....Die Würde des Menschen ist unantastbar....
was bedeutet das eigentlich, habe ich mich gefragt....
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Fr 28. Apr 2006, 21:27 - Beitrag #1 |
Die Würde des Menschen.......Die Würde des Menschen ist unantastbar....
was bedeutet das eigentlich, habe ich mich gefragt.... |
Wenn wir den Platz einnehmen, der der unsere ist, dann entdecken wir das, was wir im Grunde sind.
Mögest du an jedem Tag spüren, dass auch die dunklen Stunden einen göttlichen Schimmer besitzen |
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Fr 28. Apr 2006, 21:32 - Beitrag #2 |
"klingt schön..."
![]() Für mich bedeutet es effektiv rein gar nichts (auch wenn mich sicher gleich jemand belehren wird). Ich darf nicht leben wie ich will, ich darf in Deutschland nicht mal sterben wie ich will. Ich darf nicht lernen was nötig ist sondern was die Schule will, ich darf nicht töten was mich am Leben hindern will usw. Aber wie gesagt, es klingt auf jedenfall schön. |
[align=center]..no tomorrow remains to save you
so let's relish in yesterday.. (Triarii)[/align] |
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Fr 28. Apr 2006, 22:26 - Beitrag #3 |
..Nein..? wer sagt das...? du dir selbst..? aber eigentlich darfst du, wenn du es wirklich möchtest, oder..? vielleicht nicht hier, aber vielleicht woanders.... wenn nicht jetzt, doch irgendwann.... können und wollen ist nicht daselbe wie dürfen...^^ |
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Fr 28. Apr 2006, 22:39 - Beitrag #4 |
Milena, ich könnte hier in dieser Welt nicht die Theorie praktisch ausleben, die sich in meinem Kopf abspielt. Könnte ich das tun, würde ich Amok laufen, den Bundestag anzünden, auf LSD mit 300km/h über die Autobahn rasen und so weiter.
Aber da ich ehrlich gesagt weder in der Theorie noch in der Praxis das Ende meines Lebens im Gefängnis erleben will resigniere ich ständig und ändere meine Wünsche, anstatt sie auszuleben. |
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Fr 28. Apr 2006, 23:31 - Beitrag #5 |
Naja, die Würde des Menschen bedeutet aber nicht, alles Erdenkliche tun zu dürfen - letztlich würde damit auch in das Recht und die Würde anderer eingegriffen.
Letztlich bedeutet "Die Würde des Menschen ist unantastbar", daß es einen gesellschaftlichen Grundkonsens in einigen Ländern gibt, daß bestimmte Dinge einem Menschen nicht zugemutet werden dürfen, er auf bestimmte Weise nicht behandelt werden darf. Dir Forderung, diese Grenzen zu achten, richtet sich dabei vor allem an den jeweiligen Staat, der eben einen Menschen nicht ohne Grund und Mittel, dagegen vorzugehen, festhalten darf, der Maßnahmen gegen Benachteiligung aufgrund von Geschlecht, Hautfarbe usw. ergreifen muss, dafür sorgen muss, daß auch in Haft die Menschen nicht verhungern, im Krankheitsfall behandelt werden usw. In gewisser Weise greift die Würde damit in den Bereich der Menschenrechte über, die klare Trennung müßte ergründet werden. Hauptproblem ist IMHO, daß der Würdebegriff eine soziale Setzung in der westlichen Welt ist, die dort für die eigenen Bürger und mit Abstrichen auch für andere dort lebende Menschen angewandt wird - das staatliche Handeln in der Außenpolitik jedoch ohne weiteres in die Würde und Grundrechte anderer Menschen eingreift - sei es, daß ein unabhängiges Land militärisch angegriffen wird, daß die Globalisierung Millionen Menschen in Armut stürzt, daß Großpojekte gefördert werden, für die Menschen ihrer Heimat und Lebensgrundlagen beraubt werden usw. Perfiderweise könnte man auch sagen, daß die Menschenwürde per se ja nur ein Produkt der Aufklärung ist, das eben auf nicht aufgeklärte Völker nicht angewandt werden braucht. So handelt man aber lieber, als daß man dies so ausdrückt. |
