Hinlänglichkeit und Würdigkeit der Hartz-4-Bezüge

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Milena
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So 9. Nov 2008, 20:15 - Beitrag #41

...e-noon,^^
bitte keine schulischen erklärungen was aussagen sind oder beinhalten sollten....ich weiss auch so, dass du ein gebildeter student bist...^^
(darum gehts nämlich nicht..^^)

Ich beziehe selber oft Essen von der Tafel, da meine Mitbewohnerin recht bedürftig ist, aber nicht alles essen kann oder will, was sie da bekommt.


...finde ich einen tollen und praktischen zug...^^
ich nehme doch mal schwer an, dass du dich selbst auf den weg zur tafel machst und dort das essen beziehst, oder nicht?

ich persönlich habe nie was gehabt gegen die qualität des essens an sich in den tafeln, ich finde solche einrichtungen lebensnotwendig und äusserst lobenswert.....
es ging mir um den weg dorthin, die entblössung, die überwindung des eigenen stolzes.....
(bis jetzt war ich noch nie gezwungen, dahin zu gehen....es würde mir zugegebener massen sehr schwerfallen..)

und bitte e-noon,^^ ich würdige deine langen posts, aber schreibe mir nicht vor, wie ich zu antworten hätte (längenmässig)^^ danke^^Bild

e-noon
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So 9. Nov 2008, 21:06 - Beitrag #42

Das in Bezug auf die Antwort war natürlich nicht längenmäßig gemeint, wer auf die wichtigen Punkte in zwei Kantianisch langen Sätzen eingehen kann, von mir aus gerne, ich werde auf jeden Fall versuchen, das zu verstehen.

Ich gehe nicht zur Tafel, aber da alle, die dahingehen, aus dem gleichen Grund dahingehen, vor wem sollten sie sich schämen? Vor sich selbst? Dann kann ihnen das auch bei Hartz-IV passieren, ebenso wie bei jedweder Form von Hilfe. Und kann staatlicher Hilfe vorgeworfen werden, dass Menschen sich für staatliche Hilfe schämen? Entweder hilft der Staat Menschen, die nichts für ihn tun (so gern sie auch wollten und könnten, nur kein Bedarf besteht oder dieser keine entsprechenden Arbeitsstellen eröffnet) - oder er tut es nicht. Mehr Möglichkeiten gibt es nun mal nicht... oder?
Da du noch nie bei der Tafel warst - meine Mitbewohnerin kommt nicht geteert und gefedert wieder, nicht mit schamroten Wangen oder einer "SCHANDE" - Tätowierung auf der Stirn, sondern mit Essen und gesundem Appetit. Vielleicht ist es doch eine sehr individuelle Sache, wie man mit fremder Hilfe umgeht (über deren zu niedrig sein sich ja vorher beklagt wurde) und ob man etwas als beschämend empfindet oder einfach als hilfreich.

ich weiss auch so, dass du ein gebildeter student bist...^^ (darum gehts nämlich nicht..^^)
Exakt. Darum geht es nicht. Es geht darum, dass du fragst und ich antworte. Bzw. dass du Unverständnis ausdrückst und ich aufkläre. Warum du dich hinterher beschwerst, verstehe ich ehrlich gesagt nicht, aber ich werde natürlich deinem Wunsch entsprechen und Unverständnis deinerseits nicht mit Erklärungen beantworten, sondern wunschgemäß ignorieren.

Milena
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So 9. Nov 2008, 21:25 - Beitrag #43

Es geht darum, dass du fragst und ich antworte. Bzw. dass du Unverständnis ausdrückst und ich aufkläre.


...exakt.^^
wie konnte ich auch je etwas anderes angenommen haben....^^
v.a bzgl. diesen speziellen threads..^^Bild

Lykurg
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So 9. Nov 2008, 21:41 - Beitrag #44

Milena, so wie ich e-noon verstehe, sagen die beiden von dir zitierten Sätze sinngemäß eher aus: "Es geht darum, daß ich antworte, weil du gefragt hast. Bzw. daß ich aufkläre, nachdem du Unverständnis ausgedrückt hast." Bild

Daß e-noons Wortwahl deutlich knapper und mehrdeutiger ausfiel, könnte auch in Entsprechung zu Beitrag #39 geschehen sein, für den Ähnliches gilt.

