Dalai Lama: Ex-Despot wird zum Superstar?

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
Maglor
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Fr 31. Aug 2007, 18:10 - Beitrag #21

Zitat von Ipsissimus:übrigens: seine Biografie gibt eigentlich keine Anhaltspunkte für die Bezeichnung "Despot" (ob mit oder ohne Ex) her^^


Tja, stimmt irgendwie ist ihm die maoistische Expansionspolitik dazwischen gekommen. ]Die Untertanen sind ihrem Despoten zu unbedingtem Gehorsam verpflichtet. Es gibt kein Parlament und keine Parteien oder diese bestehen nur zum Schein. Eine Opposition besteht nicht und eine Diskussion wird nicht geduldet. Kritiker und Abweichler werden gnadenlos verfolgt. Der Despot regiert zumeist durch Günstlinge, die nicht selten große, aber ausschließlich von ihm herrührende politische Macht besitzen, die er durch Schüren der Konkurrenz unter ihnen zu kontrollieren bestrebt.

Der Personenkult um einen Despoten nimmt häufig religiöse Züge an: sein Abbild wird beispielsweise auf Medaillen und Porzellantellern dargestellt, man sieht ihn auf Denkmälern; Straßen und Plätze sind nach ihm benannt.

Der Herrscher einer Despotie besitzt ein absolutes Machtmonopol, ihm allein unterstehen das Militär und die Polizei. Häufig gibt es eine Geheimpolizei für die Verfolgung politischer Gegner und oft orientiert sich die Politik an einer Ideologie.[/QUOTE]

Maglor
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So 30. Sep 2007, 01:00 - Beitrag #22

Es ist schon unglaublich wie viel Deutschland auf ein seit Jahrzehnten entmachteter König wert ist. Mal eben trifft sich Frau Kanzler Merkel mit seiner Reinkarnation und schon schreibt China böse Briefe. Und was denkt sich "Deutschland"? Es ist doch unsere Sache mit welcher Art von Exilregierung wie verkehren und das geht doch die tatsächliche Regierung nichts an.
Ich hätte ja gern mal die Gesichter und Reaktionen gesehen, wenn ein wiederauferstandender Erich Honecker oder Kaiser Wilhelm II. sich mit dem Regierungschef der Volksrepublik treffen würde. :crazy:

Ipsissimus
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Mo 1. Okt 2007, 11:46 - Beitrag #23

es gibt einen Begriff dafür^^ la comédie humaine

auch wenn es eine comédie tragique ist^^

Maglor
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Mo 1. Okt 2007, 21:07 - Beitrag #24

Kann man das auch für ungebildete Proleten übersetzen, die jener Sprache nicht mächtig sind, übersetzen?
Danke Maglor :rolleyes:

Ipsissimus
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Mo 1. Okt 2007, 22:28 - Beitrag #25

die menschliche Komödie. auch wenn es eine Tragikkomödie ist

bitte sehr^^

janw
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Di 2. Okt 2007, 00:12 - Beitrag #26

Naja, Regierungs-und Parteichefin einer sich als christlich definierenden Partei und Regierung trifft Schamanen zum Gedankenaustausch...das könnte auch unter "interreligiöser Dialog" abgelegt werden^^

Ich denke, daß Frau Merkel bei allem Komödiantischen der Sache mit der Aktion das in die Tat umgesetzt hat, was bundesdeutsche Politiker sonst als Pflichtübung in ein paar Nebensätzen abzuhandeln pflegen, nämlich auf die Einhaltung gewisser Standards im Umgang mit Minderheiten zu dringen.
China hat seine Kultur verloren, so hätte glaube ich kein Kaiser reagiert...

