Welches Buch lest ihr gerade? (II)

Die Faszination des geschriebenen Wortes - Romane, Stories, Gedichte und Dramatisches. Auch mit Platz für Selbstverfasstes.
Makeda
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Do 11. Mär 2010, 15:56 - Beitrag #281

Herr der Ringe - die Gefährten

e-noon
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Di 16. Mär 2010, 00:02 - Beitrag #282

Wuthering Heights. Wow. Ich habe zu lange kein gutes Buch mehr gelesen, fällt mir auf.

e-noon
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Do 1. Apr 2010, 21:55 - Beitrag #283

Wuthering Heights war ziemlich gut. Jetzt steht an: "La coscienza di Zeno".

Maglor
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So 11. Apr 2010, 22:00 - Beitrag #284

Ishmael Beah: Rückkehr ins Leben. Ich war Kindersoldat

Eine Autobiografie aus Sierra Leone, dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten und der wahr gewordenen Alpträume. Endlich mal en Buch zu einem wirklich aufregenden Thema.

Amy
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Mo 12. Apr 2010, 00:51 - Beitrag #285

Sean Stewart - "Cathy's Key"

Äußerst süßes Jugendbuch. Und der erste interaktive Jugendroman, den ich in dieser Form angetroffen habe. Kommt ja nicht häufig vor, dass man Buchcharaktere am Telefon hat oder ihre Mails im Postfach findet. Und da das Buch alleine wegen seiner Aufmachung mit all seinen Skizzen und der wirklich wunderbar sarkastischen Protagonistin schon toll ist, ignoriere ich die Tatsache, dass ich zu alt für die Zielgruppe bin ;)
Hab mir jetzt sowieso eine "Zwangspause" verordert, weil ich es nicht zu schnell fertig lesen möchte. Gibt ja danach nur noch einen Teil :/

Lykurg
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Do 15. Apr 2010, 11:21 - Beitrag #286

Menantes (=Christian Friedrich Hunold): Satyrischer Roman / der galanten Welt zur vergnügten Curiosite (1706)
Frühes Beispiel für einen deutschsprachigen Roman ungewöhnlichen Zuschnitts - für ein barockes Druckerzeugnis erstaunlich schmal, außerdem so anzüglich, daß nicht nur seine Zeitgenossen rote Ohrer bekommen haben dürften. Menantes berichtet, wenig verdeckt, wenn auch literarisch überformt, von (seinen) Liebesabenteuern in Venedig (Hamburg), und gab dabei hinreichend deutliche Hinweise auf die involvierten Damen, daß er anschließend Hamburg fluchtartig verlassen mußte. Amüsante Lektüre, nebenbei eine Mischform des Briefromans, den er als einer der ersten am Ende des Bandes ausprobierte (in Reinform kann ich das gar nicht leiden, hier ist es aber effektvoll eingesetzt und einigermaßen spannend).

Gustav Falke: Landen und Stranden (1895/1901)
Sehr vorhersehbarer und recht kitschiger Roman mit viel hamburgischem Heimatkolorit (Personen, Dialekt, Orte...) - spielt im Buchhandelsmilieu, das Falke aus eigener Anschauung vertraut war, liest sich soweit recht nett. Falls noch was Überraschendes passiert, sage ich Bescheid. ;)
Bescheid! Erstens kommt so einiges doch anders als man denkt, zweitens weicht der Kitsch zunehmend vorsichtiger Sozialkritik, und es tauchen noch ein paar recht lustige Figuren auf - und einige gruslige Gedichte eines Möchtegerngenies (der Verfasser war ein fähiger Dichter).

(davor Büchner: Woyzeck; Keller: Der zerbrochene Krug; Aciman: Ich rufe dich bei meinem Namen; Sophokles/Brecht/Müller: Ödipus, Tyrann; Herta Müller: Der König verbeugt sich und tötet; u.a.)

Traitor
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So 18. Apr 2010, 22:38 - Beitrag #287

Zuletzt:

Oscar Wilde - The Importance of Being Earnest
Nachdem wir feststellten, dass Kalessin Earnest kennt, aber Dorian nicht, und ich Dorian, aber Earnest nicht, musste dieser Misstand durch Parallellesen abgestellt werden. Sehr amüsantes Stück, wenn ich auch John/Jack deutlich verwirrender fand als den eigentlich Verwirrung stiftenden Earnest.