Nimm es mir bitte nicht übel, ich möchte nur helfen, zu verstehen.

e-noon
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So 9. Nov 2008, 22:09 - Beitrag #45

Genau das meinte ich...
v.a bzgl. diesen speziellen threads..

Nein, bezüglich einer konkreten Frage und deren konkreter Antwort.

Milena
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So 9. Nov 2008, 22:58 - Beitrag #46

...d`accord...., dann habe ich dich tatsächlich missverstanden...sry dafür..^^

mine'S^
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Mo 10. Nov 2008, 13:07 - Beitrag #47

mine'S,
mit Verlaub, du trollst.


Ja, genau so ist es. Woran hast du das erkannt? Daran dass ich persönliche Erfahrung Einzelner nicht als Beweis für eine Grundsatzkritik anerkenne?

...mit dir rede ich nicht mehr mines....


Das hätte ich persönlich an den Schluss des posts gestellt, aber das sei dir - wie die Entscheidung - unbenommen. Die Anzahl derer, die eine persönliche Erfahrung als äquivalenten Beweis zu einer allg. verbindlichen Gesetzmäßigkeit halten wird sich allerdings sehr in Grenzen halten. Aber zumindest Feuerkopf bietet sich da offenkundig an. Bild

Feuerkopf
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Mo 10. Nov 2008, 13:42 - Beitrag #48

e-noon,
gegen die Einrichtung der "Tafel" ist natürlich nichts einzuwenden, weil sie bitter benötigt wird und allein hier in Dortmund Bezugsausweise nur nach langen Wartezeiten erhältlich sind.

Schlimm ist, dass die "Tafel" überhaupt notwendig ist! Der Staat - also wir - verabschiedet sich nach und nach immer mehr aus seiner Fürsorgepflicht und überträgt sie den zum Glück vorhandenen Ehrenamtlichen und Spendern.

DAS finde ich unwürdig. Es sollte m. E. jedem eine Grundsicherung zustehen, die eben nicht dazu zwingt, von anderer Leute Wohlwollen abhängig zu sein.

Wo es möglich ist, den Absatz von Neufahrzeugen durch Steuergeschenke anzukurbeln (vom "Schutzschirm" für die Banken rede ich lieber erst gar nicht), sollte es möglich sein, Menschen ein Auskommen zu garantieren.

e-noon,
der psychologische Aspekt ist wirklich nicht zu vernachlässigen.
Es gibt unterschiedliche Gruppen von Hartz-4-Beziehern.
Es mag eine gewisse Klientel geben, die sich damit bescheidet und den Lieben Gott einen guten Mann sein lässt, aber die dürfte verschwindend gering sein.

Nicht gewollt zu sein bzw. zum Almosenempfänger degradiert zu werden, das frisst am Selbstwertgefühl und man kann eine solche Situation auch nicht schön reden. "Es wird schon wieder" - das stimmt oft eben nicht! Wenn man jenseits der 40 ist, sinken die Chancen auf einen auskömmlich bezahlten Job dramatisch, vor allem, wo hier immer mehr Vollzeitstellen abgebaut werden.
Da sind jene noch gar nicht berücksichtigt, die in irgend einer Hinsicht gehandicapt sind.

Es ist schlicht so, dass Arbeitslosigkeit häufig zu Depressionen führt. Damit ist nicht zu spaßen.

Nachtrag:
Eine statistisch aussagekräftige Erhebung ist letztlich auch nichts anderes als die Auswertung von Einzelschicksalen.

mine'S^
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Mo 10. Nov 2008, 19:14 - Beitrag #49

Eine statistisch aussagekräftige Erhebung ist letztlich auch nichts anderes als die Auswertung von Einzelschicksalen.


Definitiv, allerdings sollte die Zahl schon ein wenig größer als 1 sein sonst hapert es ein wenig am repräsentativen der Statistik.

Der Staat - also wir - verabschiedet sich nach und nach immer mehr aus seiner Fürsorgepflicht und überträgt sie den zum Glück vorhandenen Ehrenamtlichen und Spendern.


Bitte welche Fürsorgepflicht und worauf rekurriert die? Also ich lernte das unter dem Namen Solidargemeinschaft kennen, also durch Großzügigkeit und Menschlichkeit Derer mit Geld werden die ohne Geld ernährt, jetzt ist es also eine staatliche Pflicht? Und bei stetig steigenden Sozialabgaben sehe ich da wirklich keinen Rückzug aus dem Solidaritätsprinzip. Also wo es eine Pflicht, jenseits der diskutierten gesetzlichen, geben soll das erarbeitete Geld zu teilen, das erschließt sich mir überhaupt nicht. Überzeugung mal mehr mal weniger, aber eine tatsächliche Pflicht...


