Bush in Wien

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
Lykurg
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Mi 21. Jun 2006, 13:10 - Beitrag #1

Bush in Wien

Man muß den US-Präsidenten weder lieben noch ablehnen, um sich über den Aufwand, der der Sicherheit seiner Person hier gewidmet wird, ein wenig zu wundern. Schließlich wurde für seinen Aufenthalt auch ein Stück des Rings direkt am Heldenplatz gesperrt (eine lebenswichtige Verkehrsader); gleiches geschah rund um das Hotel Intercontinental. (Dort darf übrigens angeblich niemand sein Zimmer verlassen, wenn Bush im Hause unterwegs ist.^^) Zur ohnehin schon drückenden Hitze kreisen über der Innenstadt ständig die Hubschrauber, und wieviele Polizisten und Soldaten unterwegs sind, mögen die Tageszeitungen wissen.^^

Mir stellt sich da einfach nur die Frage: Wenn ein solcher Besuch ein so großes Risiko darstellt, wieso hält man entsprechende Treffen nicht lieber an abgelegeneren Orten ab, die sehr viel einfacher zu sichern wären?

Die Maschine
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Mi 21. Jun 2006, 14:07 - Beitrag #2

Wenn alle Beiteiligten an den "abgelegenen Ort" hinfahren würden (Sicherheitsbeauftragte, Bush selbst, Limousine 2, Journalisten), dann wäre das teuer... wegen der Spritpreise...^^

Nein, im Ernst: Ich finde, dass Bush ja ein Schutz gewährt werden sollte/könnte/müsste, aber sowas ist z.Zt. mitunter übertrieben.
Der war doch auch in Mainz oder K'lautern letztes Jahr... da wurden sogar die Gullis überklebt...

Als "Ottonormal-Österreicher" - wenn du einer bist - wird dir da in deine persönliche Freiheit eingegriffen...
Im Prinzip ist das Hotel ein Gefängnis und das Zimmer ist deine Zelle...Bild

Windsbraut
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Mi 21. Jun 2006, 14:08 - Beitrag #3

Wenn ein solcher Besuch ein so großes Risiko darstellt, wieso hält man entsprechende Treffen nicht lieber an abgelegeneren Orten ab, die sehr viel einfacher zu sichern wären?


... oder macht 'ne Video-Konferenz. Sollnse den doch in einen Bunker setzen. :rolleyes: (Und billiger wär's auch.)

Malte279
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Mi 21. Jun 2006, 16:52 - Beitrag #4

Ganz abgesehen von den Unannehmlichkeiten für die Bürger ist da ja auch noch der finanzielle Aufwand. Stellt euch mal vor Bush würde auf eine einmonatige Deutschlandreise (wir wissen ja das Mr. Bush gerne und lange Urlaub macht; zum Glück eher in Texas als außerhalb) einschließlich Besuchen in sämtlichen größeren Städten gehen. Die wirtschaftlichen Folgen kämen wahrscheinlich fast denen eines Atomkriegs gleich :naja:.

janw
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Mi 21. Jun 2006, 18:52 - Beitrag #5

Man könnte sich durchaus fragen, warum man überhaupt noch solche Treffen abhält - wozu gibt es die Möglichkeit von Videokonferenzen - bzw. warum man sich nicht einfach irgendwo irgendwann trifft, und dann hinterher über die erzielten Ergebnisse berichtet.
Das würde aber beides gleichermaßen ausblenden, daß es hierbei um das Exerzieren eines Rituals geht, das wohl bis in feudale Urzeiten zurück reicht - König empfängt Nachbarkönig mit allem gebotenenen Prunk, das Volk bekommt seine Belustigung mit Bier und Wein in Strömen, bei Bedarf auch einem Verkehrschaos oder begleitender Soldateska, die alle verfügbare Weiblichkeit schwängert.
Gut, da sind wir heute etwas...zivilisierter^^

Herr Schüssel hatte ja bereits angekündigt, einige deutliche Worte bezüglich Guantanamo usw. loswerden zu wollen - was ja offenbar zur höflichen Kenntnisnahme gereicht hat und der Feststellung, Guantanamo könne nicht aufgelöst werden.
In meinen Augen ist dies das Skandalon - diese Reaktion war absehbar und hätte eigentlich schon längst Grund sein müssen, die dipolmatischen Verbindungen zu usa abzubrechen, die EU-Beitrittsverhandlungen mit Rumänien und Polen wegen der CIA-Flüge ruhen zu lassen - bis die entsprechenden Vorwürfe eindeutig aufgeklärt und ggf. Fehlverhalten ein für allemal beendet ist, ja, und amerikanischen Flugzeugen die Landerechte auf europäischen Flughäfen zu entziehen.
Wenn es ein Land gibt, das den Namen "Schurkenstaat" zu recht verdiente, dann in meinen Augen jenes da in Nordamerika - in einer Reihe mit Myanmar, Rußland, China wohl auch.