C. S. Lewis - Perelandra
Zweiter Teil der "Cosmic Trilogy" nach "Out of the Silent Planet", in dem der Protagonist nun nach dem Mars auch die Venus besucht. Dort findet er eine vor lebendiger Natur überquellende Welt vor, in der gerade erst die ersten beiden Humanoiden erwacht sind. Schon bald muss er sich der Herausforderung stellen, sie vor den Versuchungen des Teufels und einer Wiederholung des irdischen Sündenfalls zu beschützen.
War der Vorgänger noch Science-Fiction mit theologischen Untertönen, ist dieses Buch eher eine theologische Debatte mit SF-Untertönen. Das macht es insgesamt schon ziemlich aufdringlich und etwas platt, stellenweise auch richtig nervend, aber Lewis' Sprachtalent und die faszinierende Weltenkonstruktion machen es doch zu einer recht kurzweiligen und interessanten Lektüre.

Kalessin
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So 18. Apr 2010, 23:15 - Beitrag #288

Noch immer: Oscar Wilde - The Picture of Dorian Gray
Gleichzeitig angefangen wie Traitor mit Earnest, aber immernoch dran. Ist natürlich auch länger und etwas anstrendender zu lesen - zudem ist es deutlich düsterer und stellenweise einfach lang-weilig (Aufzählungen, was für Könige angeblich was für außerordentlichen Schmuck besaßen..), wodurch ich es langsamer lese und weniger schnell wieder zum Buch greife.
Leider habe ich vor dem Buch den Film gesehen - etwas, das ich meist zu vermeiden versuche. Dadurch vergleiche ich ständig das Buch mit dem Film und kenne grob die Handlung. Auch wenn sie hier doch deutlich andere Schwerpunkte hat (ist ja meistens so, vieles lässt sich eben filmisch nicht umsetzen). Dazu kommt, dass sie einen dunkelhaarigen Hauptdarsteller gewählt haben - wodurch ich jedes Mal verwirrt bin, wenn von Dorians goldenem Haar die Rede ist.
Ich war recht froh, dass das Buch nicht so Horror-mäßig geschrieben ist, wie der Film aussah, aber das hätte ich von Wilde eh nicht so wirklich erwartet..
Nun, ich bin noch nicht fertig, vielleicht werde ich danach eine klare Meinung zu dem Buch haben. Wahrscheinlich eher nicht ^^

Ipsissimus
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Do 22. Apr 2010, 15:08 - Beitrag #289

Christa Wolf
Nachdenken über Christa T.

erhältlich zum Beispiel hier, 8 Euro.


Das Buch begründete den Weltruhm von Christa Wolf. Es gilt als eines der wichtigsten Werke der deutschen Literatur nach dem zweiten Weltkrieg.

Eine Frau, Christa T., 36 Jahre alt, stirbt an Leukämie. Eine frühere Schul- und Studienfreundin, hinter der man das alter ego von Christa Wolf vermuten darf, erhält Einsicht in alte Unterlagen, anhand derer sie das Leben von Christa T. zu rekonstruieren versucht, immer mit der Notwendigkeit ringend, das Gelesene und die eigenen Erinnerungen in einen schlüssigen Zusammenhang zu bringen. Und wohl auch aus der Dringlichkeit heraus, einer eigenen alten Beunruhigung endlich Herr zu werden: Christa T. war ein Skandalon und ein Leuchtfeuer, weil sie der Forderung nach Anpassung ihre Phantasie, ihr Gewissen und vor allem ihre Sehnsucht nach Selbstverwirklichung entgegen setzte, in der DDR der 50er Jahre.

Vor 30 Jahren hatte ich das Buch zum letzten Mal gelesen und war begeistert. Sätze wie Endgültig abgewiesen suchen wir Trost in dem Vergessen, das man Erinnerung nennt berauschten mich, und ich las das Buch damals wie einen psychologischen Roman über eine renitente Protagonistin.

Das ist er zweifellos auch, aber eben nur teilweise (wobei die Renitenz im Roman ohnehin kein Selbstzweck ist), und das andere Kompartiment des "teilweise" war mir damals vollkommen entgangen. Das Thema des "nicht bei sich selbst angekommen sein" hatte mich als mein eigenes ureigenstes Thema derart absorbiert, dass ich die anderen Aspekte einfach nicht wahrnahm.

