Gegenmodell: Familie?

Das Forum für allgemeine Diskussionen! Alle Themen, die nicht in andere Bereiche passen, können hier diskutiert werden.
e-noon
Sterbliche
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4576
Registriert: 05.10.2004
Mo 14. Sep 2009, 13:55 - Beitrag #1

Gegenmodell: Familie?

Im großen Maßstab verstehe ich zwar, warum es vielen Menschen selbst in Deutschland schlecht geht, aber irgendwie auch nicht. Bei uns (Familie) funktioniert es zum Beispiel so, dass meine Großeltern genug Geld und Sicherheiten hatten für ihre zwei Kinder, und diese beiden Söhne hatten ihrerseits genug Geld und Sicherheiten für ihre zwei bzw. drei Kinder. Ich bin die Älteste dieser Enkel, und werde natürlich auch erst Kinder bekommen, wenn ich genug Geld und Sicherheiten dafür habe. Innerhalb dieses Systems ist jeder abgesichert, denn sollte z.B. mein Onkel seine Arbeit verlieren, gäbe es immer noch meine Großeltern, meinen Vater und in einigen Jahren mich, die ihm helfen könnten. Abgesehen davon, dass seine Frau ebenfalls arbeiten geht. Wenn jeder das so macht, wird Armut nur noch die treffen, die wirklich extrem unwahrscheinliches Pech haben (wenn zum Beispiel ein Komet auf das Haus fällt, in dem sich die ganze Verwandtschaft trifft, und nur ein kleines Kind übrig bleibt).

Stattdessen bekommen überall auf der Welt, auch da, wo Kinder nicht mehr als Sozialversicherung benötigt werden, die Menschen mehr Kinder, je ärmer und unsicherer sie leben. Die Geburtenrate in Afghanistan liegt bei über 6 Kindern pro Frau, in Deutschland unter eins. Auch in Deutschland sind Einwanderer und niedrige soziale Schichten kinderreicher. Warum? Weil sie früher anfangen? Sich nicht um die Konsequenzen kümmern? Aufs Kindergeld spekulieren? Nicht aufgeklärt sind? Gesetzt den Fall, die Ursachen sind bekannt: Warum tut niemand etwas dagegen? Warum denkt der Einzelne nicht mal fünf Minuten nach, bevor er seine Armut an die nächste Generation weitergibt? Und warum erkennt kein Politiker das Problem und spricht es wenigstens mal an?
:rolleyes:

Ipsissimus
Dämmerung
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 10251
Registriert: 29.10.2004
Mo 14. Sep 2009, 14:15 - Beitrag #2

das ist ein Multi-Kontext-Problem, und den Blick so ausschließlich auf die Vernunft mündiger Bürger zu richten, verschleiert mehr als es erklärt

Kontext 1
Mensch ist nicht nur Vorderhirn, Mensch ist auch Biologie. Biologie ist paaren, fortpflanzen, kämpfen, sterben, ohne Sinn und Verstand, aus dem einfachen Grunde, weil wir wie alle Tiere und Pflanzen in die Welt Geworfene sind und nun schauen müssen, dass wir mit Mühe und Not die paar Jahre Zeit überbrücken, ehe wir wieder verschwinden. Vorderhirn ist bestenfalls eine Modulation der Befindlichkeiten, ändert aber nichts an der Biologie. Schau dir das merkwürdige Verhalten der Großstädter zur Paarungszeit an, wenn du das bezweifelst

Kontext 2
so ungern ich meinem alten Boss recht gebe, er sagte vor vier oder fünf Jahren sinngemäß, dass es in Managerkreisen völlig klar sei, dass die Menge an verfügbarer Arbeit innerhalb der nächsten 15 Jahre auf etwa 25 Prozent der seinerzeit vorhandenen Menge reduziert sein würde. "Verfügbare" Arbeit heißt solche, für die Arbeitgeber bereit sind, Menschen auf Dauer einzustellen und so zu bezahlen, dass die von dieser Arbeit auch auf Dauer leben können. Wir erleben leider derzeit, dass die 15 Jahre wohl zu optimistisch waren, vielleicht auch die 25 Prozent.

Kontext 3
unzählige politische, wirtschaftliche, rechtliche und organisatorische Fehlentwicklungen auf Systemebene

Kontext 4
dasselbe auf der Ebene der Individuen

Kontext 5
Paradigmenwechsel durch technische Weiterentwicklung, welche wohl mit dem Ziel überhaupt erst angestoßen wurde, diesen Paradigmenwechsel herbeiführen zu können. Beispiel: Automatisierung im Bergbau. Früher war es scheißegal, wenn in einer Mine hunderte Bergleute krepierten, weil irgendwelche Sicherheitstechnik zu teuer zum Einsatz war (scheißegal natürlich nicht den Angehörigen und den Bergleuten selbst, aber auf grundsätzlichen Entscheidungsebenen). Dann kam das Argument auf, dass mit der Automatisierung die Sicherheit der Bergleute besser zu gewährleisten sei, was ja auch unbestreitbar richtig ist. Mittlerweile ist die Sicherheit so weit vorangetrieben, dass größere Unfälle fast nicht mehr passieren. Leider sind damit auch die Arbeitsplätze der Bergleute immer mehr verschwunden, und im Sinne der Eigenverantwortlichkeit, die plötzlich als passendes weiteres Argument auftauchte, ist der Paradigmenwechsel vollbracht und man ist die Leute los, die jetzt eigenverantwortlich alles nachholen dürfen, was man ihnen fremdverantwortlich viele Jahre lang vorenthalten und abtrainiert hatte.