Der Fehler ist die Grundlage der Erkennntnis
Heute schon gechattet? Man muss versuchen zu lernen, dass man sein Sein, sein Leben nur suchen kann, indem man für die anderen tätig ist. Darin liegt die Wahrheit. Es gibt keine andere. J.P.Sartre, zit.n. Rupert Neudeck |
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Sa 29. Apr 2006, 09:44 - Beitrag #6 |
Ich sehe einen fundamentalen Unterschied zwischen menschlicher Würde und seinem Recht, der schon darin besteht, daß Recht verhandelbar ist, Würde aber nicht. Um es mit Kant zu sagen:
In Gesetze umzugießen, was Würde eigentlich bedeutet, führt fast zwangsläufig zu Meinungsverschiedenheiten, eben weil es sich um Begriffe verscheidener Kategorien handelt. "Die" Menschenrechte[size=-1] sind einem starken kulturellen und historischen Wandel unterzogen, ein Recht auf Arbeit oder ein Recht auf kostenlose Krankenversorgung können im entsprechenden Zusammenhang ebenso als grundsätzlich empfunden werden wie etwa die Redefreiheit, in anderen Kulturen kann der eine oder andere Aspekt einen völlig anderen Stellenwert haben, ohne daß hier eine Haltung die richtige sein könnte. Menschliche Würde geht dagegen vom Wert des Menschen an sich aus, und hierbei gibt es keine Abstriche und keine Verhandlungsmöglichkeit. Wie sich die Gesetzgeber mit diesem absoluten Satz abfinden wollen, ist ein hochkomplexer Anspruch, mit dem das Grundgesetz in sich als ein dynamisches Gebilde geschaffen wurde, das sich immer wieder an diesem strittigen Punkt zu messen und zu korrigieren hat. [/size] |
Die rechten Christen führen keinen Krieg - Jacob Böhme
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Sa 29. Apr 2006, 10:23 - Beitrag #7 |
D´accord.
Das Problem der Menschenwürde in praxi ist in meiner Sicht, daß sie eben auf konkrete Fälle bezogen unkonkret ist, "alles und nichts" aussagt. Letztlich ist es jedem Behandlungsobjekt freigestellt, die ihm zuteil gewordene Behandlung als mit seiner eigenen Würde vereinbar oder dieser entgegenstehend zu empfinden, und die für-recht-Haltung des einen oder anderen entspringt wieder dem subjektiven Würdeempfinden der entscheidenden Juristen. Eine interessante interkulturelle Wertekollision gab es neulich bei Christiansen zu bewundern: Zu einer Runde über Integrationsprobleme war ein islamischer Imam eingeladen, dazu eine deutsch-türkische Schriftstellerin und einige andere. Bei der Begrüßung wollte sie ihm die Hand geben, was er verweigerte - mit der aus islamischer Sicht wohl zutreffenden Begründung, damit würde er als Mann unsittlich handeln, weil das einer Kontaktanbahnung entsprechen würde. Sie konnte das, da eher emanzipiert und nicht mehr islamisch geprägt, nicht ganz verstehen und wohl auch nur schwer akzeptieren. Will sagen, selbst ein System, das auf eine Behandlung des anderen gemäß seiner kulturellen Verfasstheit abzielt, als Höflichkeitsform oder als Akt der ASnerkennung seiner Menschenwürde, ist nicht unkompliziert. |
Der Fehler ist die Grundlage der Erkennntnis
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Sa 29. Apr 2006, 12:22 - Beitrag #8 |
Ich sehe es so, dass der Satz von der Würde des Menschen die allgemeine Maxime ist, nach der sich unsere Gesellschaft richtet (richten sollte), und die erst die Begründung für die nachfolgenden Inhalte des Grundgesetzes liefert. Sie ist sozusagen das Axiom unseres Moral- und Gesetzessystems, und all die Menschen- und geringeren Rechte, die in der Folge aufgezählt werden, sind nur die mehr oder minder zeit- und kontextbestimmten Ausführungen und Anwendungsbeispiele dieser Maxime. Es darf in Deutschland kein Gesetz geben, das dem Grundgesetz widerspricht, und es darf keine Stelle im Grundgesetz geben, die der Unantastbarkeit der Menschenwürde widerspricht.
