Grundwehrdienst

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Maurice
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Mo 8. Sep 2008, 18:40 - Beitrag #21

Keine Sorge, ich versuche nicht eine Grundsatzdiskussion zu starken. ;)
Aber als kritische Nebenbemerkung:
Denn wenn einem selbst das eigene Leben weniger Wert ist als das eines anderen, der dir schaden will, dann sind ein paar Werte im Kopf echt stark durcheinander.

Das klingt für mich sehr danach, als ob du von der Existenz einer objektiven Werteskala ausgehen würdest, anhand derer man die subjektive Bedürfnisgewichtung der Individuen in "richtig" und "falsch" bewerten könnte. Vermute ich da richtig?

Ich will damit keine Diskussion anfangen, ob man an eine solche objektive Werteskala glauben sollte - ich will nur sicher gehen, ob ich deinen Standpunkt richtig interpretiere.

Maglor
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Mo 8. Sep 2008, 18:45 - Beitrag #22

Denn wenn einem selbst das eigene Leben weniger Wert ist als das eines anderen, der dir schaden will, dann sind ein paar Werte im Kopf echt stark durcheinander.

Nein, dann ist man Jesus. :crazy:

Anaeyon
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Mo 8. Sep 2008, 19:36 - Beitrag #23

Nein, Maurice, keine objektive Werteskala, aber ich gehe vom Selbsterhaltungstrieb aus. Und ich persönlich denke, dass man einer Religion oder sonst irgend einer Lebensphilosophie (z.b. Pazifismus) nicht so viel Macht geben darf, dass sie diesen Trieb ändert oder umgeht.
Alles im Falle eines Angriffs.

Wenn ich bereit bin, mein eigenes Leben aufs Spiel zu setzen um das einer geliebten Person zu retten, ist das was anderes. Aber wenn ich angegriffen werde und mir dann der Angreifer mehr Wert ist, als mein eigenes Leben, dann ist irgendwas echt nicht in Ordnung. Oder?

Maurice
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Mo 8. Sep 2008, 19:59 - Beitrag #24

Wie gesagt, ich möchte an dieser Stelle nicht darüber urteilen, da ich sonst wol eine Grundsatzdiskussion vom Zaun brechen würde. Darüber hinaus bin ich mir momentan auch nicht sicher, ob ich diese Frage pauschal mit ja oder nein beantworten sollte...

Ipsissimus
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Di 9. Sep 2008, 10:39 - Beitrag #25

bedenklich^^ Notwehr ist eine Sache, und das Recht auf Notwehr stellt niemand ernstlich in Frage. Aber schon vor Beginn einer Ausbildung mit der Waffe derart zu betonen, dass man das Recht auf Notwehr auf jeden Fall auszuüben gedenkt, auch mit der Waffe in der Hand, und dafür schon ein Rechtfertigungsszenario in den Raum stellt, das riecht zumindest nach dem Wunsch, die Notwehrsituation ein bisschen pushen zu können. Und das riecht nach einer Person, die etwaige polizeiliche Vorgesetzte um ihrer selbst willen tunlichst vom Dienst mit der Waffe fern halten müssten.

Lykurg
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Di 9. Sep 2008, 10:52 - Beitrag #26

(...kann ganz am Rande auch zu der Überlegung führen, inwieweit ähnliche Gedankenspiele, selbst wenn später erfolgreich verdrängt, auch für andere eine gewisse Mitmotivation bei dieser Berufswahl spielen und gespielt haben könnten.)

Anaeyon
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Di 9. Sep 2008, 15:04 - Beitrag #27

Zitat von Ipsissimus:bedenklich^^ Notwehr ist eine Sache, und das Recht auf Notwehr stellt niemand ernstlich in Frage. Aber schon vor Beginn einer Ausbildung mit der Waffe derart zu betonen, dass man das Recht auf Notwehr auf jeden Fall auszuüben gedenkt, auch mit der Waffe in der Hand, und dafür schon ein Rechtfertigungsszenario in den Raum stellt, das riecht zumindest nach dem Wunsch, die Notwehrsituation ein bisschen pushen zu können. Und das riecht nach einer Person, die etwaige polizeiliche Vorgesetzte um ihrer selbst willen tunlichst vom Dienst mit der Waffe fern halten müssten.