im Mischmasch dieser und sicher noch weiterer Kontexte geht die schöne geordnete Bürgeridylle, die du beschwörst, einfach so den Bach hinunter, wenn sie je in nennenswertem Umfang existiert haben sollte

e-noon
Sterbliche
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4576
Registriert: 05.10.2004
Mo 14. Sep 2009, 14:33 - Beitrag #3

Tja, also ich bin lieber arbeitslos, als im Bergbau zu sterben. Und dass die Hälfte der Arbeiter stirbt, damit die andere Hälfte Arbeit hat, finde ich auch nicht gut. Lösung: Arbeitszeit auf ein Viertel reduzieren. Dann passt das auch wieder mit den 25%. Im Moment ist es zumindest eher unwahrscheinlich, dass Lehrer oder Leute im sozialen Bereich durch Maschinen ersetzt werden können. Ärzte, Politiker, Lehrer, Masseure, Erzieher, Polizei, Militär, Busfahrer, Seelsorger, Priester etc... braucht man weiterhin.

Zur Paarung: Ich verlange ja keine Keuschheit o_O Aber da sich heutzutage Paarung und tatsächliche Fortpflanzung bequem trennen lassen, sollte das kein Problem sein.

Die Bürgeridylle beschwöre ich nicht, sondern beschreibe sie, bei uns funktioniert das nämlich so. Und ich vermute mal, dass Managerkinder (so es sie denn gibt) auch nicht auf Hartz-IV angewiesen sein würden, Arbeit hin oder her. Wer genug Besitz hat, um auch einige Jahre ohne Arbeit auszukommen, der kann auch angemessen für seine Kinder sorgen und das immer vorhandene Restrisiko verkleinern.

Pflanzen sind übrigens oft in die Welt gewachsen statt geworfen. Ich behaupte nicht, dass genug Jobs für alle da sind, oder dass noch so viele manuelle Arbeiter gebraucht werden wie noch vor 100 Jahren, aber das ist ja imo auch gar nicht wünschenswert. Wünschenswert ist, dass mehr Kinder geboren (und vor allem erzogen) werden, die mit dieser Situation gut klarkommen, als Kinder, die sie verschärfen. Und das ist natürlich kein Apell an diese Kinder, sondern an deren Eltern. Und an die Politiker, entsprechende Anreize zu setzen (und endlich mal die Erziehung auszubauen).

blobbfish
Listenkandidat
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 3022
Registriert: 26.01.2003
Mo 14. Sep 2009, 15:00 - Beitrag #4

Schön, dass es in deiner Familie derartiges Engagement gibt und Rückfallsicherungen gibt, meine hat die z.B. nicht mehr. Großeltern allesamt schon länger verstorben, mein Vater ist Einzelkind und die Brüder meiner Mutter scheren sich um uns wie wir um sie rein garnicht. Mein Vater strebt alsbald den Ruhestand an, überhaupt ist der Arbeitsplatz im Automobilbereich ohnehin nicht wahnsinnig wichtig, kurzum, wenn ich Geld brauche (anscheinend läuft es bei dir darauf hinaus, vermute ich mal) bin ich auf eine Bank angewiesen. ;)

Deiner Ausführung könnte ich entnehmen, dass ich das mit den Kindern besser lassen sollte?!

Du scheinst aber auch zu vergessen, dass Vielarbeiter auch wenig Zeit für die Kinder haben, sozial betrachtet nicht wirklich ideal. Gut, man da den Job der Tagesmutter anhängen die dann auch Geld für eigene Kinder hätte. :crazy:

e-noon
Sterbliche
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4576
Registriert: 05.10.2004
Mo 14. Sep 2009, 16:24 - Beitrag #5

Hast du denn vor, Kinder zu bekommen, bevor du mit dem Studium fertig bist und Arbeit findest? Das fände ich in der Tat unverantwortlich. Es sei denn natürlich, die Mutter deiner Kinder hat eine sichere Arbeitsstelle.

Ich würde nicht sagen, dass es in meiner Familie besonderes Engagement gibt. Wir mögen uns auch nicht überdurchschnittlich gern :crazy: Aber es war für mich immer selbstverständlich, verantwortungsbewusst zu sein und im Gegenzug von der Verantwortung der anderen profitieren zu können. Wie schon erwähnt, ein Restrisiko bleibt immer, aber wenn nur Menschen, die ihren Kindern ein Mindestmaß an Sicherheit gewährleisten können, Kinder bekämen, wäre die Welt einen enormen Schritt weiter...

Es geht nicht nur um Geld, sondern es geht um alles. Wenn ich auf einmal schwanger werden würde, oder wenn meine Großeltern nicht mehr alleine leben könnten, wenn ich einen Nervenzusammenbruch bekäme, mein Studium abbrechen und nicht mehr alleine wohnen könnte, ich bin sicher, wenn einem von uns was passiert, würde er bei der Familie unterkommen. Die Seite meiner Mutter ist allerdings auch bei uns komplett abgespalten.
Bei meinem Freund ist die Familie sogar noch wichtiger. Da geht auch der Vater arbeiten, die Schwester hat schon Familie, die kleine Schwester studiert noch. Da ist es auch selbstverständlich, dass man zusammen hält etc. Wenn jeder in solch einem Netzwerk aufwachsen würde, dann würden nur noch die richtig heftigen Unglücksfälle Sozialversicherung benötigen und nicht ein steigender großer Prozentsatz der Bevölkerung.

