Jugendliche als Geheimagenten gegen den Verstoß gegen das Jugendschutzgesetz

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Maurice
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So 14. Okt 2007, 11:08 - Beitrag #1

Jugendliche als Geheimagenten gegen den Verstoß gegen das Jugendschutzgesetz

Die meisten werden in den Nachrichten davon gehört haben, Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyer möchte Jugendliche dafür einsetzen, Verstöße gegen das Jugendschutzgesetz zu prüfen, indem sie testweise Alkohol, Zigaretten und andere Sachen zu kaufen versuchen sollen, die für ihr Alter eigentlich nicht zugänglich sein sollten. Es soll damit geprüft werden, ob sich die Verkäufer auch an das Verkaufsverbot halten. In Frage kämen laut Vorschlag Jugendliche ab 14 Jahren.
Als ich das gehört habe, fand ich die Idee sofort klasse, weil es die Chance erhöht, Verkäufer, die sich gesetzeswidrig verhalten (und das bezüglich eines Gesetzes, was ich für gut halte) aufzuspüren und zu bestrafen. Außerdem gehe ich davon aus, dass diese Kontrollen eine abschreckende Wirkung erzielen und sich in Folge dessen mehr Verkäufer an die gesetzlichen Vorgaben halten.

Nun regt sich aber von anderer Seite Protest (oh Wunder!) und es wird sogar von "Kindesmissbrauch" gesprochen. Kann mir bitte jemand erklären, inwiefern bei dieser Aktion missbraucht werden würden, die garantiert nicht zu diese Aktionen gezwungen werden?
Darüber hinaus bekommen sie ja auch verstärkt vermittelt, dass bestimmte Konsumgüter gesetzlich nicht für sie vorgesehen sind und desweiteren praktisch lernen, dass kontrolliert werden muss, ob Gesetze eingehalten werden, damit die entsprechenden Verordnungen wirksam sein können. Sie engagieren sich mit diesen Überprüfungen politisch und sozial für das Allgemeinwohl, insbesondere für Menschen in ihrer Altersgruppe.

PS: Meine Argumente sind soweit genannt, mir persönlich geht es hier um den Versuch, den für mich völlig absurd erscheinenden Vorwurf des Kindesmissbrauchs ein klein bisschen verständlich zu machen.

Maglor
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So 14. Okt 2007, 12:46 - Beitrag #2

Das Problem an der Sache ist, dass hier Kinder bzw Jugendliche aufgefordert werden zu lügen und zu bespitzeln. Beides gehört nicht unbedingt in den Wertekanon der Bundesrepublik.
So wie Jugendliche ab 14 kenne, profitieren sie zumeist selbst von derartigen Verstößen gegen das Jugendschutzgesetz. Im Grunde gilt ja auch das protestantische Gewohnheitsrecht, wonach Jugendliche im Zuge ihrer Konfirmation in die Welt der Spirituosen eingeführt werde und sich darin anschließend zwei Jahre illegal versuchen, bis es eben von Rechts wegen erlaubt ist. :crazy:
Ansonsten kann man das ganze natürlich noch ausdehnen, etwa auf ernst zu nehmendere Straftaten. (Ich denke mal, dass Jungdetektive mit solchem Peanuts wie Bierausschank an unter 16jährige nur ihrew Zeit verschwenden.) Also könnten etwa die Jungdetektive sich als Lockvögel in die Kinderpornografie und die Kinderprostitution einschleichen und ihre Ermittlungen den Ordnungshüter melden...
MfG Maglor :rolleyes:

janw
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So 14. Okt 2007, 12:57 - Beitrag #3

Staat erklärt Jugendliche ab 14 Jahren für soweit geschäftsfähig, bestimmte Rechtsgeschäfte tätigen zu dürfen - und damit für unfähig, andere tätigen zu dürfen. Unter anderem jenes, sich durch Beteiligung an einer Wahl politisch für die eigenen Belange einzusetzen.
Durchweg mit dem Argument, dies zum Schutz der Jugendlichen vor den für sie nicht überschaubaren Folgen dieser Rechtsgeschäfte zu tun.
Nun sollen eben diese Jugendlichen, denen Staat durchweg mangelnden Durchblick unterstellt, von eben diesem Staat dazu benutzt werden, andere auf die Einhaltung von Gesetzen zu prüfen, sie möglicherweise zwecks verschärfter Prüfung gar zu einer Straftat anzustiften - deren Folgen sie aber eigentlich nach der sonstigen staatlichen Logik nur unvollständig überblicken können.

Das geht nicht, damit führt der Staat seine ganze Fundamentierung der Jugenschutzgesetze ad absurdum.
Ganz davon abgesehen, daß die Aussagen von Jugendlichen nur begrenzt rechtsverwertbar sind, nun aber als entscheidender Aufhänger für strafrechtliche Ermittlungen dienen sollen.

Davon ab bin ich mir nicht sicher, ob der Einsatz verdeckter Ermittler ansonsten so ohne Weiteres möglich ist oder nicht erst eines dringenden Tatverdachtes bedarf. In jedem Falle sind verdeckte Ermittler iirc immer Beamte, d.h. der Staat prüft in Fällen hinreichender Dringlichkeit mit eigenen Mitteln die Einhaltung als wichtig erachteter Vorschriften.

Kommt noch hinzu, daß iirc auch der Erwerb von Alkohol und Tabak von Jugendlichen eine Ordnungswidrigkeit darstellt - wie soll den Jugendlichen vermittelt werden, daß sie plötzlich etwas dürfen, weil im staatlichen Auftrag, wofür ihre Altersgenossen zumindest einen ordentlichen Rüffel bekommen?

