Bundeswehr - Erfahrungen und Meinungen

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Malte279
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Sa 18. Mär 2006, 23:44 - Beitrag #61

Ich kann wohl auf weniger eigene Erfahrungen zurückgreifen als die Meisten hier. Meine Musterung war denkbar "unspektakulär", da ich von vornherrein wusste, dass ich als Diabetiker ausgemustert würde. Etwas lustig fand ich, dass das hiesige Kreiswehrersatzamt ausgerechnet neben einer Straße mit dem Namen "Hunnentränke" liegt (wie war das doch gleich mit der Rede Kaiser Wilhelms zum Einsatz in China?). Nachdenklich hat mich die Tatsache gestimmt dass im Gebäude sehr viele Bilder von August Macke und Franz Marc hingen. Es waren sehr schöne Bilder, aber es ist sicher kein Zufall, dass dort Bilder von Künstlern ausgewählt wurden die im Krieg gefallen sind.
Wäre ich nicht "untauglich", dann hätte ich aber mit großer Sicherheit den Zivildienst gewählt. Den Zivildienst als "sich drücken" hinzustellen halte ich für äußerst unfair Maurice. Auch ohne den militärischen Drill kann es doch eine ziemliche Knochenarbeit sein. Der Zivildienst ist länger als der Militärdienst und besonders angenehm sind mögliche Aufgaben wie das leeren von Bettpfannen in Altersheimen, Krankenhäusern etc. auch nicht gerade.
Ich bin sehr dagegen den Militärdienst oder die Bundeswehr allgemein zu verteufeln (wie dass immer wieder vorkommt). Trotzdem gibt es da Aspekte die ich für sehr beunruhigend halte. Ein Schulfreund von mir war total umgekrempelt nachdem er seinen Wehrdienst beendet hatte. Aus seiner Uniform war er gar nicht mehr hinauszukriegen. Emails an mich unterschrieb er plötzlich nicht mehr mit seinem Vornamen sondern mit Obergefreiter B. (B. für den Nachnamen). Dieses sich in Uniform präsentieren müssen scheint aber auch kein Einzelfall zu sein. Ein anderer Bekannter von mir, den ich aus dem Internet kenne hat ebenfalls kürzlich seinen Wehrdienst absolviert. Er studiert jetzt und hat in einer Email geschrieben wie sehr es ihn verärgert dass er wegen seiner Uniform an der Uni zum Fremdkörper in der Gesellschaft wird. Dies hat er auf die "pseudolinke Einstellung" der Menschen geschoben. Ich habe ihm in diesem Punkt widersprechen müssen. Natürlich ist es vollkommen daneben jemanden anzupöbeln oder ähnliches weil er Uniform trägt.
Aber wenn jemand außerhalb des Dienstes immer in Uniform rumläuft, dann sendet man damit auch ein Signal. Die Uniform der Bundeswehr ist doch eigentlich eine Arbeitskleidung. Wenn sie außerhalb des Dienstes getragen wird, dann fällt es mir schwer zu glauben, dass dies einzig und allein deshalb geschieht weil die Uniform als so schick empfunden wird. Ich glaube schon dass dahinter eine Form der Selbstdarstellung steckt, die eben nicht immer positive Reaktionen hervorruft. Die Bundeswehr ist nicht der einzige Berufszweig mit Uniformen, aber meinen Erfahrungen nach der einzige dessen Mitglieder häufig außerhalb des Dienstes in Uniform angetroffen werden. Polizisten, Feuerwehrleute, die Angestellten der städtischen Müllabfuhren, Krankenhausärzte (und Schwestern etc.) und Angestellte bei öffentlichen Verkehrsmitteln unterliegen alle diversen Kleidungsregelungen. Aber ich habe noch nie von jemandem aus diesen Berufsgruppen gehört der oder die sich gar nicht mehr ohne ihre jeweileigen Berufsklamotten sehen gelassen hätte.

