Wirklichkeit IST

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und der Wahrheit.
BEN2506
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Fr 14. Apr 2006, 19:23 - Beitrag #1

Wirklichkeit IST

Möchte ein paar Gedankengänge meinerseits hier etwas näher erläutern und würde gerne eure Meinung dazu einholen.

Auch wenn es schon oft diskutiert wurde, ist die Lichtgeschwindigkeit wirklich die höchste erreichbare Geschwindigkeit oder gibt es vielleicht noch etwas anderes, das über allen anderen Dingen steht?

Ich will die Realität ansprechen, damit meine ich nicht umbedingt das subjektiv empfunde Weltbild sondern die Wirklichkeit auch wenn diese möglicherweise für einen Menschen immer unerkennbar bleiben wird. Steht die Realität über allem anderen wie den Naturgesetzten ?

Mir stellen sich jetzt ein paar Fragen, zum einen : Wodurch ist die Realität definiert und zum anderen hat die Realität eine Ausbreitungsgeschwindigkeit ? Ich würde die Realität als ein Ereignis-Konstrukt definieren, dass aus Ereignissen Auf- und ausgebaut wird. Zu der Frage der Ausbreitungsgeschwindigkeit kann ich nur Ja/Nein sagen, sie besitzt wohl eine Ausbreitungsgeschwindigkeit. Zumindest unsere Realität besitzt sie, diese Eigenschaft macht "Unsere" Realität aber auch zu einer absoluten Realität, die der Wirklichkeit (der echten Realität sozusagen) gleichwertig gegenübersteht (aber auf der anderen Seite auch nicht gleichwertig ist, da sie nur ein Teil der Wirklichkeit ist).

Also, man kann wohl sagen das unsere Realität eine Ausbreitungsgeschwindigkeit besitzt, nämlich die Lichtgeschwindigkeit, die Maximalgeschwindigkeit mit der Informationen übertragen werden können. Diese Konstante macht die Realität zu dem was sie ist. Ein Beispiel :

Wir haben ein Teleskop mit der wir in der Lage sind auf die Oberfläche eines weit weit entfernten Planeten zu blicken, sagen wir mal er ist gute 10 Lichtjahre von uns entfernt. Wir können ihn so genau beobachten, dass wir den Menschen auf diesen Planeten in ihrem Alltäglichen Leben zusehen können und auf diese Weise auch daran teilnehmen können. Am 5.10.2100 um punkt 5 Uhr stirbt ein Mensch auf diesem Planeten, der schon lange beobachtet wird. Wir beobachten ihn weiter, denn wir wissen nicht das er schon lange tot ist, denn dass werden wir erst in knapp 10 Jahren erfahren, da das Licht und damit die Information, die beinhaltet das dieser Mensch tot ist eine Gewisse Zeit braucht bis sie bei uns angekommen ist. Diese Zeit und diese Geschwindigkeit stellen das jewielige Minimum/Maximum dar, es gibt also keinen Weg, keine Möglichkeit, dass wir den Tot des Menschen schon früher erkennen können.

In unserer Realität lebt der Mensch weiter, für einen anderen Planeten der vielleicht nur 2 Lj entfernt ist, wird sich diese Realität aber schon in knapp zwei Jahren ändern.

Auch wenn wir nicht wissen können dass dieser Mensch tot ist, dann ist er trotzdem Tot. Vielleicht lebt er in "unserer Realität" noch, die Wirklichkeit sieht aber anders aus. Die Wirklichkeit bleibt unbeeinflusst von allen Naturgesetzten, egal ob der Mensch nun 10 100 oder auch 10000000 Lichtjahre entfernt ist, die Realität "zeigt" überall das gleiche Ergebnis, ist sozusagen Allgegenwärtig und hat keine Ausbreitungsgeschwindigkeit sondern ist einfach überall zu jeder Zeit gleich. :rolleyes:

Kann man nun also sagen, dass es etwas gibt was nicht an irgendwelche Gesetzte gebunden ist, egal welche Bedingungen auch herrschen?

Daraus würde sich noch ergeben, dass die Realität niemals der Wirklichkeit entspricht :D bzw. nicht entsprechen kann. Realität ist ein unzureichender haufen mangelhafter Informationen. Realität wird niemals sein, Wirklichkeit IST!