Auf was basiert diese Unterstellung? Das Beispiel mit dem Messer habe ich aus einem Polizeiforum, indem meine Stellung hier denen der Polizisten dort entspricht. Wo da ein Wunsch nach solchen Situationen oder deren Ausreizung sein soll, weis ich nicht. Ich kann mir schöneres vorstellen, als mit einem Messer angegriffen zu werden. Eine Rechtfertigung für Gewalteinsatz ist da auch nicht dabei, nur eine Rechtfertigung, das eigene Leben zu retten. Und das sollte Vorgesetzte freuen, "die" geben nämlich ein Mordsgeld für ihre Beamten aus und wenn diese sich nach ner 20.000€ teuren Ausbildung einfach abstechen lassen..naja Bild

Maurice
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Di 9. Sep 2008, 16:25 - Beitrag #28

Ein Menschenleben kann nicht mit Geld abgewogen werden, blabla, der Mensch hat eine unveräußerliche Würde, blabla, das ist total unmoralisch, was du da erzählst, blabla. :crazy:

Ne, mal im ernst: Versuche dein Beispiel vielleicht nochmal etwas anders zu beschreiben, vielleicht verstehen hier dann einige besser, was du sagen willst. ;)

Ipsissimus
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Di 9. Sep 2008, 16:37 - Beitrag #29

um mein Verständnis seiner Ansicht muss er sich nicht wirklich kümmern, Maurice, sein eigenes ist wichtig^^ und diesbezüglich habe ich an meiner Kritik auch nach seiner Stellungnahme nichts zu relativieren. Polizisten, die bereit waren, in vorauseilender Notwehrannahme Leute über den Haufen zu knallen, hat es ein paar zu viele gegeben, als dass das Problem "protected by coolness" als trivial oder gar als gelöst aufgefasst werden könnte. Ich sagte auch nur, es "riecht" danach, nicht, dass es sich ausgemachter Weise so verhält. Problemunbewußtheit ist aber auch Teil des Problems.

Anaeyon
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Di 9. Sep 2008, 18:06 - Beitrag #30

Ipsi, doch, es geht um dein Verständnis meiner Ansicht, denn du dichtest gerade ein paar Sachen dazu, wie auch im vorigen Beitrag schon. Von vorrauseilender Notwehrannahme war nirgendwo die Rede. Und - nur eine Verständnisfrage ^^ - was willst du mit dem "protected by coolness"-Satz sagen?


Maurice, das Beispiel ist recht klar. Wenn man mich jetzt immernoch falsch versteht, ist man selbst schuld ^^

Feuerkopf
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Mi 10. Sep 2008, 00:23 - Beitrag #31

Waffen scheinen eine eigenartige Faszination auszuüben.

janw
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Mi 10. Sep 2008, 01:13 - Beitrag #32

Ana, das Beispiel hakt schon an der Angabe "2m", denn bei der Entfernung dürften bei einem überraschenden Angriff keine 2-3 Sekunden bleiben, um die Waffe auch nur in die Hand zu bekommen. Da würde ein trainierter Mensch sich eher reflexartig fallen lassen oder zur Seite springen. Davon ab ist bei einem Angriff mit Hieb- und Stichwaffen ein Schuss auf die Beine hinreichend, und ich glaube nicht, daß es ein größeres Zielproblem ist als bei einem Schuss auf die Körpermitte.

Letztlich ist für das Handeln von Polizisten IMHO der Begriff der überlebenstriebgesteuerten Notwehrhandlung deutlich restriktiver zu handhaben als für einen gewöhnlichen Bürger, da ein wesentlicher Teil der Polizeiausbildung darauf abzielt, diese Triebe zugunsten einer bewussten gesteuerten Reaktion zu kontrollieren. Übersicht behalten, deeskalieren, mutmaßliche Täter dingfest machen sind die Aufgaben und Ziele der Polizeiarbeit, nicht nach Art von Egoshootern Menschen massakrieren, die nur zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort waren.