Saarländer und wackessisch, ist das nicht auch ein kleines Drama?^^

Maglor
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Di 2. Okt 2007, 16:44 - Beitrag #27

Wie kann die Kanzlerin bitte schön im Gespräch mit einem bereits abgesetzten Gottkönig irgendetwas in Richtung Menschenrechte erreichen???
Vielleicht versucht Angela Merkel nur am Nimbus seiner Heiligkeit und damit an seiner Beliebheit bei den Deutschen teilzuhaben und nimmt dafür etwaige diplomatische Zerwürfnisse mit der Volksrepublik billigend in Kauf. ;)
Eine ähnliche Technik unterstelle ich mal eben dem hessischen Ministerpräsident und Lama-Freund Roland Koch.
MfG Maglor

janw
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Fr 5. Okt 2007, 23:43 - Beitrag #28

Nun, "Angie" macht auch andernorts immer wieder auf das Thema Menschenrechte aufmerksam, ich würde hier nicht ausschließlich von Effekthascherei ausgehen.
Daß sie etwas bewirkt hat, zeigt die Reaktion der Chinesen. Der Dalai Lama, was man auch immer von ihm halten mag, ist eine Symbolfigur, und Bilder eines Treffens zwischen ihm und einer Regierungschefin eines nicht ganz bedeutungslosen Staats haben eine gewisse Symbolkraft.

Andererseits war sie jetzt ein paar mal in orange getönten Klamotten zu sehen. Sollte uns das zu denken geben? ;)

Ipsissimus
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Di 9. Okt 2007, 11:08 - Beitrag #29

ja, sie ist zu den Hare Krishna konvertiert^^

dass China seine Kultur verloren hat, bezweifele ich^^ Machtpolitik gerhörte schon immer und überall zur Kultur dazu^^

janw
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Di 23. Okt 2007, 20:30 - Beitrag #30

Ipsi, ja, die Machtpolitik...aber ist nicht eines der fernöstlichen Grundmuster diese Sache mit dem Gesichtsverlust, wenn man zeigt, daß man sich getroffen fühlt?

Maglor
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So 30. Mär 2008, 17:55 - Beitrag #31

Massive Einwanderung = gleich "kultureller Völkermord"

Naja, dem tibetanischen Exil-König in allen Ehren, aber haben wir es hier nicht mit propagandistischen, fremdenfeindlichen Äußerung zu tun? W
enn soetwas jetzt der Ede, ebenfalls enthronter Landesfürst eines Bergvolkes, gesagt hätte??? Sicher wäre es ein Skandal, wenn der böse Roland Koch etwaige Überfremdung durch Zuwanderer als Völkermord bezeichnen würde. Und der hessische Lama-Freund hätte unter Garantie nicht die Möchtegern-Buddhisten und Weltverbesserer auf seiner Seite.

Ich will an dieser Stelle die China, ihren Maoismus mit kapitalistischem Antlitz und ihren Volkskrieg keineswegs verteidigen, aber wir wissen nicht, was sich in Tibet warum abspielt.
Gehen wir mal von tatsächlichen Unruhen aus, von aufgebrachten die Tibeter die auf die Straße gehen und machen, was Demonstranten eben machen, also Scheiben einschlagen, Autos anzünden und mit Steinen auf Polizisten werfen...
(Ich wundere mich ja als Bürger der Volksrepublik auch nicht wundern, wenn eine Sitzblockade von Panzern überfahren wird.) :(
Aber was wollen die Aufrührer:
- Geht es um Separtismus, Autonomie oder gar die Restauration der lamaistischen Monarchie?
- Geht um die Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg und Wohlstand der Küstenprovinzen?
- Geht es um eine Stopp Angesiedelung Han-Chinesen oder gleich um deren Vertreibung?

