Urvertrauen

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Milena
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Fr 22. Feb 2008, 12:47 - Beitrag #1

Urvertrauen

..ich wollte mal euch fragen, was ihr unter urvertrauen versteht,
was es beinhaltet, ob es angeboren ist oder erworben wird, ob es verloren gehen kann oder einen nie erreicht hat........

Ipsissimus
Dämmerung
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Fr 22. Feb 2008, 17:43 - Beitrag #2

ein heftiges Thema, mein Liebling^^

was Urvertrauen in psychologischer, soziologischer und tiefenpsychologischer Hinsicht alles umfasst und wodurch es gekennzeichnet ist, ist Gegenstand heftiger Gelehrtenstreitereien.

Für mich selbst kann ich von zwei für mich absolut prägenden Sachverhalten berichten.

Da ist zum einen der Verlust des Urvertrauens. Meine Eltern sind von meinem Geburtsort weggezogen, als ich vier Jahre alt war. Ich erlebte diesen Umzug einen Moment lang als großes Abenteuer, und dann als einen endlosen Leidensweg. Mit heutigen Worten ausgedrückt: ich wurde aus meinem sozialien Netzwerk, in dem ich mich sicher und geborgen fühlte - und das mich gegen die schon damals von mir so empfundenen Ungerechtigkeiten meiner Eltern teilweise verteidigte - herausgerissen. Das war schlimm genug, aber ich habe in den folgenden Jahren meine Eltern zunehmend als meine expliziten Feinde zu empfinden gelernt, als Leute, die mich erst vom Ort wegbrachten, wo ich sicher war, und mich dann an Leute verrieten, die mir fremd waren.

Nun, sie waren nicht fürchterlich, meine Eltern, nur fürchterlich fremd und unsicher in fremder Umgebung, und wünschten, sich um jeden Preis anzupassen und unauffällig zu sein. Da hat das Kind mit seinen kindlichen Albernheiten gelegentlich kontraproduktiv agiert, also mußte es bestraft werden. Nicht schlimmer und nicht härter, als es damals üblich war. Das dumme war nur, das Kind hat es anders empfunden. Mit sechs Jahren war ich für meine Eltern verloren und hätte mir bis weit in mein Erwachsenenalter hinein eher die Zunge abgebissen, als meinen Eltern irgendetwas von Belang aus meinem Innerren zu erzählen. Und wie ich ihnen gegenüber kein Vertrauen mehr hatte, so stand ich auch der feindlichen Welt gegenüber, in die sie mich gesteckt hatten.

Das zweite war eine Einsicht aus meinem Erwachsenenalter. Menschen vertrauen nicht, sie vertrauen trotzdem oder gar nicht.

Ich bin der festen Überzeugung, dass es eine Grunderfahrung aller Menschen ist, dass ihr Vertrauen verletzt wird; und sehr viele Menschen mauern sich darauf hin ein, andere bleiben in einem verletzlichen inneren Schwanken zwischen der Hoffnung, neues Vertrauen werde sich als angemessen erweisen, und der Furcht, neues Vertrauen werde genauso missbraucht wie das alte.

Die Einsicht: wenn Vertrauen sich nicht darüber im klaren ist, dass es missbraucht werden WIRD, wenn es nicht in sich die Antizipation jenes Missbrauchtwerden trägt, wenn es also, anders ausgedrückt, nicht trotzdem vertraut, so wird es nie aus diesem wankelmütigen Gleichgewicht zwischen Hoffen und Bangen herausgelangen, wird es nie dazu gelangen, für sich selbst angemessene Kriterien zu entwickeln, anhand derer entschieden wird, bis zu welcher Grenze ein Mensch, der das gewährte Vertrauen missbraucht, trotzdem noch ins eigene Innere vorgelassen wird.

Aus dieser Einsicht heraus konnte ich zwar kein "neues" Urvertrauen aufbauen - was auch töricht wäre für jemanden wie mich^^ - ich konnte aber den reflexartigen, pauschalen Charakter meines Misstrauens in eine Art "Möglichkeit zu wachsamen Vertrauen" umwandeln, konnte den verhängnisvollen Automatismus zugunsten einer Angemessenheitserwägung transformieren.

