Diskriminiert die katholische Kirche Frauen?

Das Forum für allgemeine Diskussionen! Alle Themen, die nicht in andere Bereiche passen, können hier diskutiert werden.

Diskriminiert die katholische Kirche Frauen?

JA.
9
75%
NEIN.
3
25%
 
Abstimmungen insgesamt : 12

Ipsissimus
Dämmerung
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 10251
Registriert: 29.10.2004
Fr 24. Apr 2009, 09:35 - Beitrag #21

es ist schlicht so, dass auch Vereine keine Bestimmungen in ihren Statuten haben dürfen, die der Verfassung nicht entsprechen. Bei fast allen Vereinen, die diesbezüglich ein bisschen zwielichtig wirken, steht der Verfassungsschutz Gewehr bei Fuß, nur bei der Kirche nicht

Es hat mich schon immer beschäftigt, warum Frauen in Gesetzesreligionen ihr Heil suchen. Wird wohl ein Mischmasch sein. Zum einen die Schwierigkeit, sich kulturellen Imperativen zu entziehen, zum anderen vielleicht die menschliche Grundfähigkeit, sich ein erwünschtes Sosein der Sachverhalte zu erträumen statt die realen Sachverhalte zur Kenntnis zu nehmen. Dann nicht zuletzt vielleicht sogar fehlende Eigenemanzipaton und Zustimmung zu den entsprechenden Frauenbildern. Masochismus ist nicht nur eine sexuelle Orientierung. Und natürlich auch, dass die Kirchen klug genug sind, Privatreligionen zu dulden, solange sie nur den Deckmantel nicht verlassen und nicht öffentlich als solche kommuniziert werden.

janw
Moderator
Moderator

Benutzeravatar
 
Beiträge: 8488
Registriert: 11.10.2003
Fr 24. Apr 2009, 11:55 - Beitrag #22

Ipsi, ich würde noch ergänzen, daß für manche Menschen, Frauen vielleicht mehr als Männer, ein nicht allzu eng umgrenzter Raum angenehmer ist als einer, in dem sie selbst eigene Grenzen setzen müssen, wenn ihnen Grenzen wichtig sind.
Wenn Kirche dann noch den Zaun etwas anhübscht und den Raum mit etwas blumigen Worten ausschmückt...^^
Vielleicht eine Angst der Menschen vor der Totalität ihrer Möglichkeiten?

@Ana: Der Unterschied zwischen dem Motorradclub und der Kirche ist der, daß die Gleichberechtigung der Frau im Grundgesetz festgeschrieben ist, das aber über Fahrzeuglenker kein Wort verliert.

e-noon
Sterbliche
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4576
Registriert: 05.10.2004
Fr 24. Apr 2009, 12:00 - Beitrag #23

Ein weiterer ist der, dass jeder selbst entscheiden kann, ob er Motorrad oder Auto fahren will, die Frage nach dem Geschlecht, der Hautfarbe etc. aber festgelegt ist. Natuerlich darf man Leute "religioes diskriminieren" in dem Sinne, dass ein Muslime nicht gleichzeitig auch noch Christ und Jude sein kann. Er kann aber jederzeit entscheiden, was davon er sein will, kann als Muslime anfangen und mit entsprechendem Aufwand christlicher Theologe werden, aber bei einer Frau steht spaetestens mit der Geburt fest, dass sie niemals katholische Priesterin werden wird. Voellig unabhaengig von ihren koerperlichen und geistigen Faehigkeiten, ihren Entscheidungen und ihrer Bereitschaft, sich einzusetzen. DAS ist meiner Meinung nach diskriminierend.

Maglor
Karteizombie
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4281
Registriert: 25.12.2001
Fr 24. Apr 2009, 12:03 - Beitrag #24

Zitat von janw:Diese wirklich hasserfüllten Ausdrücke stammen erst von Paulus und folgenden, die interessanter Weise meist recht ausgiebige Erfahrungen als Einsiedler gemacht hatten. Liegt es vielleicht daran, werden hier dieselben als innere Dämonen wahrgenommenen Triebe und Gelüste, die in der Jesus-Überlieferung auf den ihn versuchenden Teufel abgewälzt werden, auf Frauen projiziert - "wenn schon die Triebe Dämonen sind, dann muss das, was sie verstärkt, gleich verderblich und verdammt sein" ?

Ich glaube du wirfst da so einiges durcheinander. Jesus war es, der sich als Einsiedler in die Wüste zurückzog, ebenso Moses. Von Paulus ist dies nicht bekannt.
Wahr ist allerdings, dass die Aussage der Apostelbriefe bezüglich der Frauenfrage vehementer, ausdrücklicher und deutlicher sind. Im Gesetz des Moses wird des Priesteramt den männlichen Nachkommen Aarons angedacht. Dass Frauen den Mund halten sollen, wahr offenbar so selbstverständlich, dass es keiner besonderen Hervorhebung bedürfte.
Tatsächlich beschäftigen sich die Apostelbriefe mit den Problemen der Gemeinden im ersten nachchristlichen Jahrhundert. Und damals gab es wahrscheinlich das "Problem". Als das Christentum noch eine anarchische Hippie-Bewegung und keine Kirche im eigentlichen Sinne war, spielten Frauen in den Gemeinden eine wichtige Rolle. Als sich die Gemeinden allmählich ihre revoluzzerisches Feuer verloren und Establishment wurden, passten die weiblichen Apostel nicht mehr ins Bild. Dieser Frühform der Häresie versuchte man nun Einhalt zu gebieten, indem man bei der Kanonisierung der Evangelien die Rolle Maria Magdalenas herunterspielte und sie gar mit diversen neutestamentlichen Sünderinnen gleichsetzte. Gleichzeitig verbreitete man entsprechende Botschaften:
Timotheus 2.12 "Einem Weibe aber gestatte ich nicht, daß sie lehre, auch nicht, daß sie des Mannes Herr sei, sondern stille sei. "

Ipsissimus
Dämmerung
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 10251
Registriert: 29.10.2004
Fr 24. Apr 2009, 13:36 - Beitrag #25

na ja, ein 40 Tage-Retreatment würde ich auch im Falle Jesus noch nicht als Einsiedelei ansehen, und Moses zog sich mit ein paar 10000 Leuten in die Wüste zurück, auch das ist nicht unbedingt Einsiedelei.