Jenseits seiner erlernten Triebkontrolle ist natürlich jeder Polizist immer noch ein Mensch, mit einem Bereich triebgesteuerten Handelns, und daß es für ihn als Menschen ein Recht auf Notwehr gibt, sehe ich wie Ipsi so, wie auch, daß mir die Absicht zur Ausübung dieses Rechts mit Todesfolge zu stark betont wird.
Die Verteidigung des eigenen Lebens sollte immer mit dem geringstmöglichen Schaden für andere - auch einen Angreifer! - erfolgen.

Das Notwehrrecht jetzt vom Schutz des eigenen Lebens auf die Verteidigung der eigenen Freiheit auszudehnen - mit der von Dir dazu getätigten Begleitaussage - führt mich eigentlich dazu, daß ich mir den Zivildienst als Regeldienst wünschen würde, den Militärdienst nur nach sorgfältiger Selektion, zumindest aber sollte IMHO der Zivildienst zum notwendigen Einstellungskriterium für die Polizei werden.
Und eine psychoanalytische Begutachtung der Polizeianwärter wäre mir auch nicht unsympathisch.

Anaeyon
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Mi 10. Sep 2008, 01:57 - Beitrag #33

Davon ab ist bei einem Angriff mit Hieb- und Stichwaffen ein Schuss auf die Beine hinreichend, und ich glaube nicht, daß es ein größeres Zielproblem ist als bei einem Schuss auf die Körpermitte.


Das glaube ich aber durchaus. Und von mir aus auch 5 Meter. Bei zwei Metern hätte man mit Deeskalation wohl noch mehr Probleme Bild

Übersicht behalten, deeskalieren, mutmaßliche Täter dingfest machen sind die Aufgaben und Ziele der Polizeiarbeit, nicht nach Art von Egoshootern Menschen massakrieren, die nur zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort waren.


Das finde ich nun beleidigend. Die Wortwahl ist mindestens genauso daneben wie meine.

Jenseits seiner erlernten Triebkontrolle ist natürlich jeder Polizist immer noch ein Mensch, mit einem Bereich triebgesteuerten Handelns, und daß es für ihn als Menschen ein Recht auf Notwehr gibt, sehe ich wie Ipsi so, wie auch, daß mir die Absicht zur Ausübung dieses Rechts mit Todesfolge zu stark betont wird.


Ich habe nirgendwo beschrieben dass ich im Falle von Notwehr gerne gleich richtig zuschlagen würde. Dass es in jedem Fall besser ist, nur so wenig Schaden wie möglich zuzufügen, ist mir bewusst.
Ich sagte, dass etwas nicht ok zu sein scheint, wenn man ethisch/moralisch gesehen nicht bereit ist, im Falle einer Notwehrsituation, in der es unrealistisch hoch zehn ist (siehe Beispiel), jemanden ohne großen Schaden zu entwaffnen, ihn zu töten.

WENN mir aufgrund von fehlender Zeit zum Zielen nur ein Schuss in die ungefähre Richtung der Körpermitte (weil die sich beim rennen am wenigsten hin und her bewegt und die größte Angriffsfläche bietet) bleibt, DANN sollte ich bereit sein diesen Schuss zu tätigen, FALLS es mir nicht möglich ist, anderweitig effektiv der Attacke zu entgehen OHNE dadurch vor dem Angreifer zu fliehen.

Ich habe das sicherlich unklar ausgedrückt, aber nicht so unklar, dass man mir hier anhängen kann, ich würde gerne Leute abknallen. Bild

Der Aussage
Die Verteidigung des eigenen Lebens sollte immer mit dem geringstmöglichen Schaden für andere - auch einen Angreifer! - erfolgen.

stimme ich also durchaus zu. Was anderes habe ich nie gesagt oder angedeutet.


Das Notwehrrecht jetzt vom Schutz des eigenen Lebens auf die Verteidigung der eigenen Freiheit auszudehnen - mit der von Dir dazu getätigten Begleitaussage -


Falschrum. Zuerst redete ich von der Bereitschaft, für die Freiheit zu töten.
Ich sagte auch, dass es mir dabei nicht darum ging, dass jeder bereit sein muss, in Afghanistan oder sonstwo Menschen zu töten damit wir hier in Deutschland unsere Freiheit behalten. Das wäre ich auch nicht.

