Eine Mörderin wie alle anderen auch?

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Yanāpaw
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Mi 14. Feb 2007, 13:06 - Beitrag #21

Milena schrieb:
-nicht bereut?
wie äussert sich das?
in einem Entschuldigungsschreiben, in einem Satz von reumütigen Worten..?


Ich hielt meine 15-jährige Nachbarin 2 Wochen in meinem Keller gefangen und verging mich 5 mal täglich an ihr, bevor ich sie folterte und tötete, zerhackte und die Teile in Gefrierbeutel portionierte und in meiner Gefriertruhe lagerte. Mehrere Gutachten ergeben, dass ich meine Tat nicht bereue, weil ich schlicht die ethischen Grundsätze unserer Gesellschaft nicht teile, ich empfinde das was ich tat nicht als falsch, ergo bereue ich es auch nicht.

Psychologische Gutachten erlauben bei korrekter Durchführung einiges an Aussagen und Rückschlüssen. In diesem Beispiel wäre imo eine vorzeitige Haftentlassung nicht gerechtfertigt, eben weil ich keine Reue zeigte.


Milena schrieb:
-nicht wiedergutmachen?
den Toten wieder lebendig machen..?
sich in die Vergangenheit beamen...?


Entweder das, oder in anderer Form signalisieren, dass ein Gesinnungswandel stattfand. Kommunikation mit den Hinterbliebenen, soziales Engagement, et cetera.


Milena schrieb:
klar, ist ein Mensch und bleibt nach 50 Jahren noch ein Mensch,
mit allem drum und dran...


Jeder Mensch ist latent gefährlich, aber nicht jeder Mensch mordet, also ist der Aspekt der Gefährlichkeit zentral und absolut unverzichtbar bei der Beurteilung, auch hier bieten sich psychologische Gutachten an.


Ipsissimus schrieb:
"lebenslänglich" ist nach deutschem Recht nicht wörtlich zu verstehen. Es gibt ein Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofes in Karlsruhe, wonach JEDER lebenslänglich verurteilte Straftäter das Recht hat, wieder in Freiheit zu gelangen, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. "Reue" gehört nicht zu diesen Bedingungen.


Selbstverständlich ist lebenslang wörtlich zu verstehen, weil es lebenslang ist, lebenslänglich gibt es nebenbei nicht, das Urteil des VerfG in Karlsruhe thematisiert die Chance auf eine vorzeitige Haftentlassung, also die Aussetzung des Vollzugs, was nicht mit einer kürzeren Haftstrafe zu verwechseln ist. Dennoch wird der Täter zu lebenslanger Haft, also Haft bis zum Tode verurteilt, aber diese Haftstrafe muss nach VerfG in regelmäßigen Abständen Anhörungen erlauben, die eine vorzeitige Aussetzung ermöglichen.

Abgeshen davon hast du doch nach Meinungen gefragt und ich bin der Ansicht, dass Reue ein ganz entscheidendes Kriterium ist, weil es nämlich die innere Abkehr vom "falschen" Tun deutlicher signalisiert als alles andere.


Was die demokratischen Ideale und deren Umsetzung angeht, wäre es möglich, dass wir das in dem Arbeitslosenthread diskutieren, da habe ich nämlich schon ganz ähnlich argumentiert und gehe auch gerne noch zusätzlich auf diesen Einwand ein. Ich will nicht moderieren, oder einen Streit diesbezüglich verursachen, aber ich finde es schwierig das gleiche Thema an 2 Stellen zu diskutieren.



Ipsissimus schrieb:
In gewisser Weise läßt sich sagen, daß mit dem Prinzip des Lobbyismus ein höchst undemokratisches Element im Herzen unserer Demokratie angesiedelt ist. Genau das war Teil des Problems der RAF.


Das ist absolut richtig, aber Gewalt kann auf Dauer kein System zum positiven verändern, jede Neuordnung die unter Gewalt erfolgt kann nur mit Gewalt aufrechterhalten werden. Ganz davon abgesehen, dass ich Mord nicht als legitimes politisches Instrument ansehen möchte. Also ganz egal wie berechtigt die Einwände der BM-RAF Gruppe gewesen sein mögen, oder sind, ihr Weg war falsch und sie disqualifizierten sich als inhaltlich ernstzunehmende Dialogpartner.