Lykurg
[ohne Titel]
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 6865
Registriert: 02.09.2005
Mo 14. Sep 2009, 17:24 - Beitrag #6

Ich stimme dir völlig zu, e-noon: Auch aus meiner Sicht ist bei unserem Zivilisationsstand das Zeugen von Kindern, deren Eltern nicht eine grundlegende emotionale, soziale und eben auch finanzielle Sicherheit bieten können, ein unverantwortlicher Fehler. Es liegt auf der Hand, daß unsere Gesellschaft nicht unbegrenzt in der Lage sein wird, ihren Teilen im heutigen Maße zu helfen. Wer sich also in der Hoffnung auf Kindergeld, Sozial- und Wohnbeihilfen als Teenager ein Kind zulegt, ruiniert auf diese Weise nicht nur sein eigenes Leben, er vererbt ein grundlegendes Problem weiter.

Mit welcher Leichtigkeit früher Mitschüler und nun Kommilitonen von mir eine Entfremdung von ihrem Elternhaus zuließen und herbeiführten, aber auch deren Eltern den Austausch und das gelegentlich nötige Maß an Verständnis verweigerten, hat mich immer wieder entsetzt. (Das fing schon mit der Selbstverständlichkeit an, mit der manche 17/18jährige "endlich" ihre eigene Wohnung anstrebten). Freundschaften kann man knüpfen und lösen, aber eine (Groß!-)Familie sollte wann immer möglich zusammenhalten und dafür sorgen, daß es ihren Mitgliedern gut geht, man sich kennt und regelmäßig trifft, um Rat fragen kann und schlimmstenfalls auch auf die Hilfe verlassen kann.

Wie kommt es, daß ihr jeweils zu einem Familienteil keinen Kontakt habt? Konflikte in der Elterngeneration oder zu den Großeltern? Das gab es in den Familien meiner Eltern auch, hat sich aber nach Jahrzehnten gelegt und ist jeweils einem sehr guten Verhältnis gewichen. Beständiges Bemühen, Respekt und Rücksichtnahme können Wunden glätten und verheilen lassen. Es ist enorm wichtig, diese Verbindungen wiederherzustellen und - sei es zu einem gleichaltrigen Cousin, oder einer anderen Generation - freundliche Bande zu knüpfen, um das Familienbewußtsein nicht abreißen zu lassen. Wie klein sind doch die Kreise, in denen heute viele denken... Bild

Maglor
Karteizombie
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4281
Registriert: 25.12.2001
Mo 14. Sep 2009, 20:54 - Beitrag #7

Ja, ne Familie ist eine prima Alternative. Als mein Vater arbeitslos mal längere Zeit arbeitslos hatte, er auch keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe, weil er ja immerhin mit einer voll berufstätigen Frau (Krankenschwester, also schon fastbesser verdienend) verheiratet war. Etwa zur gleichen wurde mein Bafög-Antrag abgelehnt. Ich war ja Kulake. Naja und im letzten, in dem ich hoch-offiziell arbeitslos war, hatte ich natürlich auch keinen Hartz-IV-Anspruch. Ich war ja unter 25 und Kulake. :rolleyes:
Hartz IV. muss eben weg, naja war eigentlich es nie da. :crazy:
Aber, es hätte schlimmer kommen können. z.B. hätte meine Mutter ja auch 400-€-Basis oder für 630 DM bei Edeka an der Kasse sitzen können. Vielleicht hätte dann mein Vater damals Arbeitslosengeld bekommen. Vielleicht hätte mein Vater vorher aber gar nicht sozialversicherungspflichtig arbeiten können, wäre dann arbeitslos geworden und hätte dann natürlich auch keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld gehabt, dafür aber die tolle Sozialhilfe. (Ist ja auch gar nicht mal so unwahrscheinlich, immerhin ist er fast Analphabet.) Tja, und mein Opa hätte seine Rente dafür aufwenden müssen, Miete, Strom, Wasser usw. zu bezahlen, anstatt sie wahllos unter Töchter und Enkeln zu verteilen. Und mein anderer Opa hat ja nie gearbeitet, dafür aber getrunken und sich aufgehänkt und meine Oma mit eben geringst-möglichen Rentenansprüchen zurückgelassen.
Und infolgedessen hätte mir wahrscheinlich keiner den Führerschein bezahlt oder meinen völlig unnötigen Schulbesuch als über 18-Jähriger (Abitur) finanziert. Braucht ja auch keiner. Ich bin ja Kulake und wohne irgendwo am Rand der Zivilisation. Ich hätte ja prima Sozialhilfe beantragen können und nebenher noch bei meinem Knecht schwarz arbeiten können. Ja, mein Nachbar ist Vollerwerbslandwirt hat Knechte im Schwarzarbeitsverhätlnis.

Naja und Konflike in der Familie? Nein, wieso denn ist ja niemand geschieden und alles wie im Bilderbuch.
Und wenn ich meiner Mutter Vorschläge mache, wie man den Gemüsegarten effizenter machen könnte, werde ich darauf verwiesen, dass sie da auch erst machen kann, was sie will, seit ihre Mutter tot ist. Da kann ich also lange warten. :crazy:

Hast du denn vor, Kinder zu bekommen, bevor du mit dem Studium fertig bist und Arbeit findest? Das fände ich in der Tat unverantwortlich. Es sei denn natürlich, die Mutter deiner Kinder hat eine sichere Arbeitsstelle.

Während des Studiums Kinder in die Welt setzen und frühzeitig zu heiraten, war früher übrigens allgemein üblich. Benno Ohnesorg und Rudi Dutschke zum Beispiel, die angeblich Revoluzzer. :crazy:

Lykurg
[ohne Titel]
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 6865
Registriert: 02.09.2005
Mo 14. Sep 2009, 22:25 - Beitrag #8

Natürlich mag mein Beitrag aus manch einer Sicht naiv klingen. Bei entsprechend ungünstiger Konfiguration kann sich in einer Familie auch unerträglicher Druck aufbauen, der sich bis zu psychischen oder physischen Gewalthandlungen steigern kann. Aber auch dann sollte die Großfamilie ein Korrektiv, Ansprechpartner und Rückhalt bieten, statt die Betroffenen alleinzulassen. Trotzdem meine ich, daß manche es sich zu leicht machen, Verbindungen zu kappen, statt sie zu pflegen, und eher auf staatliche Hilfe zurückgreifen wollen, als zusammenzurücken. Ein Großteil des menschlichen Elends ist in irgendeiner Weise hausgemacht, gesellschaftliche Zwänge tragen nur das ihre dazu bei.

