mit dem Konzept der strukturellen Gewalt ist offenbar nicht jedermensch konzeptuell vertraut, wenn er ihm auch alltäglich unterliegt^^ auch gesellschaftlich unabdingbare Entscheidungen können anders getroffen werden, als die Unabdingbarkeit verlangt
Ipsissimus, so wie ich strukturelle Gewalt verstand und verstehe, meint sie genau das, was ich mit meinem Beitrag ausdrückte, nämlich einen aufgrund von Entscheidungen oder sozialen Zielsetzungen vorhandenen allgemeinen Druck, der nicht aus differenzierbaren Einzelentscheidungen besteht, sondern seinen Effekt erst in deren Zusammenwirken entfaltet. Aus dieser Sicht sind die Träger der Einzelbescheide (=nicht -entscheidungen) auch nur sehr bedingt zur Verantwortung zu ziehen; die getroffene Entscheidung war kollektiv oder jedenfalls von außen bedingt. Und theoretisch ist es sicherlich möglich, diesen engeren Rahmen auch anders zu gestalten, allerdings unterliegen wir zugleich einem Metasystem, das eine nicht ökonomisch funktionierende Gestaltung längerfristig empfindlich sanktioniert.
War Solidarität jemals etwas anderes als ein Wort?
ich freue mich, dass du das mal so deutlich ausdrückst und den dahinterliegenden Sachverhalt offenbar doch anerkennst, auch wenn du ihn so oft bestritten hast^^
Nun, ich mag keine Worthülsen, oder jedenfalls nicht die falschen. Solidarität ist schon viel zu lange von interessierter Seite als ein Kampfbegriff eingesetzt worden, ohne damit mehr zu verbinden als einen Machtanspruch - dies hat ihn vollständig desavouiert. Und das ist ein Sachverhalt, den ich wohl nie bestritten habe.

- Familienzusammenhalt bezeichne ich in diesem Sinne nicht als Solidarität bzw. sehe darin jedenfalls fast so starke Bedeutungsspannen wie bei einem klassischen Homonym.
ich glaube, den meisten Obdachlosen ist das Abhängigkeitsverhältnis scheissegal
Es gibt genügend Menschen, die aus Stolz oder Scham keine Hilfe annehmen wollen. Für die meisten derjenigen, die die Abstiegsstufe der Obdachlosigkeit erreicht haben, dürfte dies aber tatsächlich keine so wesentliche Rolle mehr spielen. Und dann ist auch, wie e-noon zu Recht einwirft, gleichgültig, in welcher Form man hilft, bzw. man kann sich ethisch berechtigt und verpflichtet sehen, in der wirksamsten Form zu helfen.
wie so oft, wäre es unglaublich einfach, das teure Richtige zu machen^^ da ändern alle billigen falschen Alternativen nichts dran^^
Tja, mit Geld kann man bekanntlich alle Probleme lösen, insbesondere die des menschlichen Zusammenlebens und seiner Randphänomene. Nur schade, daß es nicht das Problem seiner selbst löst - oder vielleicht doch: mit genügend Geld hat man genug? - Dies führt uns nicht weiter. Wie so oft ist es eine Frage der gesellschaftlichen Prioritätensetzung (auf Maglors besonderen Wunsch in marxistischer Diktion vielleicht: Klassenkampf?); die Gesellschaft hat für sich zu entscheiden, einen wie großen Anteil ihrer Leistungsfähigkeit sie in die Hebung des Lebensstandards derjenigen stecken möchte, die über nennenswerte eigene Kräfte nicht verfügen. Dabei wird sie getrieben von der Sorge um ihre eigene Fortexistenz (die sie, so ließe sich ergänzen, noch nicht einmal sonderlich zu schrecken scheint, sieht man sich die derzeitigen Sozialhaushalte an).
Und was machen dann die osteuropäischen Bettler?
Das wäre für sie insofern eine partielle Verbesserung, als sie dann nicht
von Schlepperbandenin den Westen verbracht, in Zellen bzw. Kellerlöchern gehalten und unter Schlägen zum möglichst effizienten Betteln und Abgabe ihrer Einkünfte gezwungen würden. Allerdings scheinen einige es dem noch schlimmeren Dasein in ihren Heimatländern vorzuziehen, was uns unerbittlich mit der Frage konfrontiert, ob wir das wollen, oder ob es sinnvoller wäre, Verbesserungen der Lebensbedingungen dort zu bewirken. Immerhin fördern wir aber mit dem Status quo Hotels und im Extremfall sogar
Spielsalons, generieren also zusätzliche Steuereinnahmen.