Und: wird bald jeder Ladeninhaber, der mal ein paar Jugendliche wegen ihres Verhaltens zur Odnung gerufen oder vor die Tür gesetzt hat, mit anonymen Anzeigen konfrontiert? Was, wenn die nervigen Jungs sich dann selbst als jugendliche V-Leute herausstellen?

Ich weiß nicht, was Frau vd Leyen treibt, sie ist für mich bislang eine der annehmbareren Gestalten der politischen Landschaft gewesen. Hiermit hat sie sich aber keinen Gefallen getan.

Natürlich bringt jedes Gesetz das Problem der Überwachung seiner Einhaltung mit sich, aber speziell im Jugendschutzbereich ist dies nichts Neues.
Der einzige Weg, dem zu begegnen, wird aber IMHO sein, das Bewusstsein aller zu stärken. Wer die Gefahren von Alkohol und Tabak für Jugendliche kennt und wem ihr Wohl am Herzen liegt, der kann verstärkt gucken, was die Jugendlichen vor ihm an der Supermarktkasse im Wagen haben und - durchkriegen.

Maurice
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So 14. Okt 2007, 13:07 - Beitrag #4

@Maglor:
Das Problem an der Sache ist, dass hier Kinder bzw Jugendliche aufgefordert werden zu lügen und zu bespitzeln.

Wo lügen sie denn? "Hallo ich möchte eine Flasche Asbach kaufen." Wo ist da eine Lüge? Sie wollen den Alkohol ja kaufen, informieren den Käufer nur nicht über ihre Motivation. Ist das für dich schon eine Lüge?
Wo bespitzeln sie denn? Sie schleichen dem Verkäufer ja nicht hinterher oder beobachten ihn heimlich, sondern gehen in den Laden, versuchen etwas zu kaufen, was sie eigentlich nicht bekommen dürften und melden ihren Erfolg oder Misserfolg weiter. Unter "bespitzeln" verstehe ich was anderes.

So wie Jugendliche ab 14 kenne, profitieren sie zumeist selbst von derartigen Verstößen gegen das Jugendschutzgesetz.

Oberflächlich, denn strukturell ist es für die meisten besser, erst später mit Alkohol anzufangen. Klar wird ihr Wunsch nach Alkohol durch den gesetzeswidrig handelnden Verkäufer erfüllt, aber Wunscherfüllung und Nutzenmaximierung decken sich nicht immer. Es wäre also in ihrem aufgeklärten Eigeninteresse, dass man ihnen bestimmte Konsumgüter vor einem bestimmten Lebensalter verwehrt.

Also könnten etwa die Jungdetektive sich als Lockvögel in die Kinderpornografie und die Kinderprostitution einschleichen und ihre Ermittlungen den Ordnungshüter melden...

Soll das ein Slippery-Slope-Argument sein? Jedenfalls macht es einen deutlichen Unterschied, ob man Jugendliche als Kontrolleure für ein Kiosk einsetzt oder um einen Kinderpornoring auffliegen zu lassen. Ersteres sollte weitgehend ungefährlich sein, während letzteres ein großes Risiko für die Jugendliche darstellt. Dieser Grad an Risiko ist ein Kriterium, mit dem man die Aufgaben der Jugendlichen bestimmen kann.


Edit @ Jan: Wenn ein Jugendlicher mit 18 noch nicht wählen darf, dann darf er auch nicht dabei helfen, dass Gesetze eingehalten werden? Was ist denn das für ein Argument? Nur weil der Gesetzgeber glaubt, dass (die meisten) Jugendliche unter 18 Jahren noch nicht reif genug sind, um verantwortungsvoll wählen zu gehen, folgt doch daraus nicht, dass man den Jugendlichen auch unterstellen müssten, nicht zu verstehen, warum bestimmte Konsumgüter ihnen verwehrt werden. Du vermischt da zwei völlig unterschiedliche Sachen.

Ganz davon abgesehen, daß die Aussagen von Jugendlichen nur begrenzt rechtsverwertbar sind, nun aber als entscheidender Aufhänger für strafrechtliche Ermittlungen dienen sollen.

Wie stellst du dir die Geschichte eigentlich vor? Die Jugendlichen gehen allein auf Tour, testen wo sie Alk herbekommen und machen dann eine Woche später irgendwo Bericht. Klar, so hat eine Anschuldigung wenig Gewicht - aber ist dir schon mal die Idee gekommen, dass man bei solchen Tests (staatlich beauftragte) Erwachsene (ka ob das nun Beamte, Sozialarbeiter oder was auch immer sein müssen) in der Nähe des Geschäfts plazieren kann und wenn die Jugendlichen ohne Schnaps in den Laden gehen und mit drei Flaschen rauskommen, die Aussage des Erwachsenen ein gewisses Gewicht haben könnte?

wie soll den Jugendlichen vermittelt werden, daß sie plötzlich etwas dürfen, weil im staatlichen Auftrag, wofür ihre Altersgenossen zumindest einen ordentlichen Rüffel bekommen?

