Hamburg - Im Rückwärtsgang verließ der zu Wochenbeginn gefeuerte Frank Pagelsdorf in seiner schwarzen Nobelkarosse am Dienstag kurz vor 11.30 Uhr das HSV-Trainingsgelände am Ochsenzoll.
"Völlig überrascht" vom Entschluss der HSV-Bosse, ihn entgegen erster Treueschwüre doch ohne Aufschub zu beurlauben, hatte er sich am Morgen danach noch von seinen Spielern verabschiedet.
"Hinterlasse eine tolle Mannschaft"
"Es trifft mich sehr hart. Ich bin sehr enttäuscht", sagte Pagelsdorf und behauptete: "Ich hinterlasse eine intakte, eine tolle
Mannschaft."
Der Abschied fiel dem Trainer sichtlich schwer. "Er musste seine Gefühle unter Kontrolle halten", beschrieb Stürmer Erik Meijer das Szenario, als Pagelsdorf vor die Mannschaft trat.
"Ein trauriger Abschied ist es gewesen, in sehr emotionaler Atmosphäre", so der Holländer, der die Nachricht erst am Dienstag morgen im Internet erfahren haben wollte.
Traurige Führungsriege
Traurig sei die Führungsriege der Hanseaten gewesen, betonten am Tag danach auch noch einmal Vereinsboss Werner Hackmann und Sportchef Holger Hieronymus, der zunächst als Interimscoach fungieren wird.
Auch Pagelsdorfs Assistent Armin Reutershahn, der seinen Job vorerst behalten darf, zeigte sich betrübt, aber diplomatisch: "Nach den ersten Aussagen, den Trainer nicht zu beurlauben, war ich über die neue Wendung doch traurig. Aber ich werde meinen Vertrag erfüllen und habe zudem volles Vertrauen in die Vereinsführung, dass man das nicht ändern will."
Die Stimmung der HSV-Profis allgemein als tieftraurig zu umschreiben, wäre freilich übertrieben, doch betroffen von der Entwicklung war ein Großteil der Spieler gewiss.
Barbarez kritisiert Entscheidung
"Ich bin nicht glücklich mit dieser Situation", erklärte Sergej Barbarez, "Pagelsdorf hat mir schließlich beim HSV eine neue Chance gegeben. Aber ob ich einverstanden bin oder nicht, ist nicht maßgebend".
Dennoch lässt sich der Bosnier seine Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung nicht verbieten: "Ich bin selbstverständlich nicht damit einverstanden, aber ich bin ja nur ein kleines Licht. Der ganze Vorgang zeigt, dass Fußball kein ehrlicher Sport mehr ist", sagte der Bundesliga-Torschützenkönig der vergangenen Saison.
Hoogma rügt "Zick-Zack-Kurs"
Was in der Mannschaft niemand begreift: Warum sprach sich die HSV-Führung nach dem 3:3 gegen Gladbach zunächst für Pagelsdorf aus, um ihn dann am Montag doch abzusetzen?
"Ich hätte - wenn überhaupt - unmittelbar nach dem Gladbach-Spiel mit einem solchen Schritt gerechnet. Am nächsten Tag kam er umso überraschender", so der wochenlang verletzte, inzwischen aber genesene Torjäger Barbarez.
"Dieser Zickzack-Kurs war nicht gut. Ich kann das Wischiwaschi der letzten Tage und die Entscheidung über den Trainer so nicht nachvollziehen. Wir brauchen eine klare Linie um erfolgreich sein zu können. Das habe ich der Vereinsführung auch so mitgeteilt", macht Mannschaftskapitän Jan Hoogma deutlich. Pagelsdorfs Rauswurf fühle sich "wie eine Niederlage an, die sehr weh tut."
"Nach vorne schauen"
Stürmer Erik Meijer beschreibt derweil die verschiedenen Facetten der Entlassung Pagelsdorfs: "Er hat mich vor acht Monaten hierher geholt, nun ist er nicht mehr da. Natürlich finde ich es schade, dass er gehen muss. Auf der anderen Seite bin ich gekommen, um erfolgreich zu sein. Und erfolgreich waren wir nicht. Das aber ist es, was ein guter Trainer braucht: Erfolg."
"Nach vorne schauen" müsse man - und das wollten sie alle am Dienstag, auch wenn alles "sehr schade für Pagelsdorf und uns Spieler" sei, wie Roy Präger meint.
Die HSV-Profis zwischen Betroffenheit, Verärgerung und Diplomatie. Dazu abschließend Heimkehrer Jörg Albertz: "Die Situation ist sicher nicht leicht, aber wir müssen den Entschluss des Vereins akzeptieren und damit leben. Was können wir jetzt noch daran ändern? Wichtig ist nun, dass wir gegen Bremen gewinnen. So ist das nun einmal in diesem Geschäft."
