Nordkoreas angekündigter Atomtest

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Di 3. Okt 2006, 20:50 - Beitrag #1

Nordkoreas angekündigter Atomtest

Heute kam also endlich die Nachricht auf die ich schon ziemlich lange gewartet habe.

Nordkorea kündigt Atomwaffentest an.

Sie wollen damit die USA zu einem Dialog zwingen.

Mir stellt sich jedoch die Frage, ob Nordkorea nicht bewusst mal wieder Aufmerksamkeit erwecken will... man kennt das ja aus der Vergangenheit, dass die Nordkoreaner immer mal wieder einen Platz in der Weltmachtsliste beanspruchen und das versuchen sie nun durch so eine Ankündigung durchzusetzen...

Allerdings frage ich mich immer, inwieweit von Nordkorea tatsächlich Gefahr ausgeht! Wie abhängig ist das Land von anderen Nationen oder der UN? (Man bedenke, dass Kim Jong Il ja auch einen Pizzabäcker aus Italien hat)

Paradox ist es natürlich, dass Nordkorea "am Ziel einer nuklearwaffenfreien koreanischen Halbinsel" festhalten wolle, und dann ihre Tests durchführen wollen...
Auf der einen Seite wollen sie Atommacht sein, auf der anderen wollen sie auf jeden Fall, verhindern, dass Atommächte weiterhin entstehen oder mehr Einfluss gewinnen...
welches Ziel steckt hinter dieser Strategie... darüber bin ich mir noch nicht ganz im Klaren.

ich_von_hier
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Di 3. Okt 2006, 21:41 - Beitrag #2

Ich glaube nicht das Nordkorea irgendwelche Ambitionen besitzt Teile der Welt zu erobern. Südkorea oder kleine Teile von China vielleicht, aber ansonsten wohl eher nicht. Also ich fühl mich in keinster Weise von den Koreanern bedroht. Allgemeine Macht in der Welt beansprucht wohl jedes Land auf der Welt. Wir alle fordern Beachtung, da kann man Nordkorea keine Vorwürfe machen.

Und das Paradoxon kann man auch auf andere Länder übertragen. Die USA will Weltfrieden zum Beispiel. Und die Amis wollen auch keine weiteren Atommächte, besitzen aber den größten Vorrat. Muss ich das verstehen???

Allerdings find ich es sehr mutig von Korea, seine Atomwaffen zu testen. OK, wenn es funktioniert trauen sich die Amis wohl kaum Nordkorea zu befreien. Und das ist wahrscheinlich auch ein Ziel der Koreanischen Atombombe. Sollte die Bombe aber nicht losgehen, fehlt denn Koreanern wohl ein wichtiges Verteidigungs-Instrument.

Aber hier gehts ja auch nicht um die Amis.
Wer eine Atomwaffe besitzt, erhält den Status einer Atommacht. Also besitzen sie mehr Macht. Macht, die sie in Konfliktfällen sicher ein Argument sein können. Aber vielleicht geht Kim Jong Il auch einfach nur einer ab, wenn er daran denkt, das jetzt ein roter Knopf in sein Büro eingebaut werden kann, wie er es aus amerikanischen Filmen beim Presidenten kennt.

MfG ich_von_hier

janw
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Mi 11. Okt 2006, 01:33 - Beitrag #3

Tjaja, jetzt haben sie´s gemacht, und das Geschrei ist groß.

Eigentlich bin ich ja sehr kritisch, was Kernwaffen und den Umgang mit Kernbrennstoffen betrifft, und für Diktaturen habe ich überhaupt nichts übrig.
Dennoch muss ich sagen, daß mich diese Affäre relativ wenig aufregt, zumindest nicht so, wie es derzeit in den Medien üblich ist.

Das Abkommen über die Nichtweitergabe von Kernwaffen haben neben Nordkorea auch, wenn ich nicht irre, Israel und Indien nicht unterschrieben - ohne daß es ernstliche Verstimmungen darüber gäbe, und Nordkorea ist ein souveräner Staat, der sich bedroht sieht, und Bedrohungslagen haben Regime schon immer die Rüstung hochfahren lassen.
Insofern, dieselbe Situation, die Israel dazu brachte, sich die Bombe zuzulegen, wenn auch diskreter.