Is klar, der/die 14Jährige versteht noch gar nicht, was er da eigentlich macht. -.-*
Als ob jemand in dem Alter (mit mindestens druchschnittlicher Intelligenz) nicht verstehen würde, wenn man ihm diesen Auftrag gibt, bei dem er im Nachhinein natürlich NICHT die gekauften Güter behalten darf. Sie verstehen wohl auch nicht, warum Polizisten im Auftrag des Staates Menschen fesseln und einsperren dürfen, sie aber nicht.
Mein Menschenbild ist nicht das beste, aber du hälst Jugendliche in dem Alter wohl für völlig minderbemittelt. x_X

der kann verstärkt gucken, was die Jugendlichen vor ihm an der Supermarktkasse im Wagen haben und - durchkriegen

Toll und was bringt das? "Aha jetzt haben die 12Jährigen da eine Flasche Korn gekauft - das sollte aber nicht sein..." Und weiter? Die Kinder darauf ansprechen? Da folgt natürlich sofort die Einsicht über das eigene Fehlverhalten, wenn ein Fremder einem sagt, das Alk nix für einen ist. Der weiß doch gar nicht was "cool" ist. Den Verkäufer ansprechen? "Oh, sie haben Recht, es ist ja verboten, Kindern harten Alkohol zu verkaufen - danke dass Sie mich daran erinnert haben, ich werde ich nie wieder tun."
Du glaubst doch nicht im ernst, das das irgendwas bringt. :rolleyes:

Noriko
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So 14. Okt 2007, 13:15 - Beitrag #5

Ich finde die Indee im Ansatz auch nicht schlecht Ehrlich gesagt, und gelogen wird nicht, doch bespitzeln ist es schon, Im grunde sind es IMs, und es wird eine Art Denunziantentum gefördert.
Bespitzeln ist nicht unbedingt heimliches Beschatten, sondern das bekommen von Informationen und das profitieren aus denen zum Schaden anderer, und das ist gegeben.
Aber mit "Missbrauch" aht das nichts zu tun, es ist nur moralisch nciht ganz einwandfrei, und damit nur eine Frage der Kosten Nutzenabwägung, wobei auch für mich eher der Nutzen überwiegt.

Maurice
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So 14. Okt 2007, 13:35 - Beitrag #6

Nuriko, hälst du die Sache nur deshalb für moralisch nicht einwandfrei, weil Kinder die Informationen beschaffen sollen oder hälst du jede verdeckte Ermittlung für moralisch problematich?

PS: Notfalls melde ich mich für den Job, da ich mit meinen 23Jahren immer noch ab und zu nach dem Ausweis gefragt werde, wenn ich Hochprozentiges oder Kippen kaufen. Ich mache dann eine Agentur auf, in denen junge Erwachsene mit kindlichen Äußeren den Staat auf seinem Weg zur völligen Überwachung behilflich sein werden. Denn wenn wir heute überprüfen, ob die Menschen die Gesetze einhalten, wie weit sind wir dann noch von 1984 entfernt? :crazy:

Noriko
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So 14. Okt 2007, 14:30 - Beitrag #7

Ich halte es für Moralisch Fragwürdig weil nicht Professionelle "Agenten" oder "Ermittler" diese Informationen beschaffen, das riecht halt ein wenig nach Stasi (Stichwort IM) und Denunziantentum.
Einem Kind bereits zu sagen das der Zweck die Mittel immer heiligt ist in meinen Augen nicht unbedingt gut.

Maurice
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So 14. Okt 2007, 14:46 - Beitrag #8

Einem Kind bereits zu sagen das der Zweck die Mittel immer heiligt ist in meinen Augen nicht unbedingt gut.

Das wird auch nicht der Fall sein. "Der Zweck heiligt die Mittel." bedeutet, dass der Zweck IMMER die Mittel heiligt und das wird man ihnen bestimmt nicht sagen, sondern dass für bestimmte Zwecke manche Mittel ok sind und andere nicht. Es ist ok, jemanden durch einen verdeckten Ermittler ohne sein Wissen zu testen, ob er Alkohol an Kinder verkauft oder ob man ihm gegen seinen Willen einen Chip ins Hirn pflanzt, der alles aufzeichnet, was er sieht. Es geht hier also nicht um die generelle Frage "Heiligt der Zweck (jedes) Mittel?", sondern ob das Mittel der jugendlichen Testpersonen ein adequates Mittel zur Erreichung der gegebenen Zwecke ist.

das riecht halt ein wenig nach Stasi

Ich rieche nichts...

Milena
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So 14. Okt 2007, 17:47 - Beitrag #9

...also ich hab auch einen Film darüber gesehen, wie Kinder zum Testen dafür losgeschickt wurden und sie selbst deuteten an, bzw. wunderten sich, dass es sehr oft so einfach gewesen war an Alkohol uä zu kommen.
Die Ausschenker wurden dann vor laufender Kamera zur Rede gestellt und meinten, nie geglaubt zu haben, dass die noch minderjährig gewesen sind usw.....

Ich selbst habe auch einmal in einem Irish Pub gearbeitet und die Ausweise von Jugendlichen bei Genuss von alcopops zeigen lassen,
ist eigentlich kein Problem, da ich selbst es nicht für gut empfinde, wenn sich junge `Mädels´ einen an die Birne saufen...
allerdings bekam ich von denen ganz entrüstet gesagt, dass es meine Kollegin anders handhabe....^^

Ipsissimus
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So 14. Okt 2007, 23:46 - Beitrag #10

ich bezweifele, Maurice, dass die große Masse der Bevölkerung ein adäquates Differenzierungsvermögen aufweist, um auseinander zu halten, welcher Zweck welche Mittel heiligt. Davon abgesehen ist die Atmosphäre in unserer Gesellschaft auch ohne spitzelnde Kinder schon kalt genug. Wahrscheinlich riechst du deswegen nichts.

