Deutsche Beteiligung an einer Nahost-Friedenstruppe?

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.

Sollte sich Deutschland an einer UN-Sicherheitstruppe im Südlibanon beteiligen?

Ja, auf jeden Fall.
2
29%
Nein, auf keinen Fall.
4
57%
Ja, wenn Israel offiziell darum bittet.
0
Keine Stimmen
Ja, wenn eine andere Bedingung erfüllt ist. (bitte ausführen)
1
14%
 
Abstimmungen insgesamt : 7

Traitor
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Fr 4. Aug 2006, 12:03 - Beitrag #1

Deutsche Beteiligung an einer Nahost-Friedenstruppe?

Schon seit längerem geistert im Zuge des aktuellen Libanon-Krieges die Diskussion durch die Öffentlichkeit, ob Deutschland sich an einer eventuellen UNO-Schutztruppe beteiligen solle, insbesondere im Hinblick auf die besondere Beziehung zu Israel dank der NS-Zeit.
Nun gibt es eine interessante Wende: der israelische Ministerpräsident Olmert sagte der Süddeutschen Zeitung:
Ich wünsche mir auch eine Beteiligung deutscher Soldaten. Ich habe Kanzlerin Angela Merkel mitgeteilt, dass wir absolut kein Problem haben mit deutschen Soldaten im Südlibanon. Weshalb sollten deutsche Soldaten auf Israel schießen?
Sie wären Teil der Truppe, die Israel verteidigt. Es gibt zurzeit keine Nation, die sich Israel gegenüber freundschaftlicher verhält als Deutschland. Wenn Deutschland zur Sicherheit des israelischen Volkes beitragen kann, dann wäre das eine lohnende Aufgabe für Ihr Land. Ich wäre sehr glücklich darüber, wenn Deutschland sich beteiligte.
(vollständiges Interview)

Ist Deutschland nun aufgrund "historischer Bringschuld" geradezu gezwungen, sich zu beteiligen? Oder wäre es weiterhin der elegantere Weg, sich herauszuhalten, um eventuelle Missverständnisse und Zwischenfälle zu vermeiden? Und was ist, ganz von den Sonderaspekten Israels abgesehen, mit der logistischen und strategischen Komponente?

janw
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Fr 4. Aug 2006, 12:27 - Beitrag #2

Ich denke, die Äußerung Olmerts spricht Bände...
Aufgabe einer UN-Friedens- oder Schutztruppe ist nicht, irgendeinen zu beschießen und den anderen nicht oder den einen vor dem anderen zu beschützen, sondern es geht darum, alle Konfliktparteien vor einander zu beschützen, bzw. zu verhindern, daß weiteres Kriegsmaterial ins Gebiet kommt, ferner zu beobachten, was vor sich geht und humanitäre Maßnahmen zu ermöglichen und ggf. zu begleiten.
Militärische Neutralität und Schutz für alles, was dem Frieden dient, darum muss es gehen.

Eben deshalb ist Deutschland dort in meinen Augen fehl am Platze - es wird von ihm erwartet, Partei zu ergreifen, und andererseits hat Deutschland auch in der arabischen Welt diplomatisch ein sehr gutes standing. Deutschland hat damit die besten Voraussetzungen, diplomatisch etwas bewegen zu können, da es von beiden Seiten respektiert und geachtet wird, und dieses Potential gilt es IMHO zu nutzen.
Ob Deutschland vielleicht mittelbar tätig werden könnte durch Bereitstellung von Infrastruktur - wie es ja im Irak-Krieg mal angedacht und heftig kritisiert war - ist vielleicht eine andere Frage. Wobei ich auch da für klare Verhältnisse bin - Deutschland darf weder direkt noch mittelbar kriegerische Handlungen unterstützen, als Ausfluß unserer Geschichte, und damit muss auch solche mittelbare Unterstützung IMHO da enden, wo Parteinahme für eine Konfliktseite begänne.

