Wie Erwachsen ist Erwachsen eigentlich...

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Milena
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Mi 10. Mai 2006, 07:06 - Beitrag #1

Wie Erwachsen ist Erwachsen eigentlich...

...habe ich mich gefragt....

ist es nicht gerade das Schöne an einem Menschen,
wenn das Kinde in ihm zum Vorschein kommt,
oder schaltet sich sogleich die gesellschaftliche Norm ein
und scheltet ihn:
sei doch nicht so kindisch...
also ich mit meiner Malerei und meinen künstlerischen Visionen,
habe trotzallem nicht den Ernst des Lebens vergessen....
und wenn in einer Beziehung zwei Kindle aufeinandertreffen,
ja, dann passt es doch wieder...^^
vielleicht sollte man sich auch nicht um die Meinung
der Aussenwelt kümmern,
sondern einzig allein um sich selbst,
und um ein ausgewogenes Gleichgewicht,
wenn man eine Beziehung führt....oder...?
und was heisst schon kindisch oder erwachsen sein....
letzlich ist Mensch das,
was er nur sein kann und sein möchte.....

aleanjre
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Mi 10. Mai 2006, 09:41 - Beitrag #2

Für mich bedeutet "erwachsen" sein nicht, dass man völlig spaßbefreit daherkommt und nur noch sorgenerfüllt die Stirne runzelt.

Im wörtlichen Sinne "erwachsen" = ich wachse nicht mehr, ist man mit etwa 21 Jahren. Schließung der Knochenfugen.
Im biologischem Sinne erwachsen wird ein Mädchen mit etwa 11 - 12 Jahren, ein Junge mit ca. 13 - 14 Jahren: Zeugungsfähigkeit.
Im philosophischen Sinne erwachsen wird Mensch irgendwann zwischen 6 - 120 Jahren: erkennen, was richtig und falsch ist.
Im geistigen Sinne erwachsen wird der durchschnittliche Mensch wohl irgendwann in seinem Leben, nach dem Prinzip Hoffnung:
Verantwortung für die eigenen Taten erkennen und übernehmen
Selbstständig für den Lebenserhalt sorgen
Konsequenzen der eigenen Taten erkennen und erdulden
aus Fehlern lernen
Verantwortung für Schwächere übernehmen und leisten können

Wenn ich bereit bin, mögliche Konsequenzen für meine Albereien zu übernehmen, dann kann es sogar sehr erwachsen sein, auf Gartenmauern zu balancieren, mit Kindern eine Schneeballschlacht zu machen oder nachts in den Vollmond zu blicken und zu hoffen, das eine Fee sich neben einen setzt...

janw
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Mi 10. Mai 2006, 10:59 - Beitrag #3

Naja, alea, die Erwachsenheit zeigt sich dann darin, daß Du die genannten Tätigkeiten als Albernheiten wahrnimmst. Würde Deine Kurze nie tun ;)

Nach Watzlawick (?) entstehen wir immer wieder neu, das einzig Beständige ist die Veränderung.
Was vorher war ist damit immer ein Teil von uns, bestimmt uns mit, auch wenn manche ihre Kindheit ablegen wollen wie einen alten Hut...

Ipsissimus
Dämmerung
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Mi 10. Mai 2006, 11:33 - Beitrag #4

"erwachsen" ist wieder so ein Wort, ähnlich wie "heilig" oder "ehrenhaft"^^ es scheint einen Unterschied zu bezeichnen, der als bedeutungstragend angesehen wird, auch wenn niemand so recht weiß, worin dieser Unterschied besteht

ich weiß nicht, ob ich erwachsen bin; es war jedenfalls nie ein explizites Ziel von mir, erwachsen zu sein, schon allein deswegen nicht, weil ich nie wußte, was damit gemeint ist. Mittlerweile glaube ich, daß damit nur noch der Umstand bezeichnet wird, daß ein Mensch rechtlich voll verantworlich für die Konsequenzen seines Tuns und Lassens gemacht werden kann - ansonsten genügt ein Blick auf das, was sich erwachsene Menschen so leisten, um sich klar zu machen, daß das alles nur ein bunter, halbgarer Mischmasch von Absichten ist, und "erwachsen" einfach alles sein kann, von dem es mit genügend Nachdruck behauptet wird.