Lykurg
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So 19. Mär 2006, 00:17 - Beitrag #62

Da hast du ein paar interessante Beobachtungen zusammengestellt, Malte279! :) Zur unsensiblen Lage des Kreiswehrersatzamtes: Das für mich zuständige Amt lag bisher in einem denkmalgeschützten Bau, der (nach dem Hochbunker) das zweitbeste Beispiel für NS-Monumentalarchitektur in unserer Stadt bietet. Die großen stilisierten Adler aus Beton auf den Dachecken sind - recht befremdlich. Wenn Mitarbeiter dagegen feinsinnig genug sind, Bilder von Marc und Macke auszuwählen (wäre mir der Zusammenhang in dem Moment aufgefallen? Ich glaube, nicht), verleiht das dem Ort dagegen in meinen Augen eher eine leicht sentimentale, jedenfalls aber nicht unpassende Note für eine Stelle, die sich ihrer Verantwortung für getroffene Entscheidungen gegenüber jedem Wehrpflichtigen bewußt sein sollte. Die Idee finde ich insofern gar nicht schlecht. (Egon Schiele z.B. erhielt im ersten Weltkrieg eine Schreibtischtätigkeit, in der er wohl sogar Zeit zum Malen gehabt hätte - wenn ihm noch danach gewesen wäre.)

Daß Uniformtragen dazu verleitet, sich in Pose zu werfen, ist wirklich extrem verbreitet. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie 'männlich' ich mir in den letzten Monaten in Uniform vorkam - und diese Empfindung ist es wohl auch, die andere dazu bringt, darin nach Dienstschluß durch die Gegend zu laufen. Gerade in einem Alter des noch nicht vollständig bewältigten Übergangs mag das (der Gruppenaspekt kommt dann noch dazu) Leuten einen Halt geben.

Dank fehlendem Gruppendenken kam dieses Stärkegefühl bei mir sehr spät, während der Grundausbildung wollte ich immer nur heraus aus diesen Zeichen meiner Unterordnung, zog mich sofort nach Dienstschluß um; an der FüAk durfte ich mir meine Uniform aussuchen, so daß ich die ersten Monate nur das völlig zivil aussehende blaue Hemd, schwarze Hose und schwarze Halbschuhe ("kleiner Dienstanzug") trug, damit außerhalb der Kaserne in der Menge untertauchen konnte. In den letzten Monaten, in denen für mich alles lässiger wurde, konnte ich mich auch mit der martialischen Version abfinden bzw. fand erwähntermaßen Gefallen daran - mit einer Ausnahme: ich mußte gelegentlich für die FüAk-Bibliothek in den Uni-Bibliotheken Bücher ausleihen, und das war mir in der Kleidung reichlich unangenehm. Natürlich wurde ich mit neugierigen Blicken gemustert, aber nie blöd angesprochen.

Wie ist das mit deinem erwähnten Freund - er studiert während der Dienstzeit an einer zivilen Uni? Geht das? - Und daß dein anderer Bekannter private E-mails mit Dienstgrad unterzeichnet, ist eine dem Uniformtragen vergleichbare Spielerei, an die ich mich auch noch bestens erinnern kann (wenn auch nicht gegenüber Außenstehenden). Wenn auch er seinen Wehrdienst hinter sich hat, ist das allerdings etwas unnötig.

Malte279
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So 19. Mär 2006, 00:54 - Beitrag #63

Wie ist das mit deinem erwähnten Freund - er studiert während der Dienstzeit an einer zivilen Uni? Geht das?
Ich weiß nicht ob das grundsätzlich möglich ist, aber auf meinen Freund trifft es nicht zu. Er hat seinen Wehrdienst absolviert und studiert jetzt im Anschluss. Er überlegt ob er sich nach dem Studium um eine Offizierslaufbahn bewerben soll.
Und daß dein anderer Bekannter private E-mails mit Dienstgrad unterzeichnet, ist eine dem Uniformtragen vergleichbare Spielerei, an die ich mich auch noch bestens erinnern kann (wenn auch nicht gegenüber Außenstehenden). Wenn auch er seinen Wehrdienst hinter sich hat, ist das allerdings etwas unnötig.
Ich hoffe ich habe das einfach nur zu ernst genommen. Etwas komisch wirkte es aber schon, weil ich ihn nun wirklich gut kenne.

