Selbstmord

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e-noon
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Do 1. Okt 2009, 00:31 - Beitrag #21

Wie gesagt, effektiv verhindern kann man es wohl nicht. Wenn jedoch objektiv dem Gehirn in einem bestimmten Moment Botenstoffe fehlen, ohne die es überhaupt nicht glücklich sein KANN, könnte es geraten sein, zu warten, bis diese Depression vorbei ist. Wenn das Leben dann immer noch scheiße ist UND man alles getan hat, um es zu ändern - dann kann ich die Entscheidung verstehen. Wenn nicht, kann ich sie eben nicht verstehen, denn damit vertut man sich viele Chancen, hat nicht genügend darüber nachgedacht, Warnzeichen nicht ernst genommen und seine Verantwortung ignoriert. Außerdem tut man seinen Angehörigen sehr, sehr weh.
Kann man natürlich machen, aber mein Verständnis hat man dann nicht. Was ja für den Selbstmörder völlig irrelevant ist, da er tot ist.

Anaeyon
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Do 1. Okt 2009, 00:50 - Beitrag #22

denn damit vertut man sich viele Chancen
nein. Eben nicht. Wie soll man sich denn "Chancen" vertuen wenn man stirbt? Was sind dann noch Chancen? Die sind ans Leben gebunden. Ohne Leben existieren keine Chancen, sind somit auch nicht mehr von Bedeutung.

hat nicht genügend darüber nachgedacht
Uah!.. Ja ich weis, es geht um deine Sichtweise und natürlich darfst du diese Meinung haben, aber ich finde das sehr unfair, so über andere zu urteilen.

Warnzeichen nicht ernst genommen und seine Verantwortung ignoriert.
Ein Toter hat keine Verantwortung. Warnzeichen vor was? Muss man vorm Tod gewarnt werden? Sterben kann eine genauso konsequente Reaktion auf Leid sein, wie die Bekämpfung von Leid.

Außerdem tut man seinen Angehörigen sehr, sehr weh.
Das ist doch auch nur so lange relevant, wie man am Leben ist.


Und zu den Zahlen: Die Waren nicht als Platzierung gemeint, sondern eher so:
Der Unterschied zwischen "Immer glücklich" (+1, positiv) und "Keine Gefühle/Tot" (0, wertlos bzw. neutral) besteht eben im Dasein oder Nicht-Dasein von Gefühlen.
Der Unterschied zwischen "Immer glücklich" und "negative Gefühle" (-1, negativ) ist größer, denn hier ist es ein qualitativer Unterschied(schlechte Formulierung. Weis nicht, wie ich es besser ausdrücken könnte. Man kann 1 nicht durch 0 Teilen. Oh das klingt jetzt abstrakt ^^..).

Das Fehlen von Gefühlen kann nicht negativer als das Dasein von immer positiven Gefühlen sein, denn man kann sich ohne Gefühle nicht schlecht fühlen, wodurch auch kein Bedarf an positiven Gefühlen da ist. Also wo kann hier was negativ dran sein?

e-noon
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Do 1. Okt 2009, 01:01 - Beitrag #23

Macht es Sinn, wenn wir weiter aneinander vorbei reden? ^^

""denn damit vertut man sich viele Chancen"
"nein. Eben nicht. Wie soll man sich denn "Chancen" vertuen wenn man stirbt? Was sind dann noch Chancen? Die sind ans Leben gebunden. Ohne Leben existieren keine Chancen, sind somit auch nicht mehr von Bedeutung."
NACH dem Tod hat man keine Chancen mehr. VOR dem Tod hatte man noch welche. MIT dem Tod nimmt man sich also die Chancen, die man hatte :rolleyes:

"hat nicht genügend darüber nachgedacht"
Uah!.. Ja ich weis, es geht um deine Sichtweise und natürlich darfst du diese Meinung haben, aber ich finde das sehr unfair, so über andere zu urteilen."
WENN man genügend darüber nachgedacht hat - okay. Wie gesagt. Wenn man aber, ohne je ein einziges Mal Hilfe gesucht zu haben, an dem Punkt ankommt, wo Sterben die einzige Möglichkeit ist, hat man WAHRSCHEINLICH nicht genug nachgedacht.

