Dann will der Adressierte auch mal antworten, um dem im Falle des Nichtantwortens sich möglicherweise ergebenden Anschein des "päpstlich" oder in anderer Weise moralisch verwundbar seins entgegen zu treten, außerdem unter Bezugnahme auf die Implikationen des jemanden Adressierens, sich an jemanden Richtens, wie herausgearbeitet von Derrida in "Gesetzeskraft. Der 'mystische Grund der Autorität'", außerdem zur Kundgabe meiner völlig unmaßgeblichen Meinung, unmaßgeblich deshalb, weil in keiner Weise auf Erzielung einer Allgemeingültigkeit ausgerichtet, nicht einmal auf meine eigene Existenz im Sinne eines zukünftig sein Werdenden - Eingeweihten wird klar sein, worauf ich rekurriere.
Einiges ist mittlerweile gesagt worden, das durch sein Gesagtsein für mich unübersteigbar ist, das teilweise aber nicht auf Widerspruch bei mir stößt, dezent gesagt.
Dies ist zu sagen, um auf die Bergkämme des Gesagten zu verweisen, die den unverstellten Blick auf die Frage verstellen, die Aporie des mittlerweiligen Wissens und Denkens.
Nun ist es möglich, den Text, auf den Hiesiges sich bezieht, seinem Charakter nach wahlweise als proklamatorisch oder interrogativ zu verstehen, letzteres Deutungsmuster wird evoziert durch
also dachte ich das mal durch und da fiel mir eine Problematik auf, die ich kurz umreißen will:
und
ich brauche schleunigst eine neue Maxime...
wie auch durch den internen Duktus im Handlungsfortschritt des Textes.
Diese interrogative Deutungsnuance erscheint auch hinsichtlich des zu erwartenden Bearbeitungsergebnisses in ihrer Effektivität überlegen, weshalb ich diesen Pfad einschlagen werde.
Jeder interrogativen Textform haftet nun etwas zumindest Dualistisches an, ein Fragender steht seiner Frage gegenüber, ihre Überwindung, Übersteigung, vulgo Beantwortung, - der Begriff ein nomen compositum:
Ant|Wort mit der idg. Wurzel
Ant = gegen, vgl. en
ans|wer Antwort, mit der Endsilbe –ung, welche ein Passivum ausdrückt, eine Form der Gewalt, die die Frage erleidet, verstärkt durch Präfix Be-, welcher eine geradezu handgreifliche Beschwerung des Gewaltaktes impliziert, - ist ihm zumindest im Zustand des Textbeginnens noch ein schweres Unterfangen, wenn nicht die Frage in diesem Zustande selbst noch einer klaren Betrachtung sich entzieht.
Es geht also im tiefsten Kern um eine Machtfrage, um eine Frage des Obsiegens des Fragenden über die Frage, und im Falle der wie hier nach außen gerichteten Frage sogar im doppelten Sinne, um eine Vereinnahmung der Rezipienten in dieses existentielle Gefecht: Man kann eine Frage nicht lesen, ohne sie beantworten zu müssen, zumindest indem man vor ihr zurückweicht, indem man beschließt, sie nicht zu beantworten. Auch die Nicht-Antwort ist eine Antwort, indem sie der Frage das Feld kampflos überlässt.
Diesem Dilemma unterwirft nun der ursprünglich Fragende auch die Rezipienten seines Textes.