Feuerkopf
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So 19. Mär 2006, 02:23 - Beitrag #64

betr. Sold:

Bisher habe ich nur Informationen gefunden, dass Zivi- und Wehrdienst-Sold gleich sind.
Es kann allerdings sein, dass es noch irgendwelche Zulagen gibt, das weiß ich nicht.

Lykurg
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So 19. Mär 2006, 02:34 - Beitrag #65

Die entscheidende Zulage ist mW das Wohngeld, dazu kommen Verpflegungs- und Bekleidungsgeld. Grundwehrdienstleistende müssen kaserniert wohnen. Ich war mit meinem 10-Minuten-Weg nur inoffiziell 'Heimschläfer', 'zahlte' also gewissermaßen für einen Schlafplatz, der tatsächlich gar nicht existierte (die Kapazitäten reichten mW nicht aus).

Zivis bekommen gewissermaßen das Geld, das andernfalls für die Uniform ausgegeben wird, in die Hand; und sie werden - anders als Wehrdienstleistende - nicht zur Gemeinschaftskost (-> 'Gesunderhaltungspflicht') gezwungen, bekommen daher auch dafür Geld. Dafür 'genießen' Soldaten die kostenlose Heilsfürsorge der Bundeswehr - die in manchen Bereichen sehr gut, in anderen miserabel sein kann (beides selbst erfahren^^). Was es sonst noch für Unterschiede gibt (etwa bezüglich der Fahrtkostenerstattung?), weiß ich auch nicht.

Maurice
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So 19. Mär 2006, 12:39 - Beitrag #66

Nach meinem Informationsstand haben die Zivis einfach die besseren Arbeitsbedingungen. Und dafür mehr Geld zu bekommen, empfinde ich nunmal als ungerecht.

PS @Jan: Zivis müssen genauso 9Monate Dienst machen wie Bundis. :rolleyes:

janw
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So 19. Mär 2006, 17:17 - Beitrag #67

Maurice, zumindest war, wenn ich nicht irre, der Zivildienst mal länger. Hat sich dann wohl geändert.

Ich muss doch nochmal auf den Kameradschafts-Kram zurückkommen...
Wie fanvarion schrieb, und ich mir bei Kasernierung und militärischem Umgang als Ergebnis sehr gut vorstellen kann, ist Kameradschaft als praktisch bedingungsloses Zusammengehörigkeitsgefühl ein Kernziel des Wehrdienstes, auf das gezielt hingearbeitet wird.

Ich sehe durchaus, daß solch ein Gefühl im Kampfeinsatz notwendig sein kann...oder wohl auch ist.
Allerdings halte ich es für eine Truppe Wehrdienstableister in Friedenszeiten eher für übertrieben, hier dieses Gefühl, mit allen auch negativen Konsequenzen, zu fördern. Erklärbar für mich, schlimmeres mal ausblendend, als Ausdruck der Fortdauer einer IMHO gefährlichen Geistesthaltung in bestimmten Kadern der Wehr - der Bruch mit der Vergangenheit wurde nur unvollständig vollzogen.
Wehrdienst soll wie Zivildienst ein Dienst an der Gemeinschaft sein, mitnichten aber zur psychischen Deformierung der Dienstableister führen - und wenn ich lese, daß einige Wehrdienstler hinterher "nicht wiederzuerkennen waren", dann liegt hier IMHO eine psychologische Entmenschlichung derselben vor.
Hier wird dann, so fürchte ich, die gesamte Erziehungsarbeit von Schule, die freie und menschenfreundliche Menschen hervorbringen will, aufs Spiel gesetzt.
Insofern finde ich Zivildienst wahrhaft gemeinschafts-nützlicher, weil er wahrer Dienst am Menschen ist oder an der Natur als ebenfalls schützenswertem Gut.