Nun, liebe Matrxianer, das Buffet ist wieder eröffnet! :crazy:
MfG Maglor

Ipsissimus
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Mo 31. Mär 2008, 11:23 - Beitrag #32

ich gehe davon aus, das die Unruhen in Tibet eine gezielte Ausnutzung der Olympischen Spiele darstellen; damit will ich keine Aussagen über die Angemessenheit dieser Unruhen machen. Aber die zeitliche Nähe zu den Spielen als Zufall hinzustellen, wäre schon arg viel des Zufalls. Insbesondere denke ich dabei an Lama Ole Nydahl, einen westlichen Repräsentanten der Kagyü-Linie, der bereits einmal bei der Frage der Karmapa-Nachfolge erhebliche politische Verwerfungen verursacht hatte, weil ihm die "typisch" buddhistische Haltung der anderen Lamas zu passiv war. Das ist aber nur eine Überlegung, keine Behauptung. Jedenfalls gehe ich davon aus, dass die Unruhen gezielt lanciert sind, und von wem schon, wenn nicht von Exil-Tibetern.

Wir sind uns darüber einig, Maglor, dass die tibetische Theokratie vergleichbar inhumane Züge trug wie der chinesische Militarismus; von daher ist es - wie auch an deiner Liste möglicher Ziele klar wird - gar nicht so einfach zu wissen, was die Aufständischen wollen. Möglicherweise einfach nur religiöse Selbstbestimmung. Der Buddhismus hat sich viele Jahrhunderte in intensiven Auseinandersetzungen mit den ursprünglicheren chinesischen Philosophien des Konfuzianismus und des Taoismus befunden, die heutigen Kämpfe sind daher gewissenmaßen nur das Weiterflackern eines nie endgültig gelöschten Feuers. Von daher: man darf gespannt sein.

Maglor
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Mo 31. Mär 2008, 17:51 - Beitrag #33

Da will man mal richtig provozieren und die Sau rauslassen und dann sowas. Zustimmung! :o
Diskussionsforen können so doch gar nicht funktionieren. :(
:crazy: :rolleyes: :crazy:

Nun beschränken wir uns auf die Rolle des Dalai Lamas im aktuellen Geschehen. Wir stimmen ja, denke ich, darin überein, dass die chinesische Regierung mit ihrer Verschwörungstheorie um die Dalai-Lama-Bande hoffnungslos übertreibt. Wie kommen denn ordentliche Maoisten überhaupt auf die Idee, die Macht eines greisen Sakralkönig könne so weit reichen? :wand:

Nun fang ich denn mal an mit bösartigen Unterstellungen gegen den Ex-Kindkönig!
Der alte Mann relativiert den Völkermordbegriff, benutzt ihn im Zusammenhang mit Migration. Pfui! Was die lateinische Bildung aus Galliern und Iberern gemacht haben, würde ja auch keiner als Völkermord bezeichnen. Völkermord ist doch, wenn ein Volk das andere umbringt oder es wenigstens versucht. Wir Deutschen müssten's ja am besten wissen! :crazy:
Der Dalai Lama nutzt seine Popularität im westlichen Ausland schamlos aus. Allein schon die Idee, der Dalai Lama könne oder solle in Tibet Verhandlungen führen ist abstruss. Am besten schicken wir auch einen Vertreter des Hauses Hohenzollern-Sigmaringen nach Moldawien und den Konflikt um das abtrünnige Transnistrien zu lösen. Schließlich war ja der letzte König von Rumänien ebenfalls solchen Blutes. :D
MfG Maglor :crazy:

Ipsissimus
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Di 1. Apr 2008, 11:13 - Beitrag #34

die Chinesen neigen üblicherweise nicht dazu, sich irgendwelchen Illusionen hinzugeben; die Frage wäre daher eher, was sie damit bezwecken, eine Verschwörungsthese um den Dalai-Lama zu inszenieren, obwohl sie genau wissen, dass der Dalai Lama im Reigen der vier Linien (Kagyü, Nyingma, Sakya und Gelug - sie sind in etwa die tibetischen theokratischen Entsprechungen von Hohenzollern und Co, allerdings nicht auf Verwandtschaftsverhältnissen beruhend) eine eher untergeordnete Rolle spielt. Er ist noch nicht mal Oberhaupt seiner eigenen Linie, der Gelug (Oberhaupt ist der Panchen Lama, der für die Ausbildung des Dalai Lamas zuständig ist).