Ben

C.G.B. Spender
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Sa 15. Apr 2006, 11:26 - Beitrag #2

Ein bißchen verwirrend vielleicht, wenn Realität eigentlich nur ein Fremdwort für Wirklichkeit ist. Es sind im normalen Sprachgebrauch zwei Begriffe, die im Grunde dasselbe beschreiben. Nach deiner Definition, BEN2506, kann man die Wirklichkeit, so wie sie ist, nicht wahrnehmen, da alle Dinge relativ sind und vom Standpunkt des Betrachters abhängen. Es gibt es also keine wahrnehmbare Wirklichkeit. Was wir wahrnehmen und messen ist abhängig von der Ausbreitungsgeschwindigkeit des Lichts.

Es sei denn, es gibt eine Möglichkeit auf andere Art und Weise Informationen zu erhalten, unabhängig von dieser Ausbreitungsgeschwindigkeit. Die Wissenschaft hat diesbezüglich mit Sicherheit noch nicht alle Möglichkeiten gefunden, oder erkannt.

Früher, im Physikunterricht, habe ich mir darüber noch mehr Gedanken gemacht. Mich hat die Tatsache, dass der Raum und unsere Wahrnehmung der Realität so sehr an die Zeit gebunden ist, erschreckt und bestürzt. Jeder Blick auf die Realität ist ein Blick in die Vergangenheit und je weiter das Ziel unserer Betrachtung entfernt ist, desto weiter schauen wir in die Vergangenheit.

Desweiteren gibt es die psychologische Komponente der Wahrnehmung, die man sicher nicht vernachlässigen sollte, zumal sie im Alltag weitaus schwerer wiegt, als die physikalischen Aspekte. Das fängt damit an, wie wir die alltägliche Welt durch unsere eigenen Sinne wahrnehmen. Das entspricht schon aus anderen Gründen nicht der Wirklichkeit, wie sie ist. Es fängt damit an, dass unsere Sinne garnicht scharf genug sind, um alles wahrzunehmen, z.B. können wir nur bestimmte Spektren des Lichts sehen, längst nicht alle Gerüche, Geräusche bemerken, etc. Wir filtern auch ständig die relevanten von den unrelevanten Dingen. Dazu kommen unseren individuellen Erfahrungen und Eigenschaften, die ebenfalls dazu beitragen, dass jeder Mensch die Umwelt anders betrachtet.

Die Wissenschaft baut doch u.a. auf Beobachtungen auf, oder?

Diese Beobachtungen wurden jedoch von Wesen gemacht, deren Sinne ständig Dinge übersehen, bzw. nicht wahrnehmen. Würden wir mit unseren Sinnen einen Weg kennen, die Wirklichkeit so zu sehen, wie sie ist, dann frage ich mich, ob es dadurch leichter fällen würde, einen Weg zu finden, diese Wirklichkeit messbar zu machen.

janw
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Sa 15. Apr 2006, 11:50 - Beitrag #3

Eben wegen dieser Selektivität unserer Wahrnehmung bin ich mal dahin gekommen, "Wirklichkeit" und "Realität" für ziemlich unterschiedliche Gegenstände zu halten, Wirklichkeit als Gesamtheit aller Wirkungen und Gegebenheiten überhaupt und Realität als Gesamtheit unserer Wahrnehmungen und Fürwahrhaltungen derselben.
Realität wird dadurch zu etwas sehr Individuellem, da unabhängig von unseren biologischen Wahrnehmungsmöglichkeiten jeder sehr individuelle Focussierungen und Interpretationsmuster besitzt, die das Ergebnis erheblich bestimmen.

Ein Grundproblem, das mich derzeit etwas bewegt, ist die Frage der Wirksamkeit von Weltbildern in diesem Bereich. Konkret fand sich in einem GEO-Heft ein Gespräch zwischen einigen buddhistischen Lehrern und konventionellen Naturwissenschaftlern, in dem am Ende die Frage aufkam, ob Descartes die einzige Möglichkeit für ein rationales Weltbild geliefert hat, daß möglicherweise aus buddhistischer Sicht ein anderes Modell entwickelt werden könnte.
So gesehen IST bzw. WÄRE gar nichts, sondern alles wäre nur Ergebnis dessen, aus welchem Fenster (Weltbild) wir die Welt betrachten.

Die buddhistische Sicht würde mich dabei sehr interessieren.