"Warnzeichen nicht ernst genommen und seine Verantwortung ignoriert.
Ein Toter hat keine Verantwortung. Warnzeichen vor was? Muss man vorm Tod gewarnt werden? Sterben kann eine genauso konsequente Reaktion auf Leid sein, wie die Bekämpfung von Leid."
Ein Toter hat keine Verantwortung. Was soll das? Ich rede hier über den Menschen, der die Entscheidung trifft, nicht über die Leiche, die danach irgendwo rumliegt. Wir reden doch die ganze Zeit über die Entscheidung (daher auch die Frage nach legitim oder nicht). Es macht also keinen Sinn, über die Leiche oder deren Verantwortung zu reden, sondern über dem Mensch während und im Vorfeld der Entscheidung; und wenn jemand immer depressiver wird, aber das seiner Familie verschweigt und nichts dagegen tut, der vernachlässigt in meinen Augen seine Verantwortung. Das kann man machen; so wie man auch seine Kinder vernachlässigen oder aktiv misshandeln kann; aber das findet dann eben nicht mein Verständnis.

"Außerdem tut man seinen Angehörigen sehr, sehr weh.
Das ist doch auch nur so lange relevant, wie man am Leben ist."
Für die Angehörigen ist es ein Leben lang relevant. Das Wissen um diese Tatsache sollte den Menschen, wenn möglich, von seiner Entscheidung abhalten.


@Negativ - positiv: Du beurteilst das ganze aus der Sicht des Toten. Das macht aber keinen Sinn, denn es ist nicht der Tote, der die Entscheidung trifft. Gehen wir davon aus, der Mensch will Glück und meidet Leid. Gehen wir einfach mal davon aus. Dann ist die Abwesenheit von Gefühlen - Schlaf, Ruhe, Tod - die Mitte davon. Ist man glücklich - dann ist kein Gefühl nicht erstrebenswert, sondern man möchte den Zustand des Glücks halten. Glück ist also besser als neutral. Ist man unglücklich - dann ist es weniger leid, das man anstrebt; manchmal lässt sich das Leid nur durch Abwesenheit von Gefühlen beenden, aber die erstrebenswertere Option ist die Ersetzung des Leids durch positive Gefühle.

Anaeyon
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Do 1. Okt 2009, 01:28 - Beitrag #24

Macht es mehr Sinn, das alles aus der Sicht des Lebenden zu bewerten? Vielleicht bin ich zu nihilistisch (?) für dich, zumindest beim Thema Tod, aber ich versuche das ganze eher von oben zu betrachten, nicht aus einem bestimmten Zeitpunkt/Zustand aus. Leben hat für mich keinen Wert ansich, somit auch alles innerhalb des Lebens. Soziale Bindungen, Schmerzen, die man bei anderen auslösen könnte usw.

Wenn du selbst auf der Brücke stehst und dir dann sagst "das ist aber böse, weil meine Angehörigen dann traurig sind", ist das fair dir gegenüber? Du denkst dann nur innerhalb deines Lebendigseins. Für mich gibt es, wenn ich versuche, die Sache objektiv(er), also unabhänhig von meinem momentanen Lebendigsein zu bewerten, keinen Platz mehr für moralische oder soziale Fragen.

Wenn wir nicht gefragt wurden, ob wir leben wollen, bevor es dazu kam, dann haben wir ultimativ das Recht dazu, nachträglich nein zu sagen. Es ist egoistisch, andere von diesem Nein abzuhalten. Und all diese gesellschaftlichen, sozialen äußeren Einflüsse die einem ein schlechtes Gewissen machen (und die egoistische Motive haben), müssen den Suizidalen nicht kümmern. Das ist die Angelegenheit derer, die weiterhin Leben wollen.

e-noon
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Do 1. Okt 2009, 01:36 - Beitrag #25

Okay...
Aber selbst wenn, welchen Sinn würde es machen, das ganze aus Sicht des Toten festzustellen? Da bleibt uns nicht viel übrig außer "tja, eh zu spät".
Wenn man fragt, ob die ENTSCHEIDUNG richtig ist, muss man den Menschen im Moment der Entscheidung betrachten und die Informationen, die er zu dem Zeitpunkt hat. Wenn du dein Leben "von oben" betrachtest, brauchst du nicht mehr abzuwägen; dann steht fest, dass geschieht, was geschieht. Eine Wertung ist ohne Wertenden nicht möglich.