Im Sinne eines Fortganges der Ereignisse und nach eingehender Musterung der Kontrahenten, als welche die aufgebrachten Fragen nunmehr anzusehen sind, erscheint es sinnvoll, sich ihnen zu stellen, dabei ist der offenen Feldschlacht jedoch die Nutzung sich bietender Listen anzuraten. Der Frage, ob dieses gerecht sei, nach welchen Regeln überhaupt gekämpft werde, kann dahingehend begegnet werden, daß die Frage ihrerseits die sich ihr bietenden Mittel z.B. der Selbsthinterfragung des Fragenden nutzt, und daß im Sinne der Epoché der Regel nach Derrida, bezogen auf Levinas, "gerecht" und "gesetzmäßig" nicht wirklich sinnvoll getrennt werden können, da die "Gerechtigkeit" einer Handlung die Existenz einer Regel erfordert, aufgrund der gehandelt oder geurteilt werden kann, und zugleich erfordert, daß der Urteilende sich den inhaltlichen Gehalt der Regel so sehr zu eigen macht, daß er sie im Moment der Beurteilung selbst neu erfindet, Gerechtigkeit ist also immer mit einer Destruktion des bestehenden Rechtes verbunden, zerschlägt damit die Grundlagen, auf denen sie fußt.
Damit wäre freilich auch der Begriff der List dekonstruiert, impliziert er doch eine Handlung, welche in einem Verhältnis zu einem Rechtssystem steht, in einem Unschärfeverhältnis, denn der List haftet wie ihrem Gebrauch ein Element der Überraschung, des Unerwarteten, Unberechenbaren an, das sie dem von Regeln Umfassten entzieht, wie Regeln stets auf Bekanntes, zumindest für möglich Gedachtes sich beziehen, die Zukunft, das Unbekannte nicht zu übersteigen vermögen.
Der Fragecharakter des Textes erschließt sich aus den bereits zitierten Satzkonstruktionen und wird durch die explizite Verwendung des Fragebegriffes im Titel bekräftigt. Die hier verwendete Ausdrucksform "Strandgeschichte" impliziert jedoch eine mögliche luditive Motivation des Frageunterfangens, ist doch der Begriff des Strandes mit einem Ort der Vergnügung und der Nichtanstrengung konnotiert, was durch die im Text explizit erwähnten Attribute "Sonne" und Alkoholika Nahrung findet. Der Begriff der "Strandgeschichte" mit dem Hauptbegriff der Geschichte von
geschehen sich ereignen,
Geschichte das sich ereignet habende, vgl. auch J.S.Bach in sog. Kaffeekantate BWV? "...und sehet, was jetzund geschicht", hier gebraucht iSv Nicht-Bericht, d.h. mit unklarem Wahrheitsgehalt, nährt diese Zweifel weiter.
Die Frage, wie sie sich im Text implizit offenbart, betrifft geschlechterrollenspezifische Interaktionsmodi implizit sexueller Natur, wobei es unnötig ist, darauf zu verweisen, daß die Interaktion in Geschlechterrollen Befindlicher (also prinzipiell jeder menschlichen Interaktion) nach Freud immer sexuell konnotiert ist.
Sie offenbart weiterhin explizit ausgedrückte Unsicherheiten des Autors hinsichtlich der wählbaren Interaktionsmodi und ihrer Berechtigung im Lichte der Belange des Gegenübers und der eigenen Wünsche.
Die möglichen Interaktionsmodi werden beschrieben als
Freundschaft, Beziehung und Sex (ohne persönliche Bindung)
.
Die Wahl dieser Begrifflichkeiten ist in logischer Hinsicht als problematisch zu bezeichnen, da es sich beim Begriff der Beziehung (Be-Ziehung zu
ziehen, reißen, vgl. en
to tear, wiederum eine Form der Gewaltanwendung, diesmal an den Be-zogenen, in Be-ziehung sich befindenden) prinzipiell um ein Corollar zu jeder Form der Interaktion zwischen Menschen handelt. Das Problem kann in Richtung einer "Beziehung im engeren Sinne" aufgelöst werden, welche eine Intensität der Interaktion beschreibt, die durch Regelmäßigkeit, gegenseitige Überlassung von werthaltigen Dingen und Informationen ohne Kontrolle (sog. "Vertrauen") gekennzeichnet ist. Im trad. Sinne auch durch regelmäßige sexuelle Interaktion im Gegensatz zur Freundschaft, die trad. ohne diese gedacht ist.
