Iran - Ahmadinedschad - Proteste

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
e-noon
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Do 18. Jun 2009, 14:05 - Beitrag #1

Iran - Ahmadinedschad - Proteste

Ja Iran - wer wie wo was? Warum? Gut oder schlecht?
Irgenwie waren meine Einleitungen auch schon mal ausführlicher...
Also Quelle: http://www.tagesschau.de/ausland/wahliran150.html
Zum Beispiel. Ich weiß nichts, außer, dass ich Ahmadinedschads Ehegattin ausgesprochen hübsch finde... :rolleyes:
Und Proteste, va. friedliche, eigentlich immer gut.

Ipsissimus
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Do 18. Jun 2009, 14:15 - Beitrag #2

dabei ist das doch ganz leicht zu verstehen, wirf einfach einen Blick in Stern, Bild und Spiegel.

Ahmadinedschad ist das absolut Böse, Mussawi hingegen Avatar des göttlichen Lichtes. Alles weitere detailgenauer zu wissen würde nur dein sicheres Urteilsvermögen trüben und dich zu einer potentiellen Zielperson für Verfassungsschützer machen^^

e-noon
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Do 18. Jun 2009, 14:24 - Beitrag #3

Na dann ist ja alles in Ordnung ^^

Maglor
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Do 18. Jun 2009, 14:53 - Beitrag #4

Das mit dem Avatar des göttlichen Lichts hat durchaus etwas mit der Realität zu tun.
Grün die Farbe des Protests im Iran und gleichermaßen die Farbe des Islams.
Im Grunde geht Mussawi und den Seinigen, um die Erhaltung des Erbes von Ayatollah Khomeini, um den Erhalt der Islamische Republik. So ist Mussawi im Grunde nur das Avatar Khomeinis, der dessen Iran von Ahmadineschads mutmaßlichen Versuch zur Verwandlung des Islamischen Republik in eine Dikatatur verhindern will. Tja, es geht gegen korrupte Mullah und den Einfluss des Militärs. Dass Mussawi selbst schon mehrere Jahrzehnte im Iran Politik gemacht hat und an mehreren Regierungen beteiligt war, spricht für sich.
Intellektueller Islamismus in Khomeini-Tradition gegen den populistischen Aufrührer. :rolleyes:

Ipsissimus
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Do 18. Jun 2009, 15:12 - Beitrag #5

Maglor, ich bin mir der Vielbödigkeit und Abgründigkeit der Situation im Iran sehr wohl bewusst. Ich amüsiere mich ja gerade deswegen über die dummdreisten Versuche unserer Presse, die Situation dort auszuschlachten für politische Absichten und Ansichten, bei denen es überhaupt nicht darum geht, wie im Iran die Welt verstanden wird, sondern lediglich darum, dass wir mit unseren Auffassungen als die Helden dastehen, die den Iranern zurecht die Welt erklären und ganz nebenbei dadurch das Land politisch vereinnahmen dürfen (und dabei ganz nebenbei die Iraner in gute und böse Iraner aufteilen, je nach dem, ob die unseren Ansichten zuneigen oder nicht)

e-noon
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Do 18. Jun 2009, 15:21 - Beitrag #6

Jaaaaaaaaa okay...
Und was wollen die Iraner? Was ist ihre Sicht der Welt? Warum sollten sie protestieren, wenn nicht um zu zeigen, dass Ahmadinedschad ihnen nicht gefällt? Und warum wird das Internet gesperrt und die Mobilfunknetze, wenn Ahmadinedschad so ein netter Kerl ist? Oder ist die mangelnde Pressefreiheit auch nur westliche Propaganda? Gibt es dafür Quellen?

Ipsissimus
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Do 18. Jun 2009, 15:32 - Beitrag #7

Mussawi ist im Moment der Gute, weil er das Ende des aus unserer Sicht Bösen bedeutet, e-noon. Tatsächlich wird dabei der Teufel mit Satan ausgetrieben^^ sprich, es wird sich nichts in Richtung mehr Freiheit und Demokratie ändern, sondern die Situation sehr viel restriktiver werden. Das sehen die Exil-Iraner derzeit nicht besonders gut, deswegen jubeln sie jetzt Mussawi zu. Wie sie schon mal jubelten, als Khomeni das Ende des Schahs einleitete. Was die Leute im Iran wollen, und was die Exil-Iraner wollen, das sind zwei sehr verschiedene Sachverhalte

e-noon
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Do 18. Jun 2009, 15:34 - Beitrag #8

Inwiefern wird es sehr viel restriktiver werden? Quellen?