Wenn die Chinesen auf den Dalai Lama zielen, dann deswegen, weil er der bei weitem populärste und bekannteste Vertreter Tibets im Westen ist, zwar keine Integrationsfigur für die Tibeter, aber sehr wohl eine Symbolfigur für den Westen. Ich vermute daher mal, dass die Chinesen sehr wohl einschätzen können, dass sie innertibetisch mit dem Aufstand fertig werden können, aber sie fürchten die zwar irrige aber starke Affinität des Westens zum Dalai Lama. Gerade im Zusammenhang mit den Olympischen Spielen fürchten sie den Gesichtsverlust, den der Dalai Lama ihnen zufügen könnte, vor allem, wenn es zu einem umfassenden Boykott der Spiele käme.

Was seine Völkermordthese angeht, sei nachsichtig^^ einerseits ist er nicht erfahren genug in echter Machtpolitik, er kann ohnehin nur mit Worten geißeln; andererseits hat er nicht ganz unrecht, wenn man an die "Migration" der weißen Unterschichten-Europäer in Nordamerika denkt, die auch mit der weitgehenden Ausrottung der einheimischen Bevölkerung einher ging.

Ich denke, die Chinesen wissen ziemlich genau, dass die Unruhen nicht Aufstände des tibetischen Volkes als Ganzem, sondern seiner Mönche sind. Also zielen sie auf deren bekanntesten Repräsentanten.

janw
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Di 1. Apr 2008, 13:19 - Beitrag #35

Ipsi, könnte es sein, daß die Chinesen versuchen, einen Keil zwischen die tibetischen Linien zu treiben? Die Gefahr dafür scheint mir gegeben, wenn tatsächlich Ole Nydahl hinter den aktuellen Geschehnissen stehen sollte: So kontrovers, wie er offenbar gesehen wird, könnte es zu einer Spaltung unter den Tibetern bzw. unter den Mönchen kommen, oder wie siehst Du das?

Zitat von Ipsissimus:Ich denke, die Chinesen wissen ziemlich genau, dass die Unruhen nicht Aufstände des tibetischen Volkes als Ganzem, sondern seiner Mönche sind. Also zielen sie auf deren bekanntesten Repräsentanten.

Sicher...aber läuft diese Feststellung nicht auf eine Marginalisierung der Geschehnisse hinaus, wie auch die Konservativen hierzulande gerne sagen, die 68er seien ja "nur" Studenten und so gewesen ?
Letztlich sind doch die Mönche in Tibet zum einen Integrationsfiguren der Bevölkerung, zum anderen die einzige verfasste Gruppierung, die überhaupt sich noch zu Wort melden kann.

Ich sehe das Treiben der Chinesen durchaus als Völkermord an insofern, daß die Kultur der Menschen dort planmäßig zerstört wird, durch Marginalisierung der Kultur in den Schulen, Umbau der Städte nach chinesischem Standard-Muster, Zerstörung von Tempeln oder deren Touristisierung, gezieltes outnumbering der Tibeter durch Herankarren von Chinesen mit Steuervorteilen usw.
Das einzige Problem, das ich mit der Focussierung auf Tibet habe ist, daß die anderen Völker, die Uiguren usw. dabei nicht gesehen werden, mit denen auf dieselbe Weise verfahren wird.

Ipsissimus
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Di 1. Apr 2008, 14:13 - Beitrag #36

Nydal kann nur für Kagyü sprechen, und auch da ist er nur einer unter vielen. Andererseits, er ist ein Mann von großem Charisma und großem persönlichen Engagement, er wäre in der Lage, so was hochzuziehen und zu koordinieren. Allerdings hat er sich mit seiner Karmapa-Aktion nicht nur Freunde gemacht; es ist schwer, abzuschätzen, wie groß sein Einfluss tatsächlich ist. Dass er "umstritten" ist, kann wohl als mindestes gesagt werden.