Lykurg schrieb:
Zur Gefährlichkeit: Gefängnisse sind wohl kaum völlig harmlose Orte, insofern dürfte ein gewisses Restrisiko allein schon durch die Strafe gegeben sein.


Das ist ein berechtigter Hinweis, den ich auch schon des öfteren gelesen habe, aber er legitimiert imo nicht die vorzeitige Entlassung gefährlicher Menschen, sondern er sollte dazu anregen, den geschlossenen Vollzug grundlegend zu reformieren um diesen Zustand zu ändern.


Lykurg schrieb:
Und Reue kann man, wie bereits gesagt, nicht erzwingen. Insofern ist jeder der Punkte für sich verzichtbar; wenn alle drei zusammentreffen, halte ich eine vorzeitige Haftentlassung ebenfalls nicht für angebracht.
[...]aber fehlendes Streben nach Wiedergutmachung ist in meinen Augen für sich gesehen sicher kein Ausschlußkriterium.


Selbstverständlich kann man Reue nicht erzwingen, aber man kann sie fördern, man kann durch Theraphie und Sozialisierung bereits im geschlossenen Vollzug. Und ich stimme dir absolut nicht zu, dass Reue ein verzichtbarer Aspekt ist, die Gründe kannst du meinen vorigen Erklärungen entnehmen, im Gegensatz dazu bin ich deiner Meinung, dass fehlendes Streben nach Wiedergutmachung keine Haftaussetzungsverweigerung bedingen darf, es wäre aber dennoch wünschenswert ^^

Milena
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Mi 14. Feb 2007, 14:13 - Beitrag #22

..der Traum eines lächerlichen Menschen,
Verzeihung, der Gesellschaft.....
alles Versuche den Menschen unter Kontrolle zu halten.....
klar,
wer wirklich zu seiner Tat steht, der steht dazu und bleibt im Knast und da sagt ein Psychotest auch nichts anderes aus....
alle Anderen kooperieren mit den Psychomenschen und im Endeffekt ist es Kalkül....
aber Hauptsache,
der Mensch draussen, die Gesellschaft mit ihren Anordnungen und ihrem Wissen, siehe Psychogutachten ist beruhigt oder zumindest wiegt sich in Sicherheit....

´Gesinnungswandel, Kommunikation mit Hinterbliebenen..`....
wunderschön....
wunderschöner Traum.....

: der Mensch ist der als der er sich erweist.........

aber gut, dass es noch Gläubiger unter uns gibt....
und auch für ein paar Arbeitsplätze ist weiterhin gesorgt....^^

Ipsissimus
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Mi 14. Feb 2007, 15:15 - Beitrag #23

Also ganz egal wie berechtigt die Einwände der BM-RAF Gruppe gewesen sein mögen, oder sind, ihr Weg war falsch und sie disqualifizierten sich als inhaltlich ernstzunehmende Dialogpartner.


ach, würde diese Konsequenz doch nur jeglicherm Personenkreis entgegengebracht, der vergleichbare Wege beschritt, vielen Regierungen z.B., und der beinahe gesamten Elite von Wirtschaft und Finanzen. Ich weiß, Realpolitik^^ aber damit ist auch gesagt, daß das eigentliche Ausschlusskriterium für die BM-RAF ihre Erfolglosigkeit ist. Ihre Bösartigkeit ist im Vergleich zu üblicher staatlich geförderter Bösartikeit beinahe schon als Kindergartenkram zu bezeichnen^^