Du bist nicht zu nihilistisch für mich ^^, sondern dein Standpunkt ist zu nihilistisch für eine Diskussion. Man kann die Frage "Was wäre für den Toten das beste" schlecht diskutieren, wenn der Tod irreversibel ist und der Tote kein Wertesystem mehr hat.

Milena
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Do 1. Okt 2009, 07:49 - Beitrag #26

....manch einer hält sich tapfer durchs leben, mit dem wissen, es jederzeit beenden zu können, wenn es denn zuviel ist....
ich würde es keinem abstreiten wollen....
ich würde mich nur mitschuldig fühlen, wenn es ein familienmitglied machen würde...
ich würde mir fragen stellen, was habe ich falsch gemacht, wie hätte ich es erkennen, gar verhindern können....
wie Anaeyon richtig erkannte, wir sind ohne zu fragen ins leben geschmissen worden und können es, ohne jemanden fragen zu müssen, auch wieder beenden....

Ipsissimus
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Do 1. Okt 2009, 11:24 - Beitrag #27

und besteht dabei die Chance, Schätzle, dass du einsehen könntest, dass es nicht zu verhindern war, egal was du für einen Menschen getan hättest? Würdest du dann über das Schuldgefühl hinwegkommen oder ist dieses Schuldgefühl bloßer Selbstzweck?

Als damals ein Freund es endlich schaffte und am Baum hing, hätte ihm nichts und niemand daran hindern können. Ja, natürlich, dieses eine Mal wäre vielleicht nochmal zu verhindern gewesen, wie die sechs oder sieben Versuche vorher auch schon. Aber er hatte es satt, und das eine Mal hat er es dann richtig gemacht. Und wenn der Zufall es wie die Male zuvor verhindert hätte, hätte er es auch noch 10mal probiert. Er wollte sterben, trotz Therapien und Reichtum. Jedes Schuldgefühl war da überflüssig.



Anaeyon, deine Begründungen sind bestechend, zumindest aus der Perspektive eines Solipsisten. Andererseits könnte man vermuten, dass diese Begründungen nur deswegen möglich sind, weil dir nichts und niemand auch nur andeutungsweise etwas bedeutet. Könntest du dir vorstellen, dass dir jemand oder etwas jemals soviel bedeuten könnte, dass du diese Perspektive überdenken müsstest?

e-noon
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Do 1. Okt 2009, 11:47 - Beitrag #28

@Ipsi: Wenn jemand alles versucht hat und trotzdem sterben will (hat er denn eine Begründung genannt?), dann ist das in meinen Augen legitim. Ich fände es nur blöd, etwas wegzuwerfen, das man noch gar nicht richtig kennen gelernt hat oder genießen konnte; dagegen richtet sich meine Kritik (bzw. auch gegen MEnschen mit FAmilie - warum dann eine Familie gründen? Warum nicht dagegen ankämpfen?).

Findest du wirklich, dass Anaeyons Argumentation Sinn macht? Falls ja, kannst du es mir erklären? Wenn Glück positiv ist und Leid negativ (um Leid zu entfliehen, bringt man sich ja meist um), dann verstehe ich nicht, wieso Glück gleichwertig mit nichts sein soll, während Leid schlechter als nichts ist. :confused:

Ipsissimus
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Do 1. Okt 2009, 12:28 - Beitrag #29

er empfand das Leben nicht als lebenswert



e-noon, zwischen unterschiedlichen Perspektiven gibt es keine Vermittlung. Du lässt dich nicht auf Anas Prämissen ein, also verstehst du seine Schlussfolgerungen nicht.

