Das Demokratieverhinderungsgesetz

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
Roban
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Mo 27. Feb 2006, 20:43 - Beitrag #1

Das Demokratieverhinderungsgesetz

1993 legten sich die Rotroben der höchsten Instanz für Rechtssicherheit unserer Demokratie ein Gesetz zu, dessen Durchgang durch's Plenum ich mir nur als versehentlich wahr gewordenen Faschingsscherz vorstellen kann:

[align=center]§ 93d BVerfGG[/align]

Der gestattet Bundesverfassungsrichtern, an sie herangetragene Klagen abzuweisen, ohne Begründungen dafür zu liefern. Man muß sich das mal vorstellen: Richter tun irgendwas, und müssen es nicht begründen ... (Leider habe ich keinen "Heuly" gefunden, der dieser Ungeheuerlichkeit gerecht wird.)

Installiert wurde dieses Willkürgesetz übrigens mit einer Begründung ... :D Und zwar mit einer, die einen Demokraten glatt irre machen müßte im Kopf. Der § 93d BVerfGG wurde notwendig, weil die Richter des Bundesverfassungsgerichts mit der zu bewältigenden Flut von Klagen nicht mehr fertig wurden ...

Offensichtlich gibt es aber nicht mehr viele Demokraten in unserem demokratischen Rechtsstaat ... Ich führe das darauf zurück, daß wir längst keine Demokratie mehr haben. Ich erzähle allen, daß wir in einer Jurakratie leben. Denn Juristen haben das Gewaltmonopol. Sie sind zur Anwendung von Gewalt befugt, um Unrecht in die Schranken zu weisen, erlauben sich nach öffentlichen Angriffen Betroffener aber Dinge, die sie eigentlich hinter Gitter bringen müßten ... Wie wichtig ihr korrektes Funktionieren ist, wird den wenigsten bewußt, weil sich niemand vorstellen will, daß Juristen mit ihren Entscheidungen bzw. Unterlassungen die Spielräume rechtswidriger Interessen definieren! Die sind es, die unserer Gesellschaft zusetzen.

Juristen sitzen in der Wirtschaft, in der Politik und in den Medien an den maßgeblichen und entscheidenden Stellen und haben auch auf Volksebene die Fäden unseres Marionettentheaters in der Hand. Und da der Einzelne sich kaum wehren kann gegen Unrechtshandlungen von Juristen, weil er sich von Juristen auch eine Ameise als Bären aufbinden läßt, hat das Ganze mit Demokratie nicht mehr viel zu tun. Schon die Abgabe unseres Wahlstimmchens hat mit wirklicher Demokratie nicht viel zu tun. Damit werden ja nur mal die Weichen gestellt. Ob der Zug dann auch wirklich fährt und wohin, wenn dazwischen weitere Weichen gestellt werden können von anderen, ist eine andere Frage, die nur rechtsmündige Bürger durch ordentlich arbeitende Juristen klären können.

Ich schätze, daß die Prüfung von Rechtsfällen die Richter des Bundesverfassungsgericht etwa zu 80 % beschäftigt. Wenn das Schreiben von Begründungen dann 5 % ausmacht, ist also defakto nicht viel gespart. Was gespart wird, sind Zurückverweisungen an Gerichte, die geschlampert haben sowie Klagen Betroffener gegen Anwälte, Gutachter und Richter ...!!! Was am Schluß übrigbleibt für unsere Gesellschaft ist jede Menge Frust. Nur 2,5 % aller Klagen werden vom BVerfG angenommen. Man kann sich vorstellen, was das für eine Gesellschaft bedeutet, die zunehmend auf Ellenbogen herumkriecht und zu willkommenen Stolperfallen für die Rechtswirtschaft wird, oder die so resigniert, daß sie keine Motivation mehr aufbringen kann für gesellschaftliches Engagement.