C.G.B. Spender
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Sa 15. Apr 2006, 12:41 - Beitrag #4

Die buddhistische Sicht täte mich dabei auch interessieren. Das wäre sicher sehr aufschlußreich. Weltbilder haben sicher einen sehr großen Einfluß. Das merkt man bei für unsereins so exotischen Lebenseinstellungen und Lehren, wie dem Taoismus und Buddhismus.

In dieser Hinsicht bin ich sicher kein Experte, ich kann mich jedoch an eine Art Streben nach Begriffsauflösung als Weg zur Erleuchtung erinnern. Das klingt für mich plausibel, da Worte und Begriffe zwar Kommunikation ermöglichen, gleichzeitig jedoch die Welt wie sie tatsächlich ist, zu sehr eingrenzen. Wir Menschen kategorisieren die Welt, benutzen Worte und Begriffe, um sie für uns verständlich zu machen, dabei können Worte die Welt niemals definieren. Dazu beinhalten Begriffe immer bestimmte Werte und Anschauungen, und tragen eine Moral in sich. Die wirkliche Welt ist aber wertfrei und ohne jede Moral.

Tatsächlich ist es wirklich so, das wir das Fenster selber schaffen, durch welches wir die Welt betrachten. Den Rahmen kann man erweitern, indem man die Welt der Worte verläßt. Die Buddhisten erreichen dies u.a. durch Meditation. In so einer Meditation befindet sich das Gehirn in einem erstaunlichen Zustand, der sonst nirgendwo auftritt, das wurde bereits durch wissenschaftliche Untersuchungen belegt. Ich kann mich da an eine hochinteressante Sendung, ich meine es war auf 3Sat, erinnern.

Vielleicht gibt es einen Zugang zur wahren Wirklichkeit, der, zumindest zur Zeit, nur dem Geist vorbehalten ist. Ein faszinierender Gedanke.

BEN2506
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Sa 15. Apr 2006, 17:24 - Beitrag #5

Ja, ich denke nicht, dass wir die Wirklichkeit wahrnehmen können und es wäre auch ein Ding der unmöglichkeit sie zu "messen", sie liegt ganz einfach außerhalb unseres Wahrnehmungsbereiches, besser gesagt sie geht wohl viel weiter darüber hinaus als das wir die Möglichkeit hätten sie zu erkennen.

Etwas weiter gedacht würde das auch bedeuten, dass jeder von uns in seiner eigenen Realität lebt, die unterschiede sind bei uns bloß so winzig und von kurzer Dauer, dass wir sie als "unsere" Realität erkennen, als eine absolute Realität, was sie aber eigentlich nicht ist, sie scheint eben überall gleich zu sein.

Das würde dann aber auch bedeuten, dass in jedem Moment überall Parallele Realitäten entstehen und die Geschwindigkeit mit der sie entstehen wächst immer weiter an, da es immer mehr verschiedene Realitäten gibt aus der sich andere Möglichkeiten und daraus wieder andere Realitäten bilden können.

Ganz genau genommen müsste man sogar Drei "Realitäten" unterscheiden.

1. Die Wirklichkeit, welche über den beiden andere Realitäten steht und überall gleich ist.
2. Die Realität, eine Realität die sich an den Grenzen des Möglichen bewegt.
Und dann müsste es noch eine 3. Realität geben, eine eher Subjektiv geprägte Realität die von den Erfahrungen und Ereignissen bestimmt wird welche Wahrgenommen werden. Das ist die Realität oder besser gesagt es sind die Realitäten in der wir leben.

Selbst das Wahrnehmen dieser zweiten Realität dürfte sich als äußerst schwer herausstellen und ich glaube nicht, dass es einen Menschen gibt der diese Realität der 2. Stufe wahrnimmt.

Ich stelle mir gerade die Frage was passiert wenn alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind ? Vielleicht liegt das Ende des Universums, wenn es soetwas denn geben würde, nicht in einem räumlichen Zusammentreffen der "Grenzen" sondern in dem Überschuss an Realitäten bei doch so begrenzten Möglichkeiten.

Ben

Ipsissimus
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Sa 15. Apr 2006, 22:35 - Beitrag #6

es gibt weder Realität noch Wirklichkeit (sofern damit überhaupt etwas separates angesprochen wäre). Es gibt lediglich Beschreibungen, die vielfältigen Absichten verpflichtet sind. Bei diesen Absichten spielt die Übereinstimmung der Beschreibung mit einer idealiter angenommenen Wirklichkeit oder Realität keinerlei Rolle

C.G.B. Spender
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So 16. Apr 2006, 14:52 - Beitrag #7

Vielleicht ist der Zugang zur wahren Wirklichkeit die Pforte zu dem, was Menschen als Paradies beschreiben, also ein Zugang, der erst nach dem Tod entsteht. Wahrscheinlich ist es aber höchstens die 2. Form der Realität.