(Auch, wenn ich mir in Hinblick auf das Treiben unserer Juristerei oft wünsche, dass vollkommen gleichberechtigt neben diesem Axiom auch die der elementaren Logik aufgeführt wären...) @Anaeyon: Es lautet nunmal nicht "Die Würde des Menschen Anaeyon, so, wie er sie empfindet, ist unantastbar", sondern "Die Würde des Menschen ist unantastbar", jedes Menschen, generell, nach Maßgabe des gesellschaftlichen Grundkonsens - wobei sich hier, tiefer nachgedacht, die Frage stellt, ob jener beurteilungskompetent ist |
Year by year, month by month, day by day... Thought by thought. Leonard Cohen
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Sa 29. Apr 2006, 12:35 - Beitrag #9 |
Traitor, mir ist schon klar dass ich das was ich kritisiere somit selbst tun würde. (und es tut mir Leid für meine Entgleisung, scheiss Tag gestern)
Aber was ich damit meine: Der Satz alleine mag im Grunde ok sein. "Tue was du willst, solange du keinem schadest". Läuft wohl auf das gleiche raus. Aber wenn man dann ein bisschen weiterliest, liest man unter anderem auch das man bei Notwehr nicht töten darf. Klar, auch dieses Gesetz ist notwendig aber dennoch einschränkend. Unnötig, jetzt noch genaue Situationen zu erläutern in denen einem nichts anderes übrig bleibt als zu töten.. Wenn man diesen Artikel mehr auf den Staat bezieht, schauen wir doch mal zu den Gerichtsverhandlungen. Sobald ein Mensch dem du von den Augen ablesen kannst, dass er der Täter war, irgend ein an den Haaren herbeigezogenes Alibi erfindet, welches nicht 100% wiederlegt werden kann, ist er sicher. Selbst in Gerichten wird nicht entschieden wer jetzt schuldig ist, sondern Schuld wird daran fest gemacht wer sich besser Erklären kann, wer den besseren Anwalt hat usw. Auch das ist - selbst wenn ich keine genaue, funktionierende bessere Lösung kenne - unwürdig. Drittens muss ich wohl nicht aufzählen in wie vielen Fällen dieser Artikel ignoriert wird. Wenn man für gewisse Berufe als Kirchenmitglied eingetragen sein muss usw. Deswegen sagte ich auch, das mir der Satz effektiv nichts bedeutet. Ich kenne mich rechtlich nicht gut genug aus um zu wissen wo er überall wirklich wirkt. Aber ich kenne genug Stellen an denen er nicht wirkt, und wo auch nichts dagegen getan wird. Weil es manchmal gar nicht möglich ist. Wäre es erlaubt bei Notwehr zu töten könnt ich mal eben den Postbote abmurksen und dann behaupten, er hätte mich angegriffen... |
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Sa 29. Apr 2006, 14:05 - Beitrag #10 |
Wobei aber nach Gödel auch die Unentscheidbarkeit Teil der Logik ist und damit die juristische Wirrnis gerettet ![]() Ana, hinsichtlich der Gerichte hast Du nicht unrecht, aber der Unschuldsvorbehalt dient eben auch der Wahrung der Würde, Freiheit darf nur aufgrund nachgewiesener Schuld entzogen werden. Ein der ersten Sachen, die Juristen lernen ist, daß sie Diener des Rechtes sind. Jeder Rechtsanwalt hat im Grunde die Pflicht, einen sich ihm offenbarenden Mörder einer gerichtlichen Strafe zuzuführen. Sein Handlungsrahmen ist insofern darauf beschränkt, je nach der individuellen Lage aus dem Mord einen Totschlag zu konstruieren, vielleicht eine fahrlässige Tötung, und den Täter dazu zu bewegen, sich zu offenbaren, worauf dann eine mildere Strafe erreicht werden kann. Daß viele Anwälte diesen Rahmen überschreiten, ist nicht zu ändern, andererseits sind viele Fälle auch nicht sehr eindeutig gelagert, insofern ist die Zuweisung des Falles zu einem Tatbestand zwangsläufig nicht frei von Ermessen bzw. Willkür. Wie sehr, zeigt sich an der Gegensetzlichkeit der Beurteilung durch Anwalt, Staatsanwalt und Richter. |
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Sa 29. Apr 2006, 14:18 - Beitrag #11 |
Ja, schon klar ^^. Ich meinte, solange es keine bessere Möglichkeit als Gerichte gibt, muss eben so entschieden werden. Und somit wäre es unwürdig, Gericht und Gerecht gleichzusetzen.
In unserer Gesellschaft muss entschieden werden, auch wenn man weder für Pro noch Contra gute Argumente findet. Würde ansich gibt es für mich einfach nicht, in unserer Demokratie wird diese Würde zwar genauer genommen als in China, aber es ist eine Schönrederei, zu sagen, die Würde des Menschen sei unantastbar. Eher "Die Würde die einem Mensch bleibt, wenn alle Ungerechtigkeiten und bisher nicht lösbare Wege zur Gerechtigkeit abgezogen werden, ist unantastbar. |
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Sa 29. Apr 2006, 15:17 - Beitrag #12 |
Ana,
könnte das nicht auch mit
harmonieren? |
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Sa 29. Apr 2006, 15:18 - Beitrag #13 |
Das ist für mich genau das gleiche, da habe ich es ja auch her. Das mein Wille sich nicht immer dran hält weis ich, aber meine Taten idR. schon
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So 30. Apr 2006, 11:47 - Beitrag #14 |
....`......` steht an erster Stelle im Gesetzbuch....
