Brechmitteleinsatz gegen Drogendealer unverhältnismäßig

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MartinR
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Mi 12. Jul 2006, 10:28 - Beitrag #1

Brechmitteleinsatz gegen Drogendealer unverhältnismäßig

Hallo!

Also ich begrüße das!

Ich bin nur entäuscht, daß unser BVG das nicht schon so gesehen hat! :(

Wenn ich mir vorstelle, einem dieser Ärzte "unters Messer zu geraten", die für den Tod durch gewalttätigen Brechmitteleinsatz verantwortlich sind, sträuben sich mir die Nackenhaare.

Ich frage mich sowieso, wie ein Arzt so gegen den hippokratischen Eid verstoßen kann. Denn jemandem unter Zwang etwas einzuflößen, was er nicht will, ist sicher nicht im Interesse der Heilung desjenigen.

Meiner Meinung nach gehört diesen Ärzten eh die Approbation entzogen. Sie sollen heilen, nicht töten.

Feuerkopf
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Mi 12. Jul 2006, 13:00 - Beitrag #2

Das ganze ist auch deswegen angreifbar, weil es das Zeugnisverweigerungsrecht unterläuft. Niemand muss den ermittelnden Behörden Beweise gegen sich selbst liefern.

janw
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Mi 12. Jul 2006, 14:43 - Beitrag #3

Tja, eigentlich hätte gerade letzteres schon längst mal die Gerichte beschäftigen können - eigentlich dürften dann so etliche Dealer-Urteile nichtig sein.

WARUM aber sehen das die Verteidiger nicht?

teut
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Mi 12. Jul 2006, 18:02 - Beitrag #4

@MARTINR möchte wissen woher der Unsinn mit dem "hippokratischen Eid "den gibt es nur in der Literatur.Niemand legt diesen Eid ab.

Maurice
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Mi 12. Jul 2006, 18:05 - Beitrag #5

Der ist außerdem gar nicht mehr zeitgemäß... der wird nur noch hochgehalten, wegen der Sittlichkeit der Sitte. :rolleyes:

janw
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Di 18. Jul 2006, 00:38 - Beitrag #6

teut, das stimmt so nicht ganz. Alle Ärzte müssen irgendwann einen Text unterschreiben, der die wesentlichen Inhalte des Hippokratischen Eides enthält.

Maurice, natürlich ist der zeitgemäß, es wird nur nicht gerade einfach für Ärzte, ihn umzusetzen, wenn sie in Bürokratie ersticken und wichtige Heilmittel nicht von den Krankenkassen bezahlt werden.

Lykurg
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Di 18. Jul 2006, 09:27 - Beitrag #7

Ich bin in dieser Frage etwas anderer Ansicht. Wenn Drogendealer ihr Rauschgift etwa im Fall einer Razzia herunterschlucken, möglicherweise sogar noch vor den Augen der Fahnder, ist es in meinen Augen absolut notwendig, einen Weg zu finden, dies nachzuweisen. Mit gutem Grund - und ich wäre der letzte, hier Änderungsbedarf zu sehen - darf in Deutschland die Festnahme ohne richterliche Bestätigung nicht länger als einen Tag dauern. Dementsprechend ist es nicht möglich, auf den natürlichen Gang der Dinge - die Verdauungstätigkeit - zu warten; durch Brechmitteleinsatz kann hier das Beweismittel schnell beschafft werden. Wenn man dagegen Dealer, die das Zeug runterschlucken, einfach laufenließe, weil man es ihnen nicht nachweisen kann, wäre das in meinen Augen eine verkehrte Welt (jedenfalls, solange diese Drogen illegal sind).
Zitat von MartinR:Denn jemandem unter Zwang etwas einzuflößen, was er nicht will, ist sicher nicht im Interesse der Heilung desjenigen.
Diese Feststellung könnte man auch deutlich über den Zusammenhang hinaus untersuchen]gebieten[/b], das Gift aus dem Körper zu entfernen - und zwar mit der Methode, die das mutmaßlich geringste Risiko mit sich bringt, dem Brechmitteleinsatz.