Die Erwähnung des Interaktionsmodus "Sex (ohne persönliche Bindung)" mpliziert dabei die vom Autor zumindest für möglich gehaltene Überwindung dieser trad. Begriffstrennung, wodurch sich allerdings die Grenzen zwischen den Begriffen Freundschaft, Beziehung (im erwähnt engeren Begriffsgebrauch) und Sex (ohne persönliche Bindung) auflösen.
Der Satz
[...]da wären Freundschaft, Beziehung und Sex (ohne persönliche Bindung), die mir so spontan einfallen.
lässt sich also auflösen zu
"[...]da wäre Beziehung [als Corollar], die mir so spontan einfällt."
Eine Bekanntschaft (wohl gemerkt eine Form von Beziehung im Corollaren Sinne) kann also demnach zu einer Beziehung im corollaren Sinne entwickelt werden, das Spezielle zum Allgemeinen. Der performative Widerspruch in dieser Feststellung, daß nämlich das Einzelne zum Aggregat, dessen Bestandteil das Einzelne ist, entwickelt werden soll, ist offenbar.
Damit könnte die Untersuchung mittels des Reich-Ranickischen Existenzsatzes beendet werden.
„Gibt es überhaupt eine Frage? Ich glaube, nein!“
Indes, der Text ist nicht zuende, und dräuend erhebt sich der zweite Drache in Gestalt der Frage nach einer Maxime.
Die Suche nach solcher erweist sich als jene hinlänglich bekannte Suche nach dem Kerne eines Pudels, wes höllische Verortung durchaus passend ist und ein vorzeitiges Ende der Untersuchung als praecocisches Ereignis erscheinen lässt.
In nuce, Gegenstand ist, wie Lebensplanung und sexuelle Vorlieben überein zu bringen sind, wenn letztere praktische Erfahrungen erfordern, welche gleichzeitig mit Promiskuität konnotiert werden könnten – welche abgelehnt wird.
Die Frage nach der Konnotation der Promiskuität erscheint dabei als die fruchtbarste.
Sexualität beinhaltet auf der Erfahrungsebene immer etwas Eigenes und etwas Gemeinsames. Wobei bereits der Begriff der Erfahrung stocken lässt, impliziert er doch durch das enthaltene Verb
fahren eine Bewegung, welche durch das Präfix Er- als unwillkürlich passiv erlebt beschrieben wird, hier drängen sich Bezüge zu sog. Schamanischen Reisen auf, welche als Prozess des Geistes beschrieben werden.
Im Grunde eignet das Eigene und Gemeinsame auf der Ebene der Erfahrung dabei jeder Form der Interaktion, so dass obige Feststellung böswillig als trivial charakterisiert werden könnte.
Nun steht am Grunde jeder Erfahrung der Befund, dass sie nie frei ist von Voraussetzungen, die Vergangenheit des Einzelnen wirft stets lange Schatten auf das Neue, oder anders gesprochen, jedes Sein im fortschreitenden Hier gleicht dem Auslegen eines Netzes, das im Wortsinne vor-ausgesetzt wird.
Ob dies so auch für gänzlich Neues gilt, oder ob hier ein meristematischer Bewusstseinszustand anzunehmen wäre, ist eine sich aufdrängende Frage, welche jedoch so weit ab führen würde, wie sie fundamental ist für diese Untersuchung.
Fundamental deshalb, da die sexuellen Vorlieben des Autors eine ebensolche Voraussetzungslosigkeit der Erfahrung erfordern, wenn er Partnerinnen ohne sexuelle Erfahrungen bevorzugt. Daß dieser Zustand dabei so kurzlebig wäre wie die erste Kohabitation, ist maßgeblich einzuwenden.
Der Autor reibt sich viel mehr jedoch an der dem Sachverhalt innewohnenden Ungleichgewichtigkeit des Erfahrungshorizontes, speziell an der Frage nach der Legitimität dieser Ungleichgewichtigkeit als Paradigma wie auch an der Legitimität eigener Aktivität.