Makeda
Advanced Member
Advanced Member

Benutzeravatar
 
Beiträge: 376
Registriert: 24.06.2009
Mo 14. Sep 2009, 22:38 - Beitrag #9

Spannend finde ich an der Sache, dass du dich über etwas wunderst, was schon seit Jahrhunderten so ist. Je schlechter es den Menschen geht, desto mehr Kinder haben sie.
Und es haben auch nur die überlebt, die Miesepetrig in drinnen saßen und gewartet haben, bis der Löwe gegessen hatte.
Also stammen wir irgendwie alle von Miesepetriegen, faulen Menschen ab!


Wie weit wir abgesichert sind, ist auch fraglich. Was ich mich dann frage, ist würdest du wenn du ein 1 Jahre altes Kind hast und dein Mann seinen Job verliert und du durch einen dummen Zufall nur noch den Mindestsatz bekommst und somit knap über der Armutskrenze Lebst, würdest du dann dein Kind weg geben? Weil es unverantwortlich wäre?
Oder wenn du jetzt schwanger werden würdest, würdest du es Abtreiben?
Achso, soziale Auffangstelle ist weg gebrochen, weil du dich mit den Verwanten gestritten hast?

Das Problem ist doch, das der Mensch nicht auf seinen Verstand hört. Weil sonst würde es doch auch so sein, dass die Oberen/Studierten/Wohlhabenden viele Kinder bekommen und die Armen keine. Aber es ist nun mal anders rum und es wird auch immer andersrum sein! Außer du sagst: "Ok, du bist zwar ein freier, unabhängiger Mensch, aber allein für dich entscheinden darfst du nicht, weil ich entscheide, was für das Gemeinwohl gut ist! Das heißt du bist arm und dumm; du darfst keine Kinder bekommen. Du bist reich und schlau. Du musst Kinder bekommen."

Padreic
Lebende Legende
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4485
Registriert: 11.02.2001
Mo 14. Sep 2009, 22:59 - Beitrag #10

@e-noon:
Es sind nicht alle mit einer umsichtigen, zusammenhaltenden Familie gesegnet (obgleich ich es auch bin). Und es ist auch nicht so, dass jeder die Möglichkeit hat oder man von jedem erwarten kann, dass er größere Summen zurücklegt. Manche Leute verdienen nun einmal wenig und man kann von keinem verlangen, dass er unendlich sparsam ist. Womit du aber sicherlich recht hast, ist, dass viele Leute verantwortungslos mit ihrer eigenen Zukunft und der ihrer Kinder umgehen und dass es doch sehr schön wäre, wenn sie das besser machen würden.

Wo ich dir allerdings, wie wohl auch Maglor, widersprechen muss, ist, dass es allgemein unverantwortlich ist, während des Studiums Kinder zu bekommen. Ich kenne selbst so einen jungen Vater und so wie ich ihn einschätze, hat das ganz sicher nichts mit Unverantwortlichkeit zu tun. Man muss allerdings dazusagen, dass er Mathematik studiert (hat) und man damit relativ sicher einen Job findet. Ein wenig anders sieht es wohl aus, wenn man in eine sehr unsichere Jobsituation aufbricht. Wobei das Problem hier auch nicht nur das Geld ist, sondern die mögliche Depression (im nicht-notwendigerweise medizinischen Sinne) und Unsicherheit der Eltern. Ich denke, es gibt tausend schlimmere Dinge, die Eltern ihren Kindern antun können, als wenig Geld zu haben. Es kann sicherlich auch etwas positives für ein Kind sein, wenn es junge Eltern hat, die sich ihre Zeit relativ frei einteilen können. Ich denke, Kinder können (müssen aber nicht!) da wesentlich mehr unter doppelt-berufstätigen Eltern leiden, die dafür aber im Geld schwimmen. Das wichtigste ist, liebe- und verantwortungsvoll mit dem Kind umzugehen; das ist, zumindest im Prinzip, bei verschiedensten äußeren Umständen möglich.

blobbfish
Listenkandidat
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 3022
Registriert: 26.01.2003
Mo 14. Sep 2009, 23:48 - Beitrag #11

Nun e-noon, vor Ende des Studiums sicherlich nicht, ich bekomme z.B. kein Bafög und kein Stipendium, bezahlt bekomme ich das von meinem Vater, der ist mit Sicherheit nicht begeistert, wenn er dann auf einmal mehr abdrücken muss, zumal er in einem Jahr wenn ich dann 25 bin nochmal weniger Geld bekommt. Das wäre aber auch sicherlich nicht in deinem Sinne bzgl. des Einspringens. Arbeit ist nicht notwendig eine Vorrausetzung für mich, wünschenswert aber sicherlich. Ich sehe da auch kein Problem wenn der Staat Kosten übernimmt, Probleme oder Sorgen mache ich mir dann vielmehr um die außerfamilären Verhältnis, das beginnt bei der Wohngegend und dem Umfeld.

Lykurg, bei mir hat es die Elterngeneration verbockt, das ganze ist schon einige Zeit her, ich habe davon im übrigen nichts mitbekommen. Meine Eltern haben mich damit auch kaum behelligt, ein paar Punkte fallen mir da aber ein. Ich denke, die muss ch jetzt nicht auszählen, aber ich kann verstehen dass mindestens Seitens meiner Eltern der Kontakt eingestellt wurde.