Milly, es ist aber ein Unterschied, ob du dir einen Pass zeigen lässt, oder ob ein Kind dafür eingesetzt wird, eine Ordnungswidrigkeit zu provozieren, oder?

janw
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Mo 15. Okt 2007, 01:58 - Beitrag #11

Frau vd Leyen hat den Entwurf nun zurückgezogen.

Davon ab...
Zitat von Maurice:Wenn ein Jugendlicher mit 18 noch nicht wählen darf, dann darf er auch nicht dabei helfen, dass Gesetze eingehalten werden? Was ist denn das für ein Argument? Nur weil der Gesetzgeber glaubt, dass (die meisten) Jugendliche unter 18 Jahren noch nicht reif genug sind, um verantwortungsvoll wählen zu gehen, folgt doch daraus nicht, dass man den Jugendlichen auch unterstellen müssten, nicht zu verstehen, warum bestimmte Konsumgüter ihnen verwehrt werden. Du vermischt da zwei völlig unterschiedliche Sachen.

Einerseits erklärt Staat unter 18jährige durchweg für unfähig, sich über auch sie betrefffende öffentliche Angelegenheiten eine Meinung zu bilden und Leute zu wählen, die über sie regieren, andererseits sollen sie nun reif genug sein, einen Verkäufer, vielleicht auch gegen ihr eigenes Wollen auf Herz und Nieren zu prüfen, ob er nicht mit Druck auf die Tränendrüse oder Täuschung zu einer Straftat gebracht werden kann - bzw. ihm, vielleicht auch gegen ihr eigenes Wollen mit Druck auf die Tränendrüse oder Täuschung zu einer empfindlichen Strafe zu verhelfen.
Du darfst dabei nicht vergessen, daß die Polizei keineswegs nur lässig nachsieht, ob alles in Butter ist, sondern ein paar Delikte durchaus ins Konzept passen - und wenn sie forciert werden müssen. Allein, um der Politik ihre Daseinsberechtigung zu verkaufen.
Diesen Grat zwischen legitimer Kontrolle und Ermittlungseifer sollen nun also Jugendliche im Griff haben, denen man sonst nicht mal zutraut, sich für ein besseres Freizeitangebot in ihrer Stadt einzusetzen oder eine vernünftige Schulpolitik.

Wie stellst du dir die Geschichte eigentlich vor? Die Jugendlichen gehen allein auf Tour, testen wo sie Alk herbekommen und machen dann eine Woche später irgendwo Bericht. Klar, so hat eine Anschuldigung wenig Gewicht - aber ist dir schon mal die Idee gekommen, dass man bei solchen Tests (staatlich beauftragte) Erwachsene (ka ob das nun Beamte, Sozialarbeiter oder was auch immer sein müssen) in der Nähe des Geschäfts plazieren kann und wenn die Jugendlichen ohne Schnaps in den Laden gehen und mit drei Flaschen rauskommen, die Aussage des Erwachsenen ein gewisses Gewicht haben könnte?

Nun, das wäre der "sauberere" Weg, wobei dann auch die Jugendlichen mit den Schnapsflaschen einen auf den Deckel bekommen würden.
Wobei mir aber das Maß an Kontrolle jetzt schon recht weit geht, zu weit eigentlich, und jetzt noch Zivilstreifen im Supermarkt und in der Fußgängerzone, um Jugendliche vor Schnaps zu schützen - das ist nicht mehr verhältnismäßig.

Letztlich wäre die Spitzelei durch Jugendliche, wie Maglor angedeutet hat, eine Aktion, um den Jugendlichen Überwachung und Spitzelei allmählich schmackhaft zu machen - was so fetzt, kann doch nicht schlecht sein. Und wo ja nur ein paar Böse dabei erwischt und bestraft werden...
Daß Freiheit vor allem ein hohes Maß an Nicht-Kontrolle bedeutet, gerät immer weiter aus dem Blickfeld, und ich wage zu behaupten, daß es manchen nicht ungelegen wäre, wenn dieser Freiheitsbegriff nicht allzu sehr in die Köpfe der jungen Generation eindringt.

Is klar, der/die 14Jährige versteht noch gar nicht, was er da eigentlich macht. -.-*
Als ob jemand in dem Alter (mit mindestens druchschnittlicher Intelligenz) nicht verstehen würde, wenn man ihm diesen Auftrag gibt, bei dem er im Nachhinein natürlich NICHT die gekauften Güter behalten darf. Sie verstehen wohl auch nicht, warum Polizisten im Auftrag des Staates Menschen fesseln und einsperren dürfen, sie aber nicht.
Mein Menschenbild ist nicht das beste, aber du hälst Jugendliche in dem Alter wohl für völlig minderbemittelt. x_X

Die Grenze zwischen dienstlich und privat ist manch Erwachsenem schon nicht klar, warum sollten Jugendliche da fähiger sein?
Lass die Jugendlichen "ihren" Stammladen haben, in dem sie auch schonmal etwas zugesteckt bekommen haben - nen Comic, Schokolade, Chips, Limo. Wie halt freundliche Ladeninhaber mit ihren jugendlichen Stammkunden umgehen. Nun sehen sie, wie andere Jugendliche dort Schnaps bekommen - sollen sie den netten Ladeninhaber jetzt verpfeifen oder nicht?
Was Otto N tun darf, wenn er eine Straftat bemerkt, nämlich den Täter stellen, weiß Otto N selbst oft genug nicht, bzw. wo die Grenzen dessen sind. Mit dem schönen Nebeneffekt, daß der von Otto N. gestellte und dabei verprügelte Ladendieb sich für die Prügel rechtlich an Otto N. wenden kann. Die Jugendlichen werden nach Jugendstrafrecht beurteilt, zum Leidwesen des Verprügelten.
Und wie gesagt, hier sollen Jugendliche quasi Erwachsene sein, bei der Wahl am folgenden Sonntag aber nicht. Du liebst doch immer performative Widersprüche :rolleyes:

Toll und was bringt das? "Aha jetzt haben die 12Jährigen da eine Flasche Korn gekauft - das sollte aber nicht sein..." Und weiter? Die Kinder darauf ansprechen? Da folgt natürlich sofort die Einsicht über das eigene Fehlverhalten, wenn ein Fremder einem sagt, das Alk nix für einen ist. Der weiß doch gar nicht was "cool" ist. Den Verkäufer ansprechen? "Oh, sie haben Recht, es ist ja verboten, Kindern harten Alkohol zu verkaufen - danke dass Sie mich daran erinnert haben, ich werde ich nie wieder tun."
Du glaubst doch nicht im ernst, das das irgendwas bringt. :rolleyes:

Nun, wenn viele hingucken...

Das Problem ist eigentlich, daß ungeachtet der Bekanntheit der Folgen von Alkoholkonsum von Jugendlichen dieser in weiten Teilen der Gesellschaft als Kavaliersdelikt angesehen wird. Schon die Feuerwehrjugend lernt, was "löschen" eigentlich bedeutet :rolleyes: Usw.

Noriko
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Mo 15. Okt 2007, 08:04 - Beitrag #12

Immerhin im Kommunalwahlrecht dürfen Jugendliche schon mit 16 Wählen. ;)

Was mir wiegegsat am meisten STinkt, ist halt das mir das Ganze nach Inoffiziellen Mitarbeiter aussiht,, Leute aus der Bevölkerung über die die Informationen an den Staat weiter geleitet werden, jemand der im Normalen Leben etwas vollkommen normales macht und niemanden bespitzelt.
UNd diese art der Informations beschaffung war nunmal eine Beleibte Methode der Staatssicherheit der DDR.

Aber irgendwelche Testkäufer loszuschicken ist mir bei weitem lieber als zu sagen "das aktuelle gesetz greift nicht, alss es mehr regeln einführen und alle alterngrenzen auf ab 30 anheben".
Das Geltende Jugendschutzgesetz ist eigentlich gut, aber es wird nur nciht umgesetzt und daran muzss gearbeitet werden, nciht am Gesetz selber.

eginobili20
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Mo 15. Okt 2007, 10:21 - Beitrag #13

Kinder und Zigaretten/Alkohol ...

Aus einem neuerstellten Thread eingefügt - Traitor

...... Warum genau soll das bitte schön irgendeine Verletzung von irgendwelchen Würden sein ... Der Mensch wird doch oft genug als Spitzel gebraucht, vor allem wenn sie selbst die Spitzel sind ... Ehm, gab es eigentlich eine genauere Aussage darüber, ob neben den Eltern auch das Kind selbst zustimmen muss? Denn wenn ja ist das doch eine vollkommen freiwillige Sache?
Außerdem ist aber doch das größte Problem bei Alkohol z.B. dass es Ältere kaufen und an Jüngere weitergeben die es dann trinken - eine wirkliche Verminderung der Anzahl an Alkoholvergiftungen würde doch gar nicht eintreten selbst wenn das Gesetz verabschiedet worden wäre?
Nun gut, die Leute könnte man aufdecken in der Tat aber das Problem würde sich meiner Meinung nach nicht wirklich beheben, man würde halt einen anderen Weg finden, der sowieso schon weit verbreitet ist. - Was könnte man denn nun wirklich effektiv gegen überfrühen Alkohol/zigarettenkonsum tun?

Wrzlprmft
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Mo 15. Okt 2007, 21:50 - Beitrag #14

Mich hat diese Diskussion auch enorm verwundert. Nicht nur, dass ich nur ansatzweise verstehen kann, was an der Testkäufergeschichte auszusetzen ist, und weit davon entfernt bin, sie abzulehnen. Auch hat ein – zumindest nach Darstellung der Medien – nicht wirklich mit Argumenten versehener Aufschrei einiger Organisationen gereicht, um das Ganze sofort einknicken zu lassen. Daran könnte sich unser Innenminister mal ein Vorbild nehmen, vielleicht er dann die ausgewogene Mitte. Apropos: An einen Überwachungsstaat erinnert mich das Ganze auch nur sehr entfernt. Hier wird nicht irgendein Privatleben überwacht, sondern ein ganz normaler Einkauf in einem der Öffentlichkeit zugänglichen Geschäft o. Ä. versucht.

Ich gehe davon aus, dass so etwas sehr effektiv wäre. Ich schätze den Anteil der Verkäufer, die nicht angemessen kontrollieren, sehr hoch ein. Und wieviel Jugendliche so trinken und dass das nicht gerade der ältere Bruder eingekauft hat, meine ich trotz Abstinenz recht gut mitbekommen zu haben.