Es wird in meinen Augen ist es Zeit, daß Europa seine Vorstellungen bezüglich des Umgangs mit Menschen nicht nur gebetsmühlenartig wiederholt, sondern in konkrete Tat umsetzt.
Frei nach Procul Harum: "The Devil came from Texas", und dem werde kein Fußbreit gegeben, werde er ein Vogelfreier, ein ewig Gejagter, werde er endlich selbst in eine orange Plastiktüte gepackt, bei 50 Grad im Schatten in einem Erdloch!

Lykurg
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Mi 21. Jun 2006, 19:53 - Beitrag #6

Die Maschine, ich bin keiner, ich tu nur so. Das vereinfacht das Lästern.^^

Windsbraut, das sehe ich ähnlich (wobei es ja nicht zwangsläufig ein Bunker sein müßte, aber unsicherer als eine Großstadt dürfte fast nichts sein).

Malte279, dann sollte man lieber die zu besichtigenden Orte auf einer passenden Ranch oder irgendwo in der Wüste nachbauen - sehr nützliches Unterfangen. Beschäftigt viele Leute, und man hat auch auf Dauer was davon. Man könnte sogar ein sicheres Konferenzzentrum dort errichten.^^

janw, der Topf, in den du wirfst, ist ziemlich groß. Da paßt dann noch eine ganze Reihe von weiteren Ländern in Ost und West hinein, und ich sehe den Übergang als fließend genug, um selbst nicht am Rand zu stehen - ich springe dann lieber, als hineinzuspucken^^: Wenn man sagt, die halbe Erde gehöre in diesen Topf, weiß ich nicht, warum sie genau an dieser Stelle durchgeschnitten werden soll. Sagt man es nicht, warum schneidet man? Schneidet man nicht, warum sagt man es?

Vorhin aß ich (zum ersten Mal dieses Jahr) bei McDonalds (am Ring, direkt gegenüber der Uni). Ich mußte allerdings eine Weile Schlangestehen, denn vor mir wartete eine Gruppe von Jugendlichen, laut ihrer Plakate "Sozialistische Jugend Österreich", auf eine größere Bestellung. Vermutlich mußten sie ihre Kameraden draußen mitversorgen, die Mengen an Burgern, Pommes Frites und Getränken waren jedenfalls gewaltig. Ich amüsierte mich derweil königlich, denn sie waren von Kopf bis Fuß mit Plakaten beklebt: "Stop Bush! Gegen Krieg und Kapitalismus!" Abgesehen davon, daß es in der Kassenschlange recht lustig aussah, harmonierten die Farben der Plakate (v.a. gelb, mit ein wenig rot darauf) sehr gut mit der Corporate Identity des gewählten Restaurants. Ob McDonalds den Namen "Offizieller Versorger der Anti-Bush-und-Antikapitalismus-Demo" wohl gerne annehmen würde? :P

Da die Schlange mittlerweile recht lang geworden war, und es der Verkäuferin möglicherweise an Wechselgeld fehlte, erließ sie mir €0,05. Ich war reichlich überrascht davon, und ging mit dem Gefühl, dem Kapitalismus heute mehr Schaden zugefügt zu haben als die Jungsozis vor mir. :crazy:

janw
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Mi 21. Jun 2006, 23:12 - Beitrag #7

Lykurg, der Topf ist so groß, wie man ihn macht.
Die klassischen "Achse-des-Bösen"-Länder sind alle klassiche Diktaturen, in Myanmar regiert das Militär, in Nordkorea eine steinzeitkommunistische Despotie, usw.
Rußland ist eine Art Demokratur, der KGB als gewählte Partei, umgeben von einer Horde willfähriger "Bissnismenni".
China ist dann nochmal ein Fall für sich, ein Riesenreich, das in einem gewaltigen Transformationsprozeß begriffen ist - was man entschuldigend für einiges der unliebsamen Auswüchse dort ins Feld führen könnte, neben der nicht vorhandenen demokratischen Tradition und der überhaupt völlig anderen Kultur - sind unsere europäischen Vorstellungen von Menschenrechten da überhaupt übertragbar? könnte man provokativ fragen.

