Ich kann wohl auf weniger eigene Erfahrungen zurückgreifen als die Meisten hier. Meine Musterung war denkbar "unspektakulär", da ich von vornherrein wusste, dass ich als Diabetiker ausgemustert würde. Etwas lustig fand ich, dass das hiesige Kreiswehrersatzamt ausgerechnet neben einer Straße mit dem Namen "Hunnentränke" liegt (wie war das doch gleich mit der Rede Kaiser Wilhelms zum Einsatz in China?). Nachdenklich hat mich die Tatsache gestimmt dass im Gebäude sehr viele Bilder von August Macke und Franz Marc hingen. Es waren sehr schöne Bilder, aber es ist sicher kein Zufall, dass dort Bilder von Künstlern ausgewählt wurden die im Krieg gefallen sind.
Wäre ich nicht "untauglich", dann hätte ich aber mit großer Sicherheit den Zivildienst gewählt. Den Zivildienst als "sich drücken" hinzustellen halte ich für äußerst unfair Maurice. Auch ohne den militärischen Drill kann es doch eine ziemliche Knochenarbeit sein. Der Zivildienst ist länger als der Militärdienst und besonders angenehm sind mögliche Aufgaben wie das leeren von Bettpfannen in Altersheimen, Krankenhäusern etc. auch nicht gerade.
Ich bin sehr dagegen den Militärdienst oder die Bundeswehr allgemein zu verteufeln (wie dass immer wieder vorkommt). Trotzdem gibt es da Aspekte die ich für sehr beunruhigend halte. Ein Schulfreund von mir war total umgekrempelt nachdem er seinen Wehrdienst beendet hatte. Aus seiner Uniform war er gar nicht mehr hinauszukriegen. Emails an mich unterschrieb er plötzlich nicht mehr mit seinem Vornamen sondern mit Obergefreiter B. (B. für den Nachnamen). Dieses sich in Uniform präsentieren müssen scheint aber auch kein Einzelfall zu sein. Ein anderer Bekannter von mir, den ich aus dem Internet kenne hat ebenfalls kürzlich seinen Wehrdienst absolviert. Er studiert jetzt und hat in einer Email geschrieben wie sehr es ihn verärgert dass er wegen seiner Uniform an der Uni zum Fremdkörper in der Gesellschaft wird. Dies hat er auf die "pseudolinke Einstellung" der Menschen geschoben. Ich habe ihm in diesem Punkt widersprechen müssen. Natürlich ist es vollkommen daneben jemanden anzupöbeln oder ähnliches weil er Uniform trägt.
Aber wenn jemand außerhalb des Dienstes immer in Uniform rumläuft, dann sendet man damit auch ein Signal. Die Uniform der Bundeswehr ist doch eigentlich eine Arbeitskleidung. Wenn sie außerhalb des Dienstes getragen wird, dann fällt es mir schwer zu glauben, dass dies einzig und allein deshalb geschieht weil die Uniform als so schick empfunden wird. Ich glaube schon dass dahinter eine Form der Selbstdarstellung steckt, die eben nicht immer positive Reaktionen hervorruft. Die Bundeswehr ist nicht der einzige Berufszweig mit Uniformen, aber meinen Erfahrungen nach der einzige dessen Mitglieder häufig außerhalb des Dienstes in Uniform angetroffen werden. Polizisten, Feuerwehrleute, die Angestellten der städtischen Müllabfuhren, Krankenhausärzte (und Schwestern etc.) und Angestellte bei öffentlichen Verkehrsmitteln unterliegen alle diversen Kleidungsregelungen. Aber ich habe noch nie von jemandem aus diesen Berufsgruppen gehört der oder die sich gar nicht mehr ohne ihre jeweileigen Berufsklamotten sehen gelassen hätte.