Zumindest weiß man, wie das Gesicht von Mussawis Frau aussieht, wenn man sie mal gesehen hat... kann man von Ahmadinedschads wohl nicht behaupten.

Ipsissimus
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Do 18. Jun 2009, 15:46 - Beitrag #9

das Gesicht seiner Frau ist auch sehr wichtig für die Beurteilung seiner politischen Positionen^^

Ob er dem Lager der Reformer zugerechnet werden kann, ist umstritten. [2] Er selber zählt sich sowohl zu den Reformern als auch zu den Konservativen. Sein Ziel sei die Einheit. Bahman Nirumand bezeichnet ihn als ein „Kleintaschenformat des Ayatollah Chomeini“.[3]


aus http://de.wikipedia.org/wiki/Mussawi

nützliche Links

http://www.sueddeutsche.de/politik/308/461929/text/
http://www.boell.de/downloads/weltweit/iran-report_04_2009.pdf

übrigens Bilder mit Mussawis Frau habe ich 4 gefunden bei Google
von Ahmadinedschads Frau 3^^ so groß ist der Unterschied nicht^^ und beide Frauen sind Akademikerinnen^^

e-noon
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Do 18. Jun 2009, 16:19 - Beitrag #10

http://www.iraneconomist.com/repository/88/02/zahra_rahnaward.jpg
http://littlegreenfootballs.com/article/30515_Irans_First_Lady

Das sind die Bilder, die ich gefunden hab. Wird deutlich, was ich mit Wiedererkennungswert meinen könnte?

Grad der Bedeckung seiner Frau kann schon Anzeichen für die Offenheit eines muslimischen Staatsmannes sein... oder wie?

Lykurg
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Do 18. Jun 2009, 17:34 - Beitrag #11

Zahra Rahnaward, Mussawis Frau, tritt für die Gleichberechtigung der Frauen, Redefreiheit und Ende der Sittenpolizei ein. Was das in der Realität für die Politik ihres Mannes zu bedeuten hat, bleibt natürlich unklar.

Die Kandidaten Nr. 3 und Nr. 4 (Karroubi und Rezai), die zusammen laut dem offiziellen Ergebnis 3 Prozent der Stimmen bekamen, sind nicht ganz uninteressant, immerhin wollte Karroubi Frauen in seine Regierung berufen und vom Fundamentalismus abgehen, während Rezai (der übrigens wegen eines Hisbollah-Anschlags mit 85 Toten mit internationalem Haftbefehl gesucht wird) angeblich für Gespräche mit dem Westen eintritt.

Dabei bleibt aber selbstverständlich zu beachten, daß die meisten Bewerber für das Präsidentenamt vom Wächterrat ausgeschlossen wurden. Es gab laut Wiki 475 Bewerber, die auf "Zuverlässigkeit, Eignung und Unbescholtenheit sowie auf ihre Konformität mit den Zielen der islamischen Republik Iran" geprüft wurden. Vier blieben übrig. Was man dann noch zu erwarten hat, kann dann eben nur die Wahl eines kleineren Übels sein.

Immerhin wäre es aus meiner Sicht unumgänglich, den Holocaustleugner, der jeden öffentlichen Auftritt zu einer unsäglichen Geschmacklosigkeit nutzt, abgelöst zu sehen - beinahe egal wie gefährlich verrückt sein Nachfolger sein mag. Außerdem: Wer Wahlen fälscht, ist ein Ferkel, egal, wie gut angeblich seine Absichten sein sollten, was hier ja noch nicht einmal gegeben ist.

