wenn es - Maurice Antwort für einige Aussagen hier - "darauf ankommt" - was man unter Philosophie versteht, um zu entscheiden, was es mit einem Sachverhalt auf sich hat, dann scheint es tatsächlich so zu sein, daß es mehrere parallele, vielleicht teilweise ineinander verschränkte Philosophien gibt.
Maurice scheint mir dabei den Standpunkt einer Profi-Philosophie zu beanspruchen. Niveauvolle Philosophie ist, was eigens dazu ausgebildete Menschen, professionelle Philosophen, zu bestimmten Fragen zu sagen haben. Diese Aussagen mögen im Niveau variieren, sind jedoch dieser Ansicht nach das, was den State of the Art von Philosophie ausmacht. Diese Philosophie hat sich Arbeitsmethoden gegeben, die stark modellorientiert sind, abstrahiert weitestgehend reale Situationen auf modellhafte Strukturen, und sucht Detailantworten, nicht mehr die Antworten für´s große und Ganze.
Demgegenüber steht das mehr oder weniger niveauvolle private Philosophieren. Dieses richtet sich fast nie an den Fragestellungen der professionellen Philosophie aus, kennt wenige von deren Problemen, kaum eine ihrer Methoden und beschäftigt sich in einem unentwegten Kreislauf immer wieder um dieselben altbekannten "großen" Fragen des Daseins, für die sie ganzheitliche Antworten sucht, das sind solche, die über den Intellekt - und nicht über den Glauben - die Sehnsucht nach Bedeutsamkeit befriedigen.
Meine Position dazu sieht so aus, daß ich die professionelle Philosophie in dem Maße uninteressant finde, als ich sehe, daß sie sich der Unschärfe des Daseins verweigert. Ich habe nichts gegen l´art pour l´art der Logik und der Analyse, aber das betreibe ich bestenfalls gelegentlich als Spiel, denn das "wahre Leben" spielt sich im Schmutz der Vermengung ab. Misch.Masch. Einer Analyse, die von den Myriaden Bedeutungsnuancen eines Wortfeldes eine Myriaden minus eine wegfallen läßt, um zu Genauigkeit zu gelangen, werde ich immer "Thema verfehlt" ins Buch schreiben.
Das "ganzheitliche" Philosophieren der "Privaten" scheint mir demgegenüber nur da zu relevanten Antworten zu führen, wo deren Denken nicht dem Glauben verpflichtet ist, aus der Existenz der Sehnsucht nach Bedeutsamkeit folge, daß es etwas gäbe, was diese Sehnsucht befriedigen könne. Eine relevante Antwort könnte zum Beispiel aus meiner Sicht der Dinge das Heidegger-Zitat aus der "Metaphysik" sein, die Passage, in der es um "nicht" und "Nichts" geht. Die ganze Passage ist aus der Sicht des Profis natürlich Schwachfug. Aber als Ergebnis ode Ausgangsthese einer privaten philosophischen Auseinandersetzung mit dem eigenen Tod und der Angst davor ist sie nicht von schlechten Eltern.
Vielleicht war Heidegger einfach einer der wenigen Profi-Philosophen seiner Zeit, der als Privatperson das ganzheitliche Philosophieren noch nicht verlernt hat. Das scheint mir nahezu der glücklichste - und im 20ten Jahrhundert seltenste - Fall zu sein^^