Makeda, in den "gehobeneren" Gesellschaften hat man ja auch biologische Probleme. Ab 30 klappt das mit dem Kinder kriegen zunehmend schlechter, Studierende dürften wohl im Alter von 24-26 fertig werden, eventuelle Promotion oder Referendarszeit nicht mit reingenommen. Nun, jetzt kann man zwar auch mit Kind studieren, aber ganz problemfrei ist das auch nicht. Möchte man den Bogen zur Intention der Themeneinleitung spannen, dann hätte man hierfür als Vor. wohl, dass die Eltern finanzieren können, die Vor. erscheint mir als absurd, schließe mich hier Makeda auch an.

Makeda
Advanced Member
Advanced Member

Benutzeravatar
 
Beiträge: 376
Registriert: 24.06.2009
Di 15. Sep 2009, 01:33 - Beitrag #12

@Padreic: interesant finde ich es, das du meinst(wenn du es so meinst): ein Kind zu bekommen im Studium, wenn man doch weiß, dass die Jobchancen nicht gut stehen ist unverantwortlich.
Selbst das weißt du beim Studium nicht. Als Beispiel, werden immer mal wieder Lehrer gesucht, dann fangen Studenten an auf Lehramt zu studieren. Wenn diese dann aber fertig sind, ist der Lehrermankel schon behoben-meist durch Quereinsteiger.
Zudem ist es in meinem Umfeld zumindestens so, dass geschätze 70% der Diblomer/Dr. nicht in dem Gebieht arbeiten, für welches sie studiert hatten.
Für mich ziehe ich da irgendwie auch den Schluss raus, du weißt nihct was morgen ist. Und da ich das nihct weiß und evtl. nur das "BILD-Horoskop" :rolleyes: weiß, wie es morgen bei mir aussieht, ist es doch eigentlich von jedem Menschen unverantwortlich Kinder in die Welt zu setzen.

Also finde ihc der Spruch:"Keine Kinder zu bekommen ist egoistisch, aber Kinder zu bekommen ist ebenso egoistisch" sehr treffend! ;) Und das ist sozial echt unabhängig...

Milena
Lebende Legende
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 1797
Registriert: 17.01.2005
Di 15. Sep 2009, 08:59 - Beitrag #13

...e-noon,^^ dein threadtitel lautet ´gegenmodell-familie?`...gegenmodell zu was?
zu armut, arbeitslosigkeit, frust, einsamkeit...?
familien hat es seit anfang der menschengeschichte gegeben...
du erzählst von deinen grosseltern, papa, mama, geschwister....weisst du hundertprozentig, dass sie es nicht immer einfach hatten, und mal überlegt hatten, ob sie tatsächlich ein drittes kind noch finanzieren können? und dass du, auch ohne dieser überlegung sonst gar nicht hier wärest?^^
will sagen,
familie, kind, eltern etc basiert doch nicht nur auf finanzieller grundlage.....
kennst du das nicht das gefühl der geborgenheit und der liebe, des vertrauens, der sicherheit...?
das bedeutet familie....
und die überlegung, wenn zwei kinder satt werden, werden auch vier satt.....
und darüber hinaus , über das satt werden, da gibt es die geborgenheit und das geliebtwerden und liebe geben...
sowohl in afghanistan als auch in afrika und ich wage zu behaupten auch in deutschland.....
darüber hinaus, gebe ich recht, dass, wenn tatsächlich nichts zu essen da ist und die perspektive in geraumer zeit nichts daran ändern zu können, es verantwortungsvoller wäre, kein weiteres kind in die welt zu setzen....selbst bei der überlegung von diesen versorgt zu werden, wenn man selbst nicht mehr kann und sich versorgen lassen muss....
also familie bedeutet für mich, selbst wenn ich nur ein kind hätte, liebe.....
und wenn ich selbst hungern würde, ich würde so vieles anderes geben und erhalten stattdessen......^^

Ipsissimus
Dämmerung
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 10251
Registriert: 29.10.2004
Di 15. Sep 2009, 09:47 - Beitrag #14

für mich ist "Familie" kein wünschenswertes Modell - auch wenn ich akzeptiere, dass du und andere sich in diesem Rahmen wohlfühlen und erfüllende Erfahrungen damit gemacht haben, Schätzle - im besten Falle kommen die Leute aneinander vorbei, ohne sich allzusehr gegenseitig zu schädigen, im schlimmsten Falle tun sie sich wechselseitig die wirklich schlimmen Dinge an, im Normalfall sind sie einander gleichgültig. "Familie" heißt eben nicht "Partnerschaft aus freier Wahl", was ich als einzige Form von Gemeinschaft für erwachsene Menschen angemessen erachte, sondern "Partnerschaft aufgrund blinder Zufälle". Natürlich stehen hinter dieser Einschätzung Erfahrungen, die genau so zu relativieren sind wie jene hinter dem Hohen Lied der Familie, welches Lykurg und e-noon singen. Wobei alle Befürworter des Modells noch zu fragen wäre, inwieweit die Erfahrungen wirklich positiv waren, oder die Gewohnheit des Verzeihen die Erinnerungen verklärt.

Ich kann nur sagen, für meine Freunde und Wahlverwandten alles, für meine Geburtsfamilie nur das Unumgängliche, sofern sie nicht Teil meiner Wahlverwandten wurde.