Schätzle, ich kann dir nur zustimmen^^

Lykurg
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Mi 14. Feb 2007, 18:26 - Beitrag #24

ach, würde diese Konsequenz doch nur jeglicherm Personenkreis entgegengebracht, der vergleichbare Wege beschritt, vielen Regierungen z.B., und der beinahe gesamten Elite von Wirtschaft und Finanzen. Ich weiß, Realpolitik^^ aber damit ist auch gesagt, daß das eigentliche Ausschlusskriterium für die BM-RAF ihre Erfolglosigkeit ist. Ihre Bösartigkeit ist im Vergleich zu üblicher staatlich geförderter Bösartikeit beinahe schon als Kindergartenkram zu bezeichnen^^
Meines Erachtens bestehen erhebliche Unterschiede in der Legitimation von Gewalt seitens auf demokratischem Wege zustandegekommenen Instanzen und sich jeglicher demokratischen Kontrolle entziehenden Gruppierungen. Wenn ein Volk eine Regierung wählt und weiterhin trägt, die es in einen Krieg führt, liegt dieser Krieg in der Verantwortung des Volkes; und wenn ein Volk sich eine Regierung wählt, die eine bestimmte Wirtschaftsordnung einrichtet und ihr gemäß verfährt, ist auch das dem Volk zuzuschreiben.

Wenn dagegen eine Gruppierung sich zusammenschließt, um dem Volk und seiner Regierung ihren Willen aufzudrücken, ohne irgendeine Einbindung in demokratische Mechanismen oder auch nur formale Orientierung an der Verfassung zu suchen, ist eine fundamentale Grenze überschritten.
Damit verglichen ist die "Bösartigkeit" einer gewählten Regierung völlig unerheblich. Sie spielen nicht in derselben Sandkiste.

Und auch die Erfolglosigkeit ist kein Kriterium - Yanāpaw hat es schon recht deutlich formuliert: Eine mit Gewalt erzeugte Neuordnung ruft Gegengewalt hervor und kann sich ohne gewaltsamen Druck nicht halten.
Was die RAF durchgeführt hätte, wenn ihr "Erfolg" beschieden gewesen wäre, wird aus ihren Verlautbarungen nicht klar. Hätte sie in irgendeiner Weise die Kontrolle der Gesellschaft übernommen, wäre mE vielleicht sogar gewaltsamer Widerstand legitim.

Ipsissimus
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Mi 14. Feb 2007, 18:40 - Beitrag #25

Eine mit Gewalt erzeugte Neuordnung ruft Gegengewalt hervor und kann sich ohne gewaltsamen Druck nicht halten.


wie war noch mal die Bundesrepublik Deutschland entstanden? Durch die Einsicht eines mündigen Volkes? haha

Was die RAF durchgeführt hätte, wenn ihr "Erfolg" beschieden gewesen wäre, wird aus ihren Verlautbarungen nicht klar.


doch^^ findet sich alles ganz legal bei http://www.rafinfo.de (ich h abe mit der Seite übrigens nichts zu tun^^) man muss sich halt nur die Mühe machen, es zu lesen^^ ich wette übrigens, daß heute kaum noch jemand weiß, was die überhaupt wollten^^ "den Staat zerstören"^^ nein, so dämlich waren die nicht^^

Wenn ein Volk eine Regierung wählt und weiterhin trägt, die es in einen Krieg führt, liegt dieser Krieg in der Verantwortung des Volkes


jein^^ in einer idealen Welt, in der die Regierung abtritt, wenn das Volk dies mehrheitlich wünscht, wäre dem vielleicht so^^ in der realen Wirklichkeit .... **müde abwink**

Lykurg
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Mi 14. Feb 2007, 18:55 - Beitrag #26

wie war noch mal die Bundesrepublik Deutschland entstanden? Durch die Einsicht eines mündigen Volkes? haha
Ich hatte darüber nachgedacht, ob ich diese Frage schon in meinem Posting abhandeln sollte, nahm aber an, daß du von selbst darauf kommen würdest, daß die BRD eben nicht das direkte Ergebnis eines Diktats der Siegermächte ist, sondern sich - natürlich ausgehend von den Gegebenheiten ihrer historischen Situation - selbst eine provisorische Verfassung gab und diese bei Erreichen der vollen Souveränität bestätigte. Wesentliche Teile der jeweiligen Beschlußfindung (wenn auch zugegebenermaßen nicht die gesamte Anlaufphase) erfolgten durch legitimierte Volksvertreter.