Es sollte m. E. jedem eine Grundsicherung zustehen, die eben nicht dazu zwingt, von anderer Leute Wohlwollen abhängig zu sein.

Wo es möglich ist, den Absatz von Neufahrzeugen durch Steuergeschenke anzukurbeln (vom "Schutzschirm" für die Banken rede ich lieber erst gar nicht), sollte es möglich sein, Menschen ein Auskommen zu garantieren.


Willkommen in Oskars Welt sag ich nur... Eine Grundsicherung scheitert nicht an der Borniertheit der Politiker, sondern an der Finanzierbarkeit. Ganz davon abgesehen, dass der Sinn dieser Regelung mehr als fragwürdig ist. Ist leider nicht so, dass mal eben ein bisschen der Rotstift angesetzt wird und schon können wir Millionen Menschen jeden Monat 1500 Euro überweisen...

Padreic
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Mo 10. Nov 2008, 22:19 - Beitrag #50

@Feuerkopf:
Es ist, wie schon erwähnt, auch meine Meinung, dass das Elend von Arbeitslosen, falls da, nicht nur und oftmals nicht einmal primär im rein finanziellen begründet ist, sondern das Scham, Hoffnungslosigkeit und das Gefühl, unnütz zu sein und anderen nur auf der Tasche zu liegen, eine sehr wesentliche Rolle spielen. Dass Armut sowohl gesellschaftlich als auch individuell oft als Schande angesehen wird, ist schade (obgleich so etwas ein wichtiger Motor für die Gesamtwirtschaft sein kann...).

Schlimm ist, dass die "Tafel" überhaupt notwendig ist! Der Staat - also wir - verabschiedet sich nach und nach immer mehr aus seiner Fürsorgepflicht und überträgt sie den zum Glück vorhandenen Ehrenamtlichen und Spendern. DAS finde ich unwürdig. Es sollte m. E. jedem eine Grundsicherung zustehen, die eben nicht dazu zwingt, von anderer Leute Wohlwollen abhängig zu sein.

Das verstehe ich nicht ganz. Von welchen Leuten sprichst du genau? Von "ganz gewöhnlichen" Hartz4-Empfängern, von Menschen, die eigentlich dringend Hartz4 benötigten, dessen Bewilligung sich aber aufgrund irgendwelcher behördlicher Unwägbarkeiten verzögert, von Menschen, die aufgrund irgendeiner zusätzlichen finanziellen Belastung nicht einmal für ihre Nahrungsbeschaffung mit dem gewöhnlichen Hartz4-Satz auskommen können?

Wo es möglich ist, den Absatz von Neufahrzeugen durch Steuergeschenke anzukurbeln (vom "Schutzschirm" für die Banken rede ich lieber erst gar nicht), sollte es möglich sein, Menschen ein Auskommen zu garantieren.

Ich kann mine'S da im Prinzip durchaus zustimmen: Wirtschaft ist ein Gesamtgefüge und nur aus dem Wirtschaftsbetrieb kann die Politik das Geld nehmen, mit dem sie beispielweise Sozialleistungen ausschüttet. Wenn Mercedes, VW & co den Bach runter gehen, dürfte die Anzahl der Arbeitslosen davon nicht sinken (unabhängig davon, ob dieses konkrete Programm jetzt sinnvoll ist; das ist aber nur eine Abwägung der Mittel, nicht der prinzipiellen Methodik); man kann über die großen Konzerne wettern so viel man will, aber sie ein wichtiger Stützpfeiler unseres Wohlstands und damit auch unseres politischen Systems. Die Wichtigkeit eines funktionierenden Finanzsystems für den gesamten Wirtschaftskreislauf, muss kaum betont werden, da ein solches für fast alle größeren wirtschaftlichen Unternehmungen die Basis bietet.

Feuerkopf
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Di 11. Nov 2008, 01:32 - Beitrag #51

Die Idee der Grundsicherung ist keine linke.
Ein langjähriger Befürworter ist z. B. der Chef der dm-Märkte.
, Werner .
Mir sagt seine Vision zu.