Das Buch kreist nämlich um ein imaginäres Zentrum, das nirgends explizit gemacht wird. Das ideologische Bekenntnis zur Doktrin des sozialistischen Staates ist etwas, in dem sich alle handelnden Personen des Buches zusammenfinden. Auch Christa T. unterscheidet sich darin nicht. Ihre Einzigartigkeit liegt in der Art und Weise begründet, wie sie individuelle Ansprüche mit gesellschaftspolitischen verwebt, wie sie das Beispiel dafür gibt, dass Selbstverwirklichung im Rahmen des Systems eine zwar schwierige, aber machbare Angelegenheit ist, bei der beide Seiten gleichermaßen ernst genommen werden. Dass sie sich dabei den Systemvorgaben ergibt, wagt Crista Wolf noch nicht einmal zu denken.

In diesem Sinne ist Nachdenken über Christa T. auch eine Apologetik der Verhältnisse in der DDR der 50er Jahre, die zudem teilweise explizit schöngezeichnet werden.

ich mag keine Apologetiken. Und so erkenne ich mich nach der jetzigen Lektüre seit damals durchaus wieder, bin aber in meiner Haltung diesem wirklich großartig geschriebenen Werk gegenüber mittlerweile durchaus zwiespältig. Damals jedenfalls war ich zu sehr von meiner eigenen Problematik gefesselt, um wahrzunehmen, was an Nachdenken über Christa T. darüber hinaus geht.

Makeda
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Do 22. Apr 2010, 16:59 - Beitrag #290

Nora Roberts: So fern wie ein Traum

Leichter, getarnter Roman, in dem es eigentlich nur um Sex geht. Das ganze ist aber für Frauen, also extrem Kitschik, aber die sexuelle Spannung so gut rüber gebracht, dass man bzw. ich weiter lesen muss.

Um was es geht: Hoteltochter hat sich scheiden lassen, trifft auf neuem Mann. Dieser ist unkonventionell und sie schlafen nach ihrem langen hin und her überlegen doch miteinander und gleich nochmal und nochmal (nicht sehr detaliert geschrieben). Weiter bin ich noch nicht, aber ihre Eltern sind schon angekündigt worden....und die Frage aller Fragen....wird am Ende geheiratet? Ich fänds gut wenn nicht...einfach mal zusammenbleiben wäre in diesem Fall die coolere Lösung^^.

Ansonsten Herr der Ringe: die zwei Türme

Traitor
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Mo 3. Mai 2010, 19:48 - Beitrag #291

Robert Rankin: They Came And Ate Us. Armageddon II: The B-Movie

Zweiter Teil des dreibändingen Quartetts. Nach dem Jüngsten Gericht wurde die Erde in ein Paradies verwandelt, das von Jesus Christus' Zwillingsschwester Christeen regiert wird. Allerdings gibt es da noch den Zeitreise-Rosenkohl Barry und andere Verwicklungen, sodass ihr Gemahl Rex Mundi plötzlich zurück im 20. Jahrhundert landet. Dort geht es unter anderem um die aus dem Werk eines gewissen anderen Autors bekannte Miscatonic University und ihre okkulten Schätze, pseudo-gibsonsche jugendliche Computer-Hacker und den guten Herrn Elvis Presley, der versucht, den Antichrist zu ermorden, bevor dieser Präsident der USA wird.

Padreic
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Di 4. Mai 2010, 10:16 - Beitrag #292

Obskur?

Ich lese gerade "Mein Leben unter zwei Himmeln", die Autobiographie eines Chinesen, der während der Kulturrevolution aus seiner Heimat geflohen ist, dann ein Jahr in Ägypten im Gefängnis saß und schließlich nach Deutschland reisen konnte. Recht empfehlenswert.

Lykurg
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Di 4. Mai 2010, 12:19 - Beitrag #293

Ja, den fand ich auch lohnend - bewegende Geschichte, und einige tiefe Einblicke ins Funktionieren eines solchen Systems.

Traitor
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Di 4. Mai 2010, 21:50 - Beitrag #294

Sicherlich obskur, Padreic. Aber ehrlich gesagt gewöhnt man sich erschreckend schnell daran, sodass mir nach inzwischen 13 Rankins nahezu nichts mehr als wirklich befremdlich erscheint. ;)

e-noon
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Di 4. Mai 2010, 22:28 - Beitrag #295

Shakespeare - The Tempest
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Bald:
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Mi 5. Mai 2010, 12:57 - Beitrag #296

Christa Wolf

Kein Ort. Nirgends

suhrkamp taschenbuch, 2007
erstmals erschienen 1979 (parallel bei Luchterhand und Aufbau-Verlag)

Thema ist ein fiktives Gespräch zwischen Karoline von Günderrode - eine Freundin der Brentanos - und Heinrich von Kleist, die sich real 1804 anlässlich einer Teegesellschaft in Winkel am Rhein begegneten. Beide verbindet das Gefühl, unter unerträglichen Rahmenbedingungen Außenseiter zu sein, für die letztlich der Weg in den Selbstmord vorgezeichnet ist. Wenige Jahre nach dem realen Treffen vollzogen denn auch beide den Suizid, die Günderrode 1807, Kleist 1811.