Würden radikale Muslime (man verzeihe mir das Beispiel...) vor meiner Tür stehen und mich zwingen, mich zum Islam zu bekennen und zu beten und sonst drohe mir der Tod, wäre ich bereit, meine Freiheit auch mit einer Waffe zu verteidigen, auch tödlich wenns nicht anders geht.
Denn ich denke, wer mir den Tod androht, muss ungeachtet MEINER Ethik damit rechnen, dass er stirbt. So eine Drohung kommt nicht ohne Konsequenzen für den Drohenden aus. Er fällt damit in meiner Wertung unter mich. Und daran ist nichts verwerflich, auch aus den Augen der Polizeileitung nicht.

Der Angreifer macht sich Schuldig, sobald er angreift. Der Verteidiger erst, wenn er sich bewusst agressiver verteidigt, als nötig.

Ich verstehe deine Aussage also nicht wirklich. Wo dehne ich etwas aus, und welche Begleitaussage meinst du genau?

führt mich eigentlich dazu, daß ich mir den Zivildienst als Regeldienst wünschen würde, den Militärdienst nur nach sorgfältiger Selektion, zumindest aber sollte IMHO der Zivildienst zum notwendigen Einstellungskriterium für die Polizei werden.
Und eine psychoanalytische Begutachtung der Polizeianwärter wäre mir auch nicht unsympathisch.


Dafür würde ich JETZT gerne nochmal eine Erklärung haben. Denn wenn ich mich JETZT nicht verständlich genug ausgedrückt habe, habt ihr was auf den Augen. Und wenn ihr nichts auf den Augen habt, dann habt ihr definitiv eine andere Ethik als die Polizei.

henryN
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Mi 10. Sep 2008, 02:32 - Beitrag #34

Zitat von janw: Und eine psychoanalytische Begutachtung der Polizeianwärter wäre mir auch nicht unsympathisch.


ist das nicht der Fall? Das macht mich stutzig...........

Vielleicht liegt es daran dass Flugzeuge deutlich teurer sind und gefährlicher, aber unser Psychotest hat mehrere Tage in Anspruch genommen....

In meinem früheren Leben hatte ich keine Wahl und habe deshalb versucht das beste daraus zu machen und dort schön brav, Aerodynamik, Meteorologie, Hyraulik, Mathematik, Physik, autogenes Training, etc etc. studiert...... Das hätte ich woanders effektiver haben können.....

Unglücklicherweise ist es so, dass die emotionale und psychosoziale Dummheit der Menschen mit ihrer Maschinisierung überproportional ansteigt. Ich kann Dir nur empfehlen regelmässig einen Therapeuten aufzusuchen, bevor Du Dir die falschen Strategien aneignest.

Für Nahkampfsituationen hatten wir sogar einen albernen Karatekurs, was wirklich sehr komisch ausgesehen haben muss in unförmigen Lederstiefeln, aber für den angegebenen Fall deutlich adäquater ist.

Die 'Waffe' an sich, stellt sich für mich eigentlich nicht als Problem dar. Nur erscheint es mir wichtig, sich mit ihrer Eigengesetzmässigkeit vertraut zu machen. Als Lektüre empfehle ich den Film "Dear Wendy" (Drehbuch Lars von Trier)

Dieses aber jedoch erst nach intensivem Studium von Angst und Konfliktprozessen. Dort ist die Eigenkontingenz dieser besonderen Situation 'greifbarer'.
In diesen Fähigkeiten entscheidet sich, ob Du zur der einen oder der anderen Seite der 'Macht' zuzuordnen bist ;-)

Das komplizierte daran ist jedoch, das der 'Polizist' an sich, nur 'Folge' und 'Regel' ist, die an den Ursächlichkeiten eines Konfliktes wenig drehen kann. Das macht ihn von der Grunddisposition her zu einem ausgelieferten und ängstlichen Wesen, dem er sich jedoch durch umfassende Ausbildung und Selbstreferenz entziehen könnte.....