e-noon, was du schreibst, stimmt natürlich, aber die Frage ist doch, warum es stimmt. Und da kann man es meines Erachtens gar nicht genug betonen, dass es die Schäbigkeit des Empfindens libido-gestörter Männer ist, welche im Zentrum der Problematik steht, Männer, die sich, wie Augustinus, im Ekel wälzen, wenn sie an den Vaginalschleim von Frauen denken (Augustinus schreibt dazu, der Aquilonier ebenso, Anselm und noch ein paar weitere Scholastiker), aber überhaupt nichts Ekliges dabei finden, wenn morgens nach einem besonders erotischen Traum ihre Bettwäsche mit Sperma besudelt ist. Ich bin wirklich davon überzeugt, dass 90 Prozent des katholischen Dogmas auch dazu dienen, die Existenz dieses Ekelgefühls zu verschleiern, sowohl vor den Gläubigen, aber auch das Empfinden der Priester vor ihnen selbst. Auf Viel schlimmeren Voraussetzungen kann eine Organisation gar nicht basieren.

jan, die Angst vor dem eigenen Total ist auch immer die Angst vor dem Total der anderen^^

e-noon
Sterbliche
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4576
Registriert: 05.10.2004
Fr 24. Apr 2009, 14:21 - Beitrag #26

@Ipsi: Ich denke nicht, dass die Einschätzung als Diskriminierung von den Gründen der Diskriminierung abhängt, schon gar nicht von den unbewussten.

Abgesehen davon stimme ich dir vollinhaltlich zu, dass der Ekel, Sexualität und deren Unterdrückung in den allermeisten Fällen die Hauptursache oder einzige Ursache für eine negative Beurteilung der Frau sind.

Ipsissimus
Dämmerung
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 10251
Registriert: 29.10.2004
Fr 24. Apr 2009, 14:54 - Beitrag #27

Ich denke nicht, dass die Einschätzung als Diskriminierung von den Gründen der Diskriminierung abhängt, schon gar nicht von den unbewussten


das mag so sein; aber das Maß des zu überwindenden Widerstandes hängt sehr wohl von diesen Gründen ab

e-noon
Sterbliche
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4576
Registriert: 05.10.2004
Fr 24. Apr 2009, 15:55 - Beitrag #28

Zweifellos; aber das spielt für die Definition keine Rolle.

Padreic
Lebende Legende
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4485
Registriert: 11.02.2001
Fr 24. Apr 2009, 18:06 - Beitrag #29

Wenn man davon ausgeht, dass zum katholischen Glauben gehört, dass Frauen als Priester ungeeignet sind (was wohl der Fall ist), müsste man in die "Einstellungsbedingungen" für einen Priester nur schreiben, dass der Priester katholisch sein muss, nicht, dass er keine Frau sein darf. Zu verlangen, dass ein Priester katholisch ist, sehe ich nicht als diskriminierend. Die Inhalte des katholischen Glaubens sind durch die Religionsfreiheit gedeckt. Auch wenn ich selbst kein Katholik bin, halte ich diese für ein hohes Gut. Ich will mir nicht von der Verfassung vorschreiben lassen, was ich zu meinen habe. Wirklich und absolut gar nicht.

Ich will nochmal etwas wiederholen, was ich schon einmal in einem anderen Thread geschrieben habe: ich denke, so ziemlich alle hier (wohl auch einschließlich mir selbst), glauben nicht daran, dass es so etwas wie Priester in einem katholischen Sinne gibt. Insbesondere glaubt dann also auch niemand hier, dass Frauen Priester im katholischen Sinne sein können.
Man mag es schwer finden, nachzuvollziehen, warum die katholische Kirche Männern die Fähigkeit zuspricht, Priester werden zu können; allerdings finde ich es auch schon schwer, nachzuvollziehen, warum überhaupt Menschen Priester werden können. Sie haben aber Argumente für beides und man sollte nicht anfangen, die Gültigkeit dieser Argumente für den ersten Punkt anzufechten, bevor man nicht die Gültigkeit der Argumente für den zweiten Punkt anerkannt hat.

Ipsissimus
Dämmerung
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 10251
Registriert: 29.10.2004
Fr 24. Apr 2009, 18:22 - Beitrag #30

dass zum katholischen Glauben gehört, dass Frauen als Priester ungeeignet sind


das ist katholisches Kirchenrecht, nicht katholisches Dogma. Kirchenrecht hat aber den Status einer "Satzung". Und in den meisten demokratischen Nationen ist es den Vereinen mitnichten freigestellt, in ihren Statuten Festlegungen zu treffen, die den Grundgesetzen dieser Nationen widersprechen, ob es den Funktionären passt oder nicht.

Wenn man davon ausgeht, dass zum katholischen Glauben gehört, dass Frauen als Priester ungeeignet sind (was wohl der Fall ist), müsste man in die "Einstellungsbedingungen" für einen Priester nur schreiben, dass der Priester katholisch sein muss, nicht, dass er keine Frau sein darf.


die Logik dieses Argumentes musst du mir erst mal transparent machen. Davon abgesehen geht es hier nicht um Formalkorrektheit einer Vorschrift, sondern um gelebte und erlebte Diskriminierung, und die schaffst du nicht mit einem formalkorrekten Federstrich aus der Welt.


glauben nicht daran, dass es so etwas wie Priester in einem katholischen Sinne gibt. Insbesondere glaubt dann also auch niemand hier, dass Frauen Priester im katholischen Sinne sein können


natürlich glaube ich, dass es Priester in einem katholischen Sinne gibt. Es sind Männer, die als Priester im katholischen Sinne gehandhabt werden, ungeachtet dessen, was sie während dieses Gehandhabtwerdens tun oder nicht tun. Genausogut könnten auch Frauen derart gehandhabt werden.

