Grundschullehrer bewerten (auch etwas die) Vornamen

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aimless
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Di 5. Okt 2010, 14:43 - Beitrag #21

Wie richtig vermutet, ich würde es meinen anderen Familienmitgliedern lieber ersparen. Als offensichtliche Ausländerin muss man sich schon für genug "rechtfertigen", da muss nicht auch noch der Name grund dafür liefern.
Ich mag meinen chinesischen Vornamen, aber ich mag ihn nicht in einem deutschen Kontext. Es ist halt wirklich schwierig meinen Buchstaben-Haufen verständlich zu machen.
Aber nein, ich möchte nicht primär als Deutsche wahrgenommen werden. Ich möchte mich selbst nur nicht immer erklären müssen.

das hängt wohl sehr stark von der Mentalität ab; manche kämpfen lieber, manche vermeiden lieber^^


Genau :)
Mittlerweile vermeide ich lieber und auch der Rest meiner Familie.
Meine jüngeren Cousins und Cousinen führen alle einen deutsche Namen im Pass und haben innerhalb der Familie aber noch einen chinesischen Namen, so dass das also nicht verloren geht. Schön finde ich auch die Variante einen nach Laut deckungsgleichen Namen zu finden.

Meine Eltern sind eigentlich nur Pass-Vietnamesen, ethnisch Chinesen, deshalb auch mein chinesischer Namen. Wo und wie Vietnamesen ihre Namen beziehen, weil ich leider nicht.

Lykurg
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Di 5. Okt 2010, 15:07 - Beitrag #22

Stimmt, die Cousinenschaft hatte ich auch erwogen, wollte es aber nicht weiter verkomplizieren. ;) Danke für die Erklärung. So ist es verständlich; und das mit den klanggleichen Namen finde ich sehr elegant (darin sind Chinesen ja ohnehin Meister, siehe Firmennamen).

Ipsissimus
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Mi 6. Okt 2010, 14:13 - Beitrag #23

aimless, wenn die Frage gestattet ist, wie wurdest du sozialisiert? Als Deutsche, als Vietnamesin oder als Chinesin? Deiner Sprachbeherrschung zufolge gehst du jedenfalls jederzeit als deutsche Muttersprachlerin durch^^

aimless
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Do 7. Okt 2010, 20:01 - Beitrag #24

Ei, schwierige Frage.
"Zwischen den Kulturen" trifft es wohl am besten. Ich wurde sehr chinesisch erzogen, bin allerdings recht bald ausgebrochen. Ähnlich verlief auch meine sprachliche Sozialisation.
Innerhalb meiner Familie finde ich mich sehr "deutsch" und unter Deutschen sehr "chinesisch". Das Los des Migrationshintergrundes..

Ipsissimus
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Fr 8. Okt 2010, 12:53 - Beitrag #25

Migrationshintergrund - wie ich dieses Wort mittlerweile hasse :-) nicht weil ich etwas gegen Migranten habe, sondern weil ich gegen Diffamierung im Gewand politisch korrekter Sprache beinahe noch mehr einzuwenden habe als gegen offene Diffamierung, gegen die man sich eventuell noch zur Wehr setzen kann. Political correctness schützt nicht diejenigen, die diffamiert werden sondern diejenigen, die diffamieren.

Lykurg
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Fr 8. Okt 2010, 14:26 - Beitrag #26

Tja, das zeigt, daß mal wieder ein neues Wort fällig ist, mit dem dann in ein paar Jahren das Spiel von vorn losgehen kann.

