Maglor hat die Bedeutung des Denkens doch gar nicht negiert - ihm ging es um die etwaigen Folgen des Glaubens für das Denken bzw. Handeln des Menschen. Dazu gehört und paßt ja auch das Beispiel Epikur sehr wohl - als ein maßgeblicher Vertreter einer neuen Richtung gewannen seine religiös-philosophischen Vorstellungen zentrale Bedeutung für seine Lebenssituation und sein Nachwirken. Woran er glaubte, spielte also so gesehen eine geringe Rolle gegenüber der Tatsache, daß es ein neuartiger Gedanke war oder zumindest von ihm wirkungsvoll verbreitet wurde.
Insofern stimme ich Maglor zu - woran der Mensch glaubt, spielt erst in zweiter Linie eine Rolle, in erster Linie ist es eine Frage der Intensität und der Interaktion mit dem persönlichen Alltag (ggf. in Differenz zur Lebensumwelt). Religion wird für viele erst dann wirkungsmächtig, wenn sie als Abgrenzungskriterium zu anderen empfunden wird. Religiöse Symbole und Riten erfahren besonders strenge Beachtung vor allem in der Diaspora, und Konvertiten sind oft die aggressivsten Fanatiker (auch gegenüber Abweichlern aus den eigenen Reihen), wogegen eine homogene Bevölkerung entstehende Glaubenszwistigkeiten seltener gewaltsam austrägt und oftmals auch mehr Raum für gemäßigtes Abweichen läßt.