Mir waren - aus der Retrospektive - eine Einsicht und eine Fähigkeit besonders wichtig. Die Einsicht: daß all mein Tun und Lassen Konsequenzen nach sich zieht, und zwar sowohl vorhergesehene als auch unvorhergesehene. Die Fähigkeit: da ich nicht alle Konsequenzen vorhersehen kann, mein Tun und Lassen so zu gestalten, daß es Ausdruck meines Selbst wird, Ausdruck der mir angemessenen Art und Weise, mit mir und meinem Leben umzugehen.

Ob ich dann von externen Beobachtern als "erwachen" oder als "Kindskopf" beschrieben werde, ist mir gleichgültig.


Ich denke auch, daß das die besten Beziehungen sind, wenn zwei Menschen sich nicht um das kümmern, was andere in ihnen sehen, sondern nur, daß sie diese Beziehung auf die ihnen angemessene Art führen. Erwachsenheit oder nicht spielt dabei imo keine große Rolle

Ceitlyn
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Mi 10. Mai 2006, 11:46 - Beitrag #5

Ich habe mich als Kind/Teenager/Jugendliche immer geweigert, erwachsen werden zu müssen. Ich verabscheute zutiefst Ermahungen wie: "Jetzt benimm dich nicht so kindisch." oder "Werd endlich erwachsen". Wohl weil mir das, was mir darunter vorgelebt wurde, nicht zusagte, zuweilen auch zuwider war/ist.
Ich erinnere mich dass ich mich am wohlsten und am meisten bei mir selbst dann fühlte, wenn niemand von jenen "Ermahnern" in der Nähe war, oder zumindest die Ermahnungen ausblieben. Aber vielleicht waren diese auch nur Momente in denen diese Notwendigkeit "erwachsen zu sein" nicht vorlag.

Heute weiß ich nicht was ich unter "erwachsensein" oder unter "kindsein" verstehen kann/möchte. Heute weiß ich nicht einmal wer ich bin oder was ich sein kann, möchte. Beinah habe ich heute den Eindruck, dass mir "erwachsensein" bedeutet, anzukommen (bzw überhaupt erst einmal zu starten); aber das ist nur ein Gefühl. Nichts Greifbares, das sich darüber hinaus für mich in Worte fassen lässt.

Ich habe ein paar Wünsche, was den Umgang von Menschen miteinander angeht, doch selbst die kann ich nicht wirklich in Worte fassen, weil auch hier immerzu Zweifel aufkommen.

Ein bisschen haltlos.
Manchmal wünschte ich solche Worte wie z.B. "erwachsen" wären niemals gefunden worden....



NB.
Und mir ist der Klang der hier durchkommt schon wieder unangenehm

janw
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Mi 10. Mai 2006, 13:49 - Beitrag #6

Ceitlyn, wieso ist der Klang Dir unangenehm, magst Du das näher erläutern ? :)

Erwachsen zu sein war für mich als Kind mal gleichbedeutend mit dem, was ich werden wollte, um nicht mehr so zu sein, wie meine Mit-Kinder. Später, als ich dann "soweit" war, habe ich dann wahrgenommen, daß ich auch für viele Mit-Erwachsene nicht viel Zustimmung aufbringen konnte, daß sich dann Miteinander im Sinne von Toleranz entwickelt hat, ich mich aber dennoch immer wieder als "dabei", aber nicht dazugehörig empfunden habe. Dieses Gefühl kommt mir auch heute immer mal in die Quere, auch wenn die jeweils anderen da sehr verwundert wären, die Sache mit der Zustimmung hat sich aber etwas geändert - in Richtung von mehr Würdigung des Einzelnen und seines Handelns im Rahmen seiner Möglichkeiten.

Erwachsen werden ist für mich damit vielleicht das zunehmende Erkennen, daß alles nicht so ist wie es scheint, sondern mit Bedeutungen verknüpft ist und Wertungen, die vielfach dem Einzelnen entspringen.