Oder noch weniger.

Man begnügt sich sozusagen, man findet sich mit der Tatsache ab, dass selbst die größtmögliche Harmonie, z.B. durch Meditation, maximal eine Erweiterung des Bewußtseins darstellen kann. Das Paradies ist demnach maximal nur eine weitere, aber schöne, Realität. Was aber bei weitem nicht heißen muß, dass es weniger wertvoll ist.

Der Gedanke mit den anwachsenden parallelen Realitäten erinnert mich an bestimmte Theorien über Paralleluniversen. Ob es da einen Zusammenhang gibt? Stellt die Summe der möglichen Paralleluniversen vielleicht die wahre Wirklichkeit dar, während es dem Einzelnen nur möglich ist, innerhalb eines Universums zu agieren und selbst dort nur eng begrenzt?

Zitat von BEN2506:Ich stelle mir gerade die Frage was passiert wenn alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind ? Vielleicht liegt das Ende des Universums, wenn es so etwas denn geben würde, nicht in einem räumlichen Zusammentreffen der "Grenzen" sondern in dem Überschuss an Realitäten bei doch so begrenzten Möglichkeiten.
Durch meine Vorstellung von der Natur, glaube ich an eine unerhörte Vielfalt. Ob sie auch unendlich ist? Was ist schon unendlich, außer der Unendlichkeit? Unendlich ist ein absoluter Begriff und wieder eine Erfindung der Menschen für eine Sache, eine ungreifbare Grenze, die außerhalb unserer Wahrnehmung liegt. Wie Ipsissimus schon sagte: Beschreibungen.

Es ist ein Kommen und Gehen, ein Werden und Entstehen, welches die Welt ausmacht. Daher werden sich bestimmte Dinge sicher irgendwann einmal wiederholen. Die Grenzen der Realitäten sind immer vorhanden, fortwährend, und alles neu Entstehende ist schon einmal da gewesen, in etwas anderer Form, an einem anderen Ort.

Würden wir in einer Endlosschleife des Universums leben, mit einem für uns sehr langen Zyklus, dann bräuchten die Möglichkeiten nicht unbegrenzt zu sein, um trotzdem eine unendlich lange weiterlaufende Wirklichkeit (Realität 1) zu ermöglichen. Wenn wir aus einem weissen Loch heraus explodieren in ferner Zukunft, werden unsere Teilchen, unsere Energie, neue Welten bilden.

Und nichts ginge jemals wirklich verloren.





Realität 3 sagt mir allerdings, dass der körperliche Zerfall weiterhin voranschreitet, während ich über den Rest nachdenke. ;)

Ceitlyn
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Mo 17. Apr 2006, 18:36 - Beitrag #8

"es gibt weder Realität noch Wirklichkeit (sofern damit überhaupt etwas separates angesprochen wäre)....."

sooo absolut würde ich es nicht formulieren (wollen) ;-)

Es mag da Realität u/od Wirklichkeit geben. Aber es dürfte den meisten Menschen extrem schwer fallen diese außerhalb ihrer Vorstellungen (od auch Beschreibungen, Zuschreibungen, Interpretationen... etc....) zu erfassen.

Maurice
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Mo 17. Apr 2006, 18:50 - Beitrag #9

Ipsi was sind dann die bezugsobjekte auf die wir uns scheinbar beziehen?
Wenn wir beide über einen Stuhl sprechen (*gg*) sprechen wir da ausschließlich über unsere Vorstellungen oder glauben wir nicht zumindest auch, dass da ein Stuhl ist, der unabhängig von uns existiert und über den wir Aussagen machen?

janw
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Mo 17. Apr 2006, 20:54 - Beitrag #10

Maurice, unabhängig von uns existiert da nur eine Ansammlung von Atomen, die von der Art ihrer Zusammensetzung und Anordnung zu Molekülen zusammengesetzt sind, die wir als Lignin und Cellulose und in der Gesamtheit als Holz bezeichnen.
Ob Stuhl, Kunstwerk, Staubfänger oder Brennholz ist reine Willkür.