Gut, ich mag anders denken, wenn irgendwann vielleicht doch mal der Verteidigungsfall eintreten sollte, dann mögen die eigenen Nicht-ganz-Barbaren gegen die Barbaren von außen ganz angenehm sein.

Womit ich keinem der hier vertretenen Bundis zu nahe treten möchte, ich halte Euch alle für ganz liebe Menschen. :)

Maurice
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So 19. Mär 2006, 17:27 - Beitrag #68

Wie fanvarion schrieb, und ich mir bei Kasernierung und militärischem Umgang als Ergebnis sehr gut vorstellen kann, ist Kameradschaft als praktisch bedingungsloses Zusammengehörigkeitsgefühl ein Kernziel des Wehrdienstes, auf das gezielt hingearbeitet wird.

Wie gesagt meine Erfahrungen sind eben andere. Bei uns hat kein Ausbilder versucht uns zu einer "Schicksalsgemeinschaft" zusammen zu schmieden.
Ich bleibe bei meiner Meinung, dass die Vorstellungen vieler Leute, die nicht beim Bund waren, nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmen.

DexLirium
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So 19. Mär 2006, 18:13 - Beitrag #69

Zitat von janw:Maurice, zumindest war, wenn ich nicht irre, der Zivildienst mal länger. Hat sich dann wohl geändert.

Das Wehrpflichtgesetz wurde Anfang des 21. Jahrhunderts (mann, klingt das poetisch :D) geändert und seitdem darf der Ersatzdienst nicht mehr länger als der Grundwehrdienst sein.

@Maurice
Dass Zivis die besseren Arbeitsbedingungen haben, darüber kann man streiten - hängt ganz davon ab in was für einer Stelle man landet (bzw. sich landen lässt).
Ich denke wir können uns darauf einigen dass das Bild von dem faulen Zivi der nur in der Ecke rumsitzt und sich nach Dienstschluss die Birne zukifft genau so repräsentativ ist wie das von dem GWDler der sich nach der AGA 6 Monate im GeZi den Ar... Hintern plattsitzt.
Will heißen: Beides kommt vor, ist aber weniger die Regel.

Ich hab mich im Januar letzten Jahres in das "Abenteuer Bundeswehr" gestürzt, wurde aber nach 9 Tagen nachträglich untauglich gemustert. Das war auch ganz gut so, denn mit dem G36 in der Hand hab ich mich doch nicht besonders wohl gefühlt und ich wurde glücklicherweise an dem Tag ausgemustert an dem ich das Ding zum ersten Mal hätte abfeuern sollen.

Mein Kompaniechef erklärte uns in seiner "Begrüßungsrede" dass wir ja alle freiwillig beim Bund wären, wir hätten ja auch verweigern können.
Diese Freiwilligkeit erschließt sich mir nicht so ganz, wenn einem die Gewissensgründe abgesprochen werden weil man nicht in der Lage ist sie auf drei DIN A4 auszudehnen und man sich das Recht auf Kriegsdienstverweigerung schließlich quasi "einklagen" muss.
Diese Handhabe vereinbart sich ->mE(!)<- nicht so ganz mit der Passage im Grundgesetz (Art. 4 Abs. 3). Aber das ist halt nur meine Sicht der Dinge.