Ich kenne die Seite rafinfo.de (du hattest schon einmal darauf verlinkt, glaube ich) - die dort genannten Nahziele sind Destabilisierung und Bürgerkrieg; als Fernziel wird vage eine utopische Idealgesellschaft genannt, wobei Richard Huffman abschließend meint, eine so weit von den Zielen der Menschen entfernt handelnde Terrororganisation habe letztlich keine Chance auf Erfolg. Clearly they called themselves Marxist revolutionaries, and clearly they were trying to change society, but that's where the clarity ends. Wenn das die eindeutige Antwort ist, die du mir geben wolltest, weiß ich auch nicht weiter.^^

Ipsissimus
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Mi 14. Feb 2007, 19:32 - Beitrag #27

daß die BRD eben nicht das direkte Ergebnis eines Diktats der Siegermächte ist, sondern sich - natürlich ausgehend von den Gegebenheiten ihrer historischen Situation - selbst eine provisorische Verfassung gab und diese bei Erreichen der vollen Souveränität bestätigte.


sorry, das ist historisch definitiv falsch. Die Verfassung wurde anhand der Vorgaben der Siegermächte formuliert, und eine nachträgliche Legitimierung unter den damaligen Bedingungen kannm, zumal dann, wenn keine Alternativen angeboten wurden, kaum als "frei" bezeichnet werden

Lykurg
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Mi 14. Feb 2007, 19:55 - Beitrag #28

Nein.

Das Grundgesetz entstand durch den Parlamentarischen Rat, dessen Mitglieder Vertreter der frei gewählten Länderparlamente waren.

Die von den Alliierten zugrundegelegten, sehr allgemein gehaltenen Frankfurter Dokumente flossen mit ein, das Grundgesetz wurde ja auch von den Militärgouverneuren genehmigt - dennoch war diese Einflußnahme, die im Wesentlichen einen demokratischen Föderalstaat verlangte, kaum entgegen den Absichten der damaligen Vertreter. Meinst du, diese hätten ohne die entsprechenden Vorgaben den Ständestaat ausgerufen?

janw
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Mi 14. Feb 2007, 20:05 - Beitrag #29

Ich möchte das noch etwas grundlegender abhandeln hier, aber eben nur kurz dies:
Lykurg, wenn ich es richtig sehe, wurden die Mitglieder des Parlamentarischen Rates von den Siegermächten (West) bestimmt, der Inhalt der Verfassung ebenfalls vorgegeben. D.h. dieser Rat konnte dies und jenes ausformulieren, aber wichtige Grundlagen, wie z.B. auch der Zuschnitt der Länder und daß es überhaupt ein föderales Gebilde wurde und auch der Grad der Mitwirkung des Volkes waren letztlich vorher ziemlich festgezurrt.
Sicher wäre andernfalls kein Ständestaat entstanden, aber vielleicht ein etwas anderes Verhältnis von Bund und Ländern, mehr oder andere Mitwirkung der Bürger,... - und das hätte uU schon eine andere Republik ergeben.

Übrigens, in Deinem Stadtstaat stehen gerade wieder Bürgerrechte auf dem Spiel - geh wählen!^^

Lykurg
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Mi 14. Feb 2007, 20:09 - Beitrag #30

Lykurg, wenn ich es richtig sehe, wurden die Mitglieder des Parlamentarischen Rates von den Siegermächten (West) bestimmt, der Inhalt der Verfassung ebenfalls vorgegeben.
MMn stimmt weder das eine noch das andere. Jedenfalls sehen Wiki und, wenn ich mich recht entsinne, mein altes Geschichtsbuch das anders.^^

janw
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Mi 14. Feb 2007, 21:25 - Beitrag #31

Gut, da war mir ein lapsus unterlaufen...aber, irre ich auch, wenn ich die Ministerpräsidenten, welche die Einsetzung und Zusammensetzung des Parlamentarischen Rates bestimmten, als nicht demokratisch gewählt ansehe?
(Wobei natürlich zu konzedieren ist, daß diese Min. Präs. immerhin einen Parlamentarischen Rat schufen, nicht die von den Alliierten gewünschte Verfassunggebende Versammlung.)
Jedenfalls wurde das Endprodukt dann nicht dem Volk vorgelegt, was ich bedauerlich finde.