Wäre es gerecht, nur dem Manne ein Maß an Vorerfahrung und Promiskuität zuzubilligen? Die apriorische Antwort liefert der Autor in Gestalt eindeutiger Begriffskonnotationen promisker Frauen als „Flittchen“, „Nutte“ u.ä.
„Gerechtigkeit“ und „Gesetzlichkeit“ sind, wie bereits oben gezeigt, nicht von einander zu trennen, stehen vielmehr in einem Bedingungsverhältnis zueinander.
Indem die Trennung an der Epoché der Regel scheitert, weil das Urteil über die Gerechtigkeit stets mit einer Destruktion des Rechts verbunden ist, ist implizit das Recht als Kategorie apriorisch gegeben.
In diesem Moment der Epoché der Regel, des Aussetzens der Existenz, zumindest der apriorischen Gültigkeit des Norminhalts, tut sich eine weitere Aporie auf, jene der Heimsuchung durch die Unentscheidbarkeit. Jede Fürgerechterkennung erfordert einen Akt der Subsummierung des Konkreten unter das Allgemeine, in Gestalt einer anzuwendenden Norm. Dies wäre gewiss anhand einschlägiger Merkmale möglich, welche das Konkrete einem bestimmten Allgemeinen als zugehörig erkennen lassen.
Indes, ein solcherart gewonnenes Urteil wäre das Ergebnis eines technischen Aktes, und würde außerdem eben die erste Aporie negieren, nach der in diesem Moment kein Allgemeines existiert, außer jenes, das im Akt der Urteilsfindung neu geschöpft wird. Jedes Urteil, das wirklich Urteil im Sinne der Voraussetzungslosigkeit implizierenden Silbe Ur- sein will, ist also für einen Urteilenden a priori unentscheidbar, muss es sein, wenn er in Freiheit ein Urteil gewinnen will, der Moment der Epoché der Regel ist somit ein Moment des allein auf sich Geworfenseins des Urteilenden, in dessen Urteil dieser sich hernach selbst erweist.
Die Folgen dieser Aporie treten deutlich in Erscheinung – jede Beantwortung der Frage im Sinne einer Fürgerechterklärung eines Handlungsmodus oder einer Maxime wäre ein akt der Selbsterweisung des Urteilenden, wie auch die dezidierte Urteilsenthaltung.
Gesetzt, es würde geurteilt, es würde der Versuch unternommen, einen Modus für gerecht zu befinden, täte sich alsbald eine weitere Aporie auf, welche endgültig den Weg zu allem versperrt, was als Gerechtigkeit in einem objektiv gedachten Sinne zu bezeichnen wäre: Die Dringlichkeit, die den Horizont des Wissens versperrt.
Die Gerechtigkeit ist dringlich, sie erfordert ein unmittelbares Urteil, über einen Sachverhalt, der dem Urteilenden nicht in toto bekannt ist und nie in toto bekannt sein kann, denn er ist prinzipiell von dem Sachverhalt in seinem apriorischen Sinne getrennt, kann nicht hinter seine posteriorische Beziehung zu dem Sachverhalt zurücktreten.
Dem Gerechtigkeitsurteil eignet damit eine Entstehung im Blinden Fleck des Urteilenden, wenn nicht dessen Nebelumwölktheit.
Diese grundlegenden Betrachtungen sind für die gegebene Frage noch nicht hinreichend, da noch unklar ist, für wen Gerechtigkeit gesucht werden soll.
Gerechtigkeit kann proklamiert werden in dem Sinne, dass das Urteil dem Fragenden gerecht wird, oder in dem Sinne, dass das Urteil den von der Frage Betroffenen gerecht wird.
Dies zu entscheiden, erforderte ein Wissen um die diesbezügliche Intention der Frage, um dieser und dem Fragesteller mit der Antwort gerecht werden zu können. Diese Aporie ist undurchdringlich und kann nur in einer Rückgabe der Frage an den Autor münden.