Ipsissimus
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Do 18. Jun 2009, 17:41 - Beitrag #12

genauso wenig, wie belegt ist, dass er sie gefälscht hat^^ und wenn er sie nicht gefälscht hat, wäre plötzlich Mussawi derjenige, der versucht, mit falschen Behauptungen einen Bürgerkrieg anzuheizen^^ was machen wir da bloß?^^

der Wächterrat ist halt so eine Art Verfassungsgericht^^ die Islamische Republik steht eben so oder so nicht zur Debatte^^

Maglor
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Do 18. Jun 2009, 20:59 - Beitrag #13

Ich sehe da keine klare Fronten. Vor Tagen machte mir eine Dokumentation auch weiß, dass das Verhätlnis von Präsident Ahmadineschad zum Wächterrat und zum Revolutionsführer keineswegs ungetrübt sei.
Überhaupt ist im Iran vieles anders. Eigentlich ist mir die Politik im Iran zu seltsam, verworren und, als dass ich es verstanden hätte.
Im Grunde scheint mir aber die Opposition ähnlich seriös wie Herr Chruschtow oder Herr Trotzki, die mit Stalin abrechnen und den wahren Leninismus fordern.
Bild

Das Grundproblem der derzeitigen Unruhen ist, dass die Opposotion behauptet die Wahlen seien gefälscht worden. (Natürlich ergibt das nur Sinn, wenn sie davon ausgehen, dass die bisherigen Wahlen im Iran korrekt abliefen.)
Solche Verdachtsmomente führen natürlich zu Unruhen. Ein schönes Beispiel sind da die Präsidentschaftswahlen in den USA im Jahr 2000. Vielleicht erinnert sich der ein oder andere noch um die Verwirrung um Wahlmaschinen, Wahlmänner, Florida etc. Und ein gewisser George W. Bush wurde begleitet von Demos, die seine Wahl anzweifelten, vereidigt. Dass es nun im Iran Straßenschlachten gibt und damals in den USA keine liegt wohl an den grundsätzlich verschiedenen Systemen.

Lykurg
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Fr 19. Jun 2009, 00:09 - Beitrag #14

Daß Mussawi und seine Leute angeben, sie hätten viel mehr Stimmen erhalten (müssen) als tatsächlich verlautbart, werte ich kaum als Argument. Wesentlich stärker scheint mir da aber als Anzeichen 1) daß die ersten bekanntgegebenen Wahlergebnisse um wenige Promill vom Endergebnis abwichen, obwohl nur ein Bruchteil der Stimmen ausgezählt waren 2) am Anfang die Landkreise ausgezählt wurden (Achmadinedschads Klientel), am Schluß die Städte (in denen der Anteil seiner Gegner höher sein dürfte), ohne daß sich am Ergebnis etwas änderte, 3) daß Achmadinedschad auch in Karroubis Heimatstadt die absolute Mehrheit bekam, obwohl zu erwarten wäre, daß dessen Landsleute für ihn wählen (angeblich bekam K. insgesamt weniger Stimmen, als er Wahlhelfer hat)
Zitat von zeit.de:Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler, erläuterte im Deutschlandfunk, es habe "eine eigentlich viel zu frühe Verkündung eines Endergebnisses gegeben, wo noch gar nicht ausgezählt sein konnte". In der Addition der Stimmenanteile habe es einmal 108 Prozent, einmal 94 Prozent gegeben.

Auch die Blockierung des Mobilfunknetzes, der (verbliebenen) Pressefreiheit und die massive prophylaktisch aufgebaute Polizei- und Armeepräsenz in den Universitäten sprechen für sich, wenn auch hier die Zeichen weniger deutlich sind als die meines Erachtens offensichtlich schlecht gefälschten Statistiken.

Ipsissimus
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Fr 19. Jun 2009, 00:39 - Beitrag #15

ich halte eine Wahlfälschung nicht für ausgeschlossen. Allerdings frage ich mich, woher diese Informationen alle stammen. Achmadinedschad hat mir bisher nicht den Eindruck eines debilen Kretins gemacht. Wenn er die Wahl hätte fälschen lassen, dann höchstwahrscheinlich besser^^ von daher warte ich mal ab, bis die Iraner das alles auseinanderdividert haben^^

Ipsissimus
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Fr 19. Jun 2009, 12:27 - Beitrag #16

und Chamenai hat gesprochen

http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,631350,00.html

Achmadinedschad wurde vom obersten geistlichen Führer des Iran, Ajatollah Chamenei, zum Wahlsieger erklärt

Chamenei wandte sich beim Freitagsgebet in Teheran zum ersten Mal seit Beginn der Proteste an die Öffentlichkeit. Er verwies auf den Abstand von elf Millionen Stimmen zwischen Amtsinhaber Mahmud Ahmadinedschad und seinem Herausforderer Hossein Mussawi. Es habe keinen Wahlbetrug gegeben.