wie ist sie anzusetzen bei der von Menschen ausgesetzten Todesstrafe eines Menschen....., egal was er angestellt hat, der Mensch bleibt ein Mensch, aber gilt für diesen Menschen das erste Gesetz folglich nicht mehr...? |
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So 30. Apr 2006, 11:53 - Beitrag #15 |
Milena, das ist ein ganz fundamentaler Einwand gegen die Todesstrafe. Letztlich meinen ihre Befürworter (ohne daß sie es so sagen), daß jemand durch die Tat sich gewissermaßen ent-menscht hat und damit die Würde auf ihn nicht mehr anzuwenden ist und somit eine Tat mit dem Leben gesühnt werden kann und sollte.
Auch so ein Punkt, wo die Willkürhaftigkeit der Würdezuweisung zutage tritt. |
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So 30. Apr 2006, 12:01 - Beitrag #16 |
Ist das tatsächlich so? Bei dieser Annahme, man könne seiner Menschenwürde verlustig (erklärt) werden, steht eine geistige Verrenkung im Hintergrund, die jedenfalls meinem (Kants?) Würdebegriff unvereinbar ist. Für ihn enthält die Würde des Menschen die Anerkenntnis seines Existenzrechts; durch die grundgesetzliche Verankerung der Würde als unantastbar ist die Todesstrafe somit eindeutig ausgeschlossen. Das ist eine der eindeutigsten Folgerungen, die aus diesem Satz überhaupt möglich sind. |
Die rechten Christen führen keinen Krieg - Jacob Böhme
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So 30. Apr 2006, 12:52 - Beitrag #17 |
Lykurg, ich glaube wir sind da an einem ganz wunden Punkt der Todesstrafdiskussion angekommen.
In meinen Augen ist das Existenzrecht des Menschen eng mit dem Würdebegriff verbunden (wo wir uns ja anscheinend einig sind). Daraus ergibt sich, daß jede Strafe, die diesem Existenzrecht zuwider läuft, nicht mit der Würde zu vereinbaren ist. Ganz unabhängig vom Grundgesetz. Wenn nun Leute dennoch die Todesstrafe befürworten, dann stehen sie damit ideologisch auf sehr dünnem Eis, das eigentlich nur dadurch zu befestigen ist, daß man entweder den kantischen Würdebegriff negiert, die Verknüpfung mit dem Existenzrecht verwirft oder den geistigen Klimmzug begeht, die Menschenwürde als etwas durch besondere Handlung Verwirkbares zu definieren. Das größte Problem ist eigentlich, daß es keine universell anrufbare Institution gibt, die über die individuelle Einhaltung der Menschenwürde wachen würde. Ich wüßte jedenfalls nicht, daß amerikanische Death-Row-Insassen oder aus Guantanamo individuell irgendwo auf UN-Ebene erfolgversprechend klagen könnten. |
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So 30. Apr 2006, 13:42 - Beitrag #18 |
[align=left]Da sind wir einer Meinung (wobei dein entweder-oder im zweiten Absatz nur zweiteilig ist, weil deine zweite Möglichkeit die erste voraussetzt: Eine Nichtverknüpfung mit dem Existenzrecht steht mE im Widerspruch zu Kant). Allerdings bezog sich diese Überlegung für mich nur auf Deutschland, das den Würdebegriff in dieser Form ausdrücklich in das Grundgesetz aufgenommen hat; etwa die US-Verfassung enthält keine Festschreibung der Würde, dementsprechend ist dort auch kein verfassungsmäßiges Problem damit vorhanden. Es gibt mE im Wesentlichen zwei Abschnitte der Bill of Rights, die in diesem Zusammenhang relevant sind, nämlich die Präambel, in der es heißt:
"We the People of the United States, [...] promote the general Welfare, and secure the Blessings of Liberty to ourselves and our Posterity [...]" und der neunte Zusatzartikel "The enumeration in the Constitution, of certain rights, shall not be construed to deny or disparage others retained by the people." Daß beide Formulierungen in ihrer Unschärfe noch weniger in gesetzlicher Form konkretisierbar sind als der etwa über Kant einigermaßen faßliche Würdebegriff des Grundgesetzes, dürfte deutlich geworden sein. Dagegen ist ein entsprechender Satz Teil der "Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte" von 1948, die von den USA wie vielen anderen Staaten zwar in der UN verabschiedet, aber nicht in die Landesverfassung übernommen wurde: "Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen." (Art. 1) Interessant ist übrigens auch der Gegenentwurf der "Kairoer Erklärung der Menschenrechte" von 1990, die etwa die Religionsfreiheit und diverse andere westliche Erscheinungen ablehnt. In Artikel 6 heißt es dort: "Die Frau ist dem Mann an Würde gleich, sie hat Rechte und auch Pflichten; sie ist rechtsfähig und finanziell unabhängig, und sie hat das Recht, ihren Namen und Ihre Abstammung beizubehalten." Ein schärferer Kontrast zwischen dem ersten und dem zweiten Satzteil ist kaum denkbar, zugleich zeigt der Text nocheinmal sehr deutlich, daß Recht und Würde eben nicht dasselbe sind.[/align] |