Man mag es schwer finden, nachzuvollziehen, warum die katholische Kirche Männern die Fähigkeit zuspricht, Priester werden zu können; allerdings finde ich es auch schon schwer, nachzuvollziehen, warum überhaupt Menschen Priester werden können. Sie haben aber Argumente für beides und man sollte nicht anfangen, die Gültigkeit dieser Argumente für den ersten Punkt anzufechten, bevor man nicht die Gültigkeit der Argumente für den zweiten Punkt an


wenn wir uns einig sind, dass wir hier nicht über einen besonderen ontologischen Status sprechen (Priesterschaft), dann sprechen wir wohl über Handhabungsfragen, letztlich über Konzepte. Das katholische Konzept behauptet die Superiorität des Mannes; die Begründungen laufen auf Aussagen der Art "Jesus war ein Mann" hinaus und haben immer mit sehr viel Demut zu tun, die merkwürdigerweise immer nur Frauen und diejenigen aufbringen müssen, die den Thesen der Kirche widersprechen, aber bei den rechtgläubigen Funktionären immer a prioro gegeben zu sein scheint.

janw
Moderator
Moderator

Benutzeravatar
 
Beiträge: 8488
Registriert: 11.10.2003
Fr 24. Apr 2009, 22:36 - Beitrag #31

Zitat von e-noon:Er kann aber jederzeit entscheiden, was davon er sein will, kann als Muslime anfangen und mit entsprechendem Aufwand christlicher Theologe werden, aber bei einer Frau steht spaetestens mit der Geburt fest, dass sie niemals katholische Priesterin werden wird. Voellig unabhaengig von ihren koerperlichen und geistigen Faehigkeiten, ihren Entscheidungen und ihrer Bereitschaft, sich einzusetzen. DAS ist meiner Meinung nach diskriminierend.

Meiner auch, der gläubige Katholik sieht das anders. Er ist des Glaubens bzw. hängt der als Dogma festgeschriebenen Glaubensvorstellung an, daß Frauen qua ihres Frauseins nicht befähigt sind, die kirchlichen Weihesakramente zu empfangen, dies ist für ihn Teil ihrer von Gott im Schöpfungsplan zugewiesenen Rolle, quasi gleichrangig damit, daß sie befähigt sind, neues menschliches Leben in die Welt zu setzen. Die Fähigkeit, die Weihesakramente
zu empfangen, steht damit glaubensmäßig auf gleicher Stufe wie die Fähigkeit, Kinder zu gebären, es ist damit in gleicher Weise für Männer obsolet, über ihre Empfängnisunfähigkeit zu klagen.
Weil nun, wieder Glaubensvorstellung, von der Fähigkeit zum Empfang der Weihesakramente die Fähigkeit abhängt, die Wandlung von Brot und Wein in Blut und Fleisch Christi zu vollziehen, ist Frauen das Priesteramt schon aufgrund der katholischen Dogmatik verwehrt, das formale Kirchenrecht sattelt darauf.

Diese Verwurzelung von Rechtsnormen der Kirche in reinen Glaubensvorstellungen macht die Sache rechtlich reichlich schwierig, denn hier steht eine transzendentale Eignungskategorie jenen materiellen Eignungskategorien gegenüber, mit denen sich die Juristen üblicherweise rumzuschlagen haben. Jahrzehntelang konnte die Bundeswehr behaupten, Frauen seien für den Dienst an der Waffe körperlich nicht geeignet, eine Behauptung, die letztlich recht leicht zu widerlegen war.
Es läuft, denke ich, auf die Frage hinaus, ob überhaupt andere als materielle Gründe für eine berufliche Eignung ausschlaggebend sein dürfen, ob sie überhaupt normative Kraft entfalten dürfen, auf diese Frage würde ich es zuspitzen, wäre ich katholische Frau mit seelsorgerischen Ambitionen.

Zweifellos]
Doch, insofern, als Du etwas als diskriminierend empfindest, was der gläubige Katholik als im unhinterfragbaren Schöpfungsplan Gottes wurzelnd und dies so daraus Sprossen selbst als dem göttlichen Willen folgend ansieht.
Die Legaldefinition kümmert sich im wesentlichen um materielle Eigenschaften und Begründungen, verfehlt also IMHO gewissermaßen das Thema des Kirchenrechts.

Zitat von Padreic:Zu verlangen, dass ein Priester katholisch ist, sehe ich nicht als diskriminierend. Die Inhalte des katholischen Glaubens sind durch die Religionsfreiheit gedeckt. Auch wenn ich selbst kein Katholik bin, halte ich diese für ein hohes Gut. Ich will mir nicht von der Verfassung vorschreiben lassen, was ich zu meinen habe. Wirklich und absolut gar nicht.

Die Anforderung des katholisch-Seins des Priesters wäre sicher nicht zu beanstanden, sie wäre etwas gleichauf mit der Verfassungstreue und Staatsloyalität als Voraussetzung für eine Verbeamtung.
Sicher kollidiert diese Voraussetzung mit dem Diskriminierungsverbot aufgrund politischer Überzeugungen, hiergegen wäre aber wohl der Einwand erfolgreich, daß die Vertrauensstellung eines Beamten die Beschäftigung eines überzeugten und aktiven Radikalanarchisten mit der damit verbundenen Einräumung von Machtausübungsbefugnissen unzumutbar mache.
Ein besonders schönes Beispiel von Meinungsanforderung als Einstellungsvoraussetzung liefert übrigens der Axel-Springer-Verlag: Hier muss eine Erklärung unterzeichnet werden, in der sich der Bewerber sinngemäß verpflichtet, nicht negativ über die usa und Israel zu berichten.
Hat wohl nur deshalb noch nie jemand gegen geklagt, weil der Verlag nur von entsprechend politisch vorgeprägten Menschen als potentieller Arbeitgeber ausgewählt wird. Was wiederum zu Gedanken über die Meinungsbildungsmechanismen in der Republik Anstoß geben könnte... :rolleyes:

Zitat von Ipsissimus:das ist katholisches Kirchenrecht, nicht katholisches Dogma. Kirchenrecht hat aber den Status einer "Satzung". Und in den meisten demokratischen Nationen ist es den Vereinen mitnichten freigestellt, in ihren Statuten Festlegungen zu treffen, die den Grundgesetzen dieser Nationen widersprechen, ob es den Funktionären passt oder nicht.