Schlimm ist, daß die Aussicht auf Aussichtslosigkeit das Tun der Anwälte, Gutachter und Richter entsprechend beeinflußt. Wem keine Konsequenzen drohen für Pfusch, Käse und Willkür, kann sich viel erlauben mit rechtsdummen Jurakraten. Politische Institutionen übrigens, die von Betroffenen wegen dieser unakzeptablen Willkür angegangen werden, sehen durch das Willkürgesetz unsere Verfassung nicht verletzt. Sie haben es sich sehr einfach gemacht, das so zu sehen. Sie meinen, da nach dem Bundesverfassungsgericht keine weitere Instanz mehr angerufen werden kann, sind Begründungen nicht erforderlich ... - Als wären Begründungen nur für Berufungs- bzw. Revisionsinstanzen da, damit die was haben, um ihre Bemühungen darauf zu stützen.

Daß bei ausbleibenden Begründungen Betroffene nicht wissen, wie ihnen geschieht, und damit ihr Recht auf ein selbstbestimmtes Dasein mißachtet wird, ist offensichtlich auch nicht den Parlamentariern eingefallen, die für die Installation dieses Willkürgesetzes mit weitreichenden Folgen für unsere Gesellschaft Pate gestanden haben. Ich denke, daß auch Parlamentarier nicht immer ihr "rechtes Auge" offen haben und mit dem Linken genug sehen, was sie weiterbringt ... :D

Was hält dieses kritische Forum von diesem Demokratieverhinderungsgesetz, und was ist zu tun, um es so schnell wie möglich abzuschaffen?

Traitor
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Mo 27. Feb 2006, 20:54 - Beitrag #2

Ersteinmal ein Link zum angesprochenen Gesetz, damit ihn sich nicht jeder neu ergooglen muss: §93d BVerfGG

Stellungnahme kommt später.

Padreic
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Mo 27. Feb 2006, 21:56 - Beitrag #3

@Roban:
Jedes Gericht kann Klagen abweisen; und dies geschieht natürlich, weil die Gerichte überlastet sind. Gerade wenn 97,5% der Klagen abgewiesen werden, ist es ein sehr großer Aufwand, zu allen Abweisungen ausführliche Begründungen zu schreiben. Dass es so viele sind, die abgewiesen werden, kann heißen, dass bestimmte Sachen blockiert werden; es kann aber auch einfach heißen, dass da viele Klagen sind, die unsinnig sind oder nur geringfügig von anderen abweichen.

Toll ist das alles sicherlich nicht. Aber es ein "Demokratieverhinderungsgesetz", einen "Faschingsscherz" zu nennen, vereinfacht man da die Sache nicht etwas? Ich finde es eine schlechte Sache, aus allem immer eine Sache von Leben und Tod zu machen.... (was ich besonders von unserem AStA gewohnt bin)

Lykurg
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Mo 27. Feb 2006, 21:59 - Beitrag #4

Es empfiehlt sich, dann noch viermal - (minus) zu drücken, um das Gesetz vollständig zu lesen. Das erhöht die Verständlichkeit.^^ - Interessant sind auch die darunter befindlichen Rechtssprechungsentscheidungen gemäß §93d, die Beispiele liefern, wann und wie das Gesetz zur Anwendung kommt.
§93d
(1) Die Entscheidung nach § 93b und § 93c ergeht ohne mündliche Verhandlung. Sie ist unanfechtbar. Die Ablehnung der Annahme der Verfassungsbeschwerde bedarf keiner Begründung. [...]
Das liest sich tatsächlich erst einmal befremdlich. Aber sehen wir es so: Das Bundesverfassungsgericht entscheidet bei Verstößen gegen das Grundgesetz, es kann auch explizit von Privatleuten bei Verletzung ihrer Grundrechte (-> §90 BVerfG) angerufen werden. Derartige Anrufungen erfolgen offenbar so häufig in Fällen, in denen nach gesundem Menschenverstand kein Grundrecht verletzt wird, daß das Gericht diese Klagen abweisen kann. Auch jedes andere Gericht unseres Landes kann Klagen abweisen (und ich weiß gerade kein Land, in dem das anders ist, vielleicht kannst du mir auf die Sprünge helfen). In Fällen, in denen die Zuständigkeit strittig ist, kommt es zu einer begründeten Abweisung, dafür finden sich über die lexetius-Suche etliche Beispiele.