Er betonte, es stehe den Kandidaten offen zu protestieren. Gleichzeitig müssten die Kandidaten aber vorsichtig mit ihren Aussagen sein, da diese gefährliche Konsequenzen haben und die Gesellschaft radikalisieren könnten.

An die Adresse Mussawis gewandt sagte er, politische Entscheidung würden an den Urnen fallen nicht auf der Straße. Es mache keinen Sinn, dass Wahlverlierer auf die Straße ziehen und die Sieger dies auch machen. "Warum haben wir denn dann gewählt", fragte Chamenei. Er rief beide Seiten auf, der Gewalt ein Ende zu bereiten. Straßenproteste seien der falsche Weg und müssten aufhören. Das System lasse sich davon nicht einschüchtern und werde auch "illegale" Forderungen nicht erfüllen.

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Fr 19. Jun 2009, 13:36 - Beitrag #17

Das war nicht anders zu erwarten. Wie hätte Chamenei auch dagestanden, wenn er sich dem Druck der Straße gebeugt hätte? Vielleicht wäre ein deutlich größerer Wechsel dabei herausgekommen, als ihm lieb gewesen wäre.

Siehst du das als die erhoffte (und somit auch abgeschlossene) Auseinanderdivision der Geschichte durch die Iraner an?

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Fr 19. Jun 2009, 14:39 - Beitrag #18

Zitat von Lykurg:Siehst du das als die erhoffte (und somit auch abgeschlossene) Auseinanderdivision der Geschichte durch die Iraner an?


ganz gewiss nicht^^ aber etwas anderes war, wie du ganz richtig sagst, nicht zu erwarten^^ oder noch anders formuliert: die Erwartung, im Iran Demokraktie nach dem Vorbild westlicher Industrienationen etablieren zu können, war von vorherein nichts als Agitation unserer Presse. Die Erweckung des Eindrucks, es ginge den Demonstranten im Iran um Demokratie in unserem Sinne - quasi nach dem Motto: ein nach einem aufgeklärten säkularen demokratischen politischen System dürstendes Volk wird von ein paar alten Säcken mit militärischer Gewalt im Mittelalter und religiöser Bigotterie gehalten und erhebt sich endlich dagegen - fällt schon unter bewußte und vorsätzliche Täuschung

janw
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Fr 19. Jun 2009, 14:57 - Beitrag #19

Tja, das hat Chamenei nicht ungeschickt gemacht - die Leute demonstrieren lassen und sich dann in einer ex-kathedra-Situation äußern.
Dabei gleich noch den äußeren Feind als Hauptaggressor hinstellen.

Ich weiß nur nicht, ob die Taktik aufgehen wird, wenn wirklich praktisch die ganze Generation unter 30 gegen Ahmadinedschad gestimmt haben sollte, damit an die 60% der Bevölkerung.

Womit wir schon an dem Punkt sind, wo es um Annahmen geht....

Die Berichterstattung focussierte hauptsächlich auf Teheran, wohin wohl auch viele Menschen aus dem Land gekommen sein sollen. Weitere Demonstrationen soll es in Isfahan gegeben haben.
Allerdings ist Iran ein Flächenstaat, der in vielen Teilen agrarisch bis kleinstädtisch geprägt ist - wie wurde auf dem flachen Land gewählt - und wieviel macht das auf die Gesamtzahl der Wahlstimmen aus?
Ich könnte mir voratellen, daß auch hier von der jungen Generation nicht Ahmadinedschad gewählt wurde, da dieser u.a. eine ziemlich ruinöse Wirtschaftspolitik gemacht hat und sich unter seiner Ägide die Korruption massiv ausgebreitet hat. Musavi hat sich gegen beides gewandt, vielleicht hat es ihm auch hier entsprechend zahlreich Stimmen eingebracht.