Hm. Mercedes, VW, BMW, Ford.
Große Konzerne, global player.
Wieso glauben die Vordenker dieser Firmen eigentlich, dass Menschen beliebig PKW kaufen können? Jeder weiß, dass fossile Brennstoffe endlich sind. Jeder hat mitbekommen, dass die Preise gestiegen sind.
Wieso haben die großen deutschen Firmen die Umstellung auf Spritsparmodelle schlicht verpennt? Wieso überlassen sie große Marktsegmente einfach anderen Produzenten?
Jetzt ist das Geschrei groß - und die Politik spannt den großen Schirm auf.
Ich wünschte, ähnliche Großzügigkeit würde für das Handwerk gelten.

Lykurg
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Di 11. Nov 2008, 14:02 - Beitrag #52

Feuerkopf, dir sagt ein Modell zu, das jegliche Art von einkommensorientierter Besteuerung abschaffen will? Ich bin überrascht... Bild
Hardorp: Richtig. Null Steuern für alle Einkommen.
SPIEGEL ONLINE: Alle?
Werner: Lohnsteuer, Einkommensteuer, Kapitalertragsteuer, Vermögensteuer - alles fällt weg.

Ich teile übrigens deine Ansicht, daß die Autokonzerne es verschlafen haben, rechtzeitig spritsparende Modelle anzubieten. Allerdings haben offensichtlich die Verbraucher bislang kein Interesse daran gezeigt, stattdessen eher Status und Motorleistung (oder auch den reinen Anschaffungspreis) im Auge gehabt.

Viele Verbraucher klagen lieber über die hohen Benzinpreise und geben die Schuld daran dem Staat, den "Ölmultis" oder wem auch immer, als sparsamer zu fahren bzw. ein kleineres Auto mit weniger spritfressender Ausstattung zu wählen (wozu braucht man hierzulande eigentlich unbedingt eine Klimaanlage? Klar ist es angenehm, wenn man eine hat, aber dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn...).

mine'S^
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Di 11. Nov 2008, 14:30 - Beitrag #53

Also dass Bürgergeld finanzierbar sein soll, wenn zeitgleich sämtliche Ertragssteuern abgeschafft werden ist aus mehreren Gründen völlig absurd. Erstens sind die Auswirkungen auf den Beschäftigungsgrad überhaupt nicht antizipierbar, dieser ist allerdings essentielle Berechnungsgrundlage der Finanzierung.

Zweitens führt massive Konsumbesteuerung auf nationaler Ebene in zollfreien Unionen zu Konsumtourismus und Schwarzhandel, was die Finanzierungsgrundlage abgräbt, die ohnehin nichtmal annähernd besteht, da nichtmal das Althaus-Modell definitiv finanzierbar ist und das sieht 25% bzw. 50% Einkommenssteuer und Bürgergeld in Höhe von 400 oder 800 und nicht 1200 Euro vor.

Jede Form von Ertragsbesetuerung abzuschaffen sorgt ganz nebenbei zu einer massiven Vorleistungspflicht des Staates, der das Grundeinkommen auszahlen muss das aber nicht sofort durch Konsumbesteuerung zurückfließt, da Konsum IMMER zeitversetzt nach steigendem Einkommen ansteigt, ergo extreme Kredite zur Finanzierung nötig wären, deren Zinsen völlig ignoriert werden.

Ferner ist die Auswirkung auf Leistungswille und Arbeitsmotivation bei bedingungslosem Bürgergeld fragwürdig, da es jetzt schon genug Arbeitsunwillige gibt, deren Zahl wird mit steigender Transferleistung sicher nicht sinken, was die Wertschöpfung durch die Wirtschaft schädigt, die Preise erhöht und so den Finanzmarkt und den Investitionsstandort schädigt.

Ganz davon abgesehen, dass das prinzip Bürgergeld die zu antizipierende Zuwanderungswelle völlig ignoriert oder bei entsprechender ges. Regelung die sozialen Spannungen und die Ausgrenzung von Ausländern.

Und von dem grenzenlosen Einkommensverlust durch die Kapitalbesteuerung von Vermögenszuwachs, der nicht zwangsläufig zu Mehr-Konsum führt sondern sehr viel wahrscheinlicher zu einem Liquiditätsstrom ins Ausland ganz zu schweigen. Um zu wachsen muss aber geld in die Wirtschaft und ins Land und nicht raus.

