Zitat von Kardinal Meisner:„Vergessen wir nicht, dass es einen unaufgebbaren Zusammenhang zwischen Kultur und Kult gibt. Dort, wo die Kultur vom Kultus, von der Gottesverehrung abgekoppelt wird, erstarrt der Kultus im Ritualismus, und die Kultur entartet. Sie verliert ihre Mitte.“
So sprach Kardinal Meisner neulich anläßlich der Eröffnung eines kirchlichen Museumsbaues, und wegen der Verwendung des Wortes von der "Entartung der Kultur" und ganz grundsätzlich inhaltlich ist er dafür hart angegriffen worden.
Für mich ist die Verwendung des "entartet" zumindest fahrlässig, wenn nicht vorsätzlich mit bewusst erzeugter Provokationswirkung, wenn ich sehe, daß er sich von diesem Ausdruck nicht distanziert hat. Einem Ausdruck, der für ihn vielleicht das Gemeinte am treffendsten beschreiben mag, der aber nach wie vor belastet ist, ein Unwort.
Jenseits dessen aber zeigt Meisners Äußerung für mich aber eine Weltsicht auf, die IMHO rückwärtsgewandter nicht sein kann - und die er etymologisch auch zweifelhaft begründet.
Der Begriff der Kultur von lat. cultura, verwandt mit colere bedeutet mitnichten nur die Verehrung eines Gottes, sondern auch und vor allem das Bebauen und Pflegen eines Landes, einer Welt im übertragenen Sinne.
Munchs "Schrei", Shakespeares Dramen, das Genji Monogatari - sind diese alle in Ritualismus erstarrt? Für mich nicht, vielmehr liegt ihr künstlerischer Wert, abgesehen von ihrer Bedeutung in ihrer Zeit, eben darin, daß sie jedes Mal aufs Neue etwas beim Betrachter oder Leser evozieren.
Zweifellos sind im Zeichen der Gottesverehrung große kulturelle Leistungen vollbracht worden - die Pyramiden von Gizeh, vielleicht die Höhlenmalereien, die Pyramiden in Mexico, der Gregorianische Gesang, um nur wenige zu nennen, aber Religion ist denke ich immer nur ein Auslöser von vielen gewesen.