Ist das Gericht für den Fall zuständig, dann hat es auch darüber zu entscheiden:
§93a
(1) Die Verfassungsbeschwerde bedarf der Annahme zur Entscheidung.

(2) Sie ist zur Entscheidung anzunehmen,
a) soweit ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt,
b) wenn es zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 genannten Rechte angezeigt ist; dies kann auch der Fall sein, wenn dem Beschwerdeführer durch die Versagung der Entscheidung zur Sache ein besonders schwerer Nachteil entsteht.
§93d Abs. 1 so zu interpretieren, als ob es §93a Abs. 2 nicht gäbe, halte ich für grob falsch.

Und wenn man ein bißchen in den Beispielen (hier und hier) schmökert, versteht man auch, wozu es das Gesetz gibt... Ich sag nur 'Zahnarzt'. :rolleyes:

Roban
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Di 28. Feb 2006, 16:52 - Beitrag #5

Danke für die Beteiligung an diesem Rechtsthema!

Bevor ich näher auf die Posts eingehe, möchte ich noch gerne folgende Fragen stellen bzw. klären:

Worum geht es überhaupt bei der Anwendung von Gesetzen?

Geht es darum, Juristen zu unterhalten, geht es darum, menschliches Verhalten in Regeln zu pressen, damit sie einfacher verwaltbar, ausbeutbar, steuerbar sind, oder geht es darum, daß alle gut miteinander zurechtkommen und dazu Rechtsverletzungen rasch aus der Welt geschafft werden müssen?

Padreic, jedes Gericht kann Klagen abweisen. Allerdings müssen Gerichte überlicherweise solche Entscheidungen begründen. Überlastung kann kein Grund sein, weil sonst unsere Rechtsordnung nur gelegentlich was wert wäre. Ich bin der Meinung, daß jedes hoheitliche Handeln begründet werden muß, damit die Justiz nicht falschen Zwecken dient.

Kein System kann auf Dauer zufriedenstellend für alle Beteiligten funktionieren ohne Kontrolle, und genau um die Aushebelung dieser Kontrolle geht es mir. Die Einzigen, die das Tun der Juristen kontrollieren können, sind die jeweiligen Betroffenen, die sie in Anspruch nehmen müssen, weil sie alleine nicht mehr klar kommen mit ihren Partnern.

Danke Traitor für den LINK. Den habe ich vergessen. Auf den Post von Lykurg gehe ich nach Klärung obiger "Grundsatzfrage" ein.

Roban
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Di 28. Feb 2006, 22:35 - Beitrag #6

Vielleicht kann ich eine Klärung meiner Fragen durch einige zum Post von Lykurg fördern:

Was garantiert, daß Rechtsprechungsentscheidungen gemäß §93d in allen Fällen, die nicht zur Entscheidung angenommen werden, eine Rolle spielen?

Warum bedient sich der Rotrobenspruchkörper für die vielen unsinnigen oder halbsinnigen Klagen nicht eines Formulars, auf dem Richter den Grund für die in ihren Köpfen getroffene Entscheidung bekannt geben? (Dauert längstens 5 Minuten, und so viel Zeit sollte schon sein, um Leuten, die sich die Mühe gemacht haben, Unterlagen an das Bundesverfassungsgericht zu schicken, die notwendige Rechtsklarheit und Rechtssicherheit zu vermitteln, um die sich ein demokratischer Rechtsstaat ohne Wenn und Aber bemühen müßte?

Das das BVerfG auch Kosten aufbrummen kann für unsinnige, mutwillige Inanspruchnahme, könnte es sich zum Aussieben auch weniger teure Arbeitskräfte leisten, die natürlich auch in billigerer Arbeitskleidung arbeiten könnten ... A klois Reächtspflegere wär fitt gnueg um priafa z' känna, ob d' Antragställar au älles g'läse hännt vo de Märkblättr ... :D (Bitte kein Tusch!)