Ich könnte jetzt noch weiter machen, denn die Liste der Gründe warum das Konstrukt völlig blinde Träumerei ist, scheint mir endlos zu sein, aber das soll erstmal reichen...

mine'S^
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Mi 19. Nov 2008, 16:26 - Beitrag #54

Warum wundert mich das jetzt nicht...Bild

Feuerkopf
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Sa 22. Nov 2008, 00:42 - Beitrag #55

Du meinst also, das alles hier zum Thema Bürgergeld sei dummes Zeug?

mine'S^
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Sa 22. Nov 2008, 02:28 - Beitrag #56

Gut dass ich nicht explizit auf das Althaus-Modell eingegangen bin...

Ich habe keine Lust jetzt die ganzen Denkfehler des Konzepts aufzuzeigen wenn du keinen einzigen bereits genannten Eindwand kommentierst sondern einen Link postest und glaubst das sage irgendwas aus... Also mache ich es auch so.

-Bürgergeld im Rentenalter != ges. Rentenanspruch => verfassungswidrig
-Steuerfreiheit für Einkommen < 1600 Euro + Einheitssteuersatz = Steuerertragsverlust, aber Berechnung auf Grundlage jetziger Einnahmen
-Berücksichtigung der besonderen Härte fehlt in der Kalkulation
-Beschäftigte des Steuerrechts und der Finanzämter, Arbeitsämter et cetera?
-200 Euro Gesundheitsprämie für Rentner --> LOL Solidargemeinschaft erfordert Grundkapital
-Verrechnung von Transferleistung und Steuerschuld erfordert Vorleistung und Kapitalstock, der nicht vorhanden ist
-Massive Belastung von Großverdienern, was zu Geldersatzleistungen (geldwerten Vorteilen) führen wird, die steuerlich nicht berücksichtigt werden im neuen einfachen Modell
-Einkommen aus Kapitalerträgen 25%/50% => Liquiditätsstrom ins Ausland => sinkender Marktwert börsennotierter Unternehmen => Arbeitslosigkeit

uswusf... Aber toll du kannst einen Link posten, kein Wunder, dass die einzigen anspruchsvollen Diskussionen hier archiviert sind...Bild

[Edit]
Wie trägt sich eigentlich ein Modell bei dem in allen Beispielrechnungen, die Einnahmen des Staates um 50%+ geringer ausfallen und die Ausgaben um 50%+ höher und der Staat sich de facto selbst Steuern zahlt? Wird dann ein Substaat gegründet um sich selbst Verlustvorträge zu machen und die steuerlich geltend zu machen?
5000 Euro Brutto 1050Euro kummulierte Abgaben gegenüber 2500+ Und von den 1450 Euro weniger werden dann 350 Euro mehr Kindergeld gezahlt... Ja das geht genau auf.
[/Edit]

Feuerkopf
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Sa 22. Nov 2008, 08:51 - Beitrag #57

Ich bin keine Fachfrau für all die möglichen Probleme. Deshalb kann ich auch keine Detailfragen beantworten. Es ist allerdings auch nicht meine Aufgabe.
Wenn offensichtlich mit der Materie besser vertraute Menschen sich ernsthaft die Frage stellen, ob die Einführung eines Bürgergeldes nicht die würdigste und kostengünstigste Möglichkeit wäre, dann darf ich doch annehmen, dass es sich nicht nur um eine luftige Utopie handelt, sondern um einen ernsthaft zu diskutierenden Entwurf.

Sollte dem nicht so sein, ist das schade, aber so, wie es jetzt ist, ist es nicht besser.

Lykurg
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Sa 22. Nov 2008, 13:51 - Beitrag #58

Feuerkopf, du und ich sind keine Fachleute - und ich nehme an, daß Althaus und vermutlich mine'S^ es auch nicht sind, allerdings sicherlich stärker mit der Materie vertraut. Trotzdem erscheint mir einleuchtend, daß

a) die gesamtwirtschaftlichen Konsequenzen eines Bürgergelds unabsehbar sind (Wer sollte sich dann noch zu niedrig bezahlten, unangenehmen Tätigkeiten bereit finden? Vermutlich nur oder fast nur die, die keinen Anspruch auf das Geld haben, also ausländische Arbeitnehmer. In welchem Maße das aber gilt, weiß man einfach nicht. Es ist zu befürchten, daß allein dieser Punkt zu einem schnellen Kostenkollaps des Systems führen würde: Woher sollten dann noch die nach gegenwärtigen Verhältnissen eingeplanten Steuereinnahmen kommen?).