Anaeyon
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Mi 10. Mai 2006, 14:14 - Beitrag #7

Mh..das was sich so "erwachsen" vorkommt bezeichne ich oft als gealterter Jugendlicher.

Wenn ich sehe das sich "Erwachsene" oft die gleichen Fragen wie Jugendliche stellen - sei es auch differenzierter und objektiver -, wenn ich sehe das so viele Idioten in der Erwachsenenwelt ernst genommen werden und es zu was schaffen...und es nichtmal eine einheitliche Definition gibt..wozu dann das Wort?

Wenn man von Kindheit in die Jugend kommt ändert sich komplett die Wahrnehmung, ich nehm an vor allem die Mütter hier werden wissen was ich meine. Ich kann mich noch recht gut dran erinnern, ein durchgehendes Gefühl von in-sich-gekehrtheit zu haben. Z.b spielen und nicht merken, das die Personen neben mir über mich reden. Und plötzlich bekommt man alles mit. In der Jugend lernt man dann noch zwischen Ernst/Ironie zu unterscheiden, Lügen zu erkennen und auf unterschwellige Botschaften in den Wörtern zu achten.

Aber was kommt bei der angeblichen Stufe zwischen Jugendlich und Erwachsen?

Ich lerne nicht plötzlich anders, nehme nicht anders war, ich lerne nur immer mehr. Der eine macht sich mit 40 die Gedanken die ich mir zur Zeit mache und kommt später zu Ergebnissen die mir jetzt schon klar sind.

Das mit dem Gesetz ist von Land zu Land unterschiedlich, war nicht immer so, der Begriff "erwachsen" wird bestimmt nicht immer in diesem Zusammenhang benutzt worden sein. Ob ich jetzt hier in D-Land mit 18 voll Straffähig bin hat nichts mit dem allgemeinen Begriff zu tun - und neben nervigen Begriffsdefinitionen: Auch nicht wirklich was mit dem Zustand ansich, oder?

Lykurg
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Mi 10. Mai 2006, 18:58 - Beitrag #8

Es handelt sich beim Erwachsenwerden, wie hier schon mehrfach anklang (insbesondere bei aleanjre), um ein in sehr verschiedenen Ausprägungen vorhandenes, zugleich auch in unterschiedlichen Zusammenhängen bedeutsames Phänomen. Es erscheint mir schlichtweg notwendig, rechtliche Verantwortung für andere Menschen, Geschäftsfähigkeit, Strafbarkeit und einige andere Eigenschaften des Menschen als Teil einer Gemeinschaft nicht von Geburt an, sondern erst zu einem dafür geeigneten Zeitpunkt zu vergeben - und die Verteilung auf bestimmte Altersstufen bietet sich dabei als klarste und einfachste, wenn auch sicherlich nicht universell geeignete Lösung an. Eine Alternative wären besondere Tests; der Aufwand wäre aber vermutlich immens.

Das emotionale Erwachsenwerden ist weit komplexer, schon weil die Kriterien fehlen, die eine Handlung oder Aussage auch in einem eng eingegrenzten Zusammenhang als eindeutig erwachsen oder nicht-erwachsen zu beurteilen. Ein Mensch kann versuchen, niemals erwachsen zu handeln; aber auch dieser Versuch setzt eine 'erwachsene' Entschlossenheit voraus, 'niemals erwachsen zu werden', ist insofern unmöglich, und der ernstgemeinte Beschluß dessen ein Paradoxon. Insofern kann ich Oskar Matzerath nicht akzeptieren, er ist niemals Kind, obwohl er meint, es (bis zum - ebenfalls 'erwachsenen' - Gegenentschluß) immer zu sein. Darin liegt für mich etwas Künstliches, etwas Falsches.

Milena
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Mi 10. Mai 2006, 20:02 - Beitrag #9

Ipsi:
ich weiß nicht, ob ich erwachsen bin; es war jedenfalls nie ein explizites Ziel von mir, erwachsen zu sein, schon allein deswegen nicht, weil ich nie wußte, was damit gemeint ist.