Wer garantiert, daß das Bundesverfassungsgericht auch wirklich über einen Fall entscheidet, wenn es zuständig ist? (Prinzipiell könnten die Herrschaften auch der Posteingangstelle die Anweisung geben, in den nächsten vier Wochen alle Fälle unbegründet abzuweisen und dann in ein vierwöchiges Trainingscamp nach Hawaii verreisen ... :D Wer könnte was dagegen unternehmen, wenn dann auch Fälle Pech hätten, denen grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukäme ...?)

Die Machtfülle und die Ignoranz unserer Justiz läßt sogar Verbrechen wider die Menschlichkeit zu. Es gibt im Internet immer mehr Fälle, die grausliches Unrecht von deutschen Juristen öffentlich beklagen.

Daß die Schere zwischen Arm und Reich immer gefährlicher auseinanderklafft und das Volk immer mehr Unrecht beklagt, kommt nicht von unbekannten Strahlungen aus dem All, sondern von bisher unbekannten Machtspielchen bei der Nichtverständigung zwischen Juristen und Nichtjuristen!

Roban
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Di 28. Feb 2006, 22:42 - Beitrag #7

Ganz kleine Frage noch in die Runde:

Wer hat sich intensiver
durch Studium oder Literatur
mit Rechtswissenschaft befaßt?


Ich beschäftigte mich einige Jahre lang intensiv mit den Ergebnissen rechtswidriger Handlungen von Juristen und entdeckte ihre wunde Stelle: Juristen haben sich das niemandem zustehende Recht herausgenommen, unsere Rechtsvorschriften auszulegen, zu deuten, zu interpretieren. In bestimmten Fällen weichen sie damit so von dem ab, was das Volk will, daß massive Rechtsfrustrationen daraus entstehen. Und das nach Produktion sinnloser Aktenberge!

Rechtsuchende gleich zu Beginn eines Rechtsstreits korrekt aufzuklären über ihr rechtmäßiges Ziel, und ihnen klarzumachen, daß sie nur dorthin auf dem kürzesten und sichersten Weg gebracht werden durch die Justiz, würde jede Menge Verfassungsklagen überflüssig machen und noch viel mehr Prozesse, die es nie bis zum Ende der Fahnenstange schaffen ...!

Jeck, jeck, nicht nur zur Faschingszeit ...!

Roban
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Mo 6. Mär 2006, 12:47 - Beitrag #8

Mir sind schon viele hochintelligente Menschen begegnet, die sich lieber mit Problemen beschäftigen als mit den Ursachen.

Nur eine demokratisch funktionierende Rechtsordnung, die jeder Einzelne kontrolliert mithilfe einer Justiz, die sich wirklich an den Willen des Volkes hält, kann die Überlastung Einzelner verhindern. Und wenn Einzelne überlastet sind, funktioneren weder Selbsterhalt noch gemeinschaftliche Wertschöpfung.

Was alles mit dem Zuklemmen des "rechten Auges" verbunden ist, ist faszinierend. Und wieviele nur mit geöffnetem linken herumlaufen auch. Schon die Abgabe des Wahlstimmchens geschieht quasi in teilweiser, geister Umnachtung ... :D

Mir sind Menschen, die sich durch dumme Fragen blamieren (in den Augen anderer) lieber als Leute, die schweigen.

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Sa 18. Mär 2006, 02:38 - Beitrag #9

Die Justiz, der Staat...
Adenauer hat im 3. Reich eine Stadt "kommandiert" (Köln)
Brandt (norwegischer Flüchtling), hat Polen um Vergebung gebeten.
Das 21. Jahrhundert wartet auf uns, machen Wir mal was Gutes!

Milena
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Sa 18. Mär 2006, 10:12 - Beitrag #10

Das 21. Jahrhundert wartet auf uns, machen Wir mal was Gutes!
..das ist mal ne Einstellung...! kompliment Läufer...!
und das als Deutscher...?!
Vorschlag?

Roban
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Sa 18. Mär 2006, 19:58 - Beitrag #11

Politiker wollen unsere Stimme haben, damit sie dafür sorgen können, daß wir zufrieden werden.

Aber das schönste Gesetz nützt nichts, wenn der Bürger keine reelle Chance, es gegen mächtige Interessen durchzusetzen.