C.G.B. Spender
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Di 18. Apr 2006, 00:26 - Beitrag #11

"Wenn man einen Apfelkuchen von Grund auf selber machen will, muss man zuerst das Universum erschaffen." (Carl Sagan)

Maurice
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Di 18. Apr 2006, 14:32 - Beitrag #12

Jan wir stimmen also überein, dass da etwas ist, das unabhängig von uns existiert und auf das wir uns beziehen, wenn wir von "Stuhl" reden.
Die Frage ist nun, ob das was wir mit "Stuhl" meinen mehr ist als ein Haufen Atome oder eben nur dies.
Für mich ist ein Stuhl nicht mehr als ein Haufen Atome, der nunmal so angeordnet ist, dass er in unsere Schublade des Begriffs "Stuhl" passt. Du hingegen scheinst mir der Meinung zu sein, dass ein Stuhl mehr ist als ein Haufen Atome. Was dieses "mehr" sein soll, musst du mir aber erklären. :confused:

Ipsissimus
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Di 18. Apr 2006, 14:57 - Beitrag #13

hatten wir diese Diskussion nicht schon mal in aller Breite in "Was ist Wahrheit"?

wir sprechen von Wahrnehmungskonventionen, die möglicherweise an etwas andocken, was - wie spätestens Kant uns mitteilte - das Ding an sich ist, das wir nicht erreichen, was aber, wenn mensch den Buddhismus zur Kenntnis nehmen will, nichts als eine sich selbst erhaltende Illusion ist

Maurice
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Mi 19. Apr 2006, 08:51 - Beitrag #14

Nein die Frage in "Was ist Wahrheit?" war eine andere. Da ging es darum, ab wann eine Aussage als wahr gilt, hier hingegen was für Qualitäten einem Ding an sich zukommen.

Die Möglichkeit, dass der Tisch nur eine "sich selbst erhaltende Illusion" ist, also nicht an sich existiert, möchte ich ehrlich gesagt nicht weiter diskutieren. Wohin die Prämisse einer fehlenden an sich existierenden materiellen Außenwelt führt, hat man ja unter anderem im deutschen Idealismus gesehen. *grusel* :fear:

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Mi 19. Apr 2006, 09:03 - Beitrag #15

das buddhistische Konzept - und vorher schon das hinduistische - geht insgesamt von einer selbsterhaltenden Illusion aus, nicht nur der Unterelemente, sondern des gesamten Seins. Wohin das führt, hat man weniger am deutschen Idealismus gesehen - bei dem das Problem wohl eher der Bierernst seiner Philosophen war und weniger die philosophische Grundlage - sondern an den buddhisitischen Gesellschaften der Gegenwart^^

Nach wie vor - wenn wir von den Eigenschaften des Dinges an sich sprechen, dann ist der derzeitige Stand des Wissens der, daß wir praktisch von einem Nichts sprechen, ein paar Elementarteilchen, die einen Tanz über dem Nichts tanzen - ein Atom besteht zu über 99 Prozent aus Leere - nur über Wahrscheinlichkeitswolken überhaupt erfassbar. Ich finde nach wie vor, daß dies eigentlich eine schöne Annäherung an das Konzept einer selbsterhaltenden Illusion ist, in naturwissenschaftlicher Sprache formuliert, vor allem, wenn man noch mitbedenkt, daß diese Illusion in ihrer Gänze sich im Sinne einer Quantenfluktuation selbst hervorgebracht hat, wenn man der avancierten Physik Glauben schenkt.

Jedenfalls scheint mir, daß irgendwo in diesem Geistertanz die Dinge an sich verlorengegangen sind^^ beziehungsweise nie da waren, und erst die mirakulöse Entwicklung von Bewußtsein dafür sorgte, daß die Strukturen "da" sind - nämlich in unseren Gehirnen konstruiert werden - die von unserem Bewußtsein erfassbar sind.