Nur daß das Kirchenrecht in der katholischen Dogmatik wurzelt, während alle anderen Satzungen materielle Verankerungen haben, lässt man mal die Freimaurer raus.
Wobei...wie ist denn das mit Milli Gürüs? Wurzeln deren Satzungen nicht in islamischen Vorstellungen - und trotzdem werden sie beobachtet? Ei ei ei^^

Lykurg
[ohne Titel]
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 6865
Registriert: 02.09.2005
Fr 24. Apr 2009, 22:43 - Beitrag #32

Und in den meisten demokratischen Nationen ist es den Vereinen mitnichten freigestellt, in ihren Statuten Festlegungen zu treffen, die den Grundgesetzen dieser Nationen widersprechen, ob es den Funktionären passt oder nicht.
Selbst dieser Verein hat (verfassungskonform) weibliche Mitglieder... Aber ob sie die gleichen Möglichkeiten haben, sich so zu entfalten, wie Männer? Sieht das Grundgesetz das Recht auf den gepflegten Damenbart vor? ;)

Es gibt eine Vielzahl von angeborenen Parametern, die das Ausüben bestimmter Tätigkeiten wirksam verhindern. Blinde Piloten haben zur Zeit ebenso geringe Chancen wie Analphabeten als Lehrer. Aus Sicht der katholischen Kirche sind Frauen nicht zum Priesteramt geeignet, und da, wie Padreic darstellt, nur die katholische Kirche definieren kann, was sie für Kriterien der Priesterschaft geltend macht... Das Argument, hier lägen keine mangelnden geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen vor, gilt nicht. Eben diese Einschränkung gilt entsprechend der Tradition als vorhanden. Wird aber diese Tradition durch Staatsrecht gebrochen, ist das ein massiver Eingriff in die Religionsfreiheit - dann kann man ihnen gleich aus hygienischen Gründen in die Abendmahlsausteilung hineindiktieren, daß der Becher abgekocht werden und auf jeder Oblate der Zuckergehalt aufgeprägt sein muß. - Hierzulande darf jeder glauben, was ihm paßt, ohne daß wir uns deswegen die Köpfe einschlagen - was ich für eine absolute soziale Errungenschaft halte. Dann laßt aber auch den Katholiken ihre Freiheit, an den Bedingungen zum Priesteramt festzuhalten, die sie (derzeit) für richtig halten. Die Mitgliedschaft ist schließlich freiwillig.

Padreic
Lebende Legende
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4485
Registriert: 11.02.2001
Fr 24. Apr 2009, 22:53 - Beitrag #33

@Ipsi:
das ist katholisches Kirchenrecht, nicht katholisches Dogma. Kirchenrecht hat aber den Status einer "Satzung". Und in den meisten demokratischen Nationen ist es den Vereinen mitnichten freigestellt, in ihren Statuten Festlegungen zu treffen, die den Grundgesetzen dieser Nationen widersprechen, ob es den Funktionären passt oder nicht.

Wenn nur das Glaubensinhalt wäre, was Dogma ist, hätten die protestantischen Kirchen überhaupt keine Glaubensinhalte, oder?

Und ich kann keinen Deut mehr erkennen, dass es verfassungsfeindlich ist, dass Frauen keine Priester werden dürfen, als dass es verfassungsfeindlich ist, dass für Frauen keine Wehrpflicht besteht. Frauen und Männer sind unterschiedlich, das ist keine Diskriminierung. Wie groß man die Unterschiede sieht und was man für Konsequenzen daraus zieht, bleibt erst einmal jedem selbst überlassen. Aber wie gesagt, so lange man dies redlich tut, ist das höchstens Diskriminierung im Sinne von Unterscheidung, also wertneutral. Auch wenn es in der katholischen Kirche kein Dogma ist, dass Frauen keine Priester werden dürfen, scheint es für manche ein Dogma zu sein, dass Frauen und Männer in allem gleich sind, wo es keine offensichtlichen Unterschiede gibt...

die Logik dieses Argumentes musst du mir erst mal transparent machen. Davon abgesehen geht es hier nicht um Formalkorrektheit einer Vorschrift, sondern um gelebte und erlebte Diskriminierung, und die schaffst du nicht mit einem formalkorrekten Federstrich aus der Welt.

Wie viele Katholikinnen kennst du, die allen Dogmen des katholischen Glaubens voll und ganz zustimmen, aber dafür sind, dass Frauen zu Priestern geweiht werden? Ich habe das Gefühl, dass vor allem nicht-Betroffene sich darüber aufregen.

natürlich glaube ich, dass es Priester in einem katholischen Sinne gibt. Es sind Männer, die als Priester im katholischen Sinne gehandhabt werden, ungeachtet dessen, was sie während dieses Gehandhabtwerdens tun oder nicht tun. Genausogut könnten auch Frauen derart gehandhabt werden.

Willst du damit aussagen, dass es keinen Unterschied dazwischen gibt, ob etwas so und so ist oder ob die Leute so handeln, als ob es so ist? Banales Beispiel: es gibt keinen Unterschied dazwischen, ob ein Essen nicht vergiftet ist oder ob sich die Leute nur so verhalten (und vielleicht glauben, dass Gift ihnen auch nicht schaden könne)? Oder ob Leute Bewusstsein haben oder ob ich sie so behandle, als ob sie das haben?

wenn wir uns einig sind, dass wir hier nicht über einen besonderen ontologischen Status sprechen (Priesterschaft), dann sprechen wir wohl über Handhabungsfragen, letztlich über Konzepte. Das katholische Konzept behauptet die Superiorität des Mannes; die Begründungen laufen auf Aussagen der Art "Jesus war ein Mann" hinaus und haben immer mit sehr viel Demut zu tun, die merkwürdigerweise immer nur Frauen und diejenigen aufbringen müssen, die den Thesen der Kirche widersprechen, aber bei den rechtgläubigen Funktionären immer a prioro gegeben zu sein scheint.

Ich spreche schon über einen etwaigen "ontologischen" Status (auch wenn ich es vielleicht anders nennen würde). Wenn es nur Scharlatanerie ist, ist es doch umso besser, wenn Frauen da nicht auch noch mitmachen müssen...

Die Begründungen gehen durchaus noch etwas weiter als "Jesus war ein Mann". Es geht um ein allgemeines Männer- und Frauenbild. Man mag darüber streiten, wieviel es auf Erfahrung und Beobachtung, wieviel auf Vorurteilen und sonst etwas beruht.