Ich selbst, stand vor diesem Problem damals nicht. Wir hatten Atomwaffen, sodass die Aussichtslosigkeit einer bewaffneten Ausseinandersetzung von vornherein gesetzt war. Etwas, was auch der sehr dumme Mensch nach einer langen Zeit des kalten Krieges erkennen musste. Ich hatte mich schon vorher dazu entschlossen im Zweifelsfall Dummheit nicht mit Dummheit zu beantworten und habe mir die ganze Angelegenheit als reine Präsenzübung vorgestellt.

Eine letzte Frage verbleibt noch. Was willst Du über die Eigenreferenz hinaus erreichen? Bist Du in der Lage über den Ereignishorizont Deiner Eigenidentität hinaus zu denken oder zu empfinden?
Bist Du bereit, in Extremsituationen frei von Wille, Bewertung und emotionaler Getriebenheit zu sein?

Wenn dem so ist, würde ich Dir auch zutrauen sorgsam mit einer Schusswaffe umzugehen.

Jedoch auch nur, weil ich an die stabilisierende Wirkung stoffwechselnder, aufmerksamer Rückkopplungssysteme autopoietischer Lebensformen glaube.... ;-)

Anaeyon
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Mi 10. Sep 2008, 02:44 - Beitrag #35

Bei dem Einstellungstest der Polizei gibt es auch ein psychologisches Gespräch. Wie das dann im Verlauf der Ausbildung geregelt wird, weis ich nicht. Aber ich gehe davon aus, dass nicht sofort nach der Zusage die Überwachung meiner Diensttauglichkeit aufhört. ^^

Henry, falls du mit der Frage in etwa meinst, ob ich auch einfach als Polizist anstatt als Anaeyon handeln kann (ich weis nicht genau was du mit Eigenreferenz meinst^^), der sich nach Vorschrift verhält auch wenn er dem unglaublich penetrant nervenden Typen vor sich lieber eine reinhauen würde..ja, das kann ich. Es fällt mir nicht schwer, Emotionen auszuschalten.
Hier im Internet habe ich eh viel mehr Mut, in Gedankenspielen so und so zu handeln bzw. es mal nicht so genau zu nehmen. Ich denke, im RL bin ich deutlich bodenständiger als hier.

Ipsissimus
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Mi 10. Sep 2008, 10:21 - Beitrag #36

Zuerst redete ich von der Bereitschaft, für die Freiheit zu töten.


was sachlich etwas völlig anderes ist, als in Notwehr für das eigene Überleben zu töten.

Davon abgesehen: Für seine Freiheit zu töten ist u.U. auch der Mörder bereit, wenn der Polizist ihn gestellt hat. Wo wäre also der diesbezügliche Unterschied zwischen dem Polizisten und dem Mörder? Der Polizist tötet eben nicht für die Freiheit, sondern nur für das Überleben.

janw
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Mi 10. Sep 2008, 12:38 - Beitrag #37

Ana,
Zitat von janw:Übersicht behalten, deeskalieren, mutmaßliche Täter dingfest machen sind die Aufgaben und Ziele der Polizeiarbeit, nicht nach Art von Egoshootern Menschen massakrieren, die nur zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort waren.

war bewusst übertrieben formuliert, um den Gegensatz zu verdeutlichen, ich wollte Dich damit nicht herabsetzen.
Allerdings treibt mich der Eindruck um, daß häufiges Egoshooter-spielen im Teenager-Alter die Fähigkeit zur Besonnenheit in Krisensituationen, zum Hinausschieben der Grenze des nichtsteuerbaren Handelns, beeinträchtigen könnte. Es gibt da doch Hinweise, daß solche Spiele die Aggressionshemmschwellen nicht nur vorübergehend senken können, und je früher gespielt, um so fixierter.

Zitat von Anaeyon:WENN mir aufgrund von fehlender Zeit zum Zielen nur ein Schuss in die ungefähre Richtung der Körpermitte (weil die sich beim rennen am wenigsten hin und her bewegt und die größte Angriffsfläche bietet) bleibt, DANN sollte ich bereit sein diesen Schuss zu tätigen, FALLS es mir nicht möglich ist, anderweitig effektiv der Attacke zu entgehen OHNE dadurch vor dem Angreifer zu fliehen.