Zum Abschluss eine lustige Anekdote:
Ich hab oben ja schon mal das Klischee vom kiffenden Zivi angeschnitten. Dazu möchte ich sagen: Von meinem Zug durften 20 Leute vorerst nicht am Schießen teilnehmen, weil sie einen positiven Drogentest hatten - das war "Kompanierekord" :D

Lykurg
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So 19. Mär 2006, 18:50 - Beitrag #70

:rofl: 9 Tage Bund scheinen mir eine ideale Lösung - allein schon das innere Vergnügen dabei, auf "Hamse jedient?" mit 'Ja' antworten zu können... :D Allerdings waren die ersten vierzehn Tage mit massivem Schlafentzug etc. bei uns die absolute Härte - und scharf geschossen haben wir erst deutlich später.
Ich bin ein begeisterter Klischeeverteidiger auf beiden Seiten (auch wenn mein Hintern von 6 Monaten GeZi nicht wesentlich platter wurde^^). Übrigens waren bei uns in der AGA weit weniger Kiffer - einer ist deshalb zu Anfang unehrenhaft entlassen worden (mit Meldung an die Staatsanwaltschaft), und dann war mehr oder weniger Ruhe.
Mit der derzeitigen Version der Gewissensfreiheit habe ich auch meine massiven Probleme. Wie gesagt, schieben viele es vor, für manche anderen ist es eine unüberwindliche Hürde. Daß ein Kompaniechef das dann nachher als "freiwillig" deklariert, (klang bei uns auch an), ist daneben.

Maurice, die Schicksalsgemeinschaft wurde bei uns auch nicht in dieser Form angestrebt - wie gesagt mE wohl nur im Ernstfall zu erreichen - Kameradschaft aber gewissermaßen als höhere Bewußtseinsstufe angepriesen.

janw, ganz ohne dementsprechende Vorbereitung ist das aber dann wohl kaum zu erreichen - eine gewisse Verteidigungsfähigkeit muß ein stehendes Heer auch im Frieden unbedingt haben, sonst kann man gleich auf Söldnertrupps umsteigen (womit ich keine Berufsarmee meine^^).

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So 19. Mär 2006, 19:21 - Beitrag #71

Zitat von Lykurg::rofl: 9 Tage Bund scheinen mir eine ideale Lösung - allein schon das innere Vergnügen dabei, auf "Hamse jedient?" mit 'Ja' antworten zu können... :D Allerdings waren die ersten vierzehn Tage mit massivem Schlafentzug etc. bei uns die absolute Härte - und scharf geschossen haben wir erst deutlich später.

Ja, das hat schon was ]http://www.smilevalley.de/smileys/Party/90.gif[/img]
Ich hätte zwar nach 3 Wochen noch mal nen Nachtest machen müssen, aber schießen hätte ich trotzdem gedurft ;)

janw
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So 19. Mär 2006, 20:18 - Beitrag #72

Zitat von Lykurg:janw, ganz ohne dementsprechende Vorbereitung ist das aber dann wohl kaum zu erreichen - eine gewisse Verteidigungsfähigkeit muß ein stehendes Heer auch im Frieden unbedingt haben, sonst kann man gleich auf Söldnertrupps umsteigen (womit ich keine Berufsarmee meine^^).


Ja, es ist wohl eine Quadratur des Kreises, Verteidigungsbereitschaft bei gleichzeitiger Freiheit von korporativen Bewußtseinszwängen (mir fällt gerade kein adäquater) neutraler Sammelbegriff ein) herzustellen und aufrecht zu erhalten.
So gesehen bin ich eher Optimist, daß der äußere Verteidigungsfall so schnell nicht eintreten wird.

GoodHope
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Mo 15. Mai 2006, 13:38 - Beitrag #73

So scheinen mir viele Personen dort gestrickt zu sein: nicht sehen, was bewegt den anderen, warum handelt er so, wie kommt etwas dort als Botschaft an? sondern "der hat gefälligst das so und so zu machen und zu wollen, und wenn er das nicht macht, dann will er offenbar nur nicht, und dann müssen wir ihn eben entsprechend zurecht hobeln".


Na gut mal wieder ein paar Worte von mir.. nach langer Zeit :crazy: der Hausbau nahm mich arg in Anspruch...