Lykurg
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Do 15. Feb 2007, 00:15 - Beitrag #32

Etwa aus dieser Liste der Ministerpräsidenten und dem regelmäßig 1946 oder 1947 wegfallenden Vermerk "ernannt", aber auch aus ihren jeweiligen Biographien wird deutlich, daß wohl in allen Bundesländern vor 1948 Landtagswahlen stattfanden, so daß die Ministerpräsidenten von 1948 durchaus demokratisch legitimiert waren.

Und der von dir bedauerte Wegfall des Volksentscheids war ebenfalls eine Hinwegsetzung über einen ausdrücklichen Wunsch der Alliierten!

Der entsprechende Passus der Frankfurter Dokumente lautete: "Die Ratifizierung in jedem beteiligten Land erfolgt durch ein Referendum, das eine einfache Mehrheit der Abstimmenden in jedem Land erfordert, nach von jedem Land jeweils anzunehmenden Regeln und Verfahren. Sobald die Verfassung von zwei Dritteln der Länder ratifiziert ist, tritt sie in Kraft und ist für alle Länder bindend."

Soviel zum "Diktat von London"...

Ich nehme übrigens an, daß der Föderalismus auch darauf zurückging, daß es einfacher war, eine solche Struktur von unten nach oben - von Kommunal- über Landtags- zu Bundestagswahlen bei jeweiliger Schaffung der Rechtsgrundlage der neuen Ebene durch die bereits vorhandenen lokalen Gremien - zu errichten, als von oben nach unten ein solches oder anderes System durchzusetzen. Das hätte von vornherein und vermutlich von außen geplant werden müssen und somit der demokratischen Grundlage entbehrt, die so gegeben war.

Ipsissimus
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Do 15. Feb 2007, 13:13 - Beitrag #33

Wikipedia meint dazu

Am 1. Juli 1948 übergaben die Militärgouverneure Frankreichs, des Vereinigten Königreiches und der USA den westdeutschen Ministerpräsidenten die Frankfurter Dokumente, Papiere, in denen sie ihre Vorstellungen zur Bildung eines deutschen Staates mitteilten.


und etwas später

Das Grundgesetz wurde von den Besatzungsmächten und den Landtagen angenommen, es gab keine Volksabstimmung.


beides aus dem Artikel Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (1945–1990)

auch die weiteren dortigen Aussagen empfinde ich als mehrdeutig. Desweiteren

Aus einer Umfrage, die das Office of Military Government for Germany (OMGUS) im Juli 1949 durchführte, ergibt sich, dass nur knapp 47 Prozent der Deutschen in den Westzonen von einer Fertigstellung des Grundgesetzes durch den Parlamentarischen Rat wussten.[1] In einer weiteren Erhebung im März 1949, in der die Bevölkerung nach ihrem Interesse an der künftigen westdeutschen Verfassung gefragt wurde, antworteten 40 Prozent, sie sei ihnen gleichgültig, 33 Prozent sprachen von mäßigem Interesse.[2]


nachzulesen bei http://www.archivschachtel.de/texte/referate/gg.html

das spricht alles nicht wirklich für die These, das Deutsche Volk habe sich selbst eine Verfassung gegeben. Man kann vielleicht sagen, Deutsche haben dem Deutschen Volk eine Verfassung gegeben, aber auf dieses Volk haben sie offenbar so wenig gegeben, daß sie noch nicht mal die Verfassung per Volksentscheid genehmigen ließen. Inwieweit diese Leute auch noch unter Einfluss der Alliierten standen, kann tatsächlich nur vermutet werden, aber klar ist, am Anfang der Bundesrepublik stand kein von der Bevolkerung getragener demokratischer Akt.

