlossen das man dann noch gezogen wird, aber "Sag niemals NIE!"

Lykurg
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Mo 6. Mär 2006, 23:10 - Beitrag #39

@the_quest
Die Angaben von fanvarion und C.G.B. Spender dürften inaktuell sein; ich gehe mal ganz stark davon aus, daß die von mir verlinkten Gesetzestexte (juris.de) mit den Angaben 23 (wenn sie es verpennen) bzw. 25 (wenn du freigestellt warst) der aktuellen Rechtslage entsprechen.

@Maurice/janw (Kameradschaft)
Auch wenn ich keine direkten Fälle von gemeinsamem Verschweigen von Verstößen mitbekam (abgesehen von "normalem" Mobbing :rolleyes: ), sehe ich diese Gefahr durchaus, das läßt sich schwer vermeiden. In dem Absatz meines obigen Berichts, der mit einem rolleyes endet, habe ich so ziemlich alles gesagt, was mir zu Kameradschaft aus meiner Zeit einfällt.
Zugleich handelt es sich aber dabei um eine Quasinotwendigkeit, ich glaube, Maurice, du gehst nicht weit genug mit deiner Auffassung; das eigentlich beabsichtigte Konzept ist bedingungslose Unterstützung aller Kameraden (=mit-Soldaten) aus einer universalen Schicksalsgenossenschaft und dem Bewußtsein der Gegenseitigkeit heraus. Daß das in dieser Form an der völligen Unzulänglichkeit der betroffenen Personen scheitert, ist klar; wohl die wenigsten wären wirklich dazu imstande. Die Extremsituation Krieg mag das ändern, allerdings auch in anderer Richtung und nur bis zu der Verwahrlosungsstufe, bei der es dann nur noch um das Überleben des Einzelnen gehen kann. Aber letztlich ist es dieses unterdrückte, vor sich selbst nicht eingestandene Sehnen der Struktur und ihrer Glieder nach dem Krieg als Idealzustand soldatischen Daseins, das mir ein mulmiges Gefühl einflößt.

Feuerkopf, ich glaube, ich brauche mich nicht weiter zu rechtfertigen. (Dein Sohn in meinen Augen auch nicht. Ich stimme Spender hier zu. Aber das ist deine Sache.)

janw
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Di 7. Mär 2006, 16:57 - Beitrag #40

@Spender: wenn Eltern ihren Söhnen sagen, sie fänden es gut, wenn sie zum Militär gingen - was ist das dann? Emotionale Erpressung?

Erziehung hieß immer und heißt immer auch Wertevermittlung, Vermittlung von Werten, die man per se für relativ halten kann, die aber ihre Berechtigung ziehen aus ihrer Nachvollziehbarkeit, ihrem systematischen Zusammenhalt und aus ihrer erwiesenen Lebbarkeit.
Nur was vorgelebt wird, als ehrlich gut gemeint vermittelt wird, kann auch Gültigkeit beanspruchen, es sollte aber eben auch etwas vermittelt werden, das eben solche Gültigkeit daraus beanspruchen kann.
Was Kind daraus macht, ist seine Sache, und nur durch die vermittelte Leitlinie kann es überhaupt sich entscheiden, dafür oder dagegen.

Alles ist gut, so lange dies keine Entscheidung ist für oder gegen die elterliche Liebe. Und die spricht doch aus jedem von Feuerkopfs Beiträgen über ihre Sprößlinge :cool:

Wobei, allgemein gesprochen...wenig spricht mir aus den Beiträgen der Bundis hier über die Perspektive, daß Wehrdienst auch Einsetzbarkeit bedeutet.
Wird dieser Gedanke ausgeblendet?
Oder ist dies linke Fiktion, so wie Linke ja windelweiche prinzipienlose Drückeberger sind? ;)

Lykurg, Du hast die Kameradschaft mit milderen Worten beschrieben, als ich es tat. :)
Mein Erlebnis mit den Soldaten im Zug hat mir gereicht, die Bedingungslosigkeit der Kameradschaft als Faktum zu bestätigen, nicht im Falle unmittelbarer Gefahr, da macht sie u.U. Sinn, sondern auf der Heimfahrt ins Wochenende. Wenn aus Kameradschaft Schaffnerinnen sexuell belästigt werden und nicht dagegen aus der Truppe heraus eingeschritten wird, dann nährt das meine Vorbehalte gegen eine Organisation, die Kameradschaft als ihren konstituierenden Grundwert begreift.
Gewiss, es gibt die höheren Ränge, die machen soetwas nicht und sind durchaus verantwortungsbewußte Menschen, wie Lykurg beschreibt, und manche WDler sind charakterlich zu ihnen zu rechnen, aber sie prägen eben nicht das Gesicht der Truppe.

Mein Gegenentwurf zur Kameradschaft heißt Freundschaft, und meine Freunde liebe ich dafür, daß sie mir auch mal auf die Finger tippen :)

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