Rechtssysteme sind die Strafe für Leute,
die nicht recht kommunizieren,
und sie sind das Folterinstrument Mächtiger,
die Zwangspartnerschaften mißbrauchen können,
weil sie von Ohnmächtigen ermächtigt wurden.
(Setarkos)


Schon das Bewußtsein, daß WIR was tun müssen, ist genug für' erste.

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Mi 22. Mär 2006, 22:38 - Beitrag #12

Es wäre schon mal gut und zufriedendstellend, wenn derjenige, der arbeitet nicht unter die Armutsgrenze fällt.
Die neue Diskussion um Mindestlohn und der genannte Satz, ermöglicht dies nicht.
Nebenbei erhöht die gesetzgebende Gewalt ihre Entlohnung.

Lykurg
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Do 23. Mär 2006, 18:46 - Beitrag #13

Mir fiel heute ein sehr schöner Text auf. Er ist in manchen seiner Anspielungen politisch nicht mehr ganz auf der Höhe und in ein oder zwei Bildern etwas erklärungsbedürftig, aber paßt mE in vielen Passagen gut in diesen Zusammenhang. Übrigens spiegelt er in sich auch einen Teil dieser Diskussion wieder. :cool:

Carmen Buranum 131
(zitiert nach Vollmann)
Dic, Christi veritas, . . . . "Sprich, Wahrheit Christi,
dic, cara raritas, . . . . . . sprich, unschätzbare Kostbarkeit,
dic, rara caritas, . . . . . . sprich, selten gewordene Liebe:
ubi nunc habitas? . . . . . . Wo ist jetzt dein Aufenthalt?
uaut in valle visionis, . . . Etwa im Tal der Visionen
aut in trono Pharaonis, . . . oder auf dem Thron Pharaos
aut in alto cum Nerone, . . . oder auf dem Herrschersitz neben Nero
aut in antro cum Theone? . . . oder in der Höhle bei Theon?
vel in viscella scyrpea . . . Oder im Schilfkörbchen
cum Moyse plorante? . . . . . bei dem weinenden Mosesknaben?
vel in domo Romulea . . . . . Oder im römischen Palast
cum Bulla fulminante? . . . . mit einer blitzenden Bulle?"

Bulla fulminante . . . . . . . Wenn die Bulle blitzt,
sub iudice tonante, . . . . . während der Richter sein Donnerwort spricht,
reo appellante, . . . . . . . wenn der Angeklagte Berufung einlegt,
sententia gravante, . . . . . weil ein falsches Urteil auf ihm lastet,
veritas opprimitur, . . . . . dann wird die Wahrheit unterdrückt,
distrahitur et venditur . . . zerpflückt und verkauft,
iustitia prostante. . . . . . weil die Gerechtigkeit zur Hure wird.
Itur et recurritur . . . . . . Man kommt und rekurriert
ad curiam nec ante . . . . . . an die Kurie - aber erst dann
Quid consequitur, . . . . . . erreicht man sein Ziel, wenn man
quam exuitur quadrante. . . . sich des letzten Hellers entledigt hat.

Respondit caritas: . . . . . . Die Liebe antwortete:
"homo, quid dubitas? . . . . . "Mensch, ist dir das nicht klar?
quid me solicitas? . . . . . . Warum belästigst du mich damit?
non sum, quod usitas, . . . . Ich bin nicht, was dir täglich begegnet,
nec in evro nec in austro, . . weder im Osten noch im Süden,
nec in foro nec in claustro, . weder auf dem Marktplatz noch im Kloster,
nec in bysso nec in cuculla, . weder im feinen Stoff noch in der Mönchskutte,
nec in bello nec in bulla: . . weder im Schlachtenlärm noch in der Bulle:
de Iericho sum veniens, . . . Ich komme von Jericho
ploro cum sauciato, . . . . . und weine mit dem Verwundeten,
quem duplex Levi transiens . . an dem zwei Leviten vorbeigingen,
non astitit grabato." . . . . ohne ihm mit einer Tragbahre zu Hilfe zu kommen.