Lykurg
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Do 15. Feb 2007, 13:48 - Beitrag #34

Ipsissimus, ich habe die Frankfurter Dokumente in einem obenstehenden Beitrag verlinkt. Ihr Inhalt ist so vage, daß auch eine ganz andere Verfassung dabei hätte herauskommen können. Der zweite von dir zitierte Wiki-Satz ist tatsächlich sehr verknappend insofern, als er die Abstimmungen der Länderparlamente mit den Genehmigungen seitens der Militärkommandanten gleichsetzt - er spricht aber, so "mehrdeutig" er auch ist, jedenfalls nicht davon, die Alliierten hätten bestimmte Verfassungsartikel durchgedrückt.^^

In der von dir verlinkten Archivschachtel findet sich aber auch eine Erklärung für die Nichtabsicherung des Ergebnisses via Referendum: Man habe damit den Weg zu einer deutschen Wiedervereinigung nicht versperren wollen.
Zitat von archivschachtel:Seine Aufgabe sollte es sein, ein "Grundgesetz", keine endgültige Verfassung, zu erarbeiten, welches durch die Landtage und nicht durch ein Referendum in Kraft gesetzt werden sollte, da ein solches nur einer endgültigen Lösung zustünde.
Daß bei den ersten Bundestagswahlen die am Grundgesetz mitwirkenden Parteien von einer breiten Bevölkerungsmehrheit bestätigt wurden, wird hier zudem als indirekte Legitimierung angeführt.
Zitat von Ipsissimus:aber klar ist, am Anfang der Bundesrepublik stand kein von der Bevolkerung getragener demokratischer Akt.
Irgendwie mußt du wohl überlesen haben, daß die Landtage, deren Vertreter den Parlamentarischen Rat bildeten, und die das fertige Grundgesetz annahmen (außer Bayern^^), bereits frei gewählt waren.

Yanāpaw
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Do 15. Feb 2007, 14:38 - Beitrag #35

Milena schrieb:
wer wirklich zu seiner Tat steht, der steht dazu und bleibt im Knast und da sagt ein Psychotest auch nichts anderes aus....
alle Anderen kooperieren mit den Psychomenschen und im Endeffekt ist es Kalkül....


Das ist eine völlige Verzrrung der Tatsachen. Psychologische Gutachten, sofern gewissenhaft durchgeführt ermöglichen präzise Erkenntnisse, üner Reue und Gefährlichkeit. Außerdem ist es ein weit verbreiteter Irrtum, das Sonne, Blumen und Liebe in die Tintenklekse zu interpretieren eine Du-kommst-aus -dem-Gefängnis-frei Karte ist. Es gibt in einem gewissenhaften und aktuellen Test keine Musterantwort, also auch keine Vorbereitung und du willst mir nicht allen Ernstes einweichen, dass bei einem durchschnitts IQ von 80 in deutschen Gefängnissen nur kleine Mörder-Genies einsitzen, die die Psychologen während des Gesprächs auseinandernehmen.... Das passt zwar toll in den Rest deines alles so böse posts, ist aber nicht weniger absurd.



Lykurg,

der Freistaat hat auch gute Gründe, seine Zustimmung zu verweigern, die wussten damals schon, dass sie nur abgezockt werden würden ^^
Mein Kompliment, gut dargestellt und recherchiert. Möglicherweise kannstdu mir auch eine spontane Bildungslücke schließen Parl. Rat = BV?

Lykurg
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Do 15. Feb 2007, 15:11 - Beitrag #36

Danke für das Lob, Yanāpaw! :)
Der Parlamentarische Rat ist nicht mit der Bundesversammlung gleichzusetzen.

PR
-arbeitete das Grundgesetz aus
-löste sich 1949 auf
-bestand aus 70 Vertretern der Landtage
-wurde von den Ministerpräsidenten einberufen

BV
-wählt den Bundespräsidenten
-besteht dauerhaft
-besteht aus den Bundestagsabgeordneten (die es ja erst ab 1949 gab) und gleichvielen Vertretern der Länder, zuletzt insgesamt 1205 Personen...
-tritt gesetzmäßig alle fünf Jahre zusammen, genaueres regelt der Bundestagspräsident

Milena
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Do 15. Feb 2007, 15:18 - Beitrag #37