Und was spricht gegen die Flucht?
Du wirst jetzt sagen, die Tatsache, daß der Mann mit dem Messer jetzt reihenweise andere Menschen erstechen wird. Du hast ihn in einem Deiner Beiträge auch schon als "krank" bezeichnet, was IMHO ziemlich an seiner Wirklichkeit vorbeigehen dürfte.
Nur, wird er das wirklich tun? Hier kommt die Situationsgebundenheit ins Spiel, was will der Mann, wen bedroht er - und wen nicht? Was macht es mit ihm, daß er gerade mit einem gezogenen Messer zum Sprint auf Dich ansetzt?
Er wird nicht mehr lange können, und dann kannst Du ihn festnehmen, also ist eine kurze Flucht, unter Nutzung von Hauseingängen, Autos,... vielleicht doch das gebotenere Mittel.

In einer anderen Situation mag anderes gelten, und im Falle einer von Dir als unausweichlich lebensbedrohlich angesehenen Bedrohung ist es akzeptabel, daß der Angreifer durch Deinen Akt der Notwehr getötet wird.
Der Punkt ist nur, wieviel Gewese Du vorher von dieser Möglichkeit machst im Vergleich zur Möglichkeit, zu verhindern, daß es überhaupt so weit kommt - sowohl in der Entwicklung solch einer Situation wie auch in der Entwicklung Deines Eindrucks der Unausweichlichkeit der Notwehr, also in Deinem Ausmaß der Triebkontrolle.

Zitat von janw:Das Notwehrrecht jetzt vom Schutz des eigenen Lebens auf die Verteidigung der eigenen Freiheit auszudehnen - mit der von Dir dazu getätigten Begleitaussage -

Weil Du den Satz nicht verstanden hast...zuerst hast Du das Recht auf Notwehr auf die Bedrohung Deines Lebens angewendet, dann auf Deine Freiheit, mit der Begleitaussage ist Deine medizinische Charakterisierung meiner Haltung gemeint.

Zitat von Anaeyon:Ich habe das sicherlich unklar ausgedrückt, aber nicht so unklar, dass man mir hier anhängen kann, ich würde gerne Leute abknallen. :rolleyes:

Das hat auch niemand behauptet, nur klingt es doch etwas befremdlich, daß Du vor Beginn jeglicher Ausbildungsschritte Dich sehr dezidiert über bewaffnete tödliche Notwehr ausläßt, daß es scheinbar DAS Dich in Zusammenhang mit einer Polizeiausbildung bewegende Motiv ist.
Weißt Du...für mich wäre eine Notwehrhandlung mit tödlichem Ausgang eher Anstoß zu Fragen wie "hätte ich die Situation vermeiden können oder sie anders lösen?" als zu der Bewertung "selber Schuld der Kerl".

Zitat von Anaeyon:Dafür würde ich JETZT gerne nochmal eine Erklärung haben. Denn wenn ich mich JETZT nicht verständlich genug ausgedrückt habe, habt ihr was auf den Augen. Und wenn ihr nichts auf den Augen habt, dann habt ihr definitiv eine andere Ethik als die Polizei.

Ich weiß ja nicht, mit welchen Polizisten Du gesprochen hast, aber eigentlich sehen die ihre Aufgabe darin, für Sicherheit und Ordnung zu sorgen, Krisen zu deeskalieren und mutmaßliche Täter dingfest zu machen.
Das geht IMHO eher mit einem klaren Kopf und einer nicht aggressiven Grundhaltung, deshalb sehe ich hier Vorteile für Menschen, die eher den Dienst am Nächsten zu ihrer Grundhaltung erklären. Eine psychoanalytische Begutachtung sollte die notwendigen Persönlichkeitsprofile selektieren und ungünstige aussortieren helfen.

Zitat von henryN:ist das nicht der Fall? Das macht mich stutzig...........

Nun, wenn es der Fall ist, umso besser^^

Das komplizierte daran ist jedoch, das der 'Polizist' an sich, nur 'Folge' und 'Regel' ist, die an den Ursächlichkeiten eines Konfliktes wenig drehen kann. Das macht ihn von der Grunddisposition her zu einem ausgelieferten und ängstlichen Wesen, dem er sich jedoch durch umfassende Ausbildung und Selbstreferenz entziehen könnte.....