Lykurg
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Fr 4. Aug 2006, 13:35 - Beitrag #3

Der Satz, der dich stört, janw, ist im Zweifel das "Sie wären Teil der Truppe, die Israel verteidigt." Ohne diesen Satz ist der Text völlig im Rahmen einer Einladung zur Teilnahme als neutrale Friedenstruppe. Aber auch diese Ergänzung scheint mir verständlich aus der Sichtweise Israels als angegriffenem Staat heraus. Eine entsprechende Stellungnahme des Libanon klänge wohl kaum anders. Und wenn sie kommt, halte ich einen solchen Einsatz tatsächlich für erwägenswert. Natürlich bedeutet das eine immense Belastung für die Bundeswehr sowie erhebliche Gefährdung der Soldaten dar; die Hisbollah wird wohl kaum kampflos zulassen, daß sie aus ihren Hochburgen gedrängt wird. Aber es wäre eine Herausforderung im Dienste des Weltfriedens, ein Beitrag, den Deutschland leisten könnte, der nach dieser langen Zeit der fortwährenden Konflikte vielleicht den Menschen dort ein bißchen Hoffnung bringen könnte.

janw
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Fr 4. Aug 2006, 15:13 - Beitrag #4

Ja, das ist der Kernsatz, der mich stört, wobei ich aber auch die Rolle Israels als die des Angegriffenen als aus ihrem eigenen Blickwinkel entsprungen erachte - wenn man die Entführung der Soldaten als Angriff und die Hisbollah als Teil einer die Rechte der Palästinenser verteidigenden Allianz begreift, für die aktuelle Situation vielleicht eine zutreffende Betrachtung, im Konnex der über 30jährigen Grenzüberschreitung Israels jedoch eher ein Hin-Wogen im beständigen Hin und Her des Konflikts.

Letztlich ist "wer hat angefangen, wer ist Opfer?" praktisch immer eine subjektive Zuweisung (lassen wir mal historische Kriegsanfänge außen vor), insbesondere hier, wo die Entscheidung davon abhängt, wo man den "Anfang" sieht:
Bei der Eroberung Kanaans als Gelobtes Land? Die Palästinenser wären dann die von Gott Verdammten.
1949? Die Palästinenser wären dann die von den Engländern Verratenen, und an dem Bevölkerungsdruck der jüdischen Immigranten wäre Deutschland mit schuld.
1967? Die Palästinenser wären dann unrechtmäßig von ihrem Land Vertriebene und seitdem gegen völkerrechtlich bindende Resolutionen in diesem Zustand permanent weiter Bedrängte und von der dominanten Weltmacht im Stich gelassene - denen man im Sinne der Befreiungstheologie praktisch keine Mittel zur Selbsthilfe streitig machen kann, wenn man nicht selbst als Helfershelfer der Vertreiber gesehen werden können werden möchte.

Wobei der Punkt mit der Hisbollah als Teil einer Allianz für mich durchaus kritisch wird - das Maß an Schaden, das sie durch ihr Tun mittlerweile mittelbar verursacht haben, durch Provokation schwerer militärischer Zerstörungen ihres Basis-Landes und auch durch Schädigung des öffentlichen Ansehens der palästinensischen Sache macht mir die Hisbollah alles andere als sympathisch. Natürlich hat sie die Geiseln aszuhändigen, ob an Israel direkt oder an eine Mittelsmacht, und sie hat ihren Beitrag zu leisten, um den Konflikt zu beenden.

Wenn Olmert wirklich klug wäre, dann würde er jetzt mit der Führung der Palästinenser diskret über die besetzten Gebiete verhandeln und dabei einen Weg zu einer Einigung anbieten, der der Hamas erspart, vorher Israel förmlich anerkennen zu müssen.
Zufriedene Palästinenser dürften auf Dauer der beste Schutz sein für Israel, und dann hätte die Hisbollah auch die letzte Zuweisbarkeit einer Existenzberechtigung in derzeitiger Form verloren.

Aber wer weiß, hat Olmert die Zügel in der Hand, oder eher der Mossad? :para:

keles
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Sa 5. Aug 2006, 05:48 - Beitrag #5

Zitat von janw:Aber wer weiß, hat Olmert die Zügel in der Hand, oder eher der Mossad? :para:

Ob der Ministerpräsident oder doch der Geheimdienst die zügel in den Händen hält, wissen die selber nicht. Es ist wie die Großkoalition, es scheint alles klar geregelt zu sein, aber Irgend wie macht jeder was anderes O_O.