Nun ist Nordkorea nicht Israel sondern eine Diktatur der schlimmeren Sorte. Es ist durchaus nicht einzusehen, warum das Regime dort die Bevölkerung verhungern lässt, während die Spitze in Saus und Braus lebt und während der Staat vor allem alles verfügbare Geld in Aufrüstung steckt.

Allerdings, und da komme ich mit der herrschenden Meinung nicht mit, kapriziert sich die aktuelle Kritik im wesentlichen nicht darauf, sondern bezieht sich auf die amerikanische Einordnung Nordkoreas in die "Achse des Bösen".
So tragisch es für die Hüter der Menschenrechte und die Kämpfer gegen Diktatur ist, eine Bestrafung Nordkoreas mit Bezug auf diese Einordnung unterstützt nur die hegemonialen Bestrebungen Amerikas bzw des dortigen Bush-Regimes, deren Ausdruck eben dieses Achsen-Konstrukt ist.
Dabei weist Nordkorea aus meiner Sicht weder Merkmale der "Achse des Bösen" auf insofern, daß es den weltweiten Terrorismus unterstützen würde - es tut es IMHO nicht mehr, als der Irak dies tat, auch wenn dem Irak mehr vorgeworfen wurde, bis diese Vorwürfe sich nun als Propaganda-Lügen enttarnt haben.

Ich bin sehr dafür, Diktatoren das Handwerk zu legen und die Welt von Waffen zu befreien, aber man kommt nicht drumherum, daß das Völkerrecht auch für diktatorisch regierte Staaten gilt, daß diese souverän und unangreifbar sind, wenn sie selbst nicht offensiv sind.
Andernfalls könnte jede sich hinreichend stark wähnende Macht jeden anderen Staat als dikatorisch oder sonst gefährlich einstufen und dies zur Begründung eines ihren eigenen hegemonialen Interessen dienenden Angrifds auf diesen Staat heranziehen.
Eben dies sehe ich hier: usa betreibt mitnichten Rechtsstaatspolitik oder versucht die Völkergemeinschaft vor gefährlichen Mächten zu schützen, sondern es geht allein um die Sicherung und Erweiterung der eigenen hegemonialen Interessen, in diesem Falle in Ostasien.

Mag man einwenden, daß Japan sich sehr wohl bedroht sieht.
Wie weit dies gesteuert ist, wie weit Paranoia, weiß ich nicht. Allerdings hat Japan mit seiner Vergangenheit und seinem Umgang mit diesem Teil seiner Geschichte - man betrachte nur die Verehrung von Kriegsverbrechern durch den letzten Premierminister - nicht gerade die Basis für eine große Beliebtheit in seiner Nachbarschaft geliefert.

Nur, andererseits, wo führt eine solche Sicht der Dinge hin?
Sie mag so verstanden werden, als könnte nun jeder Staat, der sich ein wenig bedroht sieht, sich die Bombe zulegen, ohne daß dies zu beanstanden wäre.
Nun, dieses wäre meine Sache sicher nicht, denn abgesehen davon, welche Folgen mit der Bombe direkt verbunden sind, würde dies in ein neues Wettrüsten münden mit der extremen Bindung von Mitteln in Rüstung, die anderweitig dringender gebraucht würden, zum anderen wäre ein solcher Zustand sicher kein friedlicherer.

In meinen Augen braucht es eins, das ist die Wahrung von Standards, die Einhaltung von pacta sunt servanda, konkret hier die Wahrung der Souveränität von Staaten und die Einhaltung der Nichtverbreitung von Kernwaffen durch alle Besitzer, und den Verzicht auf jegliche Maßnahmen und Mittel, die subjektive Bedrohungslagen erzeugen und dadurch Anreize zur Aufrüstung geben.
Starke Mächte müssten diesem dienen, nicht ihren hegemonialen Interessen.

Ipsissimus
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Mi 11. Okt 2006, 12:01 - Beitrag #4

bin mal gespannt, wann jetzt Japan und Südkorea ihre Spielzeuge bekommen^^ und wie schnell sich dann China atomar umzingelt fühlt^^

janw
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Mi 11. Okt 2006, 15:45 - Beitrag #5

Fragt sich allerdings, woher Nordkorea das Spaltmaterial hat, vielleicht gar aus China?