Ana proklamiert im Prinzip nur, das aus dem Umstand, dass ein Gefühl angenehm - "positiv" - empfunden wird, nicht folgt, dass ihm eine höhere Wertigkeit als keinen Gefühlen oder negativen Gefühlen zukäme.

Das hat er etwas unglücklich formuliert und seither klebst du an der Formulierung fest. Er bestreitet im Prinzip einfach nur die Prämissen deiner Schlussfolgerungen; fallen aber deine Prämissen weg, ist Selbstmord einfach nur eine Möglichkeit von mehreren, im Prinzip nicht besonders erwähnenswert, wir können ein Partygespräch draus machen - was machst du morgen abend, ach, ich begehe Selbstmord, oh toll, erzähl mir dann davon.

Ich finde an Anas Position sympathisch, dass ihr der "tiefe Ernst" fehlt, der in derartigen Diskussionen an das Thema fast schon zwanghaft angelegt wird. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass seine Position eine solipsistische und von persönlichen Zwängen erzwungene ist, und das wollte ich einfach hinterfragen.

e-noon
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Do 1. Okt 2009, 12:39 - Beitrag #30

Ana proklamiert im Prinzip nur, das aus dem Umstand, dass ein Gefühl angenehm - "positiv" - empfunden wird, nicht folgt, dass ihm eine höhere Wertigkeit als keinen Gefühlen oder negativen Gefühlen zukäme.
Wenn es das ist, was er sagen wollte, dann habe ich kein Problem damit. Dann ist es tatsächlich egal, ob man sich umbringt, denn wenn objektive Werte wegfallen und auch die Emotionen keinen Aufschluss mehr geben, kann man sich aus einer Laune heraus umbringen oder auch nicht.
Ich hatte ihn aber so verstanden, als würde er positiven Gefühlen keine Wertigkeit zusprechen, während er negativen Gefühlen sehr wohl eine Wertigkeit zuspricht, nämlich eine negative. Dieses Ungleichgewicht war/ist es, was mich irritiert, denn entweder hat die Qualität der Emotion einen Einfluss auf die Wertung, oder sie hat es nicht.

Milena
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Do 1. Okt 2009, 12:42 - Beitrag #31

...um auch selbst weiterleben zu können, würde ich mir nicht auf ewig die schuld geben, was evtl. verhindert hätte werden können.....
ich glaube auch nicht, gänzlich mir alleine die schuld zu geben, wenn tatsächlich aus meiner familie jemand sich das antun würde....
viele andere umstände führen dazu, konnten dazu führen, dass ich nie alleine der tatbestand, die ursache dazu gewesen wäre....
von dem her, ipsischätzle^^

e-noon
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Do 1. Okt 2009, 12:58 - Beitrag #32

Ich würde einfach den Angehörigen öfters sagen, dass sie mit einem über alles reden können, auch wenn sie sich schlecht fühlen, auch wenn sie überlegen, ob das Leben keinen Sinn mehr macht. Wenn sie das dann nicht in Anspruch nehmen und sich trotzdem umbringen, hat man wenigstens sein Bestes getan ^^

Ipsissimus
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Do 1. Okt 2009, 13:08 - Beitrag #33

ich denke, das sieht Milly realistischer als du, e-noon, weil es nicht wirklich um´s "drüber reden" geht - es geht darum, wie Menschen miteinander umgehen, miteinander leben, um die kleinen und großen Schwierigkeiten des Lebens und des Mit- oder Gegeneinanders. Es geht teilweise um schieres Sosein. Wenn ich so bin, dass meine Partnerin nicht mit mir klarkommt, oder wenn unsere Mutter so ist, dass meine Schwester nicht mit ihr klarkommt, geht es nicht ums Verhandeln von Verhaltensweisen, sondern um etwas sehr viel Tieferliegendes. Im Prinzip ist es ein Wunder, wenn Menschen einander in einer Weise ertragen, die nicht zu Depressionen führt. Distanz zu sich selbst ist dabei sicherlich hilfreich, sofern sie im Gleichgewicht ist.