Daß dabei aber tatsächlich eine ärztliche Aufsicht stattfinden sollte, um Unfälle und Unverträglichkeiten zu vermeiden, sei dahingestellt. Es ist mir lieber, wenn hier der hippokratische Eid in einer solchen Richtung ausgelegt wird (der eine oder andere mag es als Beugung verstehen), als wenn jemand zu Schaden kommt, weil ein Arzt nicht dabei sein darf.

Maurice
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Di 18. Jul 2006, 09:28 - Beitrag #8

Jan du bist also ohne Ausnahme gegen Abtreibung? Denn das fordert u.a. der hipp. Eid iirc.
Außerdem lässt er sich nicht mehr nur ansatzweise 1zu1 auf den aktuellen technischen Stand anwenden. Wenn es da heißt Leben erhalten mit ALLEN Mitteln, dann muss man jeden hirntoten bis nichts mehr geht an Maschinen ketten, wenn einem das Hirntodkriterium nicht als absolutes Todeskriterium ausreicht.
Außerdem scheint mit der hipp. Eid wenn man ihn konsequent durchziehen wollte, in einer Gesellschaft die ein staatliches Sozialsystem (noch) hat, auf eine Maximalversorgung hinaus zu laufen, was auch nciht wünschenswert ist.

Was ist der hipp. Eid mit Hinblick auf diese Umstände heute noch mehr als nur eine Phrase, die einige verstaubte Köpfe zu lieb gewonnen haben, um sie in eine der Zeit angemessene Form zu bringen?

GoodHope
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Di 18. Jul 2006, 12:58 - Beitrag #9

Hm alle Welt redet über den Dealer und den Einsatz von Brechmitteln.
Verstoß gegen den hipp.Eid hin oder her, wer fragt denn mal nach dem Elend der Süchtigen ?? Die gehen unter.
Wie immer...

GH

janw
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Di 18. Jul 2006, 13:01 - Beitrag #10

Naja, Lykurg, es gibt schon länger die Möglichkeit der Beugehaft.
Es wird wohl momentan daran gearbeitet, daß ein des Drogenhandels Verdächtiger vor die Alternative gestellt werden kann, entweder bis zum natürlichen Gang der Dinge in Gewahrsam zu bleiben oder unter ärztlicher Aufsicht mit Aufklärung über die Risiken (eine Aufklärung darüber, daß dies auch dem Schutz des Menschen dienen kann, damit das Paket nicht aufplatzen kann, ist dabei in meinen Augen durchaus sinnvoll) ein Brechmittel ohne Gewaltanwendung verabreicht zu bekommen, sprich: selbst einzunehmen.

Dieser Weg erscheint mir gangbar und hätte schon längst beschritten werden können.

Was Hungerstreikende betrifft, ein Gesunder kann bis zu etwa 40 Tage ohne Nahrung auskommen, aber nur 2-3 Tage ohne Wasser.
Insofern muss ihm beides zur Verfügung gestellt werden, und es muss ein Arzt in Bereitschaft sein, um im Falle eines Zwischenfalles sofort eingreifen zu können. Bei Flüssigkeitsmangel heißt das Tropf mit isotonischer Glucose- und Mineralsalzlösung, und evtl. kreislaufstärkendes Mittel.