Die Diskussion in Japan läuft wohl schon, bin da auch mal gespannt.

"Freuen" dürfte sich dann auch Taiwan...

Lykurg
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Mi 11. Okt 2006, 17:25 - Beitrag #6

Ich wunderte mich über eine Karte in einer Tageszeitung meiner Bekanntschaft^^, die nebst nuklear bewaffneten, nichtbewaffneten und inoffiziell bewaffneten bzw. sich bewaffnenden Ländern auch solche mit dem nötigen Potential ohne direkte Verwirklichungsabsichten farblich kennzeichnete, als solche zwar Argentinien, Brasilien, (ein weiteres, das ich vergessen habe) und Südafrika einzeichnete; die entsprechenden Länder Europas (insbesondere natürlich Deutschland), Australien und Kanada jedoch nicht entsprechend markierte - dabei vertraue ich darauf, daß es deutschen Physikern in kürzester Zeit möglich sein dürfte, sich die entsprechenden Fertigkeiten anzueignen bzw. die vorhandenen Kenntnisse in die Praxis umzusetzen. Wie kommt es also zu dieser farblichen Einschätzung - fehlt die Verwirklichungsabsicht also realiter nicht?^^

janw, daß ich mit dir nicht so ganz übereinstimme, dürfte dich nicht wundern - die Einstellung "Japan ist historisch bedingt selbst schuld dran, wenn die Nordkoreaner sie mit Atomraketen bedrohen, insofern die ganze Sache nicht sonderlicher Erwähnung bedürftig" paßt meinem Verständnis von individueller Schuld, die ich dank protestantischer Sozialisation gegenüber dem Konzept der Erbsünde entschieden vorziehe, überhaupt nicht. Wie Ipsissimus und diverse öffentliche Stimmen der letzten Tage anmerkten, kann in diesem neuen nuklearen Aufrüsten ein Dammbruch gesehen werden, die destabilisierenden Folgen für Ostasien scheinen mir recht offensichtlich. Ein weitgehendes nukleares Patt zwischen zwei Mächten ist eine ganz andere Sache als ein fragliches Gleichgewicht zwischen einer Vielzahl von dementsprechend bewaffneten Regimes zweifelhafter Stabilität mit eventuell grassierender Korruption dank Mangelwirtschaft...

Nein, Terrorismus ist Nordkoreas Despoten nur insofern anzulasten, als er sich müht, seine Nachbarn in Angst und Schrecken zu versetzen, diverse Entführungen von Südkoreanern durchführen ließ und durch mangelnde Bereitschaft zu internationalen Verhandlungen einen unberechenbaren Faktor darstellt - zudem stellt seine Herrschaft nach dem, was hier ankommt, den absoluten Horror für seine Bevölkerung dar, aber das hat ja hier bekanntlich keinen zu interessieren; daß die UN bei den Tutsi/Hutu-Massakern nicht eingriff, war ja auch nur gut so.

Mit dem islamistischen Terrorismus hat sein Land wenig zu tun, da war ein so plakativ-dehnbarer Ausdruck wie "Achse des Bösen" viel geeigneter, um alles zu erfassen und zu disqualifizieren, was aus dem einen oder anderen Grund nicht paßt. Nur sollte aus der Ablehnung einer so einfachen Begriffswahl nicht zwangsläufig gefolgert werden, daß die armen Opfer einer solchen Bezeichnung automatisch fromme Lämmchen sind, die eigentlich nur in Frieden gelassen werden müssen, um alle anderen auch in Frieden zu lassen. Eine dritte Lösung sollte gesucht und gefunden werden, und sie sollte auf keinen Fall einschließen, daß Nordkoreas atomare Rüstung und die Erpressung damit als "gutes Recht" oder "normale Entwicklung" akzeptiert und durch entsprechende präventive Forschungsgeschenke an die bedrohten Nachbarländer kompensiert wird.

janw
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Mi 11. Okt 2006, 20:30 - Beitrag #7