Ganz wohl ist mir bei dieser Aussage nicht, so knallhart, wie sie daher kommt. Das liegt aber daran, dass meine Eltern auf ihre alten Tage recht gebrechlich geworden sind und diese Gebrechlichkeit natürlich auch Mitleid auslöst. Mitleid verklärt, und so ist es ein Kampf um meine Erinnerungen. Der Krieg zwischen ihnen und mir war jedenfalls kein Zuckerschlecken, für beide Seiten nicht, auch wenn er infolge Erschöpfung der Kombattanten mittlerweile und schon einige Jahre in einen Waffenstillstand übergegangen ist.

Aydee
Excellent Member
Excellent Member

Benutzeravatar
 
Beiträge: 637
Registriert: 17.12.2004
Di 15. Sep 2009, 11:54 - Beitrag #15

Dein aufgezeichnetes Idealbild einer "familären Rückversicherung für soziale Notfälle", e-noon, ist hübsch, wünschenswert, und manchmal scheint es zu funktionieren. Aber eben nur manchmal. 2-3 Rückschläge in einer Familiengeschichte reichen aus, und dieses "Netz" bröckelt.
Aber dein Idealbild wäre auch unter diesen Umständen nicht weiter tragisch, wenn du nicht Forderungen stellen würdest. An jene, die deiner Meinung nach über dieses Auffangnetz nicht verfügen. Die sich nicht an den idealen Lebensplan (Schulausbildung, Lehre/Studium, Job, Familie, Ruhestand und Übergabe des Lebensprotokolls an Kinder und Enkelkinder zur Kopie) halten (ggf halten können).

Ist dir vielleicht der Gedanke gekommen, dass gerade diese kinderreichen, weniger begünstigten Familien dein Modell "Familie" leben ?
Vielleicht sind ja diese überzähligen, armuts-erbbelasteten in eine nicht ideale Welt gesetzten Kinder der Reichtum dieser Menschen.

e-noon
Sterbliche
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4576
Registriert: 05.10.2004
Di 15. Sep 2009, 12:15 - Beitrag #16

Zitat von Makeda:Wie weit wir abgesichert sind, ist auch fraglich. Was ich mich dann frage, ist würdest du wenn du ein 1 Jahre altes Kind hast und dein Mann seinen Job verliert und du durch einen dummen Zufall nur noch den Mindestsatz bekommst und somit knap über der Armutskrenze Lebst, würdest du dann dein Kind weg geben? Weil es unverantwortlich wäre?
Oder wenn du jetzt schwanger werden würdest, würdest du es Abtreiben?
Achso, soziale Auffangstelle ist weg gebrochen, weil du dich mit den Verwanten gestritten hast?

Was meinte ich wohl, als ich von "Restrisiko" sprach? Richtig, genau das. Es mag auch bei verantwortungsvoller Familienplanung die Fälle geben, in denen plötzlich und unverschuldet alles zusammenbricht. Wenn aber ALLE Menschen verantwortungsvoll handeln, dann ist die Wahrscheinlichkeit eines solchen Zusammenbruchs sehr gering]Wo ich dir allerdings, wie wohl auch Maglor, widersprechen muss, ist, dass es allgemein unverantwortlich ist, während des Studiums Kinder zu bekommen. Ich kenne selbst so einen jungen Vater und so wie ich ihn einschätze, hat das ganz sicher nichts mit Unverantwortlichkeit zu tun.[/QUOTE] Da hast du natürlich Recht, und ich wollte auch bestimmt nicht sagen, dass jeder, der während des Studiums Kinder bekommt, unverantwortlich ist. Im Gegenteil, richtig geplant kann das Studium der ideale Zeitpunkt für ein Kind sein. Ich möchte nicht pauschalisieren und habe auch keine Gehaltsgrenze im Kopf, ab der man ein Kind bekommen sollte oder nicht. Und natürlich lehne ich eine "Ich hab Mann und Haus, hier fehlt noch ein Kind als Deko" - Einstellung genauso ab, unabhängig vom Reichtum der Eltern. Wenn ich von der Sicherheit in der Familie spreche, meine ich ja nicht NUR das Finanzielle. Auch mal die Oma, die als Babysitter einspringt, oder ähnliches.

Und natürlich weiß ich, dass nicht jeder noch lebende Großeltern hat und das erwartet ja auch keiner, ebenso wenig, dass man reiche Eltern hat. Es reicht ja, wenn man eine gute Ausbildung hat und eine einigermaßen sichere Stelle, bzw. verschiedene Möglichkeiten, wenn beide Partner eine Berufsausbildung haben und im schlimmsten Fall eben der andere zu Hause bleibt. Und im Idealfall sollte man eine funktionierende Partnerschaft haben und sich nicht von einem One-night-stand befruchten lassen.

Gleichermaßen kann es für ein Kind eine schöne Kindheit sein, wenn man arm, aber harmonisch zusammenlebt. Solange die Sicherheit da ist und die Resourcen, um dem Kind einen guten Start zu ermöglichen, geht das auch. Es ist nur leider so, dass Armut, Unverantwortlichkeit, mangelnde Bildung und mangelnde Sozialkompetenz oft korrellieren. Ich behaupte von mir, dass ich einem Kind eine schöne Kindheit ermöglichen könnte auch mit extrem wenig Geld, aber dazu muss man zum Beispiel wissen, dass eine Stadtbücherei günstiger und hilfreicher ist als ein Fernseher plus Videokonsole.