Ipsissimus
Dämmerung
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 10251
Registriert: 29.10.2004
Sa 25. Apr 2009, 13:10 - Beitrag #34

Lykurg, "die Freiheit des einen endet da, wo er die Freiheit des anderen antastet" ist als humanistisches Prinzip sogar noch ein gut Stück über dem Prinzip der Religionsfreiheit angesetzt. Außerdem, wenn du Diskriminierung mit Religionsfreiheit legitimierst, warum dann nicht auch den Dschihad? Nur weil es eine andere Religion ist, macht ihn das dann ja nicht automatisch zu einer schlechten Sache, denn Religionsfreiheit steht ja deiner Darlegung nach über jeder Rechtsstaatlichkeit. Oder differenzieren wir vielleicht nicht doch lieber zwischen der Freiheit von Menschen, sich zu einer Religion zu bekennen, und der Freiheit der Religion, beliebige, auch inhumane Prinzipien zu verfechten?

Wie viele Katholikinnen kennst du, die allen Dogmen des katholischen Glaubens voll und ganz zustimmen, aber dafür sind, dass Frauen zu Priestern geweiht werden? Ich habe das Gefühl, dass vor allem nicht-Betroffene sich darüber aufregen.


Einige^^ davon abgesehen, seit wann darf sich Empörung über Unrecht nur dann artikulieren, wenn mensch selbst zu denen gehört, denen besagtes Unrecht geschieht? Schießen wir damit alles Mitleid und alle Empathie in den Wind? Kein Einsatz mehr für Türkinnen, Araberinnen, kein Widerstand gegen Neonazis, bevor mensch nicht selbst die Stiefel in der Fresse hatte?

Willst du damit aussagen, dass es keinen Unterschied dazwischen gibt, ob etwas so und so ist oder ob die Leute so handeln, als ob es so ist? Banales Beispiel: es gibt keinen Unterschied dazwischen, ob ein Essen nicht vergiftet ist oder ob sich die Leute nur so verhalten (und vielleicht glauben, dass Gift ihnen auch nicht schaden könne)? Oder ob Leute Bewusstsein haben oder ob ich sie so behandle, als ob sie das haben?


wesentlicher Einwand, in der Tat^^ ich würde allerdings anders fragen^^ glaubst du, dass bei der Wandlung der Oblate etwas passiert, das ontologisch auf der gleichen Ebene anzusiedeln ist wie das, was mit dem Körper eines Menschen passiert, wenn ihm Gift zugeführt wird? Ich meine, selbst hartgesottenste Katholiken werden nicht glauben, dass sie da jeden Sonntag reales Menschenfleisch essen. Also bedient sich der Glaube an dieser zentralen Stelle einer Metapher. Warum diese Metapher nur dann wirkt, wenn sie von einem Manne erzählt wird statt von einer Frau? Weil es so gehandhabt wird; und doch könnte es jederzeit ohne geringsten Wirkunterschied anders gehandhabt werden.

Beim Gift ist es eher weniger die Frage, ob du daran glaubst, dass es ein Gift ist. Den Unterschied zur gewandelten Oblate wirst nicht nur du merken, sobald du es nur geschluckt oder sonstwie inkorporiert hast.

ich kann es auch anders sagen, mit Kant, und vielleicht deutlicher. Du und kein gläubiger Katholik würden sich unter normalen Umständen jemals darauf einlassen, mir reale 10000 Euro zu leihen und einen Monat später 10000 von mir nur als real geglaubte Euro zurückzuerhalten - egal, wie intensiv ich an deren Realität glaube -, oder auch 11000, falls ihr auf imaginäre Zinsen besteht. Warum nicht? Weil ihr entgegen euren Behauptungen sehr genau zwischen Realität und Virtualität/Imagination unterscheiden könnt, und den ganzen Transsubstantialismus-Dreck nur dort ins Feld führt, wo ihr von vornherein gar keine Realität vermutet, also auch gar keine Gefahr besteht, Behauptungen jemals an der Wirklichkeit abgleichen zu müssen. Glauben ist nichts weiter als ein Narrenparadies für Leute, die Unhinterfragbarkeit lieben.

Ich spreche schon über einen etwaigen "ontologischen" Status (auch wenn ich es vielleicht anders nennen würde). Wenn es nur Scharlatanerie ist, ist es doch umso besser, wenn Frauen da nicht auch noch mitmachen müssen...


Dem stimme ich sogar zu^^ andererseits, wie wäre es, wenn wir das Frauen, die es vielleicht trotzdem wollen, selbst entscheiden lassen, statt aus unserer männlichen Hoheit heraus das für sie zu entscheiden? Hm? Oder ist der Mann doch mehr wert als die Frau, sind seine Entscheidungen denen der Frau als übergeordnet zu erachten?

Das trifft sich gerade gut mit dem Männer- und Frauenbild, das du im Folgenden ansprichst. Auch das sehe ich im wesentlichen so wie du. Und da muss ich sagen, bin ich dem Humanismus und dem Grundgesetz mehr als dankbar, dass es mit dem Unfug aufgeräumt hat, wonach "wie Christus das Haupt des Mannes, der Mann das Haupt der Frau" sei. Frag doch mal, wieviele Frauen sich hier im Forum als Untergebene ihrer Partner fühlen. Und dann frage auch noch, wieviele es faktisch trotzdem sind (nein, letzteres ist nur ein Scherz^^ soviel Distanz zu ihrer eigenen Situation werden nicht viele aufbringen, also ersparen wir es ihnen und ihren Männern^^)

Auch wenn es in der katholischen Kirche kein Dogma ist, dass Frauen keine Priester werden dürfen, scheint es für manche ein Dogma zu sein, dass Frauen und Männer in allem gleich sind, wo es keine offensichtlichen Unterschiede gibt...


du weist sehr wohl, es geht nicht um Gleichheit im Sinne einfacher Identität, sondern um Gleichwertigkeit und daraus resultierender Gleichbehandlung trotz Unterschiedlichkeit. Ich erinnere nochmal daran, die Wandlung ist eine Metapher, ein Placebo. Und für Metaphern ist es egal, wer sie erzählt.