....;)
Lykurg:
Ein Mensch kann versuchen, niemals erwachsen zu handeln; aber auch dieser Versuch setzt eine 'erwachsene' Entschlossenheit voraus, 'niemals erwachsen zu werden', ist insofern unmöglich,

....:P

Insofern kann ich Oskar Matzerath nicht akzeptieren, er ist niemals Kind, obwohl er meint, es (bis zum - ebenfalls 'erwachsenen' - Gegenentschluß) immer zu sein. Darin liegt für mich etwas Künstliches, etwas Falsches
.
...ich glaube nicht, dass es etwas künstliches oder etwas falsches,
vielmehr einfach nur widersprüchlich ist.....
was heisst niemals Kind zu sein..(nach aussen hin..?)
und es immer zu sein...(klammheimlich, für sich selbst beanspruchend..?)
...das verstehe ich dann auch nicht so recht,
oder kann Mensch kindisch nur innerlich sein und niemals nach aussen tragend...?

Lykurg
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Mi 10. Mai 2006, 20:13 - Beitrag #10

@Milena: Nein, das 'kindische Verhalten' - was ich übrigens nicht mit kindlichem Verhalten gleichgesetzt haben möchte^^ - paßt nicht dazu. Er versucht, ein Kind zu bleiben, innerlich wie äußerlich (im Wesentlichen geht es dabei um die Fiktion von Unschuld), aber letztlich ist er damit von Anfang an innerlich erwachsen. (Das Äußere spielt da vorerst keine Rolle.) Diesen Anfang kann man auch ganz wörtlich nehmen - "Ich erblickte das Licht dieser Welt in Gestalt zweier Sechzig-Watt-Glühbirnen" - er schließt von Anfang an das kindliche Nicht-Wissen und Vergessen aus, die für tatsächliche Schuldlosigkeit mE unbedingt erforderlich sind.

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Mi 10. Mai 2006, 20:18 - Beitrag #11

Am ehesten kann man "erwachsen sein" wohl definieren als "in der Welt der Erwachsenen zurechtkommen", was zwar zyklisch und wenig zufriedenstellend ist, aber eigentlich recht gut zutrifft, da die Bedingungen an das Erwachsensein eben davon abhängen, wie diejenigen, die bereits als erwachsen anerkannt sind und somit Einflussmöglichkeiten zugestanden bekommen, die gesellschaftliche Umwelt beeinflussen. Hierin besteht wohl auch einer der zentralen Gründe für Konflikte zwischen Jugendlichen und Erwachsenen: erstere haben das Gefühl, letztere hätten, ohne dafür etwas geleistet zu haben, Privilegien, die ihnen selbst verwehrt bleiben, egal was sie leisten.

@Lykurg: So, wie ich das Buch verstanden habe, ist es doch eher so gedacht, dass er mit dem Geist eines Erwachsenen in Körper und Rolle eines Kindes steckt, sich also wie eines benehmen kann (was teils auch noch die Gedanken einschließt), ohne eines zu sein, also liegt hier kein Paradoxon vor.

Milena
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Mi 10. Mai 2006, 20:21 - Beitrag #12

im Wesentlichen geht es dabei um die Fiktion von Unschuld),



er schließt von Anfang an das kindliche Nicht-Wissen und Vergessen aus, die für tatsächliche Schuldlosigkeit mE unbedingt erforderlich sind.

....ein interessanter Gesichtspunkt....
...Nicht-Wissen....ja.
aber auch Vergessen...?

...auf grund dessen hat sich ein Erwachsener bereits schuldig gemacht.....
und weswegen...?

e-noon
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Do 11. Mai 2006, 18:25 - Beitrag #13

Ein Mensch kann versuchen, niemals erwachsen zu handeln; aber auch dieser Versuch setzt eine 'erwachsene' Entschlossenheit voraus, 'niemals erwachsen zu werden', ist insofern unmöglich
Unmöglich vielleicht per Definition für jemanden, der sich vornimmt, nie erwachsen zu werden; aber was ist mit jemandem, der es sich nicht vornimmt, sondern einfach macht? ;)