usa, bzw. das, was das Bush-Regime daraus gemacht hat, steht da für mich auf einem anderen Blatt.
Ein Land, das dezidiert und explizit in krassester Weise gegen seine eigenen grundlegenden und existentiellen Prinzipien verstößt, Menschen so hält wie in Guantanamo und dies als notwendig und unabänderlich bezeichnet, dabei noch andere unabhängige Staaten in seine völkerrechts-und menschrechtswidrigen Aktionen einbezieht, mit Bestechung, Geheimdinste usw. - so ein Land hat nichts in der Staatengemeinschaft verloren, und das sollte die EU deutlich machen und vor allem auch exekutieren.

Bush ist in meinen Augen schon längst ein Fall für Den Haag, anzuklagen wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Ehrlich habe ich heute gedacht, eigentlich müssten die Österreicher mal massenhaft demonstrieren, am besten die Europäer überhaupt - es ist ein Drama, daß die Bürgerrechtsbewegungen so am Boden liegen.
Daß selbst die Sozialistische Jugend so miserabel auftritt...traurig :(

Die Maschine
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Mi 21. Jun 2006, 23:25 - Beitrag #8

Zitat von Lykurg:Die Maschine, ich bin keiner, ich tu nur so. Das vereinfacht das Lästern.^^


Du bist Österreicher!? Upps.... meine Aussage war eher unabsichtlich und mit dem Unwissen darüber, dass du Österreicher bist, gemacht... wollte keinen persönlich treffen...

Ich kann mir vorstellen, dass jetzt gerade in Wien sämtliche Demonstrationen (und sei es nur eine "Anti-Pilz-Demo") verboten werden... egal ob es um ein Kaputtnix-Thema geht oder ob sich nur 4 Personen treffen...

janw
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Mi 21. Jun 2006, 23:29 - Beitrag #9

Nein, Maschine, er ist keiner, und zum Glück auch bald wieder in heimischen Gefilden^^

Die Maschine
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Mi 21. Jun 2006, 23:35 - Beitrag #10

... ohne Worte ...

Das hab ich nun davon, dass ich mir den "Ich stell mich der Matrix vor-Thread" nicht gelesen habe.

Und gerade einmal widerspreche ich mir wieder selbst.... :wand: :mecker:

Lykurg
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Mi 21. Jun 2006, 23:59 - Beitrag #11

Zitat von Die Maschine:Ich kann mir vorstellen, dass jetzt gerade in Wien sämtliche Demonstrationen (und sei es nur eine "Anti-Pilz-Demo") verboten werden... egal ob es um ein Kaputtnix-Thema geht oder ob sich nur 4 Personen treffen...
Nein, demonstriert werden darf, und es wird auch. Die Ordnungskräfte versuchen nur, zu verhindern, daß der Ablauf der Konferenzen darunter leidet, und das finde ich auch das Mindeste. Schließlich gibt es kompliziertere Dinge zu bereden, als Demonstrationen üblicherweise umfassen. Würde man einen abgelegeneren Ort wählen, könnten die zu erwartenden Demonstranten wenigstens den Hotelbetrieb der Gegend fördern... ] usa, bzw. das, was das Bush-Regime daraus gemacht hat, steht da für mich auf einem anderen Blatt. [/QUOTE] Eben, für mich auch, daher sollte es auch nicht derselbe Topf, derselbe Atemzug sein (übrigens auch nicht, falls du den 'Verfall' von hellgrau zu dunkelgrau schlimmer findest als das Verweilen im tiefschwarzen Bereich.)

janw
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Do 22. Jun 2006, 02:08 - Beitrag #12

Maschine, mach Dir da keinen Kopf drum, dees kann eer ab, dea Herr Student^^

Lykurg, ursprünglich wollte ich auch zwei Töpfe draus machen, die echten und die wahren Bösen sozusagen^^ - ich fürchtete nur, dann des blinden Antiamerikanismus´geziehen zu werden, weshalb ich einen Eintopf komponierte. Blöde Projektionen aber auch^^

Die Ordnungskräfte versuchen nur, zu verhindern, daß der Ablauf der Konferenzen darunter leidet, und das finde ich auch das Mindeste.