Kein Ort. Nirgends zeichnet das Porträt zweier Repräsentanten einer Generation, die sich - zu Recht oder zu Unrecht lässt sich objektiv nicht klären - verloren fühlt. In der restaurativen Gesellschaft jedenfalls sind die Ideale der französischen Revolution verraten, und der Traum vom freien Leben und Schreiben hat sich - zumindest für die beiden Protagonisten - nicht erfüllt. Als zwei verwandte Seelen ziehen sich beide unweigerlich an, erkennen sich als an der Welt aber auch an sich selbst Leidende. Da ihre spezifischen Visionen vom authentischen Leben sich unwiderruflich zerschlagen haben, sehen sie sich unfähig und unwillig, andere Konzepte zu versuchen und treiben immer tiefer in die Depression.

Formal baut sich der Roman als Wechselspiel zwischen Gedanken und Fragen, die sich im Kopf abspielen, und tatsächlich Gesprochenem vor dem Hintergrund der oberflächlichen Salonkonversation auf.

Der Roman war nach seinem Erscheinen in der DDR umstritten, weil er nicht den Vorgaben des sozialistischen Realismus entsprach. Dies könnte durchaus als äußere Parallele zu den dargestellten Leiden der Protagonisten aufgefasst wurden.

Für mich bleibt allerdings ungeklärt, ob diese Leiden nicht einem "Jammern auf hohem Niveau" entsprechen. Sie nehmen ihre Leiden selbstverständlich ernst, todernst, mensch weiß ja, was kommt; trotzdem hat im Prinzip keiner von den beiden eine Ahnung davon, was ein scheiß Leben wirklich ist. Ihr Scheitern ist das Scheitern völlig überzogener, lebensfremder Ansprüche, zumindest im Falle Kleists; bei der Günderrode tritt allerdings der Konflikt zwischen dem Frauenbild ihrer Zeit und ihren eigenen beträchtlichen geistigen Möglichkeiten hinzu.

Der Roman ist eine klare Leseempfehlung; ich tue mir allerdings etwas schwer damit, klar zu sehen, für wen. Vielleicht im allerweitesten Sinne für Literatur-Begeisterte^^

Lykurg
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Mi 5. Mai 2010, 13:08 - Beitrag #297

Fand ich schon immer von Titel und Idee her faszinierend, habe von Kleist und Christa Wolf auch inzwischen ein bißchen mehr gelesen - irgendwann bestimmt. Danke fürs Reaktivieren und die Art der Kritik :)

Lykurg
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Fr 7. Mai 2010, 01:09 - Beitrag #298

Gotthold Ephraim Lessing: Laokoon oder Über die Grenzen der Mahlerey und Poesie (1766)
Erstaunlich unzusammenhängendes Geschreibsel mit ein paar bahnbrechenden Ideen, versteckt in einer öden Textwüste. Daß Lessing für Dichtung und bildende Kunst unterschiedliche Entstehungsweisen und Darstellungsgegenstände benennt, war seinerzeit ein völlig neuer Ansatz. Die von ihm postulierte Ausdehnung von Kunstwerken im Raum bzw. Texten in der Zeit ist ein Ansatz, der von Zeichentheoretikern heute noch neu diskutiert wird. Sein Versuch, Dichtung als die höchste aller Künste zu etablieren, wirkt allerdings etwas gewaltsam herbeigezwungen und ist argumentativ fragwürdig.

nebenher Heinrich von Kleist: Das Käthchen von Heilbronn (1810)
Kitschiger geht es kaum, aber Käthchen ist ja soo gut... immerhin ist Graf Wetter vom Strahl eine interessantere Figur, als man auf den ersten Blick meinen könnte, und das Wunder auf der Bühne ist ganz groß.

Thomas Mann: Tod in Venedig (1912)
und Der Zauberberg (1924)
jeweils nur flüchtige Auffrischungslektüre.