Das passt zwar toll in den Rest deines alles so böse posts,

....dem armen Yana erst mal Taschentuch reich....^^

...Yana, du brauchst mir nicht zu erzählen, was es mit Psychotests auf sich hat oder wie sie funktionieren....habe selbst mit Päderasten und Drogensüchtigen auf Station und Nervenklinik gearbeitet....
sie mögen zwar weitgehend nicht überdurchschnittlich intelligent sein, wie du es bezeichnest und dem ich jetzt auch nicht so zustimmen möchte,
aber eindeutig sind es ganz gewiefte Menschen (schlaue Kerlchen)....
also genauso Menschen wie du und ich..
und die Tests erfolgen 1:1,
heisst: Testperson versus Tester.....

ermöglichen präzise Erkenntnisse, üner Reue und Gefährlichkeit
...kopfschüttel....
sie ermöglichen rein gar nichts,
schon gar nicht präzise Erkenntnisse......
wohl eher ein vorsichtiges Abwägen und ein klischeehaftes sich in Sicherheit wiegen.......

Ipsissimus
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Do 15. Feb 2007, 15:30 - Beitrag #38

Irgendwie mußt du wohl überlesen haben, daß die Landtage, deren Vertreter den Parlamentarischen Rat bildeten, und die das fertige Grundgesetz annahmen (außer Bayern^^), bereits frei gewählt waren.


nein, habe ich nicht überlesen, ich glaube es nur nicht. Oder sagen wir es anders, ich interpretiere das, was ich lese, nicht im staatsgefälligen Sinne.

http://www.landtag-nrw.de/portal/WWW/Webmaster/P/Presse/Oeffentlichkeitstsarbeit/Informationen.jsp?oid=76288

schreibt ein bißchen was dazu, wie frei so ein Landtag tatsächlich war

Yanāpaw
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Do 15. Feb 2007, 15:48 - Beitrag #39

Milena,

welche Tätigkeit hast du dort ausgeübt, hast du psychologische Gutachten selbst durchgeführt? Ansonsten ist deine Arbeit dort nicht aussagekräftig hinsichtlich der Verlässlichkeit eines psychologischen Gutachtens. Ich habe mich eingehend mit verschiedenster Lektüre zu dem Thema beschäftigt und weiß, dass psychologische Gutachten definitiv kein klischeehaftes Abwägen sind. Es gibt diverse Vorgehensweisen, die präzise Rückschlüsse ermöglichen, möglicherweise kennst du diese nicht, ich kann entsprechende Literatur gerne per Amazon-Link zur Verfügung stellen. Das Problem ist, dass viele dieser aussagekräftigen Analysen zweitaufwändig und daher kostspielig sind, warum sollte ich versuchen einen Patienten mit DIS zu reintegrieren, wenn ich ihn genauso gut mit Sedativa "therapieren" kann... Aber vom Grundsatz her, ist nicht die Methodik schlecht sondern der Psychologe, wenn er klischeehaft abwägt.


Ipsissimus,

interessant wäre welche Gesetzentwürfe abgelehnt wurden und welche geändert wurden und genau wie sie geändert wurden, ohne diese Informationen wirken die Verweise auf mich wie Gebärden, ohne Hintergrund.

Lykurg
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Do 15. Feb 2007, 16:06 - Beitrag #40

Es wäre interessant, herauszufinden, was am ersten Landtagswahlgesetz von NRW die Ablehnung der Kontrollbehörde verursachte...

Der Text behandelt (am Rande und ohne in Details zu gehen) die Freiheiten des ernannten Landtages von 46/47; daß die Freiheiten seines gewählten Nachfolgers ähnlich eingeschränkt gewesen wären, geht nicht daraus hervor. Außerdem handelte es sich ja tatsächlich noch eher um ein beratendes denn um ein tatsächlich mit wesentlicher Macht ausgestattetes Gremium. Seine Beschlüsse mußten (zumindest in diesen ersten beiden Jahren) ohnehin von Organen der Militärverwaltung verbreitet und umgesetzt werden. Auch die Genehmigung von Zeitungen etc. erfolgte ja erst allmählich.

Ich nehme nicht an, daß der Landtag von '48 noch genauso gebunden war. Einflüsse der Alliierten auf die Inhalte des Grundgesetzes lassen sich daraus, daß die Abgeordneten, die darüber diskutierten, zwei Jahre zuvor in noch nicht unabhängigen Landtagen saßen, jedenfalls nicht ableiten.

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