Hm. Man könnte andererseits überlegen, ob die Sicherheitskräfte damit nicht Rechtsbruch begehen, weil sie einen offenbaren Schwerverbrecher schützen, statt ihn festzunehmen.
In meinen Augen gibt es nach seinen Äußerungen heute - er könne nichts tun, wisse nicht, wie mit den Gefangen zu verfahren sei, warte selbst auf ein Gerichtsurteil in der Sache, wolle aber nach vorne gucken und warte jetzt auf die versprochenen Gelder aus Europa für den Wiederaufbau im Irak - nichts mehr mit ihm zu verhandeln, außer vielleicht der Übermittlung einer Botschaft: Stellen Sie sofort und unverzüglich rechtsstaatliche und menschenwürdige Verhältnisse in Guantanamo her, stellen Sie allen Gefangenen rechtlichen Beistand zur Verfügung, teilen Sie die Identität den jeweiligen Heimatländern mit und leiten Sie bei entsprechendem hinreichendem Verdacht ordentliche rechtliche Verfahren ein oder lassen Sie die Gefangenen unverzüglich frei und stellen ihnen kostenlose medizinische Hilfe zur Verfügung. Andernfalls wird innerhalb von 48 Stunden ein Lande- und Überflugverbot für amerikanische Flugzeuge in Kraft treten."

Irgendwie beschleicht mich das Gefühl, der Mann könnte krank sein...

Lykurg
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Do 22. Jun 2006, 08:03 - Beitrag #13

Hm. Man könnte andererseits überlegen, ob die Sicherheitskräfte damit nicht Rechtsbruch begehen, weil sie einen offenbaren Schwerverbrecher schützen, statt ihn festzunehmen.
Oder stattdessen Lynchjustiz zulassen? Es wäre zu überprüfen, inwieweit der Präsident eines fremden Landes für die Einrichtung einer völkerrechtswidrigen Strafkolonie von 'uns' rechtlich belangt werden kann. Da das (wg. Indemnität etc.) vermutlich nicht funktioniert, sollte man eben dafür sorgen, daß er aus dem Amt gelangt, und innerhalb der eigenen Grenzen seine Strafe findet. Aber seine physische Schädigung in Kauf zu nehmen, indem man ihm (einem Staatsgast!) den Polizeischutz entzöge oder diesen gegen ihn verwendet, um ihn festzusetzen, wäre seinerseits ein massiver Bruch mit den europäischen Werten. Ich bin nicht der Meinung, daß sich das in irgendeiner Weise positiv auswirken könnte.

Der Botschaft stimme ich übrigens inhaltlich zu.

Malte279
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Do 22. Jun 2006, 09:23 - Beitrag #14

Andererseits ist ja auch offen darüber diskutiert worden ob Irans Präsident Achmadinedschad hätte festgenommen werden sollen, wenn er zur Fußball WM nach Deutschland gekommen wäre. Ich frage mich ob ähnliche Schritte in Erwägung gezogen würden wenn ein amerikanischer Präsident solche menschenverachtenden und antisemitischen Dinge sagen würde wie der iranische Präsident. Schon aus realpolitischen Gründen glaube ich dass es beinahe vollkommen unabhägig von seinen Handlungen niemals zu einer Verhaftung des amerikanischen Präsidenten im Ausland (und höchstwahrscheinlich auch nicht in den USA selber) kommen würde. Es wird da schon mit zweierlei Maß gemessen.

janw
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Do 22. Jun 2006, 11:21 - Beitrag #15

Lynchjustiz wäre der Sache sicher nicht dienlich, da hast Du recht. Ich sehe aber das Problem, daß die Politik von Zauderern, cunctatores, bestimmt ist , welche die Besuchsharmonie über die realen Erfordernisse und Möglichkeiten stellen, mithin auch bei eindeutiger rechtlicher Möglichkeit nicht zugreifen würden.

Ahmadinedschad ist natürlich ein interessanter Fall in dieser Beziehung - bei dem die rechtlichen Möglichkeiten auch schon öffentlich diskutiert worden sind.
Bei ihm wird aber wohl wirklich Indemnität vorliegen, weil antisemitische Parolen in Iran nicht strafbar sind. Abgesehen davon fände ich das aber schon ein bißchen verkehrte Welt, wenn jemand wegen bloßer Falschaussagen (die natürlich verdammungswürdig sind) über die Geschichte belangt werden könnte, jemand anders, der Hunderte Menschen quälen läßt - bis einige von ihnen verrückt werden, wie entlassenen Insassen berichten - aber laufen gelassen würde.