b) auch ohne a) die Finanzierbarkeit beider Vorschläge sehr fragwürdig ist (stark vereinfachend: Wenn bei unseren jetzigen extremen Steuerlasten und trotz aller angeblichen Sparbemühungen der Staat immer noch eine erhebliche jährliche Neuverschuldung hat, wie soll die Kombination aus Steuersenkung und Geldverschenken funktionieren? Durch Punkt a wird das 'nur' noch verschlimmert).

mine'S^ hat bereits mehr und besser begründete Anhaltspunkte geliefert, an diesen Modellen zu zweifeln. Ich habe meine Zweifel an den auf der Althaus-Seite verlinkten Studien, z.B. deuten in der FH-Nordhausen-Studie Formulierungen wie
Da es für das Bürgergeld unerheblich ist, aus welcher Quelle das Einkommen entsteht, wurden alle Einkunftsarten in gleicher Weise berücksichtigt. Für die Berechnung wird annähernd die gleiche Bevölkerungs- und Einkommensstruktur wie im letzten verfügbaren Jahr unterstellt.
klar darauf hin, daß hier schöngerechnet wurde. Mit systemwechselbedingten Veränderungen ist zu rechnen, auch wenn keiner sagen kann, wie stark sie sind.

Überdies erscheint für mich absolut logisch, daß viele Firmen sich im großen Maßstab dahingehend darauf einstellen würden, Einkommen genau unterhalb der €19.200-Grenze zu halten - in ihrem und im Interesse ihrer Beschäftigten, die nur so den vollen Bürgergeld-Satz erhielten, und zum Schaden des Staates.

janw
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Fr 23. Jan 2009, 14:00 - Beitrag #59

Ich denke, das Thema Bürgergeld wäre einen eigenen thread wert, hier denke ich geht es um die Vertretbarkeit des Hartz IV-Systems im Rahmen des derzeitigen Systems.

Um es kurz zu machen, ich halte das Hartz IV-System in wesentlichen Teilen für nicht angemessen hinsichtlich eines achtungsvollen Umgangs mit Menschen, außerdem für kontraproduktiv hinsichtlich des Ziels, die betroffenen Menschen wieder dauerhaft in eine ihren Fähigkeiten und ihrer Erfahrung entsprechende Beschäftigung zu bringen. Allerdings deckt sich diese Zielformulierung nur sehr unvollkommen mit der offiziellen, die lediglich auf die Veränderung einer statistischen Meßgröße (Arbeitslosenquote) hinaus geht.
Das Hartz IV-System ist außerdem erwiesenermaßen uneffektiv hinsichtlich des Ziels der Kosteneinsparung, die angestrebte Reduktion der Verwaltungskosten ist mindestens nicht erfolgt - wenn es nicht gar teurer geworden ist - was die Leistungsaufwendungen betrifft, bin ich mir nicht sicher, auch wegen zahlreicher Kostenverlagerungseffekte.
Das Hartz IV-System ist handwerklich schlecht gearbeitet, was sich in einer Fülle von Klagen gegen das Regelwerk äußert - die zum großen Teil zugunsten der Bezieher ausgehen und durch die einige der wesentlichen Zähne des Systems gezogen worden sind.
Es darf bei alledem nicht unerwähnt bleiben, daß unter Hartz IV in kaum vorher bekanntem Ausmaß einschlägige Urteile zugunsten der Bezieher von seiten der Behörden ignoriert werden - ein Rechtsstaatsdefizit, das seines gleichen sucht.