Das ist ein wichtiges Problem, letztlich dient die Polizei immer mehr zum Abladeplatz der Probleme, die Politik bewusst oder hinnehmend schafft.

Anaeyon
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Mi 10. Sep 2008, 15:46 - Beitrag #38

Jan, sofern ich mal Polizist werde, und man mir in der Ausbildung sagt, dass es sinnvoll sein kann, in so einer Situation erstmal wegzurennen, dann würde ich es ab dann auch als Möglichkeit wahrnehmen. Ich gehe aber zumindest jetzt davon aus, dass der Polizist einen bewaffneten Angreifer so schnell wie möglich unschädlich machen sollte, vor allem dann wenn sowas in einer Menschenmenge passiert. Zweitens bin ich nicht näher auf die Beweggründe des Täters eingegangen bei diesem Beispiel, es könnte auch einer sein, der sich durch die Polizei bedroht fühlt und durchdreht, dann muss man davon ausgehen dass auch andere in Gefahr sind.

Mein "Eindruck der Unausweichlichkeit der Notwehr" besteht nicht.

Das hat auch niemand behauptet, nur klingt es doch etwas befremdlich, daß Du vor Beginn jeglicher Ausbildungsschritte Dich sehr dezidiert über bewaffnete tödliche Notwehr ausläßt, daß es scheinbar DAS Dich in Zusammenhang mit einer Polizeiausbildung bewegende Motiv ist.


Schwachsinn. Habe ich so auch nichtmal annäherungsweise ausgedrückt und wenn dieser Eindruck bei euch entsteht, dann durch wirklich sehr selektive Wahrnehmung. Warum ich so viel über Notwehr rede? Vielleicht weil der Thread davon handelt und ich seit meinen ersten paar Posts nurnoch damit beschäftigt bin, bessere Notwehr-Beispiele zu finden damit man mir endlich mal abnimmt dass ich nicht geil aufs Schiessen bin.

Weißt Du...für mich wäre eine Notwehrhandlung mit tödlichem Ausgang eher Anstoß zu Fragen wie "hätte ich die Situation vermeiden können oder sie anders lösen?" als zu der Bewertung "selber Schuld der Kerl".


Das sind zwei verschiedene Dinge. Zugegeben, es mag sogar sein, dass ich mir in so einer Situation selbst Vorwürfe machen würde, dass es sich schlecht anfühlt. Das ändert aber nichts daran, dass ein Mensch mit Tötungsabsicht selbst schuld daran ist, wenn er bei dem Versuch stirbt. Das ist so, auch hier im zivilisierten Westen.

Ich weiß ja nicht, mit welchen Polizisten Du gesprochen hast, aber eigentlich sehen die ihre Aufgabe darin, für Sicherheit und Ordnung zu sorgen, Krisen zu deeskalieren und mutmaßliche Täter dingfest zu machen.


Worin ich also wiedermal keinen Unterschied zu mir entdecken kann.

janw
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Fr 12. Sep 2008, 03:15 - Beitrag #39

Ana, ich will Dir gerne glauben, daß Du nicht "geil aufs schießen" bist, und vielleicht guckt die Polizei schon etwas erstaunt, wenn da einer vom Zivildienst zu ihnen kommt, der nicht lange Haare und Wollpullis trägt ;)
Nur komme ich über einen solchen Satz nicht so richtig hinweg:

Zitat von Anaeyon:Wenn du in Extremsituationen nicht bewusst dein Leben retten kannst indem du Gewalt anwendest, bist du geistig krank. Dein Selbsterhaltungstrieb funktioniert nicht richtig.

Ich denke, Gewalt kann leicht die falsche Lösung sein, weil sie nur noch mehr Gewalt des anderen zur Folge hat. Ideal wäre IMHO eher wu wei, spielen mit den Schwächen des anderen, taktischer Rückzug und Überraschung, immer angepasst an die Situation.

