Der Untergang

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Traitor
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So 7. Jan 2007, 00:16 - Beitrag #41

Da im Programmheft nichts von einer zweigeteilten Ausstrahlung stand und ich auch den wohl irgendwo kurz vorkommenden Hinweis "Teil 2" am Anfang übersehen zu haben scheine, habe ich es tatsächlich geschafft, nur die zweite Hälfte des Filmes zu sehen und dies erst im Nachhinein zu merken - als ich mich über diverse Langatmigkeitskommentare hier wunderte.
Das faszinierende: dieser Filmteil funktioniert (auch) alleine! Die Darstellung wirkt so zwar nicht sonderlich historisch und aufarbeitend, aber wie ein Glanzstück des Absurden Theaters. Wird man direkt in den finalen Wahnsinn der Handelnden hineingeworfen, wirkt dessen Darstellung ungeheuer intensiv. Hitler, der nur noch zwischen Wutausbrüchen, taktischen Wahnvorstellungen und völliger Depression schwankt. Die Untergebenen aller Rangstufen, die dennoch in absurder Treue zu ihm halten, da sie die Lügen längst selbst erzählen, glauben oder zumindest glauben wollen. Die in Resignation und groteske Festivitäten umschlagende völlige Ausweglosigkeit.
Das alles wirkt wie eine durchdachte, über das reine historische Thema weit hinausgehende künstlerische Darstellung. Den gesamten Film zu sehen, kann meinen Eindruck von ihm wohl leider nur verschlechtern... Absurd!

Feuerkopf
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So 7. Jan 2007, 02:06 - Beitrag #42

Mich hat der Film keine Minute lang gelangweilt, obwohl ich beide Teile gesehen habe. Bruno Ganz ist unglaublich in der Hitler-Rolle. man bekommt wirklich einen Eindruck davon, wie charismatisch dieser Mensch gewesen sein muss und wie abgedriftet in seiner Selbstwahrnehmung.
Der unerträglichste Erzählstrang ist für mich der Wahnsinn der Frau Goebbels und ihr vielfacher Kindermord. Corinna Harfouch ist in ihrer Rolle einfach nur entsetzlich (gut).

janw
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So 7. Jan 2007, 03:35 - Beitrag #43

Ich habe ihn irgendwann mal gesehen und fand ihn nicht schlecht, dunkel erinnere ich mich an die schrecklich gut gespielte Frau Goebels.

Zitat von Traitor:Das alles wirkt wie eine durchdachte, über das reine historische Thema weit hinausgehende künstlerische Darstellung.

Das Tragische ist, daß, was so wirkt, wohl der Wirklichkeit recht nahe kommt, nach dem, was ich mal gelesen zu haben meine.

Lykurg
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So 7. Jan 2007, 13:41 - Beitrag #44

Ich war, als ich ihn im Kino sah (daß er jetzt gerade lief, habe ich nicht gewußt) sehr beeindruckt von der darstellerischen Leistung Ganzens sowie der wahnsinnig dichten Atmosphäre des Films. Was mich zunächst wenig ansprach, war das hoffnungsfroh-kitschige Ende mit den in den Sonnenaufgang (?) hineinradelnden aufstrebenden Unbescholtenen.

Im Gespräch kamen wir allerdings bald darauf, eben dieses Ende auch kritisch zu lesen im Sinne einer Hinterfragung der Wurzeln der Nachkriegszeit - und dessen, was dann natürlich Grundlage des Aufschwungs sein mußte, weil nichts anderes da war.

Ipsissimus
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Mo 8. Jan 2007, 14:56 - Beitrag #45

es wird imo gerade in Deutschland Zeit, mit der Dämonisierung Hitlers Schluss zu machen, denn ... ein Dämon ... kann wohl keiner von uns, kann kein Mensch gewesen sein. Was wir dämonisieren, weisen wir als Möglichkeit, als Potential unseres eigenen Inneren zurück. In der Dämoniserung Hitlers offenbart sich der Selbstfreispruch der Überlebenden ... und ergibt sich die Möglichkeit zur Wiederholung

Von daher empfinde ich den Film als einen Versuch in die richtige Richtung, wenn er imo auch nicht weit darin genug geht, Hitler aus den unerreichbaren Höhen des absoluten Bösen in die reale Welt, in der er ja als realer Mensch gelebt und gewirkt hat, zurückzuholen. Je besser Hitler wieder in die reale Geschichte integriert wird, als realer Mensch und nicht als a- oder antimoralisches Fanal, desto stärker wird er wie Feuer unter den Nägeln brennen. Denn ein Dämon, tja, du meine Güte, macht, was Dämonen halt so machen. Aber ein Mensch? DAS ist mehr als nur unbehaglich nahe.

Ich weiß nicht mehr genau wer es sagte, sinngemäß so, daß Faschismus dort beginnt, wo die Möglichkeit zum Faschismus als reale Möglichkeit des eigenen Sosein kategorisch bestritten wird. In diesem Sinne: Hitler muß wieder Mensch werden. Hierfür ein dickes Lob für diesen Film, trotz aller störenden Kleinigkeiten.

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