Ich liebe dich übrigens, Schatz^^

C.G.B. Spender
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Mi 2. Apr 2008, 01:36 - Beitrag #3

Wie so oft ein interessanter Beitrag, Ipsissimus. Nachdenkenswert.

Angemessenheitserwägung, guter Begriff, er umreißt sehr gut, was ich ebenfalls seit langer Zeit praktiziere.

Wer Menschen hundertprozentig vertraut, der kennt sie nicht.

90 Prozent - Toll! 95% - Super, heiraten!

100% - Ab in die Klapse! Bild

Sorry, war jetzt etwas sarkastisch, das Letzte, aber ich sehe es wirklich so. Und wenn man doch das hundertprozentige Vertrauen schenkt, so sollte das meines Erachtens nur den Bereich betreffen, in dem es nötig ist. Ein guter Mechaniker ist nicht zwingend auch ein guter Raketentechniker. *g*

Mist, klang das jetzt kühl und berechnend? Himmel, mein Image als Romantiker ist hin. ^^ Dabei habe ich so lange und mühsam daran gefeilt...

Ich vertraue keinem Image - Nie! Hehehehe....Bild

Feuerkopf
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Mi 2. Apr 2008, 09:49 - Beitrag #4

"Urvertrauen", das ist für mich der "Vertrauensvorschuss", den ich jedem Menschen gewähre. Ich habe auch meine kindlichen Erschütterungen hinter mir.
Wenn ich einem Menschen etwas von mir preisgebe, dann immer mit dem Wissen, dass der betreffende es ausplaudern oder gegen mich verwenden kann.
Erstaunlicherweise ist das gar nicht so häufig vorgekommen.

Wirklich 100 %ig vertrauen tu ich nicht mal mir. ;)

Milena
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Mi 2. Apr 2008, 14:42 - Beitrag #5

...Feuerköpfle,^^
sich selbst vertrauen,
wie geht das..?^^

ansonsten,
urvertrauen, kann ich keinem vorab gewähren....
hat sich, konnte sich niemals bislang wirklich entwickeln...

wenn ich dann doch vertraue,
kommt plötzlich etwas und mein bislang vorhandenes vertrauen ist dahin......
dann kommt dieses gefühl:
der mensch (freund) steht nicht wirklich zu mir....
er traut sich nicht, genau in dieser situation, in diesem moment zu mir zu stehen, und es auch zu zeigen......
natürlich ist ihm das nicht bewusst, da für ihn eigentlich alles wie gehabt ist, bzw. er macht, wie er gerade lustig ist....
aber es ist meine angst,
dass mehr dahinter steckt.....
dass er mich nicht wirklich liebt....^^
er kann mir an einem bestimmten ort nicht die hand reichen,
er kann mir in einer bestimmten situation nichts sagen....(pragmatisch)
fatal für jede art von beziehung für mich^^......
eigentlich dürfte ich in keiner liebesbeziehung stecken.....mit diesem wissen, mit dieser angst......

Ipsissimus
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Mi 2. Apr 2008, 15:32 - Beitrag #6

die Lösung dieser Problematik besteht aber nicht darin, dass dein Freund sich so verhält, dass deine Angst niemals ausgelöst wird - das ist allein schon deswegen unmöglich, weil deine Angst im Augenblick ausgelöst wird, und weil sie sich an praktisch allem festmachen kann - alles, was einen Augenblick vorher auch für dich selbst noch erwünschtes oder wenigstens akzeptables Verhalten war, kann im nächsten Moment plötzlich einen Abgrund an Verrat für dich bedeuten. Ehe er überhaupt erfasst hat, was los ist, bist du schon jenseits von 180, und dann ist alles, was er noch machen kann, schon längst zu spät.