@Ipsi: Wenn deine Wahlfamilie dir die Sicherheit gibt, die das für Lykurg und mich die Familie ist, dann spricht da ja auch nichts gegen. Es dauert wahrscheinlich länger, diese Wahlfamilie zu finden, als in ein fertiges Sicherheitsnetz aus Verwandten geboren zu werden, aber wo diese Sicherheit von den Verwandten nicht ausgeht, ist es die beste Alternative.
Es ist auch nicht so, als gäbe es in unserer Familie keine Konflikte - mit meinem Vater komme ich zum Beispiel nur schwer aus und ertrage eine Umarmung nur mit innerlichem Schaudern (u.a. deswegen bin ich auch sofort nach dem Abitur ausgezogen, Richtung Wahlfamilie), aber trotzdem kann er sich auf meine Hilfe verlassen und ich mich auf seine.
...e-noon,^^ dein threadtitel lautet ´gegenmodell-familie?`...gegenmodell zu was?
zu armut, arbeitslosigkeit, frust, einsamkeit...?
familien hat es seit anfang der menschengeschichte gegeben...
du erzählst von deinen grosseltern, papa, mama, geschwister....weisst du hundertprozentig, dass sie es nicht immer einfach hatten, und mal überlegt hatten, ob sie tatsächlich ein drittes kind noch finanzieren können? und dass du, auch ohne dieser überlegung sonst gar nicht hier wärest?^^
will sagen,
familie, kind, eltern etc basiert doch nicht nur auf finanzieller grundlage.....
kennst du das nicht das gefühl der geborgenheit und der liebe, des vertrauens, der sicherheit...?
das bedeutet familie....

Gegenmodell dazu, dass (willkürlich geschätzt) 60% der Bevölkerung (schrumpfender Anteil) für 40% der Bevölkerung (wachsender Anteil) aufkommen müssen, mit denen sie nichts zu tun haben, die sie nicht kennen, zu denen keine Vertrauensbasis besteht, von denen sie nie etwas Gutes erfahren haben und es nie werden. Für meine Großeltern bin ich natürlich bereit, etwas zu tun, weil ich sie liebe und sie sehr viel für mich getan haben. Aber ich habe keine Lust, einem Teenager seine 1-5 Kinder zu finanzieren, die höchstwahrscheinlich nie etwas für meine Kinder tun werden, sondern sie eher noch schädigen, da auch ihre Berufschancen nicht allzu rosig aussehen. Warum soll ich Geld dafür ausgeben, dass meine Kinder noch mehr Geld ausgeben müssen? Ohne je etwas zurück zu bekommen? Das ist halt das Problem. In der Familie (wenn sie funktioniert) gibt man gern, weil man von Anfang an die ERfahrung gemacht hat, dass man etwas zurück bekommt und das ganze nicht nur einseitig ist.

@Blobb: Dass du damit kein Problem hast, wenn der Staat Kosten übernimmt, verstehe ich. Aber die, die dem Staat das Geld für dein Kind geben, hätten vielleicht ein Problem damit. Vielleicht wären es auch irgendwann nicht mehr genug, die nicht nur für die eigenen Kinder, sondern auch für die anderer arbeiten. Und auch jetzt schon gibt es die Probleme, die mit einer solchen Abhängigkeit einhergehen, Wohngegend, Ausgrenzung etc. Würdest du dein Kind denn bewusst in eine solch schwierige Lage versetzen wollen oder lieber warten?

blobbfish
Listenkandidat
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 3022
Registriert: 26.01.2003
Di 15. Sep 2009, 14:22 - Beitrag #17

Mit Verlaub, dein vorletzter Absatz kingt so als würdest du einen Sozialstaat ablehnen. Der letzte Absatz scheint ein Kind als erwerbbares Objekt darzustellen mit laufenden Kosten. Ich denke man sollte sich darüber verständigen ob eine solche Betrachtung sinnvoll ist und wenn ja oder wenn nein, wie es sich begründen lässt.

Als Erläuterung zu meiner Auffasung, ich hätte kein Problem damit wenn der Staat Kosten übernimmt: Im Endeffekt ist es doch so, dass Gelder resp. Steuern in einem Topf landen, ohnehin da sind (oder Aufgrund von Staatsverschuldung auch nicht, aber diese Betrachtung möchte ich nicht machen, obgleich ich auch dafür eine argumentative Lsg. habe), es macht keinen Sinn zu sagen oder zu fragen, ob jemand mir mein Kind finanziert. Das ganze wird aber durchaus vertrackt, denn man sollte vielleicht noch unterscheiden zwischen Arbeitswilligen, Arbeitsunfähigen und tendenziell Arbeitsunwilligen, man kann jetzt noch Selbstverschuldung hinzunehmen und das ganze wird derart kompliziert dass sich weder sinnvolle Kriterien noch allg. Verfahren zur Gelderbewilligung oder auch auf das Individiuum betrachtet eigene Entscheidungen finden lassen werden.

e-noon
Sterbliche
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4576
Registriert: 05.10.2004
Di 15. Sep 2009, 14:33 - Beitrag #18

Ich sage nicht, dass mein ein Kind als Gegenstand betrachten sollte... aber man sollte definitiv wissen, dass ein Kind auch noch andere Sachen braucht als viel Geknuddel, es braucht einen Platz zum schlafen, Essen, Kleidung (wächst ja dauernd), Schuhe, Spielzeug, dann ab 5/6 Jahre ca. 300 Euro im Jahr für Schulbücher (pro Kind), Versicherung, Arzt, Impfung, Transport, vielleicht auch mal Geschenke für das Kind selbst oder wenn es auf einen GEburtstag eingeladen wird... und vor allem Sicherheit und Geborgenheit. Wenn einer der Eltern stark alkoholabhängig ist, hat das Kind schon mal weniger Sicherheit. Wenn beide Elternteile von Sozialhilfe abhängig sind, ist auch das Kind davon abhängig, dass seine Eltern das Wohl des Kindes vor ihre Süchte, Interessen und Bedürfnisse stellen. Diese Diskussion hatten wir, glaube ich, bereits. Wenn beide Eltern ein niedriges Bildungsniveau haben, hat das Kind schon einmal sehr schlechte Chancen, sich einen guten Platz in der Gesellschaft zu erkämpfen.