Maurice, die Extrembeispiele taugen nicht, um das Grundprinzip zu widerlegen.
Es ist allgemeiner ärztlicher Konsens, daß bei Todkranken nicht auf Deubel komm raus alle verfügbaren lebensverlängernden Verfahren eingesetzt werden, der Tod gehört zum Leben dazu, und wenn die Todeszeichen wie Ausfall der Hirnstromkurve usw. gegeben sind, dann ist die Behandlung eben am Ende.
Was die Kosten für die Versichertengemeinschaft betrifft, ist das natürlich eine Herausforderung. Aber wenn nicht offen eine Zwei-Klassen-Gesellschaft ausgerufen wird, muss eben jedes erfolgversprechende Verfahren eingesetzt werden, um erhaltbares Leben zu erhalten, vermeidbare Verschlimmerungen von Krankheit zu verhindern, Krankheiten so wie wie möglich zu heilen und Leiden zu lindern.
Und bisher ist die qualitative Gleichversorgung mit dem Notwendigen als Forderung gesellschaftlicher Konsens - wenn auch einige Kassen sich davor drücken :(
Bleibt einem Menschen nur, sich bei seiner Kasse zu informieren, wie die wohl in dem Falle handeln würde und sich sonst nach einer Alternative oder Ergänzung umzusehen.

Maurice
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Di 18. Jul 2006, 15:22 - Beitrag #11

Jan ich bin keinenfalls dafür die Grundversorgung abzuschaffen. Es ging mir um das Problem einer Maximalversorgung, die immer wieder gerne propagiert wird. Der hipp. Eid scheint mir in der traditionellen Form eine solche zu fordern.
Es ging mir nicht darum die Kernidee des hipp. Eides, dem Patienten zu helfen, zu verwerfen, sondern auch offizell von der traditionellen Form abzuweichen, wenn das in der Praxis doch schon lange der Fall ist. Man braucht sich ja nicht unnötig selbst was vor zu machen. :rolleyes:

Lykurg
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Di 18. Jul 2006, 18:14 - Beitrag #12

Genau das ist schon längst gemacht worden, eine "zeitgemäßere" Version ist die 'Genfer Deklaration', die unter Beibehaltung der weniger griffigen Grundsätze (Würde, Gewissenhaftigkeit, Dankbarkeit etc.) die konkreten Behandlungsanweisungen aus dem hippokratischen Eid ("Auch werde ich den Blasenstein nicht operieren, sondern es denen überlassen, deren Gewerbe dies ist") wegläßt. In den USA kursieren eine Reihe von Hausfassungen der unterschiedlichen Universitäten, die sich etwa in der Abtreibungsfrage unterscheiden (das Original verbot sie ausdrücklich...) - ich nehme an, daß in Deutschland die 'Genfer Deklaration' einheitlich genutzt wird, weiß es aber nicht sicher.

Maurice
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Di 18. Jul 2006, 18:53 - Beitrag #13

Danke für die Info. :)
Warum wird aber immer wieder der hipp. Eid genannt, wenn es um solche Themen geht, wenn er im Grunde längst abgelöst ist? :confused:

MartinR
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Di 18. Jul 2006, 21:21 - Beitrag #14

GoodHope:
der dealer hat als mensch die gleichen rechte wie jeder andere auch!

wenn wir die rechte einzelner ignorieren, weil sie fehler machen, ist die gesellschaft nicht besser.

und zudem gilt auch hier die unschuldsvermutung.

janw
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Mi 19. Jul 2006, 01:41 - Beitrag #15

Maurice, der Hippokratische Eid ist gewissermaßen die Grundlage, von der eben modernere Fassungen abgeleitet sind, die es aber nicht gäbe ohne ihn.
Insofern schwingt er im Geiste immer mit.

Maurice
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Mi 19. Jul 2006, 10:08 - Beitrag #16

Warum sollten Verpflichtungserklärungen, wie wir sie derzeit haben, nicht existieren, wenn damals nicht ein Grieche den so bekannten Eid erfunden hätte? Wenn der nicht auf so eine Idee gekommen wäre, dann auch niemand anderes? :confused:

Selbst wenn die aktuellen Erklärungen vom hipp. Eid abgeleitet sind, so stellen sie doch eine Gegenposition dar, da sie wichtige Elemente nicht teilen.
Und ich frage mich weiter, warum der hipp. Eid noch so hoch gehandelt wird, wenn er in der Praxis so normal keine Rolle mehr spielt, sondern nur noch seine Nachfolger.


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