Wer kennt "Rohtenburg"?

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Maurice
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So 15. Okt 2006, 15:21 - Beitrag #1

Wer kennt "Rohtenburg"?

Auf Spiegel.de ist zu lesen:
Der Kannibalen-Film "Rohtenburg" greift den Fall des Armin Meiwes auf und ist hierzulande verboten. Auf einem Filmfestival in Spanien wurde das Werk nun ausgezeichnet.

Daraufhin habe ein bisschen nach Kritiken zu den Film gegoogelt und auf Anhieb nur negative gefunden. Nun frage ich mich, wie es ein Film, der hierzulande als so schlecht bewertet wurde, in einem anderen Land Preise einfahren kann. Ist der Geschmack in Spanien soviel anders, als hier in Deutschland?
Ich kenne den Film nicht, kennt ihn einer von euch und kann mir mehr über ihn sagen?

janw
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Mo 16. Okt 2006, 01:35 - Beitrag #2

Naja, der Spiegel hätte etwas genauer sein können...

Der Film ist wohl, wenn ich verschiedene Kritiken lese, von den darstellerischen Leistungen und der Art der Inszenierung, der Regie also, recht gelungen - und das wurde auf dem Festival in Sitges honoriert.
Die andere Frage, ob man die Tat des Herrn Meiwes zeitlich so nah an ihrem Geschehen und ihrer juristischen Aufarbeitung verfilmen darf, war dafür unerheblich, ist aber der Grund für das Aufführungsverbot in Deutschland.

Das OLG Frankfurt hat entschieden, daß durch die Verfilmung der medial ohnehin schon sehr intensiv beleuchteten Tat, unter intensiver Ausleuchtung der Biographie und greifbarer Details der Persönlichkeit von Meiwes dessen Persönlichkeitsrechte verletzt werden. Das sind Rechte, die jeder besitzt und die nicht automatisch durch die Freiheit der Kunst o.ä. aufgewogen werden.

Amy
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Mo 16. Okt 2006, 08:02 - Beitrag #3

Ich hatte auch Interesse an den Film, aber wie mir mitgeteilt wurde, wurde der Film in Deutschland größtenteils verboten. Keine Ahnung, ob da was wahres dran ist.
Jedenfalls soll der Film nicht ohne sein. Bei einer Pressevorführung wurde sogar jemand ohnmächtig.

Da man den Film wohl im Kino nicht sehen wird, muss man wohl auf die DVD warten.

GenomInc
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Mo 16. Okt 2006, 11:14 - Beitrag #4

@amy
Also da das Oberlandesgericht Frankfurt ein Aufführungsverbot erteilt hat, wird es den Film nicht in Deutschland auf DVD geben. Wenn du ihn sehen willst, bleibt dir wohl nur der Weg über einen ausländischen DVD Händler.

@Maurice
Was ich an Kritiken gelesen habe, sind sie fast alle negativ. Ich werde mir persönlich den Film nicht anschauen. Die einzige teilweise positive kritik war:
Als Event-Movie oder Charakterstudie ist „Rohtenburg“ nicht einmal ansatzweise zu gebrauchen, aber als schmutziger Genrefilm macht er durchaus eine gute Figur.
von http://www.celluloid-dreams.de.

Maurice
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Mo 16. Okt 2006, 11:37 - Beitrag #5

Jan mich wundert, dass du soviele positive Kritiken zu den Darstellern gefunden hast. Bei dem Material was ich auf Anhieb gefunden hatte, kamen die Darsteller nicht gut weg.

Ich wieß nicht, ob ich mir den Film ansehen würde, wenn ich könnte. Scheint ja zu einem Horrorfilm verkommen zu sein und Horror interessiert mich normalerweise nicht. Gegen brutale Szenen und Psycho habe ich nix (fand z.B. auch "Schweigen der Lämmer" toll), aber ein blutiger Schocker ohne Tiefgang muss nicht sein. :-/

janw
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Mo 16. Okt 2006, 11:53 - Beitrag #6

Es sieht so aus, daß die psychologische Seite an dem Film wenig überzeugt, die Darstellung ist hier platt und folgt gängigen Klischees. Ebenso ist die amerikanische Studentin übertrieben dargestellt und eigentlich nur nötig, um dem Zuschauer durch Umhängen eines Mantels der scheinbaren wissenschaftlichen Beobachtung eines Phänomens das Ansehen des grässlichen Geschehens zu ermöglichen, zumindest dem weniger hartgesottenen Mehrheitszuschauer.

Was eben wohl gut gelungen ist, das sind die Kamerafahrten, die farbliche Absetzung der Kindheitserinnerungen, die Darstellung der Banalität der Begegnungen der beiden, die so gar nichts mit den teils reißerischen Dialogen zu tun hat.

Insofern im Bereich schauspielerischer Einzelleistungen und Regie über dem Durchschnitt, beim Plot und vor allem bei der, ja eigentlich angestrebten, psychologischen Aufarbeitung mit deutlichen Schwächen.

Allerdings ist IMHO zu fragen, ob die bei der psychologischen Seite (derzeit?) anders zu erwarten wäre, wo es sich um eine spektakuläre Einzeltat handelt eines sicher persönlichkeitsgestörten Mannes, dessen Störung allerdings weit weniger spektakulär und einzigartig ist. Männer, die in irgendeiner Form von ihren Müttern abhängig sind, gibt es zuhauf, ohne daß diese in gleicher Häufung gewalttätig würden - außer, wenn man ihr Verharren in dem Zustand als Gewalt gegen sie selbst auffasste.

EDIT:
Maurice, z.B. in der von GenomInc verlinkten Kritik:
Dabei ist Thomas Kretschmann der gewagte Sprung vom raubärtigen „King Kong“-Kapitän zum anhänglichen, weltfremden Muttersöhnchen Oliver - auch wenn seine Darstellung zunächst ein wenig gewöhnungsbedürftig ist – bravourös gelungen. Und auch Thomas Huber kann als unsicherer, aber mit aller Kraft sein Ziel – gegessen zu werden – verfolgender Simon voll überzeugen. Aber vor allem die Szenen, in denen sie zusammen auftreten, können mit einer unglaublichen Intensität aufwarten. Wie zwei Kumpels, die sich auf ein Bier verabredet haben, sprechen sie ihre Abmachung durch – eigentlich hatte man sich eine Unterhaltung, in der es um eine kannibalische Tötung geht, spektakulärer vorgestellt, aber gerade diese scheinbare Normalität ist doch in Wahrheit das Erschreckende.

Sinngemäß auch anderwärts.


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