Ipsissimus
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Mi 19. Mai 2010, 12:28 - Beitrag #299

Markus Hille
Karoline von Günderrode
rororo Monographien, 1999

ich bin zwar immer etwas skeptisch, wenn ein Mann über Identifikationsfiguren der Frauenbewegung schreibt, aber Hilles Interesse ist ein rein historisches, und dieser Aufgabe, ein Bild von der historischen Karoline von Günderrode zu vermitteln, entledigt er sich mit Bravour. Dankenswerter Weise unterlässt er dabei jeden Exkurs in die derzeitige feministische Debatte über diese Autorin.

Die Günderrode war in erster Linie eine leidenschaftliche Frau, heute würde mensch sagen, eine erotische Frau, gewillt zur Leidenschaft und zur erotischen Hingabe, in diesem Verlangen allerdings aufs äußerste gebannt durch die konventionellen Fesseln, die ihr damals als Frau infolge ihrer adligen Herkunft auferlegt waren. Entsprechend lebens- und zunehmend todessehnsüchtig lesen sich ihre - stilistisch durchgehend höchstrangigen, wenngleich formal nur schwer eingliederbaren - Versdramen und Dichtungen, die "keiner der Köpfe ihrer Zeit [...] ohne metaphysischen Schauder" las.

"Die Sehnsucht, zu lieben, ist ein Gedanke, der ins Unendliche starrt."

In ihrer erotischen Kraft unerwidert, erstach sich Karoline von Günderrode, 27jährig, nach zwei gewünschten, jedoch nie vollzogenen und schließlich gescheiterten Liebschaften mit verheirateten Männern (19jährig die Schwärmerei für Friedrich Carl von Savigny, 23jährig die große Liebe zu Friedrich Creuzer, unter dessen Einfluss sie sich mit dem Studium historischer matriarchalischer Gesellschaftsformen befasste), 1807 in Winkel am Rhein.

„In die heitre freie Bläue
In die unbegränzte Weite
Will ich wandeln, will ich wallen
Nichts soll meine Schritte fesseln.

Leichte Bande sind mir Ketten
Und die Heimat wird zum Kerker.
Darum fort und fort ins Weite
Aus dem engen dumpfen Leben.“

Für interessierte Bildungsfanatiker^^ eine profunde, konzise Einführung in ihr Leben.

Ipsissimus
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Sa 29. Mai 2010, 18:16 - Beitrag #300

Dmitry Glukhovsky
Metro 2033
Heyne, 2008

pro

- interessante Grundidee für ein begrenztes Szenario

contra, formal

- wenn ich Staats- und Gesellschaftstheorie lesen will, kaufe ich mir staats- und gesellschaftsphilosophische Bücher, keinen postapokalyptischen SciFi-Soft-Horror
- die Häufung russischer Stationsnamen nervt auf Dauer (und er nennt sie alle, aus dem riesigen Moskauer U-Bahn-Netz); der des Russischen Unkundige kann sie sich nicht merken und nach einer gewissen Zeit versinken sie allesamt in einem Rauschen, in dem alle Bezeichnungen gleich gegenstandslos sind
- russischer Lokalpatriotismus macht noch lange kein gutes Buch

contra, inhaltlich

- Spannungsbögen so abgründig wie Gebirge in Holland, sprich nicht vorhanden
- Charakterentwicklung findet nicht statt bzw. lässt so kalt wie die von Paris Hilton (die zwei vornehmsten Eigenarten des Protagonisten bestehen darin, wegen irgendwelcher Geschichten tief ergriffen zu sein und sich wegen irgendwelcher anderer Geschichten genau so tief zurückgesetzt und gedemütigt zu fühlen, ach so, und als drittes, grundsätzlich nichts zu verstehen, was nicht ohnehin evident ist)
- fehlende Atmosphäre, Glukhovsky will vielleicht, aber er kann offenbar nicht; obwohl alle Ingredienzen eines Science-Horrors da sind, will nichts davon wirklich zünden
- der ästhetische Naturalismus der Erzählung entspringt anscheinend dem sozialistischen Realismus; ich habe schon Kinder spannender erzählen gehört

kurz gesagt, völlige Zeitverschwendung, ich hätte mich geschämt, sowas meinen Erstling zu nennen. Aber anscheinend stehen doch nicht nur Russen auf oberschullehrerhafte Belehrungen, selbst wenn sie sich unterhalten lassen wollen, anders kann ich mir den Erfolg des Romans nicht erklären

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