Sie hatten Esme an Händen und Füßen gebunden und in die Ratshalle geschleppt. Dort, im zuckenden Schein von Fackeln und des rätselhaften Feuers draußen fand eine kurze, hitzige Beratung statt. Da das Tosen der Flammen durch die Wände der Halle abgeschirmt wurde, konnte sie einen Teil der Verhandlung verfolgen. Die Dorfvorsteherin vertrat die Überzeugung, Esme allein sei für den Brand verantwortlich, und er könne nur dadurch beendet werden, daß man sie in die Flammen stoße. Andere Frauen sprachen für sie, das Feuer sei magisch, es müsse also Naim gewesen sein, der es gelegt habe und verschwunden sei. Er werde schon zurückkommen, wenn man sie dort hinführte und drohe, sie zu opfern. Sie kamen jedenfalls rasch überein, sie in die Nähe des Feuers bringen zu lassen, um keine Zeit zu verlieren, damit die Flammen sich nicht weiter ausbreiten könnten.
Die Schergen packten sie wieder und trugen sie hinaus auf den Markt, wo sich der größte Teil der Bevölkerung versammelt hatte. Sie standen völlig gebannt um das flammende Inferno herum und waren offenbar nicht imstande, irgendeine sinnvolle Initiative zu ergreifen. Die Flammensäule, das sah sie jetzt, stieg aus dem Tempel der Großen Mutter auf! Deshalb war die Ehrwürdige Priesterin bei der Verhandlung nicht anwesend! Ob sie versuchte, Löscharbeiten einzuleiten, oder selbst im Feuer... Sie wagte den Gedanken nicht zu vollenden. Die Ehrwürdige Priesterin war ihr herzlich unsympathisch, aber das Mitleid mit ihrer Tochter Sharie, mit der sie sich früher gut verstanden hatte, ließ sie hoffen, daß sie wohlbehalten wäre. Aber für sich selbst hatte sie nun nicht mehr viel Hoffnung. Die turmhohe, wirbelnde grüne Flammensäule drohte, umstehende Häuser zu erfassen, obwohl der Tempel etwas vereinzelt stand.
Sie wußte, daß ihr Mann nichts damit zu tun haben konnte. Er wäre gar nicht dazu imstande, schon weil er nie einem Menschen Schaden zufügen könnte, noch von seinen magischen Fähigkeiten her. Er hatte auch gar keine Möglichkeit, das Feuer zu beenden, geschweige denn die Karai zu beruhigen; und wenn es nicht von selbst erlosch, war sie verloren. Sie hoffte nur, daß er nicht umsonst sein Leben aufs Spiel setzen würde, denn die Menge um sie herum raste vor blinder Wut. Ihre Wächter mußten sie mehrfach vor Fausthieben schützen. Schreie wurden laut, man solle die Hexe einfach ins Feuer werfen, man werde schon sehen, was passiere.