Worin der Eingriff in die Würde der Bezieher besteht, ist von Ipsi und Milena schon gut verdeutlicht worden - Vorschreiben der Wohnungsgröße mit ggf. Umzugsanordnung ist für mich ein eklatanter Eingriff in die Selbstbestimmung des Aufenthaltsortes, dazu in die sozialen Beziehungen der Menschen; die Schaffung von Bedarfsgemeinschaften macht Mitwohnende zu Geiseln des Systems, greift somit in die materielle Selbstbestimmung Außenstehender ein; die Anrechnung von Geschenken an Kinder macht diese zu Geiseln des Systems, das ist doppelte Moral, wenn wir die Kinderarbeit in Indien geißeln.
Nicht zuletzt ist es auch ein krasser Widerspruch zum Leistungsethos unserer Gesellschaft, wenn Menschen mit ganz unterschiedlichen Lebensleistungen und Möglichkeiten nach einem Jahr Arbeitslosigkeit mit entsprechend differenzierten Bezügen auf ein gerade mal die materiellen Grundbedürfnisse Nahrung und Unterkunft deckendes Niveau fallen gelassen werden.
(Mensch kann zum Leistungsethos stehen wie es will, für mich ist es aber schon absurd, einen gesunden 27-Jährigen, der ggf. mit Weiterbildung gute Chancen auf eine feste Stelle hat, wie einen 48-jährigen zu behandeln, dessen Chancen auf Wiedereingliederung aufgrund seines Alters bei minus unendlich liegen.)

Die Verpflichtung zu Ein-Euro-Jobs mag gut gemeint gewesen sein - "dann haben die wenigstens mal was zu tun" -, führt aber eher zur Depression der Menschen, die nämlich für durchaus nicht angenehme und oft auch anstrengende Arbeiten ein Geld geboten bekommen, bei dem jeder andere sagen würde "na, wenn dir meine Arbeit so wenig wert ist, dann lass es mal stecken, von so einem Geizkragen will ich's nicht". Abgesehen davon, daß diese Arbeiten nichts mit Qualifikation und Erfahrung der Menschen zu tun haben und keine Weiterentwicklung bringen.
Letztlich werden die Menschen dadurch vielfach auch eher geschädigt, was ihre Eignung für ihren eigentlichen Beruf betrifft, der Geist braucht Herausforderungen...

EDIT:
Ich finde in dem Zusammenhang Milenas Darstellung anhand ihrer eigenen Situation wirklich sehr einsichtig, im übrigen sehr mutig, danke dafür :)
Der Vergleich mit der Studentensituation ist dabei IMHO etwas schwierig - wobei unter den Bedingungen der heutigen Studiengebühren sicher etwas passiger als zu meiner Zeit.
Allerdings hakt es an folgenden Punkten:
Studenten bekommen bis zu einem bestimmten Alter Kindergeld, nicht viel zwar, aber es trägt mit zur Kostendeckung bei.
Studenten sind entweder über ihre Eltern oder zu einem sehr günstigen Tarif krankenversichert.
In den Semesterbeiträgen sind meistens recht ausgedehnte Semestertickets inbegriffen.
Es gibt Studentenwohnheime, deren Mieten wirklich günstig sind.
Studenten können in ihrer Freizeit und in ihren Ferien so viel hinzuverdienen, wie sie wollen, ohne daß es ihnen an anderer Stelle genommen wird.
(Daß nur wenige Studenten BaFöG bekommen und das Hinzuverdienen meist bitter nötig ist, zusätzlich oft wertvolle Zeit zum lernen verschlingt, ist mir dabei durchaus klar...nicht nur deshalb bin ich ein erbitterter Gegner der heutigen Studiengebühren.)
Natürlich klingt es hart, aber der Unterschied, daß ein Studium in der Regel der Schritt zu einer nicht schlecht bezahlten Beschäftigung ist, während HARTZ IV zunehmend den Einstieg in eine den Rest des Erwerbslebens über prekäre Einkommenslage darstellt, ist nicht ganz von der Hand zu weisen, zumindest im Falle von Lehramtsstudenten, Juristen und Bereichen des Ingenieurwesens.

Will sagen, Hochachtung, wie Ihr mit Eurem dünnen Etat durchs Studium kommt, aber die Situation von Hartz IV ist IMHO etwas anders.

mine'S^
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Fr 23. Jan 2009, 22:33 - Beitrag #60

hinsichtlich eines achtungsvollen Umgangs mit Menschen, außerdem für kontraproduktiv hinsichtlich des Ziels, die betroffenen Menschen wieder dauerhaft in eine ihren Fähigkeiten und ihrer Erfahrung entsprechende Beschäftigung zu bringen.


Erinnert mich iwie an die Position meiner Freundin, die unbedingt möchte, dass ich ihren Vater kennen lerne, sich aber nicht traut ihm zu sagen, dass sie einen Freund hat mit dem sie schon vor der Hochzeit reichlich dreckige Sachen macht.

Deshalb die gleiche Antwort => Wie genau stellst du dir das vor ... ? (den Kosenamen lasse ich anstandshalber weg)

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