Was nun die Stimmenauszählung betrifft, denke ich, daß das Ergebnis nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Zum einen machen mehrere Beobachter darauf aumfmerksam, daß das Land infrastrukturell nicht in der kurzen Zeit die Stimmen habe auszählen können.
Zum anderen wird berichtet, daß Musavi aus dem Kreis der führenden Mullahs zunächst zum Sieg gratuliert worden sein soll, bevor kurz darauf das bekannte Ergebnis verkündet wurde. Wobei auch hier natürlich zu fragen ist, wie denn der Sieg Musavis so schnell ausgezählt worden sein sollte.
Vielleicht falsche Hochrechnungen auf der Basis von regionalen Teilergebnissen, die nachher durch deutlich andere Regionalergebnisse konterkariert wurden?

Was Musavi betrifft, bin ich mir nicht ganz sicher, wie sicher die Beschreibung als "Handtaschen-Khomeini" ist. Er hat sich in seiner Amtszeit bis 1989 als solcher geriert, und seine Zeit stand für massive Verfolgung verschiedener Minderheiten und jeglicher liberaler Tendenzen.
Allerdings war er seitdem kaum mehr öffentlich aufgetreten, bis er jetzt zur Wahl angetreten ist. Sollte sich da ein Wandel in ihm manifestiert haben, den er aus gutem Grunde über die Jahre für sich behalten musste?
Nicht, daß aus einem Fundamentalisten ein Liberaler geworden sein muss, aber ein Konservativer, der mehr auf Autorität der vorbildlichen Amtsführung als auf Unterdrückung setzt - seine Forderung nach Abschaffung der Revolutionsgarden und seine offenbar liberalere Haltung im Bezug auf Frauen deuten für mich in die Richtung - wäre in Iran schon ein Fortschritt.
Ich denke, daß alle jene, die von "westlichen Werten" und Demokratie in unserem Sinne sprechen, wenn sie beschreiben, was die Opposition sinnvollerweise wolle, die Menschen dort nicht wirklich verstehen.
Ich denke, man könnte es vergleichen mit dem hypothetischen Versuch, in den 50er Jahren in Bayern den Säkularismus einzuführen - ich denke, die Menschen in Iran sind religiös geprägt, wobei die Frage für den Einzelnen eher ist, wie sehr sich das auf Äußerlichkeiten auswirken soll. Auf die Gängelung wegen der Kleidung, wegen modischer Individualität usw. stützt sich IMHO die Kritik, nicht auf das Glauben an sich, ob die letzliche Herrschaft des Klerus über die Politik in der Breite kritisiert oder gar abgelehnt wird, bin ich mir nicht sicher.

Bemerkenswert finde ich in dem Zusammenhang die massive Kritik an der "weißen Revolution" in den 60er/70er Jahren, die ja eigentlich vielen Menschen Vorteile hätte bringen können - Grundbesitz für Kleinbauern nach Aufteilung des Großgrundbesitzes.
Die Raffgier des Schahs hätte IMHO einen besseren Aufhänger für Kritik geboten...

Ipsissimus
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Fr 19. Jun 2009, 15:21 - Beitrag #20

weit aus dem Fenster gelehnt würde ich es so sagen^^ die arabischen Nationen bis hin nach Pakistan und Indonesien haben mit unserem Verständnis von Demokratie nichts am Hut; es gibt in manchen Forderungen manche Übereinstimmung mit Formulierungen gemäß unserem Verständnis, aber das ist irreführend. Wenn ich daran erinnern darf, wie sich die westliche Presse überschlagen hat, als damals der Schah vertrieben wurde, wie die Person Khomenis fast schon als Lichtbringer hochstilisiert wurde, wie selbst linke Intellektuelle sich von ihm faszinieren ließen ... bis das große Erwachen kam.

Mittlerweile hat der Iran schon lange keine Figur mehr hervorgebracht, die sich unser demokratisches Verständnis auf das politische Banner geschrieben hätte UND ZUGLEICH im Iran irgendeine Rolle spielen würde. Die wollen unsere Demokratie genausowenig, wie der Irak oder irgendeine der anderen arabischen Nationen sie will.

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