Schätzle, ich sehe das ähnlich wie du. Mein unmittelbares Gefühl könnte sicher auch Schuldgefühle enthalten. Aber im Nachdenken über das Geschehene würde ich sicher Bezüge finden, und dabei käme heraus, dass der Selbstmord teilweise gar nichts mir mir zu tun hat, und teilweise sehr wohl mit mir zu tun hat. Es passt einfach nicht alles zusammen, selbst wenn primäre Liebe - egal ob Partner- oder Eltern/Kind-bezogen - das gerne so hätte. Von daher würde ich den Teil, der sehr wohl etwas mit mir zu tun hat, darauf hinterfragen, was vermeidbar gewesen wäre, und was aufgrund der Konstellation unvermeidbar, also tragisch war. Und diese Analyse hätte zuletzt nichts mehr mit Schuldgefühlen zu tun.

e-noon
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Do 1. Okt 2009, 13:17 - Beitrag #34

Wie muss man denn beschaffen sein, damit jemand sich deswegen umbringt? o_O Ich hoffe doch mal, das ist der Ausnahmefall. Wenn man seinem Partner klarmacht, dass er das wichtige ist und nicht seine Funktion/Job/Vater etc., dann wird er sich wohl eher nicht umbringen, weil er seinen Job verliert und denkt, das wäre jetzt die angemessene Reaktion (was wohl in Japan üblicher ist). Und wenn mein Partner mir erzählt, dass er auf der Arbeit gemobbt wird oder dass sich die Verhältnisse verschlechtert haben, oder dass er in letzter Zeit immer trübere Gedanken hat... dann würde ich das als Warnsignal betrachten und nochmal grundlegend besprechen, was die Prioritäten im Leben sein sollten (nämlich der Mensch und nicht die Arbeit oder wai). Wenn man letztlich über alles reden kann - dann kann man auch darüber reden, wenn man nicht mehr miteinander klar kommt. Dann können Eltern auch entscheiden, ihren Kindern mehr Freiräume zu lassen oder was auch immer, bevor dieses in Verzweiflung stürzt. Und Partner können zusammen beschließen, dass man sich lieber trennt, bevor einer der Partner dauerhaft unglücklich wird, worunter beide leiden.

Einfach das Leid zu ignorieren, bis es unerträglich wird, scheint mir nicht der richtige Weg.

Ipsissimus
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Do 1. Okt 2009, 13:21 - Beitrag #35

Zitat von e-noon:Wie muss man denn beschaffen sein, damit jemand sich deswegen umbringt?


es gibt diesbezüglich kein spezifisches "wie". Was in der einen Konstellation geht, geht in einer anderen noch lange nicht. Wenn man das zu spät merkt, kann es übel werden. Natürlich nur in einer realen Welt, nicht in einer Welt mit beständig ideal empathisch agierenden und reagierenden Menschen, denen jederzeit abrufbare unbegrenzte nervliche und emotionale Kraftressourcen zur Verfügung stehen^^

Anaeyon
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Do 1. Okt 2009, 13:27 - Beitrag #36

@ Ipsi:
Anaeyon, deine Begründungen sind bestechend, zumindest aus der Perspektive eines Solipsisten. Andererseits könnte man vermuten, dass diese Begründungen nur deswegen möglich sind, weil dir nichts und niemand auch nur andeutungsweise etwas bedeutet. Könntest du dir vorstellen, dass dir jemand oder etwas jemals soviel bedeuten könnte, dass du diese Perspektive überdenken müsstest?


Ich habe hier nicht dargelegt, wie ich es empfinden würde, sondern wie ich es, unabhänhig von meinen Gefühlen und Bedürfnissen bewerten würde. Wenn sich meine Freundin umbringt, denke ich mir natürlich nicht "cool, viel spaß im Nichts" sondern bin emotional wohl genauso kaputt wie die meisten anderen es auch wären. Und auch mich selbst hat diese soziale Verantwortung und was noch so dazugehört schon mehrmals davon abgehalten zu springen.

