Jethro Tull, Urgestein der britischen Rockmusik-Szene. Wobei Rock sie sehr ungenau beschreibt, genauer irgendetwas zwischen Folk und Progressive, mit Einschlägen von Hard und Blues und was weiß ich. Beste Kurzbeschreibung: "Die mit der Flöte."
Ich muss zugeben, dass Tull für mich ein "acquired taste" war. Die ersten paar Reinhören haben mir wenig gegeben, ich musste schon mehrfach die Alben durchhören, bis ich den richtigen Zugang fand.
Prog ist zwar seit Jahren mein Lieblingsgenre, aber mit Genesis, Yes und co. neige ich eher zur "helleren" Seite, während die "dunklere" (King Crimson, ELP, teils eben auch Tull) mir meist spontan nicht zusagt, sondern einige Einarbeitung voraussetzt.
Was genau meine ich mit "hell" und "dunkel"? Leicht, fröhlich, schnell vs. schwer, düster trifft es eigentlich gar nicht so richtig, dafür haben die Werke aller genannten Bands viel zu große Bandbreiten, und Tull ist oft sehr viel ironischer als die salbungsvollen Yes und damit ja eigentlich wieder eher "hell" in gewissem Sinne... Vielleicht trifft es "dicht" statt "dunkel" besser? Vielleicht ist es ein musiktheoretischer Unterschied, sicher nichts so generalisierendes wie Tonarten, aber irgendwo erkenne ich da eine stilistische Trennlinie, die ich nicht genau ausmachen kann.
Aber Subgenreaufsplittung soll ja nicht Thema des Threads sein, sondern Tull selbst. Die musikalische Virtuosität mit unkonventioneller Instrumentierung ist wirklich grandios, auch wenn ich die an sich tollen Flötensoli manchmal etwas übertrieben finde (auf "Beggar's Farm" wirkt sie z.B. gen Ende recht atemlos). Dazu Texte, die schön lyrisch sind, dabei weniger chaotisch als bei vielen anderen Prog-Bands.
Neben den bekanntesten Stücken wie "Aqualung", "Too Old to Rock'n'Roll" oder "Thick as a Brick" (Single-Version) sind meine besonderen Favoriten derzeit etwa "Black Sunday", "Inside", "Moths" oder "Orion".
Eben nante ich von "Thick as a Brick" nur die Single-Version, da die ganzes-Album-Version natürlich eine eigene Erwähnung verdient, zusammen mit dem äquivalenten "A Passion Play", das mich bisher aber weniger begeistern konnte. Besonders schön finde ich ja die Motivation hinterm Brick:
"If the critics want a concept album we'll give the mother of all concept albums and we'll make it so bombastic and so over the top."