Zitat von Noriko:Bespitzeln ist nicht unbedingt heimliches Beschatten, sondern das bekommen von Informationen und das profitieren aus denen zum Schaden anderer, und das ist gegeben.
Hmm, diese Definition wird auch von einer Geschwindigkeitskontrolle erfüllt oder –]Die Grenze zwischen dienstlich und privat ist manch Erwachsenem schon nicht klar, warum sollten Jugendliche da fähiger sein?[/QUOTE]Weil sie hoffentlich vorher über sowas informiert werden? Ich kenne den Gesetzentwurf zwar nicht (und scheitere auch daran, ihn im Netz zu finden – typisch), aber ich gehe stark davon aus, dass hier nicht gerade dämliche Jugendliche auf Dauer eingesetzt werden sollten und vorher genau über das, was sie da tun, in Kenntnis gesetzt werden.

Zitat von janw:Das Problem ist eigentlich, daß ungeachtet der Bekanntheit der Folgen von Alkoholkonsum von Jugendlichen dieser in weiten Teilen der Gesellschaft als Kavaliersdelikt angesehen wird.
Das stimmt zwar, aber ist als solches alles andere als einfach zu bekämpfen. Im Gegensatz hätte der Einsatz von ein paar Testkäufern sicherlich enorme Wirkung auf den Zugang zu Alkohol unter Jugendlichen und ich denke auch auf lange Zeit auf die Akzeptanz des Kavaliersdelikt durch die Gesellschaft, da bei erfolgreichen Kontrollen der Zugang nur über obskurere Wege funktionieren würde.

janw
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Di 16. Okt 2007, 01:38 - Beitrag #15

Das Geltende Jugendschutzgesetz ist eigentlich gut, aber es wird nur nciht umgesetzt und daran muzss gearbeitet werden,[...]

*Ncik*^^
Das Problem, wie ich es sehe, ist, daß wir, um mit dem Dicken^^ zu sprechen, eine "Geistig-moralische Wende" brauchen oder eine Erneuerung an Haupt und Gliedern...der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor für sie gefährlichen Dingen, bzw. ihre schonende Heranführung daran muss Allgemeingut werden, das Problem des Alkoholkonsums von Jugendlichen muss auch in den Familien - so von "Familie" noch zu sprechen ist - und in Vereinen usw. "Thema" sein, wo es nämlich beginnt, IMHO bevor die Kids anfangen in der Fußgängerzone Alkopops zu saufen.
Klar, und die Verkäufer müssen es sich einfach zur Gewohnheit machen, immer, wenn irgendwie Unklarheit über das Alter besteht, nach dem Perso zu fragen. Wie auch jeder beobachten kann, ob das geschieht. Ganz so, wie IMHO jeder hinschauen sollte, wenn einer alten Dame die Handtasche geklaut wird. Zivilcourage ist in meinen Augen die geeignete Alternative zum Nachtwächterstaat.

Zitat von eginobili20:Warum genau soll das bitte schön irgendeine Verletzung von irgendwelchen Würden sein ... Der Mensch wird doch oft genug als Spitzel gebraucht, vor allem wenn sie selbst die Spitzel sind ...

Und dann schadet einmal mehr auch nicht?
Ich weiß jetzt nicht, wie weit der Begriff der Würde in dieser Angelegenheit strapaziert wurde, in meinen Augen kann man das Thema aber auch niedrigerem Wertelevel diskutieren - im Sinne von wieviel Kontrolle ist nötig und erträglich, dürfen Kontrolleure dürfen, was andere nicht dürfen, können Jugendliche einerseits als schutzbedürftig und "unreif" gelten, andererseits mit Aufgaben betraut werden, mit denen selbst Erwachsene nur sehr selektiv betraut werden würden, usw.

Ich denke, das einzig wirksame Mittel gegen den verbreiteten Alkoholmissbrauch wird sein, daß die Gesellschaft, wir alle irgendwie, mehr hinschaut, was die Kinder treiben, daß es mehr und vielfältigere - und bezahlbare!- Angebote für die Kinder gibt, gerade auch in den sozialen Brennpunkten, mit denen sie zu einem "sinnvolleren" und alkfreiem Zeitvertreib gebracht werden. Vor allem im Bereich der Kultur (Musik, Theater, künstlerisches Gestalten) könnte hier viel mehr passieren.

Natürlich...darf man den Alk nicht verteufeln, nach meiner Konfirmation hab ich gern am Sonntag mal ein Glas Wein mitgetrunken, aber Alkohol war dadurch etwas besonderes, nicht für jeden Tag und schon ab drei. Und den Ausflug mit meiner damaligen Schulfreundin durch das elterliche Obstlersortiment vergesse ich sicher nie, das war nämlich äußerst vergnüglich^^

Zitat von Wrzlprmft:An einen Überwachungsstaat erinnert mich das Ganze auch nur sehr entfernt. Hier wird nicht irgendein Privatleben überwacht, sondern ein ganz normaler Einkauf in einem der Öffentlichkeit zugänglichen Geschäft o. Ä. versucht.

Für mich muss staatliche Kontrolle an enge Grenzen gebunden sein, etwa die Abwehr unmittelbarer Gefahr oder großer Übel - die Geschwindigkeitskontrollen sollen dazu dienen, die Einhaltung von Regeln zu forcieren, die zum Schutz von Leben (durch Unfallvermeidung an Gefahrenpunkten) erlassen wurden - und als hoheitlicher Akt muss sie durch identifizierbare Organe des Staates erfolgen. Wenn ich zu schnell gefahren und dabei geblitzt worden bin, bekomme ich hierüber einen Bescheid, unterschrieben von POM Müllermeier vom 14. Revier, und kann dessen Messung vor Gericht anzweifeln. Das kann ich nicht, wenn Benny Schmidt (16) im Taschengeldeinsatz im Busch gehockt hat.
Außerdem ist die Grenze zwischen dem Versuch eines Einkaufs und seiner Provokation ein sehr schmaler Grat, man kann sicher sein, daß die jugendlichen Schlapphüte wie ihre erwachsenen Kollegen am Ende des Tages eine Beute anschleppen wollen, schließlich sollen sie ja Bösewichten auf die Schliche kommen, wurde ihnen gesagt, wird der "Führungsoffizier" sicher zufrieden mit ihnen sein, wenn sie "erfolgreich" waren, und gibt es Wettbewerb mit den anderen Schlapphüten um die höchste Quote.