Ich lehne einen Sozialstaat nicht ab, im Gegenteil: Ich möchte, dass er weiterhin funktioniert. Ein Sozialstaat kann aber nur funktionieren, wenn das, was die Versorger ÜBRIG haben, mehr ist als das, was die Bedürftigen brauchen. Wenn jeder Bedürftige 3 Kinder bekommt und jeder Versorger 1, wenn dazu kommt, dass unser Schulsystem soziale Ungerechtigkeit in keiner Weise ausgleicht, dann kannst du dir ausrechnen, nach wie vielen Generationen das System zusammenbricht.

Wenn man andererseits es irgendwie hinbekommen würde, dass Versorger (ich nenns einfach mal so) 3 Kinder bekommen und Bedürftige 1, dann könnte in wenigen Generationen das Sozialsystem so weit wiederhergestellt sein, dass wirklich nur noch die Menschen, die schwere Schicksalsschläge erleiden, und nicht mehr ein fester Prozentsatz der Bevölkerung, auf die soziale Unterstützung durch den Staat angewiesen sein. Dann besteht auch die Möglichkeit, dass genug Geld da ist, um diese Menschen angemessen zu versorgen und ihnen wieder aufzuhelfen, statt sie da, wo sie sind, am Leben zu erhalten.

Makeda
Advanced Member
Advanced Member

Benutzeravatar
 
Beiträge: 376
Registriert: 24.06.2009
Di 15. Sep 2009, 14:33 - Beitrag #19

Zitat von e-noon:Wenn aber ALLE Menschen verantwortungsvoll handeln, dann kann auch das Sozialsystem wieder funktionieren und für die Fälle, die trotz aller Umsicht scheitern, kann die Gemeinschaft aufkommen.

Aber ich habe keine Lust, einem Teenager seine 1-5 Kinder zu finanzieren, die höchstwahrscheinlich nie etwas für meine Kinder tun werden, sondern sie eher noch schädigen, da auch ihre Berufschancen nicht allzu rosig aussehen. Warum soll ich Geld dafür ausgeben, dass meine Kinder noch mehr Geld ausgeben müssen? Ohne je etwas zurück zu bekommen? Das ist halt das Problem.


Ich hätte jetzt gerne mal deine Def von Vernunft! Auf der einen Seite sagst du: Die Gemeinschaft kann auf kommen; auf der anderen Seite, willst du das nur für bestimmte Leute! Wie müsste den der Mensch aussehen, der von der Gemeinschaft aufgefangen werden soll und der dafür auch dein wohlwollen hat? Und was kann das Kind dafür, sollte dieses nicht erst recht Geld für eine gute Bildung zukommen?
Und wer soll denn darüber entscheiden ob die einen Aufgefangen werden und die andern nicht? Nach welchen Kreterien?
Wir züchten uns diese Gemeinschaft von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen ran und urteilen dann darüber wer Geld bekommt, weil er sich im Leben angestrenkt hat?

Und wenn alle Menschen vernünftig Handeln würden, wer würde den dann jetzt für den Schaden aufkommen, die u.a. die Banken angerichtet haben.
Ist es ok, den Familien, die dadurch in die Bedrängnis gekommen sind Geld zu geben oder darf man ihnen keines geben, denn sie hätten sich ja auch besser absichern können? :boah: :rolleyes:

e-noon
Sterbliche
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4576
Registriert: 05.10.2004
Di 15. Sep 2009, 14:44 - Beitrag #20

Meine Definition von Vernunft: Im Voraus überlegen, welche Konsequenzen meine Handlungen für mich und die direkt Beteiligten haben werden, und Alternativen zu dieser Handlung suchen, wenn die Konsequenzen für einen der Beteiligten sehr schlecht sind. Zum Beispiel für mein ungeborenes Kind.

Wie schon gesagt, bin ich der Meinung, dass jeder aufgefangen werden sollte, der unverschuldet einen Schicksalsschlag erlitten hat. Das Problem tritt erst auf, wenn eine wachsende Menge an Menschen entsteht, die nicht nur bei einem schweren Schicksalsschlag, sondern von vornherein nicht fähig sind, für sich selbst zu sorgen, und die auch niemanden haben, der freiwillig für sie sorgt oder sorgen kann. Wenn zu viele Menschen in solchen Situationen geboren werden und zu wenige in Situationen, die ihnen ein erfolgreiches Leben mit allen Möglichkeiten eröffnen, entsteht ein Ungleichgewicht. Und dieses Ungleichgewicht belastet nicht nur den Einzelnen, sondern die ganze Gemeinschaft. Die Steuern, die wir zahlen, sind ja nicht ausschließlich für Sozialhilfe da, sondern für Schulen, Krankenhäuser, Polizei, Feuerwehr, Ordnungsamt, Kindergärten, Kirchen, Bundeswehr, Kultur etc. Das heißt, ein großer Teil des Lebens wird bereits durch den Staat finanziert. Trotzdem sind die ersten 6 Jahre eines Kindes immer noch entscheidend für die spätere Entwicklung, und da versagen leider immer mehr Menschen. Dass hinter diesem Versagen keine böse Absicht steht, sei unbenommen, aber die bereits zitierten Fälle, in denen Kinder allein mit Tomatensoße aufgezogen werden sollen, oder ohne Deutschkenntnisse in die Schule kommen, oder überhaupt ganz ohne Kenntnisse bzw. Fähigkeiten wie zum Beispiel zuhören, ausreden lassen, Autorität anerkennen... sollten nicht mehr werden, sondern weniger, andernfalls kann der Staat das nicht mehr auffangen.

Nächste

Zurück zu Diskussion

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 1 Gast

cron