Ipsissimus
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Fr 8. Okt 2010, 14:57 - Beitrag #27

"The same procedure as last year? – The same procedure as every year." ^^

Feuerkopf
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Di 12. Okt 2010, 12:32 - Beitrag #28

Ich habe jetzt schon mehrfach bei Familien, die aus verschiedenen Sprachkreisen stamme, erlebt, dass die Kinder Namen bekommen, die immerhin in beiden Ländern fehlerfrei ausgesprochen werden können. ;)
Die kleine Tochter unserer türkischen Friseurin hat einen hübschen Namen, der auch für deutsche Ohren nicht allzu fremd klingt. (Ich hab ihn gerade "vergessen"... :rolleyes: )
Auch meine französischen Großnichten und -neffen sind echt kompatibel benannt, wenn auch die Betonung diesseits und jenseits des Rheins etwas variiert.
Gestern habe ich eine Despina Camie (eigentlich Camille) mit deutschem Nachnamen getroffen. Auch so ein internationaler Name.

Lykurg
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Di 12. Okt 2010, 14:50 - Beitrag #29

Das ist in meiner Familie genauso - die Namen meiner Geschwister wurden auf unproblematische Aussprache und grundsätzliche Bekanntheit in beiden Kulturkreisen hin geprüft und ausgewählt. (Dabei war allerdings nicht eine 'fehlerfreie' oder gleichlautende Aussprache zentral, sondern deren grundsätzliche Möglichkeit. Für meinen eigenen war die Erwägung nachrangig, aber nicht irrelevant, sonst hieße ich wahrscheinlich Alexander^^). Das finde ich auch sinnvoll; meine Skepsis gilt dagegen Eltern, die einen Namen wählen, der weder in ihren eigenen Kulturkreis noch den mutmaßlichen ihres Kindes paßt. Persönliche Affinitäten für ein Land, historische Ereignisse zum Zeitpunkt der Geburt, prominente Namensvettern als 'Anlaß' etc. drücken der Person einen lebenslangen Stempel auf, den ich so nicht tragen wollte; was hat es mich zu betreffen, ob meine Eltern damals Jimmy Carter bewunderten oder Erich Honecker? Auf einer ähnlichen Ebene, nur eben als eine gesellschaftliche schichtspezifische Mode ohne konkreten Anlaß betrachte ich Jaqueline etc. - Aber zweifellos handelt es sich dabei um die sonst nicht auftretende Einzelmeinung eines hoffnungslos verknöcherten Reaktionärs. Bild

Camille wirklich "Camie" geschrieben, und als echter, nicht als Kosename? Bild

Feuerkopf
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Di 12. Okt 2010, 15:12 - Beitrag #30

Das "Camie" entstand, weil das Mädchen für "Camille" Spott erntete. So spricht es sich immer noch richtig aus und sie kann ja dann während des Studiums in Frankreich ihren "echten" Namen wieder verwenden. ;)

Wenn ich mich so erinnere, wie die Klassenkollegen meiner beiden Kinder hießen, so war das geringste Problem der Klassenlehrer, ob jemand Dustin oder Chantal hieß, denn die beiden Namen hätte man noch unfallfrei aussprechen können.
Richtig schwierig wurde es bei Namen aus Sri Lanka oder bestimmten Ecken Afrikas.

Letztlich ist es mit der Namensgebung wie mit der Mode insgesamt. Manche Eltern sind altmodisch, manche konventionell, manche extravagant, manche avantgardistisch, manche prollig und manchen ist es schlicht wurscht, was andere über sie denken.

Ipsissimus
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Di 12. Okt 2010, 17:18 - Beitrag #31

und manche Kinder finden es später verstörend, wie sie sich von den anderen Kindern unterscheiden, manche, wie sie sich nicht abheben^^

Feuerkopf
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Mi 13. Okt 2010, 09:54 - Beitrag #32

Vielleicht sollten wir es wie die Römer machen: Durchnummerieren. ;)
Dann hieße ich "Prima". :D

Ipsissimus
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Mi 13. Okt 2010, 10:20 - Beitrag #33

nein, dann hießest du "Erste"^^ und bei, sagen wir, 10 Millionen Ein-Kind-Familien gäbe es dann davon ziemlich viele^^

nein, lösen wir es pragmatisch: wir geben den Kleinen die Nummer ihrer Sozialversicherung, die bei ihrer Geburt auf sie abgeschlossen wird, als Namen^^

Lykurg
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Mi 13. Okt 2010, 13:42 - Beitrag #34

Die Idee finde ich großartig. Als Spitznamen benutzt man dann Auszüge daraus, und wer das möchte, bekommt seinen Namen als Telefonnummer.