Lykurg, aus meiner deutlich gemachten Abneigung gegen Waffen generell und gegen das Regime in Nordkorea kannst Du entnehmen, daß ich selbst meine Position durchaus kontrovers sehe. Dreh- und Angelpunkt, es so zu sehen, ist für mich, daß keiner der politischen Kritiker der koreanischen Atompolitik auch nur mit einem Wort auf die verabscheuungswürdige Diktatur dort eingegangen ist, eine Verbesserung der Verhältnisse dort gefordert hat. Die Menschen in Nordkorea sind der Politik schnuppe, es zählen allein die amerikanischen hegemonialen Interessen, und Stabilität zählt zu diesen.
Die Einordnung in die "Achse des Bösen" könnte IMHO im übrigen die koreanische Bombenpolitik eher getriggert haben, so gesehen eine weitere Panne der Bush-Politik.
Natürlich bin ich kein Anhänger der Erbsünde, das "und" sollte eigentlich zeigen, worauf ich hinaus wollte - maßgebliche Kreise in Japans Politik weigern sich bis heute, die notwendigen Lehren aus der Geschichte zu ziehen, und Koizumi hat dies exemplarisch bewiesen.

Sicher ist somit nun ein Dammbruch vollzogen, könnte man sagen, wenn man diesen nicht schon längst als erfolgt ansieht - damit z.B. daß auch Pakistan wohl an der Bombe bastelt, wenn ich nicht irre, Indien die Bombe hat, Israel ebenfalls.
Gut, gehen wir aber vom Dammbruch aus, dann ist natürlich die Frage, wie Nordkorea mit seinen Möglichkeiten umgeht, ob es sie tatsächlich offensiv nutzen wird.

Ein sehr knackiger Punkt ist die Frage des Stellenwertes der Souveränität eines Staates, wenn dieser eine Diktatur ist. Sie wurde z.B. auch schon bezogen auf das Dritte Reich diskutiert.
Das Problem, das ich derzeit sehe ist, daß derzeit nur die usa effektiv in der Lage wären, im Falle der Bejahung der Intervention wirklich in einer Diktatur zu intervenieren. Wohin dies führt, sehen wir gerade jeden Tag im Irak.
Insofern Pest oder Cholera^^ - zähneknirschendes Belassen einer Diktatur oder willkürliches Eingreifen in eine subjektiv als mißliebig empfundene Diktatur und Ersatz durch etwas beliebig schlimmes zwischen Demokratur und Bürgerkrieg.

GenomInc
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Mi 11. Okt 2006, 20:55 - Beitrag #8

Also das Nord Korea die Atombombe nun hat ist ja nun bewiesen, was mir da mehr Sorgen macht ist die Drohung sie einzusetzen wenn die USA nicht mit ihnen verhandeln. Die Frage die sich mir dabei stellt ist es nur eine Drohung oder würden die das vieleicht ernsthaft machen ? Ihre Raketten bedrohen usn ja nicht direkt, aber wenn sie die zb auf Japan, Taiwan oder Südkorea abschiessen. Selbst wenn es dann keinen Vergeltungsschlag gibt wird es die Wirtschaft weltweit schädigen.
Oder was ist wenn sie die Bombe an Terroristen verkaufen, egal welcher gruppierung jetzt die haben noch weniger Hemmungen sie auch einzusetzen...
Das sind die Gedanken die mir dabei durch den Kopf gehen.

@Lykurg ich weiss ja nicht welche Zeitung das war, habe aber mal im netz geschaut und dort folgende Grafik gefunden.

Bild

Padreic
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Mi 11. Okt 2006, 23:24 - Beitrag #9

@GenomInc
Seit wann steht denn zweifelsfrei fest, dass es wirklich eine Atombombe war? Was ich gelesen hab, war, dass es bloß von den politischen Äußerungen Nordkoreas und der Detonationsstärke her als sehr wahrscheinlich angenommen wurde, aber noch keine radioaktiven Partikel festgestellt wurden. Die Detonationsstärke, die gemessen wurde (IIRC ein Äquivalent zu 550 Tonnen TNT), ist durchaus noch konventionell erreichbar und nicht vergleichbar mit der der Hiroshima-Bombe, geschweige denn modernen Atom- und Wasserstoffbomben.
So lange Nordkorea keine stärkeren Atombomben hat, als das, was sie da gezündet haben, ist die Gefahr, die sie darstellen, nicht wesentlich größer als ohne Atombombe. Was nicht heißt, dass sie keine darstellen. Mit ihren konventionellen Raketen dürften sie einigen Schaden in Südkorea anrichten können; ganz abgesehen von ihrer riesigen Armee, die angesichts der in Nordkorea vorherrschenden Indoktrination nicht allzu schnell aufgeben dürfte, käme es zum Krieg, schätze ich.