Weil sie hoffentlich vorher über sowas informiert werden? Ich kenne den Gesetzentwurf zwar nicht (und scheitere auch daran, ihn im Netz zu finden – typisch), aber ich gehe stark davon aus, dass hier nicht gerade dämliche Jugendliche auf Dauer eingesetzt werden sollten und vorher genau über das, was sie da tun, in Kenntnis gesetzt werden.

Auch Beamte werden darüber in Kenntnis gesetzt, daß sie keine Geschenke annehmen dürfen - und es passiert trotzdem. Sie werden darüber in Kenntnis gesetzt, daß Freundlichkeit oder angebotene Zuwendungen nicht zu einer Ungleichbehandlung führen dürfen - und plötzlich sprießen ihnen doch die Hühneraugen.
Beamte und Angestellte können dafür belangt werden, Benny Schmidt (16) nicht so leicht.

Das stimmt zwar, aber ist als solches alles andere als einfach zu bekämpfen. Im Gegensatz hätte der Einsatz von ein paar Testkäufern sicherlich enorme Wirkung auf den Zugang zu Alkohol unter Jugendlichen und ich denke auch auf lange Zeit auf die Akzeptanz des Kavaliersdelikt durch die Gesellschaft, da bei erfolgreichen Kontrollen der Zugang nur über obskurere Wege funktionieren würde.

Nun, im Drogenbereich läuft es etwa so, die intensive Überwachung drängt den Handel auf Bahnhofsklos usw. ab.
Allerdings nicht mit der Folge, daß nennenswert weniger Menschen Heroin, Koks usw. konsumieren als sie es sonst tun würden, es gehen nur mehr daran zugrunde.
Gut, das ist extrem und nicht auf Alkohol zu übertragen, so lange der noch in Geschäften angeboten wird, aber ich denke, wer wirklich mit 16 an Schnaps kommen wollen würde, der würde es auch in einem kontrollierten System schaffen. Und wenn es dann auf dem Hinterhof passiert. Hoffen wir nur, daß nicht irgendwann mit panschen angefangen wird.

Maurice
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Di 16. Okt 2007, 09:08 - Beitrag #16

Da ich meinem Vorsatz in Form meiner Signatur gerecht werden will (ich glaube, eine Einigung ist nicht möglich, da hier anthropologische Glaubensgrundsätze aufeinanderprallen), poste ich nur mal den Link zu einem Bild, was mich zum schmunzeln gebracht hat. ^^
-> http://www.spiegel.de/img/0,1020,992984,00.jpg

PS:
Daß Freiheit vor allem ein hohes Maß an Nicht-Kontrolle bedeutet

Allein diese Aussage zeigt, wie es uns an einer gemeinsamen Basis mangelt, die wir wohl auch dann nicht erreichen würden, wenn wir allein zu diesem Satz einen ganzen Thread starten würde. Für mich setzt Freiheit nämlich ein gutes Maß an Kontrolle voraus, denn ohne Kontrolle keine staatliche Ordnung und ohne staatliche Ordnung folgt eine deutlich größere Einbuße an Freiheit, als sie durch die Kontrolle erreicht wird. Ich teile da Hobbes Ansicht: „Und Verträge ohne das Schwert sind bloße Worte und besitzen nicht die Kraft, einem Menschen auch nur die geringste Sicherheit zu bieten.“
Aber es geht hier wie gesagt um Glaubensgrundsätze, die ich nicht (mehr) für argumentativ zugänglich halte.

janw
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Di 16. Okt 2007, 19:55 - Beitrag #17

Maurice, "anthropologische Glaubensgrundsätze" klingt spannend, nach Glauben in der Wissenschaft. Worin siehst Du jetzt genau das Trennende zwischen uns beiden?
Ich muss dazu sagen, daß ich heute gelesen habe, daß die jungen Testkäufer von Beamten als Zeugen begleitet werden sollten. Damit wären einige meiner Bedenken hinsichtlich der Einhaltung methodischer Grenzen usw. ein wenig verringert, ich hätte aber immer noch Bauchschmerzen mit der Spitzeltätigkeit und dem Einsatz von Jugendlichen hierzu. Menschen mithin, denen man einerseits die Fähigkeit hierzu zubilligt, die andererseits nach wie vor ihrem Einsatz (und den Folgen) nicht rechtsgültig selbst zustimmen können - dazu bedürfte es immer der Zustimmung der Eltern. Letztlich, auch dies muss man sehen: Mensch ist immer Teil der Gesellschaft, und Gesellschaft lebt in vielem vom gegenseitigen Vertrauen - übrigens eine Tatsache, die zum grundlegenden Sozialisationskanon gehört. Nun sollen diese Jugendlichen plötzlich etwas tun, womit sie das Vertrauensverhältnis zwischen sich und den Kaufleuten bzw. den Kassiererinnen zerstören, indem sie diese staatlicher Verfolgung aussetzen. Wie sollen diese Jugendlichen denn danach noch unbeschwert in ihrem Viertel einkaufen gehen können, sich vielleicht in dem Supermarkt um einen Ausbildungsplatz oder Ferienjob bewerben?