Si queris prebendas, . . . . . Wenn du auf der Suche nach einer Einnahmequelle bist,
vitam frustra conmendas. . . . weist du vergeblich auf deine Lebensführung hin.
Mores non pretendas, . . . . . Gib nicht deine Anständigkeit als Begründung an,
ne iudicem offendas! . . . . . damit du nicht den Richter beleidigst!
Frustra tuis litteris . . . . . Vergeblich berufst du dich auf deine
inniteris: moraberis . . . . . Ausbildung: Man wird dich
per plurimas kalendas. . . . . viele Monate hinhalten.
Tandem exspectaveris . . . . . Schließlich wartest du auf eine Stelle,
a ceteris ferendas, . . . . . . die andere erhalten werden,
Pari ponderis . . . . . . . . . wenn du nicht mit Bestechungsgeld
precio nisi contendas. . . . . gleichen Gewichts ins Rennen gehst.

O vox prophetica, . . . . . . . "O prophetische Stimme,
o Natan, predica: . . . . . . . o Nathan, verkündige es laut:
culpa Davitica . . . . . . . . Die Schuld Davids
patet non modica." . . . . . . erweist sich als nicht gering."
dicit Natan: "non clamabo, . . Nathan spricht: Ich werde nicht rufen,
neque David planctum dabo, . . und nicht David zum Gegenstand eines Klagelieds machen,
cum sid Christi rupta vestis . weil das Gewand Christi zerrissen
et de christo Christi testis! . und ein Zeugnis wider den Gesalbten Christi sei!
ve vobis, ypochrite, . . . . . Weh über euch, ihr Heuchler,
qui culicem colatis! . . . . . die ihr die Mücke verehrt!
que Cesaris sunt, reddite, . . Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist,
ut Christo serviatis!" . . . . damit ihr Christus dienen könnt!"

Pape ianitores . . . . . . . . Die Türhüter des Papstes
cerbero surdiores! . . . . . . hören schwerer als Cerberus.
In spe vana plores, . . . . . . Du magst heulen in der (irrigen)
iam etiamsi fores . . . . . . . Hoffnung, etwas auszurichten,
Orpheus, quem audiit . . . . . aber selbst wenn du Orpheus wärest,
Pluto, deus Tartareus, . . . . den Pluto, der Gott der Unterwelt, erhörte,
non ideo perores, . . . . . . . du kämst dennoch mit deinen Bitten nicht durch,
Malleus argenteus . . . . . . . es sei denn, der silberne Hammer
ni feriat ad fores, . . . . . . klopft an jene Pforten,
Ubi Protheus . . . . . . . . . wo Proteus
variat mille colores. . . . . . tausendfach die Gestalt wechselt.


Ipsissimus
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Fr 24. Mär 2006, 12:52 - Beitrag #14

gewußt wurde es schon immer^^ nur was dagegen unternommen werden kann, wird nicht gewußt^^

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Sa 25. Mär 2006, 19:08 - Beitrag #15

Mit den Grundsätzen Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit hat der Mensch durchaus gezeigt, wie man vieles anders machen kann.
Wird nicht gerade eben in Frankreich (wieder mal) gezeigt, das der Kopf ohne den Körper nicht lebensfähig ist?

Lykurg
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Sa 25. Mär 2006, 19:58 - Beitrag #16

Wie genau meinst du das jetzt? Gerade im Zusammenhang mit "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" in Frankreich von Köpfen ohne Körper zu reden, finde ich immerhin amüsant...

Wobei das im Prinzip ja auch nur eine technische Lösung für ein soziales Problem war. ;)

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Sa 25. Mär 2006, 21:21 - Beitrag #17

Obrigkeit ohne Untergebene? Kopf ohne Körper?
Sokrates / Platon / Aristoteles... kein weitergeben...
Revolution in Frankreich, ohne Wirkung?
Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit!

Lykurg
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So 26. Mär 2006, 22:34 - Beitrag #18

'Ohne Wirkung' meine ich ganz und gar nicht, im Gegenteil.
Einer der unwichtigeren Nebeneffekte war eine gewisse Kopflosigkeit.
Ein anderer die Entdeckung des von mir zitierten Liedes. :P

Allerdings hat das mit dem "Demokratieverhinderungsgesetz" nicht mehr allzuviel zu tun.


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