Wiederum andererseits, der Verbund der vier Linien ist so eng denn auch wieder nicht; wenn China versuchen sollte, diesen Verbund auseinander zu dividieren, dann gäbe es jede Menge Anhaltspunkte im Bereich religiöser Eifersüchteleien

Ich möchte daran erinnern, dass Tibets Unabhängigkeitserklärung von 1913 weder von China, noch von irgendeinem anderen Staat der Welt jemals anerkannt worden ist. Tibet war zwar über Jahrhunderte praktisch autonome Region, stand aber de facto immer entweder unter mongolischer, chinesischer oder britischer Suzeränität; die Protektionsmächte achteten allerdings meistens - im Falle Chinas bis nach den 2ten Weltkrieg - die innere Autonomie des Landes mit gewährter Religionsfreiheit und eigener mönchischer Verwaltungs- und Herrschaftsstruktur. Einen verfassten Anspruch darauf hat es jedoch, so wie wir "Verfassung" verstehen, in Tibet nie gegeben. Und über die Lebensumstände der nichtprivilegierten Bevölkerungsteile unter der Bedingung der mönchischen Theokratie schweigt des Sängers Höflichkeit. Das Ende der chinesischen Toleranzpolitik fiel mit Aufständen zusammen, die im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Landwirtschaft im Sinne der kommunistischen Kolchosen entstanden. Danach erst begann die aktive Migration von Han-Chinesen nach Tibet.

Ich habe bei dieser ganzen Geschichte sehr zwiespältige Gefühle. Ich mag die Mönche nicht, und ich bezweifele, dass es zum Wohl der Bevölkerung wäre, wenn sie in ihre alten Privilegien wieder eingesetzt würden. Andererseits ist es ganz klar, dass die Tibeter sich als eigenständiges Volk und vielleicht auch Nation fühlen; eine Wiedereinführung des alten Zustandes als autonomes Gebiet unter Suzeränität Chinas wäre daher vielleicht ideal - der alte Zustand war jahrhundertelang für beide Seiten von Vorteil. Ob das angesichts der mittlerweile aufgetretenen Feindseligkeiten noch möglich ist - keine Ahnung. Man müßte wirklich einmal hingehen, und das Volk befragen. Was die Mönche sagen, entspricht natürlich ihrer ureigensten Perspektive, und die ist von Privilegienansprüchen bestimmt. Aber ob das einfache Volk das überhaupt will, und was es genau will - das herauszufinden wäre mal ganz interessant. Andererseits, wann und wo hätte je das Volk in solchen Fragen schon mal was zu sagen gehabt.

Ich befürchte, es wird keine harmonische Lösung geben.

janw
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Di 1. Apr 2008, 14:50 - Beitrag #37

Was genau schreckt Dich an den Mönchen?

Natürlich ist der historische Zustand der theokratischen Diktatur nichts, wo mensch guten Gewissens hin zurückkehren wollen kann - und will das überhaupt ein Oberhaupt einer der Linien? - aber dann stellt sich die Frage "wohin dann?"

Ich befürchte, daß, wenn man die Menschen fragen würde, sich keine tragfähige Antwort ergeben würde, erst recht nicht "westliche Demokratie", denn die ist doch viel zu sehr mit einem individualistischen Menschenbild verbunden, das den Menschen doch vielfach recht fremdartig vorkommen dürfte.
Letztlich, wie lange haben "wir" gebraucht, um die Vorstellung mittelalterlicher Gottgeborgenheit durch die Vorstellung alleiniger Selbstverantwortlichkeit und individueller Werthaltigkeit zu ersetzen?