Ich finde Erwachsen werden cool :cool: Für mich ist das in erster Linie: Führerschein machen, gesietzt werden, alles kaufen dürfen was ich mir leisten kann, von den Eltern weniger abhängig sein, bis sehr spät abends raus dürfen.
Also eher die rechtliche Seite ^^

Erwachsen werden im Sinne von Reife erlangen finde ich wesentlich schwerer, wobei ich mir geistige Reife durchaus mehr zutraue als vielen "Erwachsenen", jedoch mit mir selbst noch unzufrieden bin. Ein reifer Mensch sollte, wie Ipsi das beschrieben hat, nicht viel auf die Meinung Dritter geben, sich selbst kennen und annehmen, nach seinem Ich handeln. Kennen und vor allem annehmen finde ich ziemlich schwer, wobei das Annehmen ja das kennen voraussetzt.
Die geistige Reife, eine gewisse Reflektiertheit bezüglich erlernter und angepriesener Ansichten gehört ebenso dazu wie die Verantwortung für die Konsequenzen des eigenen Handelns, sowohl für sich als auch für andere. Ob man dies nun nur mit "Reife" oder auch mit "Erwachsensein" beschreiben will, ist imo ziemlich egal.

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Sa 13. Mai 2006, 15:42 - Beitrag #14

Der goldene Ball

Bezüglich der Entschlossenheit zu versuchen etwas zu sein: Diese Entschlossenheit nehme ich vielen Kindern eher ab, als Erwachsenen. Da die meisten Erwachsenen ständig versuchen zwischen der Gesellschaft und ihren eigenen Vorstellungen einen Mittelweg zu finden.

Kinder sind noch mit ihrem Willen vereint. Wenn sie etwas wollen, dann mit Herz und Seele und jeder Zelle ihres Körpers.

Die Aufspaltung in die einzelnen Teile des Ichs entsteht in der Jugend, im Erwachsenwerden. Man verliert den absoluten Willen.

Idealerweise würde ich einen Menschen als erwachsen bezeichnen, der es geschafft hat, diesen Willen, oder einen großen Teil davon, wiederzufinden, vielleicht auch zu konservieren; und das nach der ganzen Entwicklung in der Pubertät, der Jugend, der Zerissenheit, die dort oft entsteht. Nach der Erkenntnis, das in der Kindheit eine ungeheure Kraft existierte, auf die man auch gerne als Erwachsener zugreifen möchte.

Es kann ein weiter Weg sein, bis dahin und ich glaube, dass viele ihn nicht zuende gehen, oder erst ganz spät im Leben. Vielleicht ist man am meisten erwachsen, wenn man als alter weiser Mensch auch den Willen und die Einigkeit eines kleinen Kindes erreicht, ohne die damit verbundene Grausamkeit.

Es mag sein, dass einen fortdauernde kreative Beschäftigung dabei hilft, die kindliche Neugier auf die Welt zu konservieren, die wiederum inspiriert und damit schöpferisch macht. Einer von vielen Kreisläufen. Vielleicht ist die kindliche Einigkeit die Lust, am Kreislauf der grenzenlosen Impressionen und Expressionen teilzuhaben.

Ein Erwachsener wäre sowohl Spielball, als auch Spieler.

Anaeyon
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Di 13. Jun 2006, 22:50 - Beitrag #15

*entstaub*..

Die Frage, wie erwachsen "Erwachsen" eigentlich ist, scheint beantwortet zu sein, indem sie nicht einheitlich beantwortet wurde Bild. Sehr interessant was hier zusammengekommen ist, vor allem für mich als jemanden der gerade intensiv in dieser Phase steckt.

Ich wollte keinen neuen Thread aufmachen denn ich denke, dass das Thema hier auch irgendwie..Platz hat ^^.

Zur Zeit merke ich das ich eigentlich genau das Gegenteil von dem will, was ich vorgebe zu sein: Der kalte, misanthropische, ewig genervte, radikale Amoralist, Atheist, der nicht-naive, völlig "realistische" Ana.
Eigentlich bin ich sogar ziemlich herzlich, nett, bei radikalen Ansichten fallen mir auf Anhieb zehn Gegenargumente ein, ich hasse Menschen nicht sondern will ihnen nur mal kräftig in den A... treten damit sie sich bessern, Atheist bin ich nicht, usw.