Sicherlich entsteht gerade als Wehrpflichtiger beim Bund dieser Eindruck.
Gerade in den ersten Wochen vorm einleben (ging mir jedenfalls so) ist man der Meinung "Was wollen die eigentlich alle???"
Nur muß man grundsätzlich erstmal von Befehl und Gehorsam ausgehen.
Ich will bitte bitte keine Grundsatzdiskussion über Sinn und Nutzen von Armeen anstoßen, aber die ursprüngliche Aufgabe von Soldaten ist und bleibt nun mal der Kampf sei es Angriff oder Verteidigung, wären wir alle friedlich miteinander bräuchten wir solche Einrichtungen überhaupt nicht.
Während Gefechten gleich welcher Art kann nun mal nicht ausdiskutiert werden ob dir als Teilnehmer dieses oder jenes gefällt.
Genauso sieht das im normalen Kasernenleben aus,letztendlich wird man darauf gedrillt zu gehorchen.Das ist der Zweck des Soldatendaseins,Gott sei Dank hat sich der Kadavergehorsam von einst in Wohlgefallen aufgelöst.
Aus meiner aktiven Dienstzeit bei den Pionieren kann ich eigentlich auch viel Positives berichten, unsere Vorgesetzten wollten immer den aktiven mitdenkenden Soldaten "Kanonenfutter" wollte niemand haben.
Das ist sicher innerhalb der verschiedenen Einheiten auch unterschiedlich.
Wie gesagt über Sinn und Unsinn einer Armee kann man streiten, doch wenn eine Armee als solche existiert dann immer auf dem Grundsatz von Befehl und Gehorsam, wie jeder einzelne darauf reagiert steht auf einem anderen Blatt.

GH

Lykurg
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Mo 15. Mai 2006, 14:13 - Beitrag #74

Ich kann dir da in weiten Teilen nur zustimmen, GoodHope; und die unten angeführte Zwangsläufigkeit erklärt mE auch deinen obersten Absatz, auf der einfachsten Handlungsebene ist unbedingter Gehorsam ein notwendiges Grundprinzip. Befehle, die dem Soldatengesetz nicht widersprechen, müssen ausgeführt werden, sonst kann das Gebilde nicht als Armee funktionieren. Dabei ist wenig Platz für grundsätzliche Berücksichtigung individueller Besonderheiten; im Krisenfall (und nur dessen theoretische Möglichkeit berechtigt das Vorhandensein einer Armee) könnte das unter Umständen ja auch nicht gelten. Wenn Befehlsstrukturen zu weitgehend durch eine solche persönliche Ebene abgelöst oder auch nur ergänzt werden, kommt es bei Kommandowechseln zu Problemen.

Übrigens hat bei mir ein solches "einleben" in der Grundausbildung praktisch nicht stattgefunden.^^ Ein gewisses "Was wollen die eigentlich alle???" blieb von Anfang bis Ende dabei (eingeschränkt allerdings dadurch, daß es nicht sehr anders war als erwartet, sich also im übergeordneten Rahmen die Frage weit besser beantworten ließ als auf die kleinen Dinge des Un-Alltags bezogen). Das Nichtwollen von schlichtem Kanonenfutter wurde auch bei uns verschiedentlich hervorgehoben, wenn auch vorwiegend durch Betonung (pseudo-)elitärer Traditionen der Einheit. Befremdlich war, selbst feststellen zu können, daß so etwas irgendwann doch einsickert.^^

the_quest
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Mi 14. Jun 2006, 02:39 - Beitrag #75

Hier nun nochmal ein Nachtrag von meiner Wenigkeit...

Drei Wochen nach der "Nachmusterung" stand für mich nun ein Besuch beim ortsansässigen Amtsarzt an, um die Frage meiner Wehrdiensttauglichkeit endgültig mit Ja oder Nein zu beantworten...

Nun ja. Nach zwei Stunden röntgen, ab- und nachtasten durfte ich erfahren das meine Knieschmerzen von "dezentrierten Kniescheiben" hervorgerufen werden. Im Klartext...? An der Stelle an der normalerweise die Mitte der Kniescheibe ruht, befindet sich bei mir bestenfalls die Innenseite der Kniescheibe...