Die einzige wirkliche Lösung besteht darin, dass du diese spontanen Ausbrüche deiner Angst in den Griff bekommst, dich von ihnen nicht ins Bockshorn jagen lässt, sondern sie erkennst als das, was sie sind, spontane Ausbrüche deiner Traumatisierungen, die mit dem, was dein Freund tut oder nicht tut, im Prinzip überhaupt nichts zu tun haben. Nichts, außer dass du sein Tun benutzt, um diese Einsicht - dass DU für diese Ausbrüche und ihre Linderung verantwortlich bist - von dir selbst fern zu halten. Diese Ausbrüche sind deine Feinde, nicht deine Verbündeten. Du behandelst sie aber als Waffe gegen deinen Freund.

Milena
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Mi 2. Apr 2008, 17:30 - Beitrag #7

..liebe bedeutet
miteinander,
nicht gegeneinander.........
ich weiss.

C.G.B. Spender
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Do 3. Apr 2008, 00:50 - Beitrag #8

Ich finde Ipsissimus hat wirklich recht, Milena.

Außerdem: Wenn du noch irgendwie dazu fähig bist per Vernunft durch die Mißtrauenskonstruktionen zu sehen, dann gehörst du zu den Glücklicheren. Denn dann kannst du daran arbeiten, mehr und mehr die Kontrolle über deine Gefühle zu erlangen.

Auf der Grenzlinie zwischen Wahnvorstellung und schwerem Verdacht liegen viele Opfer begraben. Ich weiß wovon ich rede, eine Freundin von mir ging Zeit ihres Lebens auf dieser Linie und eine Zeitlang bin ich mit ihr gegangen. Dummerweise hat jedes Märchenreich seine Dämonen, und je größer das Reich, umso größer sind die Dämonen.

Mißtrauen kann einen schützen, es kann einem das Leben retten. Es kann einen aber auch zerstören.

Ipsissimus
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Do 3. Apr 2008, 09:27 - Beitrag #9

hoffen wir mal, dass es in unserem Falle bannbare Dämonen sind, was noch nicht erkennbar ist derzeit

Milena
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Do 3. Apr 2008, 10:23 - Beitrag #10

....ich biete mir aus,hier um dämonen zu sprechen...
ich habe keine wahnvorstellungen, ich bilde mir nichts ein, was nicht fakt ist
und ich gehe auch nicht in die klapse......
ich habe lediglich über mein misstrauen geschrieben,
über mein urvertrauen, dass so nicht da ist,
über gewisse handlungen, situationen, die mich verletzen, weil sie nicht so waren, wie ich sie mir gerne gewünscht hätte,
aber letztendlich weiss ich,
dass ich den partner nicht so hinbiegen kann, wie ich es manchmal gerne hätte....ich kann natürlich darüber reden,
was mich gestört hat,
oder was ich vermisst habe,
und mein riesiger gefühlsausbruch war lediglich ein auflegen des telefonhörers und mein rückzug für einen tag......
wenn ihr hier ausbreiten möchtet, wie angeblich dämonen bei mir zu bekämpfen sind,
dann wars wohl das hier mit mir als member....
bye..^^

Ipsissimus
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Do 3. Apr 2008, 11:37 - Beitrag #11

ich denke, es ist relativ deutlich zu erkennen, dass der Begriff "Dämon" metaphorisch gemeint ist, von mir ganz sicher, und von Spender ziemlich sicher ebenfalls. Was ich damit meinte, ist, dass es sich noch zeigen wird, ob du diese Ausbrüche in den Griff bekommen wirst, mehr nicht. Darüber hinaus verweise ich darauf, dass du damit begonnen hast, über diese Thematik zu schreiben; du hast hoffentlich nicht erwartet, dass ich dazu keine Stellung nehmen würde.

Feuerkopf
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Do 3. Apr 2008, 11:46 - Beitrag #12

Schlägt euch das usselige Wetter aufs Gemüt? :boah:

Mir hilft in vergleichbaren (Selbst-oder-an-anderen)Zweifelsituationen, mich etwas zurückzunehmen, meine Gefühlslage zu beobachten und einzuordnen und nachzudenken. Außerdem hilft Abwarten und Sich-entwickeln-lassen in vielen Fällen.