Lykurg
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Mi 11. Okt 2006, 23:44 - Beitrag #10

@GenomInc: Danke, das war aber nicht die Karte, die ich (in der 'Welt') gesehen habe. Hier ist erstens der blaue "aufgegeben"-Status auch in Europa verbreitet, zweitens haben laut der anderen Karte Georgien und Kasachstan möglicherweise eigene Atomwaffenprogramme laufen, die Ukraine dafür nicht. Die Angabe, Taiwan habe sein Programm aufgegeben, ist interessant.^^

Ein Atomschlag Nordkoreas wäre zweifellos ein Desaster, der mögliche Vergeltungsschlag dagegen rein (welt-)wirtschaftlich gesehen wohl praktisch irrelevant. Die Befürchtung eines möglichen Verkaufs an Terroristen hatte ich ja ebenfalls - wenn auch wohl nicht als von der Führung gewolltes Geschäft, so doch als Nebenfolge der extremen Mangelsituation.

@Padreic: Zustimmung. Übrigens las ich, daß der Nachweis der Strahlung Monate dauern könnte - warum?

@janw: Damit sind wir uns wieder deutlich einiger^^ - tatsächliche Befürwortung nuklearer Rüstung wollte ich dir Atomstromgegner auch nicht unterstellen.^^ Daß die japanische Vergangenheitsbewältigung zu wünschen läßt, ist mir bewußt (auch wenn das keinen unkonventionellen Angriff rechtfertigt).^^

Hegemoniale Interessen... Wie wäre ein Angriff auf Nordkorea damit zu vereinbaren, da gibt es doch gar kein Öl, und eine Bedrohung ist es doch nur für die asiatischen Nachbarländer, die für die USA ohnehin eine schmerzhafte Konkurrenz im Hochtechnologiesektor darstellen!^^

janw
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Do 12. Okt 2006, 00:25 - Beitrag #11

Zur Status-Frage: Ich denke, in den letzten 50 Jahren hat so manches größere Land schon mal mit der Bombe geliebäugelt, und die Zeitläufte oder auch die Einsicht in die nur begrenzte Nützlichkeit der Bombe haben weitere Schritte verhindert, ohne daß davon stärker geredet würde.
So dürfte es sich mit Südafrika verhalten nach der Abschaffung des Apartheidregimes, mit Brasilien und Argentinien nach der Abschaffung der Militärregime. Libyen und Ägypten haben ebenfalls andere Paradigmen heute, wo der Ost-West-Gegensatz fortgefallen ist und der politische Islam sowie die demographische Entwicklung neue Probleme sind, die nach ganz anderen Lösungen verlangen.
Australien strebt heute nach einer sicherheitspolitischen Hegemonie im Südpazifikraum, die Bombe dürfte dazu allerdings weniger hilfreich sein.
Letztlich trifft der von Ipsi geprägte Begriff des Spielzeugs am besten auf die Bombe zu - wenn nicht wirklich eine Abschreckungswirkung errreicht werden soll, ist sie nur als Repräsentationsobjekt tauglich.

In den SU-Nachfolgestaaten war wohl immer die Frage, ob dort nicht Reste des sowjetischen know-hows oder ganze Waffensysteme übrig geblieben waren.
Ob Georgien und Kasachstan mit der Bombe experimentieren? Wenn ich mir die so ansehe, haben die nicht andere Probleme?

Padreic, das finde ich interessant, was Du über die Größenordnung der Detonation schreibst. haben wir es vielleicht wirklich nur mit einer konventionellen Explosion zu tun?
Nach dem, was ich gehört habe, erfolgte die Detonation unterirdisch. Wären dann überhaupt in der Atmosphäre radioaktive Partikel nachzuweisen?

Lykurg, freut mich, daß meine Position klarer geworden ist :)
Aus der Tatsache, daß Nordkorea in die "Achse des Bösen" gerückt wurde, kann man entnehmen, daß es usa tatsächlich stört - warum ist mir allerdings auch nicht klar.
Die kleinen Grenzscharmützel mit Südkorea und entsprechende Drohgebärden können es aber wohl nicht sein, denke ich. Vielleicht ist der Grund schlicht, daß das Regime ein kommunistisches ist oder daß dort noch keine McDoof-Filialen eröffnet werden können.