Ipsissimus
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Di 1. Apr 2008, 15:11 - Beitrag #38

was mich an den Mönchen schreckt? Gib organisierter Religiosität politische Macht in die Hände und sieh, was mich schreckt. Der tibetische Buddhismus ist in meinen Augen zu wenig buddhistisch, als dass ich seinen Repräsentanten weiter trauen würde als hiesigen Pfaffen und höheren Kirchenfunktionären auch

gerade weil bei diesem Land, wie bei vielen anderen auch, noch längst keine humanistischen Standards in der Bevölkerungsmentalität vorausgesetzt werden dürfen, ist es so schwierig, auch nur zu sehen, was für diese Menschen wirklich gut wäre. Was die Chinesen machen, ist der brachiale Versuch, einige Jahrhunderte Entwicklung zu überspringen, in der Hoffnung, dass dort funktioniert, was bei ihnen auch schon funktionierte. Dass dieser Versuch nicht Menschenfreundlichkeit sondern Machtanspruch entspringt, macht ihn nicht gerade sympathischer.

Die einzige harmonische Lösung, die mir einfällt, besteht darin, dass man diese Menschen sich selbst überlässt. Das wird nicht passieren. Die Mönche und die Chinesen sind sich darin einig^^

Maglor
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Di 1. Apr 2008, 22:28 - Beitrag #39

Ipsi, ich staune über deine Bildung. :)
Also ich erinnere mich an eine Zeitungsnachricht vor vielen Jahren als der neue Panschen Lama wiedergeboren. Gab es da nicht irgendwie zwei Kanidaten? Eine der Chinisen und einen der Inder, äh Exil-Tibeter.
Die nicht dynastische Wiedergeburt der tibetischen Monarchen könnte der Vorteil Chinas sein. Wenn der jetzige Dalai Lama irgendwann doch ein mal ins Gras beißen sollte, können die regime-treuen Lamas einfach ein Kind zum neuen Dalai Lama ernennen und entsprechend zurecht erziehen.

Zur Dekadenz buddhistischer Mönche:
Es sagt schon viel aus, dass unser bösartiges Fremdwort Bonze aus dem Japanischem? stammt und eine gewisse Gruppe von Mönchen bezeichnet. ;)
Neulich habe ich mal eine Dokumentation über die thailändische Küche gesehen. War auf Arte, sehr interessant.
Es ging um eine Frau, die ihr Geld als Imbissverkäuferin in Bangkok verdient. Sie brät interessanterweise Grillen, Heuschrecken, Maden und riese Wasserskorpione. Nur manchmal kann sie ihre Familie auf dem Land besuchen, die sie ernährt. Und am einem komischen buddhistischen Feiertag, bastelt die Familie Bäumchen, die sie mit großen Geldscheinen behängt und schenkt sie den Mönchen. (Die natürlich keiner Form der Erwerbsarbeit nachgehen.) Es erinnerte mich schon irgendwie an den mittelalterlichen Zehnt und beim Anblick orangener Kutten kann einem schon mal des Geyers Schwarzer Haufen in den Sinn kommen.
Friede den Hütten, Krieg den Palästen Georg Büchner
Theoreatischer Sozialismus kann so schön sein. :D

Lykurg
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Di 1. Apr 2008, 22:54 - Beitrag #40

Dunkel erinnere ich irgendwoher, daß Tibet vor dem Mongolensturm ein durchaus eigenständiges Großreich war; und daß die BRD (abgesehen von Äußerungen Joschka Fischers) die Annektion durch China nie anerkannt hat. -
Über die derzeitige Situation dort, die wahren Gründe des Aufstands und entsprechende Berechtigung könnte ich nur spekulieren; das lasse ich lieber.

Versorgung der Geistlichen durch freiwillige bzw. durch Sozialkontrolle erwirkte Gaben ist fast überall üblich, wo es keine Kirchensteuer o.ä. gibt. Darin sehe ich keinen besonderen Makel einer Gesellschaft; immerhin wird damit die Steuererklärung weniger kompliziert.^^

Selbstüberlassung könnte so schön sein...

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