Milena,
gegen einen gepflegten Gefühlsausbruch ist überhaupt nichts einzuwenden. Das ist nun mal eine Temperamentssache und ich als Westfälin bin da eher - zurückhaltend.

Mein Vater selig hatte eine Lebensweisheit, die ich zu teilen geneigt bin: Man kann manches auch kaputtdiskutieren. :cool:

Milena
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Do 3. Apr 2008, 12:02 - Beitrag #13

..ja, da hast du recht Feuerkopf,^^

ich nahm mich schon zurück.....
aber dann immer mein temperament, den sogenannten riesigen gefühlsausbruch um die ohren geknallt zu bekommen,
der eigentlich für meine verhältnisse gar keiner war....
das verstehe ich dann auch net wirklich....

....na ja,...
das wetter kann einem wirklich aufs gemüt schlagen.....Bild

Spender,^^
du hast es gut gemeint,
aber,
es ging nicht um wahnvorstellungen oder schwerem verdacht......
mein temperament ging anscheinend mit mir durch.....
(dabei kam es noch nie wirklich zur geltung...^^)

Ipsissimus,
du könntest mal nicht immer alles nur auf mich abwälzen,
in einer beziehung gehören immer noch 2..^^Bild

Ipsissimus
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Do 3. Apr 2008, 12:18 - Beitrag #14

ich ziehe mich aus dieser Diskussion zurück, da ich anscheinend immer noch nichts richtig machen kann

Milena
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Do 3. Apr 2008, 12:59 - Beitrag #15

...ich mache angeblich ja auch alles verkehrt....

frieden?^^

Ipsissimus
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Do 3. Apr 2008, 13:27 - Beitrag #16

jederzeit Frieden. Nur dass du nicht angeblich immer alles verkehrt machst, sondern tatsächlich gelegentlich auch mal was falsch machst^^

Frieden^^

Milena
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Do 3. Apr 2008, 13:30 - Beitrag #17

...okay^^
aber vielleicht du bei gelegenheit auch...?^^Bild

Ipsissimus
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Do 3. Apr 2008, 13:54 - Beitrag #18

einverstanden^^

C.G.B. Spender
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Do 3. Apr 2008, 16:19 - Beitrag #19

Das ich mit den Wahnvorstellungen dich nicht meinte, hätte ich wohl besser ausarbeiten sollen, Milena, aber den Schuh kannst du dir garnicht anziehen, der würde dir wahrscheinlich eh nie passen. Damit meinte ich meine ehemalige Freundin, auf deren Probleme und Traumata, die Dämonen, ich absichtlich nicht näher eingegangen bin, weil es mir zu persönlich ist und weil ich euch nicht deprimieren wollte.

Jeder Mensch macht einmal Fehler und jeder der denkt, er würde keine Fehler machen, begeht gerade den allergrößten Fehler.

Ich habs natürlich nur gut gemeint, Milena, so wie sonst auch, aber das reicht manchmal einfach nicht, so scheint es mir. Nichts für ungut.

Zitat von Feuerkopf: Schlägt euch das usselige Wetter aufs Gemüt? :boah:
Wetter? Keine Ahnung, ich mach grad Urlaub in Tchernobyl.

Mein Vater selig hatte eine Lebensweisheit, die ich zu teilen geneigt bin: Man kann manches auch kaputtdiskutieren. :cool:
Ach nee?! Bild

Milena
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Do 3. Apr 2008, 18:08 - Beitrag #20

..ich weiss doch Spender, dass du es nur gut gemeint hast.....
es tut mir auch leid.....
und das mit den dämonen hatte ich tatsächlich auf mich bezogen,
und soweit bin ich echt noch nicht.....Bild

ja, ich gebe auch gerne zu, auch einen fehler gemacht zu haben....
auch ich habe mich nicht genau ausgedrückt, wo es gerade zwickt,
und vielleicht mehr oder weniger um den heissen brei geredet,
und somit alles und auch nichts zur interpretation freigegeben...
sry, dafür.....

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