Die japanische Vergangenheitsbewältigung rechtfertigt auch keinen konventionellen Angriff...

Ipsissimus
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Do 12. Okt 2006, 09:21 - Beitrag #12

die Gefahr, die von Nordkorea ausgeht, ist in erster Linie eine, die auf Südkorea zielt, und denen fühlen sich die USA in ähnlicher Weise verbunden wie annodazumal Süd-Vietnam. Ein böser kommunistischer Staat bedroht einen guten kapitalistischen Staat.

Der Reflex ist zwar deutlich schwächer geworden als damals, aber wohl immer noch vorhanden; nur daß die USA durch den Aufbau der islamistischen Gefahr derzeit aktuellere Projekte im Kopf haben.

Was das diktotorische Regime in Pjönjang angeht - war mal einer von euch dort und hat es erlebt? Ich bitte um Verzeihung, aber ich traue unseren Medienberichten soweit wie die Strecke vom Kiosk bis zum Klo. ALLES ist intentional, einschließlich unserer Berichterstattung und Geschichtsschreibung. Und die hat folgende Tendenz: Diktaturen mit Billigung der USA werden viel milder beschrieben als sie sind. Diktaturen ohne Billigung der USA werden extrem überzogen dargestellt, und bei Diktaturen, von denen wir wirtschaftlich abhängig sind, wird die Schönheit der Landschaft und die Unverdorbenheit der einfachen Bevölkerung gerühmt.

Lykurg
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Do 12. Okt 2006, 10:13 - Beitrag #13

Zitat von janw:Die japanische Vergangenheitsbewältigung rechtfertigt auch keinen konventionellen Angriff...
Doch, nämlich mit den konventionellen Waffen der Diplomatie. ]Diktaturen mit Billigung der USA werden viel milder beschrieben als sie sind. Diktaturen ohne Billigung der USA werden extrem überzogen dargestellt[/QUOTE]Daran zweifle ich nicht (höchstens am "extrem" - aber das ist ohnehin Auslegungssache), dennoch nehme ich an, daß selbst wenn unsere Medienberichte über Nordkorea zu 95% auf Propaganda beruhten, die Lage der Bevölkerung dort ziemlich furchtbar ist. Ich nehme an, du akzeptierst, daß in China und in der Sowjetunion in längst vergangenen Zeiten jeweils ein paar Millionen Menschen verhungert sind - oder ist das auch ein gewollter Irrtum westlicher Berichterstattung? Ich bezweifle, daß die Nahrungsversorgung in Nordkorea heute weit besser funktioniert als die Chinas in den 60ern oder der Sowjetunion in den 40ern. Daß unsere Sicht zwangsläufig nicht nur auf Berichten aus erster Hand beruht, hatte ich dagegen bereits angedeutet.
Zitat von Lykurg:zudem stellt seine Herrschaft nach dem, was hier ankommt, den absoluten Horror für seine Bevölkerung dar
Allerdings habe ich neulich eine Reportage von Journalisten gelesen, die tatsächlich dorthin durften. Sicherlich gefiltert - aber von beiden Seiten. ;)

Ipsissimus
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Do 12. Okt 2006, 10:29 - Beitrag #14

ich denke, dir ist klar, Lykurg, wie wichtig es ist, den Kontext eines Phänomens zu sehen. Hungersnöte sind uralte Begleiter der Menschheit, und auch unter Zaren und chinesischen Kaisern starben Millionen von Menschen an Hunger. Daß die Bolchewiken bei ihren Bemühungen, die Landwirtschaft auf Vordermann zu bringen, nicht von Null auf Sofort erfolgreich sein konnten, war wohl aufgrund des Zustands der russischen Wirtschaft mehr als nur zu erwarten; außerdem erlegten die Deutschen ihnen mit dem 2ten Weltkrieg zusätzliche Lasten auf. China ist natürlich poblematisch hinsichtlich einer Bewertung, aber das ist ein Bürgerkrieg immer. Im übrigen wäre die moralische Keule auch in diesen Fällen überzeugender, wenn nicht hierzulande und in allen westlichen Industrienationen zugunsten der Preisstabilität zuhauf Nahrungsmittel vernichtet würden.