Im Sinne größerer behördlicher Transparenz und für den gemeinschaftlichen Ethos wäre es zu begrüßen, wenn unter dieser Nummer verbuchte Leistungen allgemein einsehbar würden. Dies hilft den Menschen, einander besser kennenzulernen, und bringt sie näher zueinander, außerdem erleichtert es interessierten Unternehmen, den Kunden maßgeschneiderte Angebote zu unterbreiten.

Feuerkopf
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Di 19. Okt 2010, 12:28 - Beitrag #35

Naja,
streng genommen habe ich ja sogar einen lateinischen Namen, der schon im ollen Rom en vogue war.
Witzig finde ich, wie die Isländer es halten: Vorname + Vorname des Vaters + son oder + dottir. (Im Zeichen der Emanzipation könnte man ja auch den mütterlichen Vornamen + son oder + dottir nehmen)
Ein Isländer hat mir mal gesagt, es gäbe so wenige von ihnen, dass das Telefonbuch von Reykjavik nach Vornamen sortiert wäre. ;)

Ob wohl dieses Sag-mir-wie-du-heißt-und-ich-sortiere-dich-in-eine-Schublade-ein auch in anderen Kulturen gibt?
Ist es vielleicht prollig, in Indien "Indira" zu heißen oder "Nils" in Schweden?

Traitor
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Sa 6. Nov 2010, 15:46 - Beitrag #36

Zum Ausgangsthema ist das meiste gesagt. Ich tendiere da stark zu Lykurgs Position, im Gegensatz zur Politik bin ich kulturell gesehen doch auch eher Konservativer. ;) Noch schlimmer als die prolligen Kevins oder pseudo-intellektuellen Doppelnamen finde ich aber, was iirc damals im Zusammenhang mit Nicodemus schonmal diskutiert wurde, die ausdruckslosen Einsilben-Abkürzungs-Namen à la Nick oder Tom, da sie meines Erachtens einige Entfaltungsmöglichkeit rauben. Allerdings mit einigen Ausnahmen wie Jan oder Tim, die traditionell genug sind, um nicht so aufzufallen. Was dann leider sehr schön zeigt, dass diese Ansichten rein auf Gewöhnung basieren und Erklärungen wie "Entfaltungsmöglichkeiten rauben" oder "nicht an den eigenen Kulturkreis angepasst" doch eher im Nachhinein zur Befremdens-Rechtfertigung konstruiert werden.

Ach ja, irgendwer hatte hier "Angelique" als weiblichen Kevin genannt. Tatsächlich? Ist mir noch nie als Massenname untergekommen und ich hätte ihn keinesfalls mit Unterschicht assoziiert, sondern auf den ersten Blick als rein ausländisch-französisch und auf den zweiten als bourgeois. Aber vielleicht ist seine "Kevinisierung" ja regional unterschiedlich weit fortgeschritten, denn das ist ja der weitgehend anerkannte Mechanismus: ein Name gilt ein paar Jahre lang als Avantgarde, wird dann von der Masse nachäffend übernommen, bewusst oder umbewusst, um sich dadurch Status zu erarbeiten, und verkommt dadurch schnell erst zum Mode- und dann zum Unterschichtnamen.

Ob wohl dieses Sag-mir-wie-du-heißt-und-ich-sortiere-dich-in-eine-Schublade-ein auch in anderen Kulturen gibt?
Ist es vielleicht prollig, in Indien "Indira" zu heißen oder "Nils" in Schweden?
Auf jeden Fall. Zumindest aus England und Amerika kennt man das ja über Literatur und Medien recht gut, wobei die beiden sich in der sozialen Namens-Verortung dann auch oft genau widersprechen. In England war z.B. längere Zeit "Sally" die blonde Proll-"Uschi". ;)

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