Und ich kann keinen Deut mehr erkennen, dass es verfassungsfeindlich ist, dass Frauen keine Priester werden dürfen, als dass es verfassungsfeindlich ist, dass für Frauen keine Wehrpflicht besteht.


der Unterschied besteht darin, dass in der Verfassung nirgendwo steht, dass Frauen unter normalen Umständen wehrpflichtig sind, fehlende Wehrpflicht für Frauen also derzeit nicht verfassungsfeindlich ist^^ es steht jedoch sehr wohl was über Gleichbehandlung und Gleichwertigkeit trotz geschlechtlicher Unterschiede drin. Die findest du in der Katholischen Kirche nicht^^

janw
Moderator
Moderator

Benutzeravatar
 
Beiträge: 8488
Registriert: 11.10.2003
Sa 25. Apr 2009, 13:30 - Beitrag #35

Zitat von Lykurg:Es gibt eine Vielzahl von angeborenen Parametern, die das Ausüben bestimmter Tätigkeiten wirksam verhindern. Blinde Piloten haben zur Zeit ebenso geringe Chancen wie Analphabeten als Lehrer. Aus Sicht der katholischen Kirche sind Frauen nicht zum Priesteramt geeignet, und da, wie Padreic darstellt, nur die katholische Kirche definieren kann, was sie für Kriterien der Priesterschaft geltend macht... Das Argument, hier lägen keine mangelnden geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen vor, gilt nicht. Eben diese Einschränkung gilt entsprechend der Tradition als vorhanden. Wird aber diese Tradition durch Staatsrecht gebrochen, ist das ein massiver Eingriff in die Religionsfreiheit - dann kann man ihnen gleich aus hygienischen Gründen in die Abendmahlsausteilung hineindiktieren, daß der Becher abgekocht werden und auf jeder Oblate der Zuckergehalt aufgeprägt sein muß.

Daß es materielle Voraussetzungen gibt, bestimmte Berufe auszuüben, ist unbestritten, diese lassen sich jedoch auch rational begründen und sind ebenso einer rationalen Überprüfung zugänglich.
Die Eignungskriterien für den Priesterberuf wurzeln dagegen in einer reinen Glaubenssache - naturwissenschaftlich macht es keinen Unterschied, ob da an einem Mann oder an einer Frau die Weihesakramentshandlungen vollzogen werden, Mann bleibt Mann und Frau bleibt Frau.
Eher läuft die Sache sogar der nicht unbegründeten Ansicht zuwider, daß Frauen einfühlsamer sind als Männer und somit als Seelsorger besser geeignet, und daß es nicht unproblematisch ist, Personen über Angelegenheiten befinden zu lassen, die sich nicht aus mindester eigener Anschauung kennen. Priester ohne Beziehungserfahrung sollen also Gläubigen in Beziehungsfragen beistehen? :rolleyes:

Es gab mal eine Tradition, daß ein Mann nach einer Beleidigung durch einen anderen Mann diesen zu einem Pistolenkampf auffordern durfte.
Diese Tradition ist, Gott sei dank, durch Gesetz abgeschafft worden.
Staatsrecht hat sehr wohl Durchgriff auf traditionelle Usancen, nämlich dann, wenn diese den Staat oder das Gemeinwesen schädigen. So haben durchaus hygienische Maßnahmen in die Abendmahlspraxis Einzug gehalten, die den rechtlichen Vorschriften im Lebensmittelbereich Rechnung tragen.
Wenn man sich ansieht, wie die katholische Praxis auf die Gesellschaft fortwirkt, indem Jungen und Mädchen nach wie vor im Religionsunterricht eine Ungleichheit im Heil vermittelt wird - zumindest wurden bis in die 80er Jahre, wie lange noch?, Mädchen unverblümt als der Sünde verfallen angesprochen, wie ich aus verschiedentlichen Gesprächen und Dokumenten erfahren habe -, indem katholische Männer ihre Nöte mit einem Mann als Priester besprechen können, katholische Frauen sich aber nicht an eine Frau als Priesterin wenden können, indem Personen mit dieser frauenfeindlichen Ideologie auf den Gesetzgeber und die Rechtsprechung Einfluss nehmen usw., dann kann man hierin schon eine das Gemeinwesen schädigende Wirkung erkennen.
Wobei diese durch die fortschreitende Entfremdung der Menschen von Kirche überhaupt sich allerdings verringern dürfte. Ob das aber so in Ratzis Sinne ist? :rolleyes:

Zitat von Padreic:Und ich kann keinen Deut mehr erkennen, dass es verfassungsfeindlich ist, dass Frauen keine Priester werden dürfen, als dass es verfassungsfeindlich ist, dass für Frauen keine Wehrpflicht besteht.

Dies hat den Grund, daß die Wehrpflicht als konkrete Ausformung einer Pflicht zum Dienst an der Allgemeinheit betrachtet wird, wobei wiederum gesagt wird, daß Frauen durch ihren Beitrag zur Bevölkerungsentwicklung ihren Teil der Pflicht getan haben. Daß nicht jede Frau Kinder bekommt, gilt diesbezüglich als unerheblich. So jedenfalls iirc die Argumentation vor einigen Jahren, als die Frage in Karlsruhe verhandelt wurde.

Lykurg
[ohne Titel]
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 6865
Registriert: 02.09.2005
Sa 25. Apr 2009, 19:22 - Beitrag #36

Zitat von Ipsissimus:Lykurg, "die Freiheit des einen endet da, wo er die Freiheit des anderen antastet" ist als humanistisches Prinzip sogar noch ein gut Stück über dem Prinzip der Religionsfreiheit angesetzt.
Ich stimme zu. Dazu gehört auch das Recht, sich eine Gesellschaft mit eigenen Regeln zu bilden, sofern die Mitgliedschaft freiwillig und die Außenwirkung nicht freiheitsbeschränkend ist. Beides halte ich bei der heutigen katholischen Kirche für weitgehend gegeben (regionale Abweichungen hiervon entsprechen meines Erachtens nicht der Absicht der wesentlichen Strömungen in der Amtskirche). Heutzutage wird derjenige, der einer Alternativorganisation mit nahezu beliebig abweichenden Gepflogenheiten beitritt, nicht mit Sanktionen zu rechnen haben - abgesehen davon, daß die katholische Kirche (und gegebenenfalls auch diverse andere Kirchen) es nicht als in ihrem Sinne anerkennen wird. Um diese Anerkennung wird es demjenigen aber wohl kaum gehen, wenn er der Organisation den Rücken zuwendet.
Außerdem, wenn du Diskriminierung mit Religionsfreiheit legitimierst, warum dann nicht auch den Dschihad? Nur weil es eine andere Religion ist, macht ihn das dann ja nicht automatisch zu einer schlechten Sache, denn Religionsfreiheit steht ja deiner Darlegung nach über jeder Rechtsstaatlichkeit. Oder differenzieren wir vielleicht nicht doch lieber zwischen der Freiheit von Menschen, sich zu einer Religion zu bekennen, und der Freiheit der Religion, beliebige, auch inhumane Prinzipien zu verfechten?
Eben in dieser Freiheitlichkeit besteht der Unterschied - die katholische Kirche hat für ihre Mitglieder bestimmte Einschränkungen des Zugangs auf Ämter. Für Nichtmitglieder hat das aber praktisch keine Konsequenz. Daß das für einen Dschihad nicht gilt, dürfte auf der Hand liegen. - Religionsfreiheit ist ein Teil des Rechtsstaates und sollte von diesem geschützt werden, insofern ihre Subjekte sich in seine Prinzipien einbetten lassen. Mit Prinzipien unserer Gesellschaft nicht im Einklang stehende Praktiken sind hierbei zu dulden, wenn sie nicht gegen Außenstehende gerichtet sind und die grundsätzliche Wahlfreiheit besteht.