Ich bezweifele im übrigen auch nicht, daß Pjönjang ne Diktatur ist^^

janw
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Fr 13. Okt 2006, 21:30 - Beitrag #15

Lykurg, wenn Du Diplomatie unter "Angriff" subsummierst, dann natürlich ;)

Gestern gab es im "auslandsjournal" einen Bericht über das Regime in Nordkorea. Danach sind die Hungersnöte im Gefolge der russischen und chinesischen Revolutionen wohl deutlich anders einzuordnen wie die Situation in Nordkorea. Dort wird gehungert, während Kim in Delikatessen schwelgt und auf Partys die Dollarscheine fliegen.
Ist aber sicher die Frage, was das zu bedeuten hat. Wäre Kim ein strammer Wirtschaftsliberaler, würde dies in der Berichterstattung als verdienter Lohn für gute Arbeit der Führungsclique und der Hunger als unvermeidbarer, vielleicht bedauerlicher, Kollateralschaden durchgehen.

Derweil ist wohl immer noch nicht sicher, was da explodiert ist...

Lykurg
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Fr 13. Okt 2006, 23:09 - Beitrag #16

Danach sind die Hungersnöte im Gefolge der russischen und chinesischen Revolutionen wohl deutlich anders einzuordnen wie die Situation in Nordkorea. Dort wird gehungert, während Kim in Delikatessen schwelgt und auf Partys die Dollarscheine fliegen.
Du glaubst doch nicht wirklich, daß bei den erwähnten Hungersnöten in der Sowjetunion und China die obersten Parteikader nicht gewußt hätten, wann sie ihre nächste Mahlzeit bekommen würden? :rolleyes: In jedem dieser Fälle (wie auch etwa in Simbabwe, oder auch in Irland im 19. Jh.) ist die Hungersnot mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in skrupelloser Mißwirtschaft einer Herrschaftselite zu suchen. In demokratischen Ländern mit freien Wirtschaften treten Hungersnöte so gut wie nie auf. (Gegenbeispiele?)
Wäre Kim ein strammer Wirtschaftsliberaler, würde dies in der Berichterstattung als verdienter Lohn für gute Arbeit der Führungsclique und der Hunger als unvermeidbarer, vielleicht bedauerlicher, Kollateralschaden durchgehen.
Das kann ich unmöglich so stehenlassen. Als ob es keine kritische Berichterstattung etwa über Medienmacht der Staatsführung; Korruption u.a. etwa in Italien, den USA und selbstverständlich auch Deutschland gäbe...
Da steht ein Liberaler, schlagt ihn tot!

Ipsissimus, wie du weißt, gibt es sehr wohl umfangreiche Nahrungslieferungen des Westens, Chinas und Südkoreas an Nordkorea. Daß hier aber massenhaft Nahrung vernichtet wird, hängt mit der europäischen Agrarsubventionspraxis zusammen, deren Tumore vielleicht an dieser Stelle nicht weiter erörtert werden sollten.

Die Hungersnöte mit den wirtschaftlichen Umstellungen zu erklären, halte ich für fragwürdig, da sie in beiden Ländern eine ganze Zeit nach der Machtergreifung stattfanden (anders als zum Beispiel in Simbabwe, wo binnen kürzester Zeit nach Enteignung der Farmer der Hunger ausbrach).

Nebenbei:
* Wieviele Millionen Hungertote sind eigentlich zum Erreichen des Sozialismus gerade noch so akzeptabel?
* Kann man hier von einem "Kollateralschaden" sprechen, oder geht das nicht, weil es sich um die falschen Leute handelt? ;)

janw
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Sa 14. Okt 2006, 02:30 - Beitrag #17

Zitat von Lykurg:Du glaubst doch nicht wirklich, daß bei den erwähnten Hungersnöten in der Sowjetunion und China die obersten Parteikader nicht gewußt hätten, wann sie ihre nächste Mahlzeit bekommen würden? :rolleyes: In jedem dieser Fälle (wie auch etwa in Simbabwe, oder auch in Irland im 19. Jh.) ist die Hungersnot mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in skrupelloser Mißwirtschaft einer Herrschaftselite zu suchen. In demokratischen Ländern mit freien Wirtschaften treten Hungersnöte so gut wie nie auf. (Gegenbeispiele?)