Lykurg
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Do 22. Jun 2006, 16:15 - Beitrag #16

Nur mit dem kleinen Unterschied, daß über die Zustände in iranischen Gefängnissen nicht berichtet wird, weil es niemanden interessiert. Und die "bloßen Falschaussagen über die Geschichte" brauche ich wohl nicht weiter zu kommentieren. Ich hatte mich zu gegebener Zeit auch dagegen geäußert, Achmadinedschad hier festzunehmen. Das tut man mE einfach nicht, egal ob es sich um einen Wahnsinnigen oder einen Massenmörder handelt, oder ob er sich berechnenderweise im rechtlichen Nirvana bewegt.

Das Handeln eines Politikers kann nach meinem Verständnis nur dann von ausländischen Mächten bestraft werden, wenn es die Interessen und Rechte ihrer Staatsbürger verletzt. Andernfalls könnte man sich ein Eingreifen vorstellen, wenn breite Teile der Bevölkerung einen Tyrannen ablehnen, ohne aus eigener Kraft sein Regime stürzen zu können - aber das ist ein sehr fragwürdiger Akt. Einen Staatsgast gefangenzunehmen, ist barbarisch. Wenn man mit solchen Gedanken spielt, darf man ihn nicht einladen.

janw
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Fr 23. Jun 2006, 00:14 - Beitrag #17

Naja, amnesty berichtet auch über den Iran, und nichts besonders Gutes...

Die Falschaussagen wollte ich auch gar nicht entkriminalisieren, es ging mir nur darum, daß sie in der öffentlichen Wahrnehmung nach meinem Empfinden mindestens ebenso stark problematisiert worden sind wie die Menschenrechtsverletzungen in Guantanamo. Ich mag mich irren, oder vielleicht liegt es an der guten Schlagzeilenverwertbarkeit der Parolen, in jedem Falle erscheint es mir einen Blick wert zu sein.

Was die Barbarität betrifft, stimme ich Dir zu, bürgerliche Umgangsformen und diplomatische Usancen verbieten derlei. Ich bin da auch gar nicht gegen, sehe nur die Gefahr, daß im Wissen um das, wie mit ihnen garantiert nicht umgegangen werden wird, Barbaren aller Couleur es sich prima einrichten können. Aber vielleicht ist das unvermeidlich...

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Fr 23. Jun 2006, 10:03 - Beitrag #18

Nun, ich habe noch nie Plakate mit dem Slogan "Gegen Bush, Krieg, Kapitalismus und die Zustände in den iranischen Gefängnissen" gesehen. ;) Aber man sieht eben nur das, was man sehen will, insbesondere wenn permanent ein Auge geschlossen bleibt, oder (wie Malte279 treffend feststellte): "Es wird da schon mit zweierlei Maß gemessen." ;)

Ja, ich halte es für unvermeidlich, einfach weil unser Recht im Ausland keine Gültigkeit hat und wir dementsprechend keinerlei Befugnis, danach bei einem Ausländer zu verfahren, weil wir es gerade für richtig halten.
Wenn gegen ihn in seinem Land oder vor einem internationalen Tribunal Anklage erhoben wird, ist es möglich bzw. richtig, ihn festzunehmen und auszuliefern. Aber einen Ausländer wegen im Ausland begangener Untaten vor einem deutschen Gericht anklagen? Nein! Was bleibt dann noch? Ihn gefangennehmen und ohne Prozeß festhalten? Ups... :boah:

janw
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Fr 23. Jun 2006, 12:26 - Beitrag #19

Nun ja, Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind zumindest europaweit strafbar, qua Angelegenheit der UNO sogar theoretisch weltweit. Und wer ein unabhängiges Land angreift, der sollte denn auch mit einer etwas weitgehenden Rechtsauslegung der Verteidiger des Rechts leben müssen...andererseits: "Two wrongs don´t make a right".
Vor dem Versuch schützt die Realpolitik.

Bleibt wohl nur die hoffnungsvolle Aussicht, daß seine Tage als Präsident gezählt sind...

Möge er nicht im Bus nach Skopje fahren. :cool:

Lykurg
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Fr 23. Jun 2006, 15:21 - Beitrag #20

Was du mit dem Bus nach Skopje meinst, weiß ich nicht. Aber die Tage sind tatsächlich gezählt: hier.^^

Und zur Strafbarkeit von Verbrechen gegen die Menschlichkeit: Ich hatte ausdrücklich die (unwahrscheinliche) Möglichkeit eines internationalen Tribunals erwähnt. Eine nationale Anklageerhebung etwa in Deutschland sehe ich aber als rechtlich völlig unhaltbar an. Und daß man versuchen sollte, Unrecht nicht durch Unrecht zu bekämpfen, ist doch eigentlich genau die Position, um die es hier geht!

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