Morgen wird wohl verkündet, dass "ran" ins Vorabendprogramm zurückverlegt wird. Zudem soll wohl die Sendezeit wesentlich verkürzt werden. Und das ist gut so! Der Fan möchte Fußball sehen. Unterhaltungsshows gibt es bereits genug. Ich bin froh, dass sich Uli Hoeneß nicht durchgesetzt hat, der noch in der letzten Woche für eine Bundesliga-Sendung mit Showgästen wie Rod Stewart oder Luciano Pavarotti plädierte...
Der Boykott der 20:15-ran-Sendung zeigt, dass der Fan alles andere als machtlos ist. Nicht das Fernsehen, sondern der Fan ist der „wahre“ Geldgeber. Der Fan zahlt im Stadion Eintritt, der Fan kauft Fan-Artikel, der Fan schenkt den Sponsoren Beachtung und der Fan entscheidet über die Einschaltquoten und den Erfolg von Premiere.
Besonders positiv ist, dass sich der Fußball-Freund nicht durch das Medien-Imperium von Leo Kirch manipulieren lassen hat. Kirch ist nicht nur an vielen TV-Sendern, sondern auch an zahlreichen Zeitungen und Zeitschriften beteiligt. Als Großaktionär beim Axel-Springer-Verlag „gehören“ ihm die über 13 Millionen BILD-Leser. Doch auch die Premiere-freundlichen Berichte in der BILD konnten die Zahl der Decoder nicht wesentlich erhöhen. Ein meiner Meinung nach sehr treffendes Porträt über Leo Kirch ist vor wenigen Wochen im „Stern“ abgedruckt worden. Es ist im Internet abrufbar unter:
http://www.stern.de/wirtschaft/spezial/artikel_29290.html
Allerdings: Richtig beschädigt wurde das Renommee der Bundesliga nicht durch den späteren Sendetermin von „ran“, sondern durch das arrogante Verhalten einiger Bundesliga-Manager (insbesondere der Spitzenklubs) sowie der KirchMedia. Besonders „lächerlich“ war der Boykott des öffentlich-rechtlichen Fernsehens von Bayern und 1860 München. Sicher muss die Kirch-Gruppe gewisse Privilegien haben, aber das geht eindeutig zu weit. Eine einigermaßen neutrale Öffentlichkeitsarbeit muss gewährleistet sein. Zudem dürfen Kurz- und Radioberichterstattung nicht abgeschafft oder eingeschränkt werden. Wenn die Vereine wollen, dass die Sicherheit im Stadion mit Steuergeldern bezahlt wird, muss es eine Grundversorgung geben. Man kann nicht einerseits behaupten, es gäbe kein Recht auf Fußball (Zitat Hoeneß) und andererseits verlangen, dass der Fußball eine öffentliche Aufgabe sein soll.
Der Fußball muss auch in Zukunft Volkssport bleiben. Eine geschlossene Europaliga ohne Auf- und Abstieg, die vor Jahren von einigen internationalen Top-Klubs (aus Deutschland Bayern München) befürwortet wurde, wäre das Ende des Volkssports Fußball. Doch soweit wird es nicht kommen, weil der Fan nicht machtlos ist. Schon die Vorstufe zur Europaliga, der jetzige Champions-League-Modus (mit zahlreichen Gruppenspielen, viel Pay-TV, aber wenigen „Champions“), ist ein Flop. Selbst der FC Bayern, der sich vehement für diesen CL-Modus eingesetzt hat, sieht angesichts der miserablen Einschaltquoten und leeren Stadien bei den vielen Gruppenspielen mittlerweile Änderungsbedarf.
Die ran-Rück-Verlegung reicht nicht aus. Viel mehr ist ein Umdenken in der Liga nötig. Das Fernsehen ist wichtig und Zugeständnisse an die zahlenden TV-Sender sind auch akzeptabel, aber: Die Kommerzialisierung geht nur MIT und nicht ohne dem Fan. Ich hoffe, dass Kirch, Hoeneß und Co. nun endlich eingesehen haben, dass eine „übertriebene“ Kommerzialisierung auch wirtschaftlich gesehen kontraproduktiv ist. Die jüngsten Aussagen des Bayern-Managers, dass er sich bei der 20:15-ran-Sendung geirrt habe, sind hoffentlich mehr als nur Lippenbekenntnisse.
Ich wage die Prognose, dass „ran“ sein Publikum nach dem erneuten Sendeplatzwechsel mindestens verdoppelt. Selbstverständlich wird es auch weiterhin Werbung geben. Aber nun ist ein guter Kompromiss gefunden worden. Natürlich wird sich auch in Zukunft nicht jeder PremiereWorld leisten können. Doch solange besondere Fußballereignisse (u.a. wichtige WM- und EM-Spiele, wichtige Europacup-Spiele, das Halbfinale und das Endspiel im DFB-Pokal) live im Free-TV zu sehen sind, kann man in Kauf nehmen, dass die Bundesliga-Spiele live nur im Pay-TV zu sehen sind.
Das Fazit meines zugegebenermaßen sehr langen Postings: Kommerzialisierung geht nicht mit der Brechstange!