Erstmal zur Dimension: Ein Gebiet mit 20 km Durchmesser hat eine Fläche von 314,16 km², was auf die angegebene Fläche von 300 km² hinausläuft.
Auf dieser Fläche sollen nun 20 t Eisensulfat ausgebracht werden, wäre noch zu klären, ob es Fe II oder Fe III ist.
Die Diskussion zu dem Forschungsvorhaben geht schon eine Weile, und mich verwundert schon etwas, daß die AKN, eine Arbeitsgemeinschaft verschiedener Umweltorganisationen mit Focus auf die Nordsee, erst jetzt aktiv wird.
Aber erstmal zum Vorhaben an sich.
Wenn wir uns die Ozeane aus der Luft betrachten, so erscheinen riesige Bereiche mit blauer Farbe. Wenn wir in diesen Bereichen nach Leben suchen, so finden wir praktisch nichts, blau gilt als die "Wüstenfarbe des Wassers". Ähnliche Beobachtungen können wir an manchen unserer Seen machen, die im Frühjahr blaugrüne Farben zeigen, im Juni dann blau erscheinen.
Der Grund für diese Erscheinung ist, daß diese Gewässer dauernd oder zeitweise extrem nährstoffarm sind, so daß im Falle unserer Seen nur im Frühjahr, wenn die Nährstoffe aus der im Winter abgestorbenen Biomasse freigesetzt werden, Nährstoffe vorhanden sind, die dann sofort ein rasches Wachstum von Plankton zur Folge haben ->grüne Farbe von Phytoplankton. Das Angebot ist dann schnell aufgezehrt, die Algen werden von räuberischen Arten gefressen, und zurück bleibt klares Wasser, das eben blau erscheint.
In ähnlicher Weise, wie unsere Landpflanzen vor allem bei Stickstoff Mangel haben, ist im Meer für die Blau- und Grünalgen Eisen ein Mangelnährstoff, was sich z.B. darin zeigt, daß im Bereich von Eisenquellen (Eisberge, Küstengewässer) plötzlich ein reges Algenwachstum auftritt.
Diese Algen nehmen Kohlendioxid auf und bauen damit ihre Zellsubstanz auf, und wenn sie absterben, so gelangen die Zellen am Meeresboden in einen Bereich, in dem kaum ein weiterer Abbau stattfindet. Es liegt also nahe, von einer Kohlendioxid-Senke im Bereich des Tiefseebodens zu sprechen.
Ob dies so funktioniert, sollte mit dem Experiment untersucht werden.
Aus meiner Sicht ist das Experiment zum Verständnis der Stoffkreisläufe prinzipiell sinnvoll, und die Dimensionen sind IMHO vertretbar.
Gleichwohl bin ich skeptisch, ob sich daraus eine Möglichkeit zur Festlegung von Kohlendioxid gewinnen ließe, denn das Modell klammert IMHO zu viele Dinge aus:
Wo immer wir natürliche Eisenquellen betrachten, treten neben den Algen auch deren Fressfeinde auf, d.h. nur ein, möglicherweise geringer, Anteil der Algenbiomasse gelangt tatsächlich auf den Meeresboden.
Unsere Landwüsten erscheinen uns nur leblos, in Wirklichkeit sind sie Lebensraum für eine Vielzahl hochangepasster Arten - warum sollte das nicht auch in den "Wüstenbereichen" der Meere so sein? Wie würde sich die Artenzusammensetzung des Planktons ändern, wenn im großen Maßstab mit Eisen gedüngt würde?
Welche Folgen hätte ein großflächiger Farbwandel des Meeres von blau zu blaugrün auf die Lichtabsorption? Wäre eine stärkere Erwärmung zu erwarten oder eine Abkühlung?
Letztlich, wir wissen noch viel zu wenig um die Zusammenhänge zwischen den Stoffkreisläufen und ihren Beziehungen zu Lebensgemeinschaften, als daß wir im großtechnischen Maßstab damit spielen sollten.
Versuche wie der vorliegende können aber zum besseren Verständnis beitragen, und gerade auch Begründungen liefern, es bei den Experimenten zu belassen.
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