Die zentrale Rolle der Gewalt in dem Satz klingt für mich jedenfalls nicht so gut.

Jan, sofern ich mal Polizist werde, und man mir in der Ausbildung sagt, dass es sinnvoll sein kann, in so einer Situation erstmal wegzurennen, dann würde ich es ab dann auch als Möglichkeit wahrnehmen. Ich gehe aber zumindest jetzt davon aus, dass der Polizist einen bewaffneten Angreifer so schnell wie möglich unschädlich machen sollte, vor allem dann wenn sowas in einer Menschenmenge passiert. Zweitens bin ich nicht näher auf die Beweggründe des Täters eingegangen bei diesem Beispiel, es könnte auch einer sein, der sich durch die Polizei bedroht fühlt und durchdreht, dann muss man davon ausgehen dass auch andere in Gefahr sind.

Über welche Situation reden wir jetzt, Messerstecher in einer Gruppe oder Messerstecher, der aus einer Gruppe heraus auf Dich zusprintet, oder wie?
Ich gebe zu bedenken, daß ein Schusswaffeneinsatz in Anwesenheit einer ungeordneten Menschenmenge mit sehr großer Wahrscheinlichkeit nicht nur die Person treffen wird, die getroffen werden sollte.
Ich denke eher, daß in der Polizeiarbeit etwas krass schief gelaufen ist, wenn es überhaupt so weit gekommen ist, daß da ein Beamter alleine in eine Notwehrsituation kommt.
Die Option Flucht ist IMHO durchaus in Betracht zu ziehen, insbesondere wo diese ja durchaus im nächsten Hauseingang oder hinter parkenden Autos enden kann, von wo aus dann die Situation neu angegangen werden kann.

Weißt Du, ich versuche eigentlich nur darzustellen, wie Deine Position bei mir wirkt, mag auch sein, daß ich ein wenig übersensibel bin in der Frage.
Zugleich stecke ich selbst drin in dem Schlamassel, mir sind früher auch mal die Pferde durchgegangen, und ich arbeite ein paar Stunden die Woche in einer echten Verkörperung staatlicher Gewalt, durchaus eine Herausforderung für mein Denken einer gewaltfreien Gesellschaft.

Ich würde sagen, wir sollten mal zum eigentlichen Thema kommen, Notwendigleit, Sinn und so weiter des Wehrdienstes.

Mal ganz provokant gefragt, was spräche gegen das Schweizer Modell, militärische Neutralität und eine Verteidigungsarmee aus militärisch geschulten Bürgern?

Anaeyon
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Fr 12. Sep 2008, 05:32 - Beitrag #40

Jan, wenn du in einer Extremsituation, und damit meinte ich eine Situation, bei der dein Überleben nur dann halbwegs sicher weiterhin gewährleistet ist, wenn du Gewalt anwendest, wenn du dort nicht fähig bist, Gewalt anzuwenden, DANN bist du weiterhin meiner Meinung nach krank.

Wenn dein Wille, Gewalt zu vermeiden so stark ist, dass man meint du würdest selbst mit nem tauben Angreifer noch verhandeln wollen, dann ist irgendwas nicht in Ordnung. Denn du klingst so, als sei Gewalt NIE eine Lösung in keinster Weise. Das ist es, was mich so aufregt in dieser Diskussion. Vielleicht haben wir gerade beide ne sehr selektive Wahrnehmung bei diesem Thema, aber du wirkst unglaublich naiv auf mich. Mag an Kommunikationsschwierigkeiten aufgrund meiner ungenauen Beschreibungen liegen, aber du klingst so, als müsse es Ziel unserer Moral sein, so friedlich wie möglich zu sein.

Was willst du, Jan? Einen Menschen, der sich schlagen lässt und nur mit Worten zurückschlägt? Unglaublich effektiv. Bild
Du klingst so nach deutscher Political Correctness und "Wir müssen uns alle lieb haben", dass man meint, du hättest vor anderen mehr Respekt, als vor dir selbst. Und genau das fände ich sehr verwerflich.

Das alles ist auch diesmal nicht persönlich beleidigend gemeint.



@Notwendigkeit des Wehrdienstes:
Vielleicht morgen *gähn*

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