Nach den Musik-, Film- und Geschichtsthreads hier der entsprechende Philo-Thread. Vorneweg: Das ist ein Softcore-Philo-Thread, also keine Angst bezüglich eigener Meinungsäußerungen!
Hier soll es um "Philosophie" im weiten Sinne gehen, also auch im Sinne von "Weltanschauungen" und "Lebenseinstellungen". Es ist daher auch in Ordnung den Dalai Lama oder den Feminismus zu nennen, wenn diese einen mit ihrer Weltsicht geprägt haben... notfalls geht auch Heidegger o.ä.
1. Als mir das Thema einfiel dachte ich zuerst an Nietzsche, weil er der erste Autor war, mit dem ich mich intensiver beschäftigt hatte und meinen Einstieg in die philosophische Literatur darstellte. Ich kam aber dann schnell zu dem Schluss, dass er wohl nicht zu den Autoren gezählt werden kann, die einen dauerhaften Einfluss auf mich gehabt haben, da er nur kurze Zeit stilprägend für mich war und meine inhaltlichen Übereinstimmungen mit ihm schon vorher gegeben waren.
2. Was schon eher prägend war, war Benthams Utilitarismus auf Grund der Betonung des Zweck-Mittel-Denkens. Iirc haben wir in der Schule nur Benthams Version behandelt und nicht Mills Utilitarismus oder gar moderne Formen. Ich selbst war über mehrere Jahre Utilitarist, habe den Standpunkt aber seit einiger Zeit gegen einen Amoralismus eingetauscht. Desweiteren schätze ich den Utilitarismus für mich als prägend ein, da sein Zweck-Mittel-Denken den Schritt zu einem Amoralismus "einfacher" gestaltet als z.B. bei einer kantischen Moralphilosophie.
3. Als einzelner Philosoph war schätzungsweise Mario Bunge bisher am prägensten - nicht inhaltlich sondern formal. Ich habe im zweiten Semester ein Seminar besucht, in dem nur sein Buch "Über die Natur der Dinge" behandelt wurde und das mich damals sehr beeindruckt hat (andere hat es zu tode gelangeweilt). Der Aufbau des Buches machte auf mich einen sehr systematischen Eindruck, es erschien streng gegliedert, der Autor war um präzise Definitionen bemüht, die bei seinen Problemlösungsversuchen eine entscheidende Rolle spielten. Dieses Buch bewirkte bei mir soetwas wie einen "onthological turn" bei mir, der sich dann zu einem "analytic turn" entwickelte.
Ob ich das Buch heute noch immer so beeindruckend finden würde, weiß ich nicht. Ich will es deshalb bei Gelegenheit nochmal lesen, um das zu prüfen. Negativ ist bisher festzuhalten, dass wenn ich das Buch einigermaßen korrekt in Erinnerung habe, mir in diesem aus heutiger Sicht zuviele Probleme verkürzt behandelt wurden. Aber es war ja wie gesagt auch primär vom Stil her prägend und nicht vom Inhalt.
Ich schätze, dass ich insgesamt wenig von anderen Philosophen und Philosophien geprägt wurde (zumindest soweit ich das bewusst beurteilen kann). Ich habe mir primär immer eigenständig Gedanken gemacht und Standpunkte entwickelt. Das resultiert wahrscheinlich auch mit daraus, dass ich mich auf keinen Autor fixiert habe und mich ab meinem Studium darum bemüht habe, viele verschiedene Standpunkte kennenzulernen.