Natürlich wussten sie das...der Unterschied, auf den ich hinaus will ist der, daß IMHO in Nordkorea das Volk ausgepresst wird, damit die Clique sich vergnügen kann und um das Sicherheitssystem aufzubauen, daß der Clique den Machterhalt sichert. Wohingegen die Diktaturen in Rußland und China Ziele erreichen wollten, die die bestehenden unhaltbaren Zustände (übrigens mit regelmäßig wiederkehrenden Hungerkatastrophen, die nur nicht in die Geschichtsbücher eingingen) zu einem "Besseren" verändern wollten, über das man gewiss geteilter Meinung sein kann, wobei es dann zu den besagten Hungerkatastrophen kam. Man kann die mit dazu beitragenden politischen Maßnahmen (die Kollektivierung der Landwirtschaft z.B.) falsch nennen, muss aber anerkennen, daß sie auf idealistischen Zielsetzungen beruhten, nicht das alleinige Wohlergehen eines Familienclans zum Ziel hatten.

Demokratische Länder mit freier Wirtschaft kommen mit relativ wenigen internen Hungerkatastrophen aus, wie es scheint. Allerdings hatte die Ausrottung der Bisons in usa durchaus katastrophale Konsequenzen für die Prärie-Indianer. Man könnte hier noch die relative klimatische und geographische Gunst der demokratischen Staaten ins Feld führen, zumindest, was Europa betrifft. Und unter Globalisierungsaspekten könnte man fragen, ob in Freiwirtschaftsgebieten der Hunger nicht durch die Etablierung neokolonialistischer Strukturen "externalisiert" worden ist. Der Wohlstand, der die politische Stabilität der westlichen Demokratien sichert, baut zum größten Teil auf der Ausbeutung anderer Länder unter Aufrechterhaltung dortiger gefügiger Unfreiheitssysteme auf. Mit jedem Palmölprodukt leisten wir einen Beitrag zur Vernichtung der Regenwälder auf Borneo, der Korallenriffe an den Küsten, der Ausrottung der indigenen Völker dort, der Zerstörung der Fischgründe usw., um nur ein Beispiel zu nennen. Der Schaden, der dort entsteht, der in Jahrhunderten nicht wieder gut zu machen ist, wird weder durch den Preis des Öls noch durch andere Leistungen ausgeglichen. Verluste werden sozialisiert, Gewinne privatisiert.
Das soll nicht unter den Tisch kehren, daß der Schutz unserer Lebensgrundlagen auch aus den Kreisen der wirtschaftlich Handelnden maßgebliche Impulse erhalten hat^^
Nichts für ungut, also :)

[quote]Das kann ich unmöglich so stehenlassen. Als ob es keine kritische Berichterstattung etwa über Medienmacht der Staatsführung]
Ich dachte hier eher an gefeierte Verfechter freier Wirtschaft wie Fujimori (bis vor nicht lange Peru), Pinochet(früher Chile) und andere, sicher nicht alles bekennende Demokraten, und mit einem auf Folter, Mord und Verschwindenlassen sowie Forcierung die Landflucht und Verelendung fördernder Prozesse ausgedehnten Hungerbegriff.
Liberalismus und Wirtschaftsliberalismus sind zudem zweierlei in meinen Augen.

Lykurg
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Di 17. Okt 2006, 00:09 - Beitrag #18

Nachdem inzwischen bestätigt wurde, daß es sich um eine Atomwaffe handelte, fiel mir eine leichte Nachrichtendiskrepanz auf.

Als man noch daran zweifelte, hieß es, die Explosion sei sehr klein gewesen, was technisch schwierig zu beherrschen sei, etwa so wie bei den modernsten taktischen Atomwaffen der Amerikaner, und die Annahme, daß die Nordkoreaner so weit fortgeschritten seien, liege fern.

Nun hieß es dagegen in verschiedenen öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen einhellig, die Explosion habe die Kraft etwa einer Kilotonne TNT gehabt, "also nur ein Zwölftel der amerikanischen Atombombe auf Hiroshima 1945."

Was ist jetzt also falsch?^^


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