Ich mag es jedoch absolut nicht, wenn man Entscheidungen von anderen Menschen aus eigener Sicht, MIT eigenen Gefühlen und Bedürfnissen bewertet. Nur weil ich meine Freundin nicht verlieren will, ist ihre Entscheidung noch lange nicht negativ. Für mich wäre sie negativ, aber nicht generell.

Ana proklamiert im Prinzip nur, das aus dem Umstand, dass ein Gefühl angenehm - "positiv" - empfunden wird, nicht folgt, dass ihm eine höhere Wertigkeit als keinen Gefühlen oder negativen Gefühlen zukäme.


Positive Gefühle sind für mich sehr wohl höherwertig als negative.

Positive Gefühle sind für mich aber nicht höherwertig als keine Gefühle. Wenn man sich gut fühlt, ist man zufrieden. Wenn man nichts fühlt, ist man wohl auch "zufrieden", da man Unzufriedenheit nicht fühlen kann.

Vielleicht versteht Sarah das nicht, weil sie "Keine Gefühle" aus der Sicht eines sich positiv Fühlenden bewertet. Da gäbe es natürlich dann auch Gründe, aus dem Positiven nicht ins Nichts wechseln zu wollen. Ich bewerte es halt wieder von nem anderen Standpunkt als sie, nehme ich an ^^.

Trotzdem habe ich das Gefühl, dass seine Position eine solipsistische und von persönlichen Zwängen erzwungene ist, und das wollte ich einfach hinterfragen.


Ich hätte meine Position spontan als meditativ beschrieben ^^... Ich denke, es ist für mich die Position mit der ich am ehesten vor stark negativen Emotionen geschützt bin. Solipsistisch vielleicht nicht direkt, aber zumindest lebe ich mit der Gewissheit, mich jederzeit umbringen zu können. Das sorgt schonmal dafür, das man Werte nicht mehr ganz so ernst nimmt, ja..^^

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Do 1. Okt 2009, 13:36 - Beitrag #37

ah, dann habe ich das missverstanden. Du siehst also keine Wertigkeitsskala der Art

positive Gefühle (mehr wert als) keine Gefühle (mehr wert als) negative Gefühle

sondern der Art

positive Gefühle oder gar keine Gefühle (mehr wert als) negative Gefühle.

Ist das so dann richtig? Das kann ich nachvollziehen, denn auch im Falle gar keiner Gefühle ist zunächst mal kein direktes Leid vorhanden, auch wenn ich vermute, dass ein Mensch diesen Zustand auf Dauer als "leer" empfinden würde und dann doch anfangen würde darunter zu leiden.

Anaeyon
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Do 1. Okt 2009, 13:39 - Beitrag #38

Wie soll man ohne Gefühle denn etwas als leer empfinden? Aber ja, so ists richtig.

Ipsissimus
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Do 1. Okt 2009, 14:03 - Beitrag #39

es gibt Gefühle und Gefühle^^ sagen wir "Bewusstsein für den eigenen Zustand"

e-noon
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Do 1. Okt 2009, 14:20 - Beitrag #40

@Ipsi: "Gar keine Gefühle" ist aber für den Fall des Todes vorbehalten, wo das Bewusstsein ausgeschaltet ist.

@Ana: Wie du das als "zufrieden" bezeichnen kannst, verstehe ich nicht - es ist weder zufrieden noch unzufrieden, es ist eben "nichts".

positive Gefühle (mehr wert als) keine Gefühle (mehr wert als) negative Gefühle
Das war meine Position... -.-**** Wundert sich noch jemand, dass ich mich missverstanden fühle?

positive Gefühle oder gar keine Gefühle (mehr wert als) negative Gefühle.
Das ist ja zunächst noch kein Widerspruch. Wieso aber positive Gefühle und gar keine Gefühle wertGLEICH sein soll, während negative Gefühle und gar keine Gefühle NICHT wertgleich sind, verstehe ich nach wie vor nicht. :confused:

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