Das schöne ( :o ) , dies wurde auf keinen Fall durch einen Unfall hervor gerufen...! (Also kann ich nicht mal Schmerzensgeld einfordern.)

"Zur Erinnerung: Im August 2005, war eine junge Dame in meinem Alter, der Meinung, ignorieren zu müssen, das ich vor ihr bremse, und schob mich in das vor mir stehende Auto. Seit diesem Tag habe ich mehr oder weniger starke Schmerzen..."

Da fragt man sich doch wieso da vorher nichts war... Egal...

Das 3 Wochen darauf folgende Ergebniss, T5!

Ist es da erlaubt sich zu Fragen, ob das Einbüssen von 2-3 cm Körpergröße und das Verschieben beider Kniescheiben innerhalb von 3 Jahren für einen Jugendlichen in meinem Alter normal ist? :confused:

Wenigstens darf ich nun in Ruhe fertig studieren, ohne die Sorge ob und wann mich der liebe "Vater Staat" mich holen wird...

@ all

Stimme GoodHope zu, dass vorhanden sei von Gehorsam ist wie auch Lykurg schreibt, eine Grundvorraussetzung für Armeen. Dies findet man aber auch anderswo, zB in der Feuerwehr. Auch hier gibt es streng vorgegebene Befehle und Aktionen, die in einem Notfall über das Leben und Überleben von uns Feuerwehrleuten und den Opfern endscheiden. Klar geht das bei uns lockerer zu, aber Gehorsam ist meiner Meinung nach ein wichtiger Bestandteil solcher Organisationen...

Oder nicht?

mfg

janw
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Mi 14. Jun 2006, 21:17 - Beitrag #76

TQ, wegen Deiner Knieprobleme würde ich auf einer klaren Antwort bestehen, warum die nicht auf einen Unfall zurück gehen können, notfalls anwaltlich vorgehen - wenn es Dir wichtig ist. Außerdem kann man das glaube ich behandeln, damit Du wieder ohne Schmerzen gehen kannst.
Glückwunsch zur Ausmusterung! :)

Was den Gehorsam betrifft...eine Hierarchie und ein sich daran halten ist bei der Feuerwehr sicher wichtig. Für mich besteht ein Unterschied zum Militär allerdings darin, daß ich Feuerwehr für eine gesellschaftlich notwendige Einrichtung halte, bei der man das Autoritätsphänomen tolerieren kann, während ich Militär nur aus der Sicht von Machthabern für notwendig halte - es gäbe eine Reihe von Problemen nicht, wenn nicht jeder Machthaber sich eine Armee zulegen würde, die dann letztlich so auf die Gesellschaft einwirkt, daß sie damit ihren Fortbestand garantiert. Der Krieg ernährt den Krieg, das gilt gewissermaßen auch in Friedenszeiten...asu meiner Sicht.
Wobei ich durchaus zugebe, daß einige der Blauhelm-Missionen, zu denen auch die Bundeswehr beiträgt, durchaus in Richtung der Beendigung von Konflikten gewirkt haben und wohl angesichts einer waffenstrarrenden Umgebung auch nicht allein durch zivile Kräfte hätten erstzt werden können.

Ein Unterschied besteht für mich außerdem darin, daß, wenn ich mich nicht irre, bei der Feuerwehr die jeweilige Spitze gewählt wird, also ein demokratisches Element hinein kommt, und letztlich, zumindest in der Freiwilligen Feuerwehr hier, der Grundsatz gilt "Einer für alle - Alle für einen", womit gesagt ist, daß letztlich alle an der Bekämpfung des Brandes mitwirken und nicht irgendein hochdekorierter Oberlöschmeister im Offizierskasino Champagner trinkt, während das Fußvolk sich eine kollektive Rauchvergiftung holt.