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So 30. Apr 2006, 13:56 - Beitrag #19 |
der hehre Anspruch und der schnöde Mensch ...^^
es ist eine Grunderfahrung wahrscheinlich aller Menschen, daß sie über die Fähigkeit verfügen, Sachverhalte, die einander in logischer oder inhaltlich-sachlicher Hinsicht ausschließen, trotzdem gleichermaßen für wünschenswert, gültig, berechtigt usw. zu halten und zu praktizieren. Ich wünsche mir so sehr, gertenschlank zu sein, auf das Bier, die Schokolade usw. verzichte ich trotzdem nicht, wohl aber auf den Sport und die Bewegung. Nichts daran kommt mir merkwürdig vor, obwohl ich der Sache intellektuell sehr wohl gewachsen bin. Würde und die Realität, welche Menschen einander bereiten, sind zwei derartige einander inhaltlich-faktisch ausschließende Sachverhalte. Jeder Mensch, der mit dem Begriff überhaupt je konfrontiert wurde, wird wohl selbige für sich reklamieren; desweiteren werden die allermeisten Menschen reklamieren, daß sie ganz sicher die Würde anderer Menschen achten. Dabei beginnt der Bruch schon in den allerkleinsten Zellen menschlicher Gemeinschaft. Myriaden von Ereignissen in den Familien sind alles, nur nicht mit Menschenwürde vereinbar. Es setzt sich fort in den Schulen, beim Militär, im Beruf, überall wird Würde zugunsten von Absichten verraten und verkauft oder mit Füßen getreten. Eine der wichtigsten Sozialisationsleistungen überhaupt besteht darin, selbst noch den Schmerz legitimieren zu lernen, den mensch selbst anläßlich seiner eigenen Sozialisation erlitten hat. Wir lernen, daß unsere Würde offenbar mit allem vereinbar ist, was uns anzutun oder zuzuzumuten im Rahmen formaler Regelgerechtheit beschlossen wird. Das Ganze funktioniert dabei auf der psychologisch sehr einleuchtenden Basis des "Bedenke, alles könnte noch sehr viel schlimmer sein." Und das ist ja auch unwiderlegbar wahr. Du wirst vergewaltigt - bedenke, er hätte dir noch dein Gesicht verätzen können. Dir wird auf der Folterbankt ein Hoden mit Säure ausgebrannt - bedenke, wir hätten auch zwei hungrige Ratten ranlassen können. Die Menschheit bereitet sich auf der Erde die Hölle unter der Prämisse der Würdehaftigkeit - bedenkt, was los wäre, wenn es diese Prämisse nicht gäbe. Ja, was wäre denn dann los? Nichts anderes als das, was los ist. Die Prämisse existiert als cooles Wort. Ihre Bedeutung wird durch die Absichten geregelt. Nicht durch die Logik, nicht durch die sachliche Vereinbarkeit, einfach durch die Absichten. Todesstrafe, Folter und Würde miteinander zu vereinbaren? Nichts leichter als das für eine Spezies von Dämonen, deren hervorragendste Eigenschaft darin besteht, das Leid, das nicht am eigenen Leib erfahren wird, vollkommen ignorieren zu können. |
Wer bist du, dass du die Qual lindern kannst und es nicht tust ...
-------------------------------------------------------------------------- ... nicht das Licht und nicht die Finsternis ... die Schatten, die leisen Übergänge ... |
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So 30. Apr 2006, 14:00 - Beitrag #20 |
Damit, daß der Würdebegriff nur da realitätswirksam ist, wo eine entsprechende Rechtsnorm besteht, wird er ent-universalisiert. Letztlich gerät er damit dazu, eine philosophische Aussage zu sein auf demselben Niveau wie Äußerungen von Augustinus. Reine Glaubenssache.^^
Die Kairoer Erklärung ist interessant, aufschlußreich vor allen Dingen, weil die gezielte Betrachtung eines Gegenstandes diesen als nach wie vor wunden Punkt erscheinen läßt. |
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