Problematisch wird es allerdings, wenn die Religionsgemeinschaft keinen Austritt kennt und Abweichler im Extremfall schwer bestraft (statt sie auszuschließen 'und gut ist'). Beides gilt für manche islamische Richtung]Daß es materielle Voraussetzungen gibt, bestimmte Berufe auszuüben, ist unbestritten, diese lassen sich jedoch auch rational begründen und sind ebenso einer rationalen Überprüfung zugänglich.
Die Eignungskriterien für den Priesterberuf wurzeln dagegen in einer reinen Glaubenssache - naturwissenschaftlich macht es keinen Unterschied, ob da an einem Mann oder an einer Frau die Weihesakramentshandlungen vollzogen werden, Mann bleibt Mann und Frau bleibt Frau. [/QUOTE]Im Gegensatz zu den Berufen, bei denen eine rational überprüfbare materielle Voraussetzung zur Ausübung erforderlich ist, besteht beim Priesteramt auch keine rational überprüfbare Begründung seiner Existenz - es beruht auf einer wahrgenommenen Glaubensgewißheit, der auch die dazugehörigen Regularien entspringen. Naturwissenschaftlich macht es überhaupt keinen Unterschied, ob an irgendjemandem Weihesakramentshandlungen vollzogen werden. Nichtsdestotrotz macht das für den Gläubigen einen Unterschied - auf dieser Ebene läßt sich hier nicht argumentieren.

Eher läuft die Sache sogar der nicht unbegründeten Ansicht zuwider, daß Frauen einfühlsamer sind als Männer und somit als Seelsorger besser geeignet, und daß es nicht unproblematisch ist, Personen über Angelegenheiten befinden zu lassen, die sich nicht aus mindester eigener Anschauung kennen. Priester ohne Beziehungserfahrung sollen also Gläubigen in Beziehungsfragen beistehen? :rolleyes:
Ganz meine Meinung, inzwischen setzt ja auch die katholische Kirche auf weibliche Ansprechpartner in den Gemeinden - aber das führt hier zu weit.

Es gab mal eine Tradition, daß ein Mann nach einer Beleidigung durch einen anderen Mann diesen zu einem Pistolenkampf auffordern durfte.
Diese Tradition ist, Gott sei dank, durch Gesetz abgeschafft worden.
Staatsrecht hat sehr wohl Durchgriff auf traditionelle Usancen, nämlich dann, wenn diese den Staat oder das Gemeinwesen schädigen.
Der in meinen Augen wesentliche Unterschied ist eben, ob damit Außenstehende geschädigt werden. Die Duellpraxis war Teil des gesamtgesellschaftlichen Ehrbegriffs, gehörte insofern auch eher in den Aufgabenbereich des Staates als innerkirchliche Vorgänge.
So haben durchaus hygienische Maßnahmen in die Abendmahlspraxis Einzug gehalten, die den rechtlichen Vorschriften im Lebensmittelbereich Rechnung tragen.
Das ist richtig. Aber muß/soll derartiges von außen vorgeschrieben werden? Oder ist es nicht letztlich Sache einer Gemeinschaft selbst, ob beim Händedruck ("Friede sei mit dir") Gummihandschuhe getragen werden müssen?
Wenn man sich ansieht, wie die katholische Praxis auf die Gesellschaft fortwirkt, indem Jungen und Mädchen nach wie vor im Religionsunterricht eine Ungleichheit im Heil vermittelt wird - zumindest wurden bis in die 80er Jahre, wie lange noch?, Mädchen unverblümt als der Sünde verfallen angesprochen, wie ich aus verschiedentlichen Gesprächen und Dokumenten erfahren habe -, indem katholische Männer ihre Nöte mit einem Mann als Priester besprechen können, katholische Frauen sich aber nicht an eine Frau als Priesterin wenden können, indem Personen mit dieser frauenfeindlichen Ideologie auf den Gesetzgeber und die Rechtsprechung Einfluss nehmen usw., dann kann man hierin schon eine das Gemeinwesen schädigende Wirkung erkennen.
Wobei diese durch die fortschreitende Entfremdung der Menschen von Kirche überhaupt sich allerdings verringern dürfte. Ob das aber so in Ratzis Sinne ist? :rolleyes:
Richtig, aber das ist dann tatsächlich deren Problem - wie und in welchem Maße die Kirche sich reformiert, kann der Staat ihr meines Erachtens nicht vorschreiben, sobald die grundsätzlichen Dinge gewahrt sind (siehe oben).

Ipsissimus
Dämmerung
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 10251
Registriert: 29.10.2004
So 26. Apr 2009, 12:52 - Beitrag #37

Dazu gehört auch das Recht, sich eine Gesellschaft mit eigenen Regeln zu bilden, sofern die Mitgliedschaft freiwillig und die Außenwirkung nicht freiheitsbeschränkend ist. Beides halte ich bei der heutigen katholischen Kirche für weitgehend gegeben


die Mitgliedschaft in der Katholischen Kirche wird üblicherweise zu einem Zeitpunkt erworben, in dem das Kind noch über keinerlei eigene Entscheidungsfähigkeit verfügt, wie kann sie da freiwillig sein, oder gar durchdacht freiwillig. Das Kind kann sich in der Regel auch nicht dafür oder dagegen entscheiden, ob es sich christlicher Indoktrination aussetzen will oder nicht. Und als drittes endet das Recht, sich eine Gesellschaftsform mit eigenen Regeln zu bilden da, wo diese Regeln übergeordneten Regeln, wie dem allgemeinen Gleichheitsgebot, widersprechen.