Maurice
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Mi 19. Apr 2006, 09:20 - Beitrag #16

Ist zwar eine nette Vorstellung, aber ist sie mir für meinen Geschmack einfach zu idealistisch. Ich bin da nun mal konservativer gestrickt, was meine Vorstellungen von der ontologischen Basis der Welt angeht. Vielleicht auch etwas naiv, aber letztlich ist jede Ontologie Spekulation. Aber immerhin mache ich mir ein paar kritische Gedanken über meine Auffassungen. ^^

Deinen Argumenten würde ich entgegen halten, dass ein für uns mit bloßen Auge sehbarer Gegenstand aus mehr als nur ein paar Atomen besteht.
Zweitens stört mich deine Beschreibung, dass ein Atom aus 99% "Leere" also aus "Nichts" bestehen würde. Unter "Nichts" verstehe ich das Fehlen von Sein, womit das "Nichts" nicht existieren kann, weil es kein Sein ist. "Nichts" ist nur eine verbale Hilfskonstruktion, um auszudrücken, dass da nunmal kein Sein "ist". Demnach besteht ein Atom nicht aus 99% "Nichts" sondern aus 100% Sein. Ich würde es daher eher so formulieren, dass es problematisch von "dem Atom" als eine Einheit zu sprechen, da es sich um eine Menge von Teilchen handelt, die gleichförmig wechselwirken und wir davon reden, als sei es ein Einziges.

PS: Und was die "Erkenntnisse" der momentanen Physik angeht: Das sind auch nur Modelle, die einflussreichen Personen plausibel erscheinen und deshalb "Wissen" genannt werden.

janw
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Mi 19. Apr 2006, 12:20 - Beitrag #17

Maurice, an dem Nichts führt naturwissenschaftlich kein Weg vorbei, man könnte sagen, daß so wie im Zellplasma ein wenig von der Ursuppe überliefert ist^^, das ursprüngliche Nichts in den Atomhüllen überdauert hat.

Und an der Welterzeugung durch das Bewußtsein ist nur die Materie grau, die dafür verantwortlich ist.

BEN2506
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Mi 19. Apr 2006, 15:34 - Beitrag #18

Ich glaube nicht daran, dass die Welt eine vom Bewusstsein erschaffene Illusion ist, ich "finde" sie ziemlich real. Der eigentliche Punkt um den sich das alles dreht ist meiner Meinung nach die bloße Existenz intelligenten Lebens. Wären wir nicht hier, dann wäre alles in sich schlüssig was passiert oder passieren wird. Das wäre Wirklichkeit.

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Mi 19. Apr 2006, 17:17 - Beitrag #19

wobei es natürlich zu bedenken gilt, Ben, daß die westliche Auffassung nur eine Folge der strickten Trennung von Objekt und Subjekt ist, die jahrtausendelang bei uns gehegt und gepflegt wurde, ehe ein deutsch-jüdischer Schweizer namens Albert Einstein das ein für allemal als Illusion entlarvte^^ Buddha wußte das schon vor 2500 Jahren, Laotse schon vor 3000 und des Schöpfer des I Ging schon vor 5000 Jahren^^

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Do 20. Apr 2006, 16:07 - Beitrag #20

Zitat von janw:an dem Nichts führt naturwissenschaftlich kein Weg vorbei

Das bezweifle ich. Ich habe zwar keine Ahnung von Wissenschaft, aber allein aus philosophischen Gründen sollte man nicht so tun, als ob man von etwas redet, wenn man über "das Nichts" spricht. Wenn es tatsächlich Fakt sein sollte, dass in der Wissenschaft eine Theorie dominiert, die "das Nichts" wie eine Entität behandelt, dann fühle ich micht gezwungen, zumindest dieser wissenschaftlichen Meinung (Wissen ist davon ja e nichts) nicht zuzustimmen. Und da ist es mir auch egal, wieviele und welche Wissenschaftler so mit dem Begriff umgehen. Was ich für logisch widersprüchlich halte, muss ich nicht übernehmen, nur weil es bei einigen Menschen in Mode ist.


@Ipsi:
ehe ein deutsch-jüdischer Schweizer namens Albert Einstein das ein für allemal als Illusion entlarvte. Buddha wußte das schon vor 2500 Jahren, Laotse schon vor 3000 und des Schöpfer des I Ging schon vor 5000 Jahren

Einstein hat "die Illusion entlarvt"? Du meinst, er hat bewiesen, dass diese Meinung falsch ist? Buddha und Laotse wussten das aber schon lange vorher?
Ipsi bist du nicht ein radikaler Skeptiker; warum gehst du so leichtfertig mit dem Prädikat "Wissen" um? Ich dachte laut dir gibt es kein Wissen, sondern nur mehr oder weniger plausible Meinungen? Oder gibt es für dich letztlich doch Wissen, wenn es sich um Meinungen handelt, die dir evident sind? :rolleyes:

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