Meine Frage: Ist es ein "typisch Jugendlicher" Vorgang, das was ich da beschrieb? Oder erlebt man das auch als sogenannter Erwachsener ab und zu? Das man plötzlich merkt das man mit völlig unpassenden Idealen rumläuft, die den inneren Wünschen nicht im geringsten entsprechen?

Geht mir nicht so sehr um mich, sondern darum ob Erwachsene ähnliche Geschmacksverwirrungen haben, oder ob das durch irgendwas im Reifeprozess der Jugend hervorgerufen wird. Ich sehe das zumindest bei vielen Leuten in meinem Alter, immer häufiger. (Bestes Beispiel: Zig "Black Metaler", die in Misanthropie jetzt eigentlich eine Liebe zum (besseren) Menschen entdecken, etc.). Allerdings nur sehr selten bei Erwachsenen.

Könnte eventuell auch ein Kriterium sein, wenns denn an der Jugend liegt.

Lykurg
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Di 13. Jun 2006, 23:12 - Beitrag #16

Ich fühle mich eindeutig noch nicht erwachsen genug, um diesbezüglich eine zuverlässige Antwort zu geben.^^ Aber ich habe den Eindruck, daß die großen Paradigmenwechsel ab einem gewissen Alter deutlich seltener werden; wenn sie dann aber kommen, (ebenfalls) als existentiell wahrgenommen werden. Mensch erstarrt in seinen Haltungen, und je eingefahrender diese sind, desto mehr wirft es ihn aus der Bahn, wenn diese sich ändern.

Daß man in jüngeren Jahren vielleicht häufiger und grundlegender die Meinung wechselte, gerät dann zunehmend in Vergessenheit.

janw
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Sa 17. Jun 2006, 12:00 - Beitrag #17

Hm, Lykurgs Eindruck ist IMHO nicht ganz falsch, die Paradigmenwechsel werden seltener, aber umso intensiver wahrgenommen, dazu kommen noch allmähliche Verschiebungen der Wahrnehmung und der Reaktionsmuster, die man unter dem label "man wird älter und gelassener" zusammen fassen könnte.

Die intensivere Wahrnehmung der grundlegenden Wechsel liegt in mehreren Dingen begründet:
Zum einen bedeutet erwachsen sein, einen bestimmten Platz (bzw. verschiedene Posotionen und Rollen gleichzeitig) einzunehmen, in denen man als für "etwas stehend" wahrgenommen wird. Plötzliches Ändern von Überzeugungen und Reaktionsmustern führt hier zur Verwirrung und evtl. Ablehnung unter den Mitmenschen, evtl. zum Verlust von Rollen und Funktionen und zur Veränderung der gesellschaftlichen Umgebung - was man in der einem Wechsel vorangehenden Reflektionsphase vorhersehen kann und was dann möglicherweise einen an sich als notwendig empfundenen Wechsel behindern kann (wer stolpert schon gerne sehenden Auges in Erklärungsprobleme und soziale Ungewissheit?).
Sowohl das Gefühl, daß etwas "nicht mehr ist wie früher", einem nicht mehr so viel bedeutet oder plötzlich mit anderen Gefühlen assoziiert ist, wie auch das Klar werden der sozialen Konsequenzen, und der damit einher gehende Zweifel an der eigenen Urteilskraft ("täuscht mich mein Gefühl da auch nicht"?) und die Reaktion darauf - entweder Vermeidung des Wandels unter Bewahrung des Erreichten oder Eingehen des Wandels mit allen Konsequenzen - können mensch ziemlich mitnehmen und lange in Erinnerung bleiben.

Erwachsen sein bedeutet in dem Zusammenhang vielleicht, die prinzipielle Möglichkeit des Wandels als gegeben zu akzeptieren, durch hinreichende Erfahrung seine eigene Intuition als verlässliches Meßinstrument wahrzunehmen und in der Lage zu sein, sich für die unweigerlich auftretenden größeren und kleineren Wandlungen die nötige Unterstützung zu organisieren. Vielleicht letzteres in besonderem Maße.


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