Die Diskutieren, ob Deutschland bei der UNO-*****truppe mit machen soll, finde ich klein wenig lächerlich. In diesem Fall, vergisst die Bundesrepublik, das Sie in einer Globalen Gemeinschaft ist. Nicht Deutschland oder DIE DEUSCHEN „marschiert o. maschiren“ dort ein, sondern eine Arme der Vereinten Nationen. Wen man in einer Gemeinschaft ist, hat man einfach eine Verantwortung gegen über der Gemeinschaft.

Ich kann es aber auch verstehen, dass es so ist. Es hat ein paar außenpolitische gründe wie zum Beispiel die oft Zitierte NS-Vergangenheit Deutschlast. Aber auch innenpolitische Interessen Spielen eine große rolle. Aber das ist nicht nur bei den Deutschen so. Ich könnte jetzt etwas genau werden, aber ich las das mal. Sonst weitet das nur unnötig aus.



Nach meiner Meinung nach, sollte die Frage richtig lauten, soll die UNO dort hin, und wen sie dort ist, und diese Frage ist IMHO am wichtigsten, WAS SOLLEN SIE DORT MACHEN.

Für eine Truppe soll da aktive werden (Friedens- oder Schutztruppe)? Was soll ihre Aufgabe sein?
Soll es eine Truppe sein, die einfach Drumherum steht und aufzeichnet, was da Passiert.
Eine Truppe die versuch, der Bevölkerung/en helfen oder zu beschützen.
.....
.....
Oder aber, eine Partei zu ergreift und denen mit allen mitteln, „Hilft“. Was ich Persönlich als eine Schandtat unsere geschichtet nennen würde.


Wen Ihr mich plump Fragen würdet, „Sollte sich Deutschland an einer UN-Sicherheitstruppe im Südlibanon beteiligen?“ würde ich mit ja Antworten.

Mit freundlichen Grüßen

Keles

janw
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Sa 5. Aug 2006, 11:15 - Beitrag #6

Keles, schön, hier mal etwas von Dir zu lesen :)

Sicher ist Deutschland Teil der Weltgemeinschaft und deutsche Soldaten wären ebenso nur Teil der UN-Truppe in dem Falle, wie Soldaten aus Holland, England, Frankreich,... auch - und in der öffentlichen Wahrnehmung doch nicht.
Denn jedes Land muss sich aktiv zur Teilnahme bekennen, was eine Nachricht darstellt, die in die Welt geht.
Und da sehe ich Deutschlands Möglichkeiten, anders tätig werden zu können, eben in Gefahr, wenn deutsche Soldaten Teil dieser Truppe würden, erst recht dann, wenn diese, wie die Aussage Olmerts zeigt, mit konkreten einseitigen Erwartungen belastet würden. Erwartungen, die hier fehl am Platze sind.

Sicher muss zu allererst geklärt werden, was die Truppe bringen soll, was für ein Mandat sie bekommt. Es kann aber in jedem Falle nur eines sein, daß neutral ist hinsichtlich der Konfliktparteien, das ausgerichtet ist auf eine Beendigung des Konflikts oder der Aufrechterhaltung eines evtl. erreichten Ruhezustandes, auf den Schutz der Zivilbevölkerung und die Wahrung ihrer Belange usw.

Für mich ist bemerkenswert, daß man nichts mehr von der libanesischen Regierung hört. Wenn ein Regierungspartner mittelbar eine Zerstörung des Landes herbeiführt, dann müßte es in der Regierung doch erheblich krachen, oder?

fanvarion
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Fr 11. Aug 2006, 18:29 - Beitrag #7

@jawn
Nein die Libanesische Regierung ist meiner Meinung nach samt Präsident unter er Knute von der Hisbollah.
Die Hisbollah hat sich da einen STaat im STaat gebaut. Deren Armee ist besser ausgestattet als die libanesische. Ausserdem haben diese dort unten genug Zeit ein ausgeklügtes System an Verteidigung anzulegen wie auch ein Gesetzessystem was diese unterstützt.

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Die Israelische Seite denke ich erhofft sich einen großen Einfluß und zeigen einen erhobenen Zeigefinger in Richtung Hisbollah -> schaut wir verzeihen unserem ärgsten Feind und jetzt kommen sie zu unserm Schutz. Aber schießt nicht auf sie denn in euren Lagern haben sie auch viele Freunde.


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