Lykurg
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Do 15. Jun 2006, 11:25 - Beitrag #77

es gäbe eine Reihe von Problemen nicht, wenn nicht jeder Machthaber sich eine Armee zulegen würde
"nicht jeder" ist hier mE falsch, richtig wäre "kein". Nur wenn tatsächlich keine Bedrohung herrscht, ist völlige Wehrlosigkeit die bessere Alternative. Die Selbsterhaltungstendenz sehe ich zwar auch, es dürfte aber auch davon unabhängig eine nicht allzuschmale Bevölkerungsgruppe geben, die eine Armee für notwendig hält.

Und dann sehe ich nicht, warum man ein Autoritätsproblem bei der Feuerwehr erheblich anders bewerten sollte als eines beim Militär. Zur Feuerwehr gehen schließlich viele freiwillig; wenn sich auch unter diesen weit günstigeren Umständen dort Machtmißbrauch ereignen sollte, wäre das in meinen Augen ein bedenklicheres, weil weniger zu erwartendes Ergebnis. (Anders liegt der Fall, wenn es, wie in der 'freien' Wirtschaft, um viel Geld geht.) Ein gewissermaßen selbständiges Entstehen von Machtmißbrauchstrukturen, wie sie sich in Armeen aus notorischer Langeweile ergeben, wirft ein schlechtes Licht auf die Demokratiefähigkeit des Menschen.

janw
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Do 15. Jun 2006, 20:09 - Beitrag #78

Zitat von Lykurg:es dürfte aber auch davon unabhängig eine nicht allzuschmale Bevölkerungsgruppe geben, die eine Armee für notwendig hält.


Sicher gibt es die, und boshaft könnte ich jetzt sagen, daß es auch jeweils eine nicht allzu schmale Bevölkerungsgruppe gegeben hat, die um 1974 gegen die Ostpolitik Brandts war, 1073 gegen das Camp-David-Abkommen, 1920(?) gegen die Einführung des Frauenwahlrechts war usw.
Ich weiß nicht, ob eine drastische Verringerung von Militärstrukturen auf welcher Ebene tatsächlich zu mehr Freiheit und gesellschaftlichem Wohlstand führen würde, ich glaube es aber. Es fehlt nur der Politik auf welcher Ebene auch immer der Mut, dieses Experiment zu wagen, die vielen Ansätze libertärer Gruppen zur Konfliktvermeidung und gewaltfreier Konfliktbewältigung aufzugreifen und umzusetzen - mit der Chance, riesige Ressourcen frei zu bekommen für Ernährung, Bildung und Gewährung grundlegender Lebensbedingungen für bis dato Chancenlose.

Es fehlt der Mut Mahatma Gandhis.

Und dann sehe ich nicht, warum man ein Autoritätsproblem bei der Feuerwehr erheblich anders bewerten sollte als eines beim Militär.


Der Unterschied ist für mich ein prinzipieller - das Militär hat den Begriff des bedingungslosen Gehorsams und der Befehlshierarchie geradezu erfunden, dieses System ist maßgebliche Stütze militärischer Systeme bis dahin, daß es so tief in die Köpfe eindringt, daß diese gar nicht mehr in nicht-hierarchischen Kategorien denken können - ein bißchen wie religiöser Glaube in der bayerischen Provinz.
Womit ich niemandem zu nahe treten möchte.
Dagegen ist die Hierarchie in der Feuerwehr sicher beim Militär abgeguckt, aber an sich nur Hilfsmittel - irgendeiner muss den Überblick behalten.
Und letztlich sagt der Grundsatz "Einer für alle - alle für einen" schon aus, daß es hier um gemeinschaftliche Zielerreichung unter gegenseitigem Einsatz geht, eben ohne Admiralität im Offizierskasino.

Freiwillige Feuerwehr ist außerdem wirklich freiwillig, während in sehr vielen Ländern der Militärdienst Pflicht oder zumindest gesellschaftlich obligatorisch ist.
Der bundesdeutsche Staatsbürger in Uniform ist gewiß eine positive Entwicklung in dem Zusammenhang, aber selbst auf europäischer Ebene schon ein Exot.

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