Abgesehen davon bin ich gerade nicht in der Lage zu erkennen, gemäß welcher Logik "das Recht, sich eine Gesellschaft mit eigenen Regeln zu bilden, sofern die Mitgliedschaft freiwillig und die Außenwirkung nicht freiheitsbeschränkend ist" Teil des von dir zitierten Satzes sei. Wenn diese Regeln die Freiheit eines anderen antasten, ist es gleichgültig, ob die Mitgliedschaft freiwillig ist oder nicht. Wir verurteilen mittlerweile auch prügelnde Männer, selbst wenn ihre Ehefrauen sie freiwillig geheiratet haben.

Ich denke auch, dass die Freiheitlichkeit, die du der Katholischen Kirche attestierst und für dem Islam bestreitest, im wesentlichen Vertrautheit der Sichtweise ist. In Wirklichkeit sind die Lehren der Katholischen und allgemeiner gesagt der christlichen Kirchen auf der gleichen Stufe der Bösartigkeit und Abstrusität angesiedelt wie die Lehren des Islams. Und hier wie dort macht es nur das von Kindheit an gegebene Ausgeliefertsein an die Indoktrination, welche jene Vertrautheit erzeugt, die über die Absurdität der jeweiligen Lehre hinwegsehen lässt.

Lykurg
[ohne Titel]
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 6865
Registriert: 02.09.2005
So 26. Apr 2009, 20:25 - Beitrag #38

Auch der Verbleib darin bedeutet eine Entscheidung; über die Frage aktiver und passiver Entscheidungen haben wir uns aber vor längerer Zeit bereits so unschön ausgetauscht, daß ich den Punkt hier nicht verfolgen möchte. - Natürlich mußt du so argumentieren, solltest aber dennoch den Unterschied dazwischen anerkennen, ob man eine Organisation auf eigenen Wunsch verlassen kann oder ihr kraft ihrer Gesetzgebung bis zum eigenen Tod angehört (der im Fall einer angemaßten, aber nicht vorgesehenen Entscheidung auch beschleunigt herbeigeführt werden kann).

e-noon
Sterbliche
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4576
Registriert: 05.10.2004
So 26. Apr 2009, 20:56 - Beitrag #39

Defacto kann man die christliche Gemeinschaft nach ihrer eigenen Auffassung nicht verlassen, die Taufe bleibt bis in alle Ewigkeit gültig. Was man gemeinhin "Kirchenaustritt" nennt, ist nur eine Befreiung von den Rechten und Pflichten, die der Staat bürgerrechtlich an eine Mitgliedschaft in der Kirche knüpft.

@Lykurg: Was sagst du zu Sekten, die eine 100% freie Mitgliedschaft haben, dh. jeder kann jederzeit ohne Konsequenzen austreten, aber die, die drin bleiben, sich regelmäßig selbst umbringen? Gut, man könnte hier argumentieren, dass sich das Problem von selbst löst, aber soll der Rechtsstaat da noch auf Religionsfreiheit pochen oder einschreiten?

Übrigens wollte ich auch noch mal unterstreichen, dass Religionsfreiheit als Menschenrecht nicht die anderen Menschenrechte ausschaltet, zumindest, wenn ich das richtig verstehe:
„Die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung zu bekunden, darf nur den gesetzlich vorgesehenen Einschränkungen unterworfen werden, die zum Schutz der öffentlichen Sicherheit, Ordnung, Gesundheit, Sittlichkeit oder der Grundrechte und -freiheiten anderer erforderlich sind.“
So ist Frankreich z.B. der Ansicht, dass Kopftücher/Habit/Kipps etc. die weltanschauliche Freiheit der Schüler beeinträchtigen würden und hat dem das Recht auf Ausübung der Religion untergeordnet.

Ich möchte ja gar nicht wissen, ob hier ein Straftatbestand vorliegt. Wenn ich die Frage stelle "Wird die Frau im Christentum tendenziell als dem Mann untergeordnet dargeordnet und schließt man sie von gewissen Lebensbereichen aufgrund von Begründungen aus, die sich nicht auf individuelle und objektiv feststellbare Befähigung beziehen?"

janw
Moderator
Moderator

Benutzeravatar
 
Beiträge: 8488
Registriert: 11.10.2003
Mo 27. Apr 2009, 03:10 - Beitrag #40

Morgen wohl mehr, eben nur eine kleine Anmerkung:
Ich habe etwas den Eindruck, daß die Diskussion allmählich auf eine grundlegend unterschiedliche Auffassung von politisch-gesellschaftlicher Wirksamkeit und mithin Nützlichkeit/Schädlichkeit/Gefährlichkeit hinausläuft, die es wert sein könnte, im Blick behalten zu werden:
Lykurg betont den Belang der Freiheit zur Ausübung der Religion und betrachtet das Wirken der kath. Kirche mehr aus dem Blickwinkel der Freiwilligkeit und Bewusstheit des sich diesen Wirkungen Aussetzens durch die Gläubigen - die Botschaften werden bewusst aufgenommen und rationalisiert, wer es nicht will, kann ja austreten.
Ipsi und ich betonen dagegen die Unfreiwilligkeit seitens der Kinder und die Unbewusstheit, mit der nicht nur explizite Botschaften aufgenommen werden, sondern mit der auch Strukturen und Usancen Wirkungen von Botschaften entfalten. Letztlich auch die Durchdringung des gesellschaftlichen common sense jenseits des Kreies der Gläubigen durch die Präsenz von Kirchenvertretern in Medien und politischen Willensbildungsgruppen, die dort sowohl explizit wie auch implizit die Botschaften der Kirche durchsetzen, indem eben ausschließlich im Sinne der Nichtgleichberechtigung sozialisierte und ausschließlich männliche Personen diese expliziten Botschaften vertreten.

Kurz gesagt trifft hier eine Sichtweise, die vorrangig das Explizite und die bewusste kognitive Verarbeitung von Botschaften betont, auf eine Sichtweise, die Botschaften wesentlich auch im Bereich von Strukturen und Usancen erblickt und die unbewusste Verarbeitung von Botschaften für bedeutsam erachtet.

Nur eben eingeworfen, soll den Ablauf nicht stören...^^

VorherigeNächste

Zurück zu Diskussion

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 4 Gäste