Vielen Dank für deine Erläuterungen, Padreic
ich möchte - zum wiederholten Male - darauf hinweisen, dass ich nicht an Gott glaube, zumindest nicht im engeren Sinne.
Das "nicht im engeren Sinne" hatte ich durchaus noch in Erinnerung. Somit im weiteren Sinne? Wenn ja, dann mehr im Einstein'schen Sinne* - als Metapher für Harmonie des Universums - oder im esoterischen Sinne - als "Energie" des Kosmos oder ähnliches - oder im deistischen Sinne?
aber ich möchte zugleich darauf hinweisen, dass es primär erstmal eine intellektuelle Entscheidung war und unsere Emotionen immer unsere Einschätzung von der Stichhaltigkeit von Argumenten (insbesondere in einem Raum, der nicht direkt von der Erfahrung überprüft werden kann) beeinflusst.
Das ist, denke ich, der Knackpunkt des Ganzen. Wie lächerlich etwas auch von außen scheinen mag - von Schamanen, die auf Bananenblättern zur ihren Dschungeltreffen reiten, bis hin zu 600 Seiten schweren Abhandlungen über die
tatsächlichen Wesenseigenschaften der Dreieinigkeit - man kann es selten von innen UND außen betrachten, sondern entweder/oder, und es wird einem anderen Individuum nur so plausibel oder hanebüchen vorkommen, wie dessen Emotionen es zulassen.
Dennoch gibt es dann aber den (von mir beobachteten und hier angezweifelten) Umstand, dass unter den Reflektiertesten und Gebildetsten eher eine größere Tendenz zur Übereinstimmung zumindest hinsichtlich der Gottesfrage zu geben scheint (vorsichtig genug formuliert? ^^).
Sehr wichtig war dann für mich, auch eine emotionale Bindung zum Glauben zu bekommen. Das geschah, nachdem jemand, dem ich von einigen persönlichen Problemen erzählt hatte, zu mir sagte, dass er für mich beten würde; diesem Beispiel folgend fing ich dann auch an zu beten, zunächst sporadisch, dann jeden Abend im Bett Vater Unser, Psalm 23, das Sanctus und einige Fürbitten (auch wenn ich manchmal zwischendurch schon einschlief).
Dazu würde mich natürlich brennend interessieren:
- Hat es dir genutzt, zu beten?
- Hat es dir genutzt, dass jemand für dich gebetet hat?
Lektüre von Guardini und Kierkegaard haben dann das existentielle an meinem Glauben vertieft.
Ein weiterer Knackpunkt: Der Gläubige wird (dies eindeutig im Gegensatz zum Atheisten) zumindest in seiner peer group und in der Wahl seiner Lektüre imo seltener mit anderen Standpunkten konfrontiert. Die Lektüre eines Imams wird wohl seltener ein Buch eines Richard Dawkins beinhalten, als die eines überzeugten Atheisten die Bibel/den Koran/etc. Somit stabiliert das Glaubenssystem (egal welches) sich selbst über die peer group (tatsächliches Umfeld und evtl. intellektuelle Beschäftigung); irgendwann denkt man nur noch darüber nach, was es heißt, dass die Hostie
dem Wesen nach gewandelt wird, und nicht mehr darüber, wie man eigentlich darauf gekommen ist. Als Gläubiger merkt man imo seltener, um eine genannte Metapher aufzugreifen, dass das eigene Weltbild auf Sand gebaut ist; dabei wäre gerade das eine befreiende Erkenntnis. Dagegen habe ich das Gefühl und kann zumindest für mich selbst behaupten, dass ich in erster Linie Skeptiker bin und erst in zweiter (oder dritter) Linie Atheist.
Eine allgemeine (negative) Korrelation zwischen Intelligenz und Gläubigkeit widerspricht durchaus nicht meinen Erfahrungen. In meinem engeren Bekanntenkreis, wo ich einige recht intelligente Leute verorten würde, würde ich schätzen, sind die meisten Atheisten. Ich glaube aber nicht, dass die meisten von ihnen besonders reflektierte Atheisten sind, sie sind es mehr per Defaultmodus, da es für sie einfach keinen Grund gibt, an Gott zu glauben.
Das reicht doch. Wenn alle Menschen aufhören würden, an Dinge zu glauben, für die sie keinen Grund (Evidenz, Anhaltspunkt; Beweise, die über "der da hat's mir erzählt" hinausgehen) haben...
Wie siehst du hier das Verhältnis von (gefühlter) Korrelation/Erfahrung, Kausalität und Vorurteil?
@Ipsi:
Zitat von e-noon:Für mich ist es zum Beispiel eine Tatsache, dass Unschuldige leiden, weil das Universum und damit auch wir in einem Zufallsprozess entstanden ist]
ist das jetzt echte Teleologie und somit ein teleologischer Fehlschluss, ist es Tautologie oder einfach nur metaphorische Sprache? Vermutlich von allem ein bisschen^^ Und es gibt immer noch keinen Sinn in der Evolution. Den Sinn deklarieren wir, weil wir die Kontingenz nicht ertragen, nicht die Evolution und nicht das Universum. Der letzte zitierte Satz hat es allerdings in sich. Leidensdruck-Ideologie?
Sonst beschwerst du dich immer, wenn es entweder-oder-Fragen gibt ^^ soll ich einfach mal mit "ja" antworten?
Teleologie - keinesfalls, wo siehst du die? "Leid erfüllt seinen Sinn" heißt nichts anderes als "ich denke, Individuen einer gewissen Komplexität, die Schmerz als unangenehm empfinden und ihm ausweichen, hatten in der Vergangenheit größere Überlebenschancen als Individuum, die lächelnd im brennenden Feuer stehenbleiben, bis sie zu Aschehaufen wurden" (zum Beispiel). Aschehaufen haben eine niedrigere Wahrscheinlichkeit, sich fortzupflanzen, als schmerzempfindliche Individuen, daher sind wir als deren Nachkommen schmerzempfindliche Individuen. Das war jetzt auch noch verkürzt und teilweise metaphorisch, aber vielleicht wird ja so klarer, was gemeint war. Was ich nur sagen wollte: Evolution als Theorie gerät selten in Erklärungsnot: Evolution ist nicht zielgerichtet, daher kann etwas schlechtes ebenso dabei herauskommen wie etwas gutes. Schöpfung ist zielgerichtet, und wenn ebensoviel schlechtes dabei herauskommt, wie gutes, ist die Theorie vom allliebenden allmächtigen Schöpfer in Erklärungsnot. Tautologisch mag es für Evolutionisten klingen, aber davon gibt es dann leider doch zu wenige, als dass ich es gänzlich als Tautologie abtun würde.
es ist in den Fällen, in denen es inkonsistent ist, anders inkonsistent als atheistische Weltbilder in den Fällen, in denen sie inkonsistent sind
Joa, so könnte man es formulieren

Aber für mich ist "menschlicher Körper erhebt sich durch pure Flowerpower und fährt in ein unsichtbares Reich, das wir aus einem 2000 Jahre alten Buch kennen" irgendwie... gröber inkonsistent als "ich sollte keine Schokolade essen, aber ich tue es".
Vielleicht kein gutes Beispiel, kannst du mir ein paar Beispiele für Inkonsistenzen in atheistischen Weltbildern aufzeigen?
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*Über Einstein habe ich keine Nachforschungen angestellt, das war nur meine erste Interpretation eines Zitats, über das ich vor Monaten gestolpert bin.