Die Frage über die Beziehung von Freiheit und Kontrolle halte ich aber für so interessant, daß ich mal einen thread dazu starte.

Maurice
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Do 18. Okt 2007, 17:34 - Beitrag #18

Die Frage über die Beziehung von Freiheit und Kontrolle halte ich aber für so interessant, daß ich mal einen thread dazu starte.

Kannst du machen wenn du willst - erwarte dann aber nicht zuviel von mir. Im Moment erscheinen mir philosophische Diskussionen umso nutzloser, je mehr ich darüber nachdenke. Und die Frage nach der Beziehung zwischen Freiheit und Kontrolle erscheint mir primär eine philosophische zu sein.
Letztlich würde der Thread nach meiner Einschätzung darauf hinauslaufen, dass Partei A sagt, "der Mensch ist so und so und man sollte ihn deshalb so und so behandelt", Partei B sagt, "nein, er ist so und so und man sollte ihn deshalb so und so behandeln" usw. Wie der Mensch nun wirklich ist, können wir nicht sicher entscheiden, da jedes Argument und alle Daten durch unser persönliches Weltbild gefiltert werden und es keine nicht-subjektive Basis gibt, die als allgemeiner gemeinsamer archimedischer Punkt dienen könnte. Unsere Meinungen ändern sich immer mal wieder, aber echtem Wissen kommen wir keinen Schritt näher...

Maurice, "anthropologische Glaubensgrundsätze" klingt spannend, nach Glauben in der Wissenschaft.

Je, nachdem was man unter "Glauben" versteht, kommt keine Wissenschaft ohne einen solchen aus. Wissenschaft braucht notwendig Axiome, Hypothesen und Theorien und da diese meist alles andere als wirklich sicher sind, kann man hier durchaus von "Glauben" (natürlich nicht im religiösen Sinne) sprechen - ist aber eine Geschmacksfrage, man kann "Glauben" auch so verwenden, dass jede Wissenschaft per Definition ohne "Glauben" auskommt.
Daneben gibt es noch die Möglichkeit, sich über solche Begrifflichkeiten gar keine Gedanken zu machen und nur dem Bach beim Plätschern zuzuhören...

Worin siehst Du jetzt genau das Trennende zwischen uns beiden?

Puh, das ist mir jetzt zu anstrengend, das auf den Punkt zu bringen. Aber ich finde, in unseren Vorschlägen, wie man mit den Menschen umgehen sollte, spiegeln sich deutlich zwei sehr unterschiedliche Menschenbilder wider.

Aber wir schweifen ab...

Ipsissimus
Dämmerung
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Fr 19. Okt 2007, 12:35 - Beitrag #19

das eigentlich Schlimme an diesem ganzen Unsäglichen Vorschlag besteht darin, dass an keiner Stelle gefragt wird, warum diese jungen Leute zu Alkohol greifen. "Weil es cool" ist - wie auch immer diese "Coolness" vermittelt wird - scheint die einzig zulässige Antwort zu sein. Dass hier riesige Erziehungsdefizite auf breitester Front zutage treten, das darf anscheinend nicht thematisiert werden. Dass Kinder zur Erziehung in Kindergärten und Schule abgeschoben werden, und nachmittags/abends an den Fernseher. Lieber dann nach einem endlosen Rattenschwanz des gesellschaftlichen Versagens hinten den After verstopfen und alles an der Stelle festmachen versuchen, an der schon längst alles zu spät ist. Abgesehen davon, dass es eine riesige psychologische Dummheit ist; Alkohol- und allgemein Drogenkonsum war nie so weit verbreitet als in Zeiten der Prohibition, auch wenn es hier nur eine Teilprohibition ist.

Na ja, macht ruhig weiter so, ich muss nicht mehr zu übermäßig lange in der gesellschaftlichen Hölle leben, die derzeit Schritt um Schritt an allen möglichen Fronten zubereitet wird.

janw
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Sa 20. Okt 2007, 12:37 - Beitrag #20

Sicher...ich würde nur noch ergänzen, daß neben den häuslichen Erziehungsdefiziten auch geeignete öffentliche Freizeitangebote oft Mangelware sind. Jugendzentren gibt es zwar, aber oft genug schlecht ausgestattet, nicht wirklich zu selbstbestimmter Kreativität anregend, mit schlechten Öffnungszeiten, wirklich gute Aktionen kosten wieder extra Geld, das die Jugendlichen, die es gerade angeht, die aus den Problemzonen nämlich, nicht haben. Denen bleibt nur der Fußballclub, wo gleich als erstes gelehrt wird, daß Frohsinn aus der Flasche kommt.
Ich wäre wirklich dafür, mehr Kultur für Jugendliche zu fördern, Theater, malen, Filme machen, Musikunterricht,...das muss es für alle geben, nicht nur für die, die es sich leisten können, und bei denen es qua sozialem Umfeld "zum guten Ton" gehört.

Ich denke gerade darüber nach, wie es eigentlich "bei uns" dazu kam, daß Alkohol seinen Charakter bekam als etwas, das es zwar gab, dann und wann, aber eben nur dann, ritualisiert eben.
Anders als bei meinen Gleichaltrigen im Kanuclub damals, die vor dem Bootshaus rauchten und Bierflaschen auf den Grund gingen...

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