Unzufrieden ... (mit Adoptivsohn)

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e-noon
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Mo 17. Jan 2011, 21:18 - Beitrag #21

Offenbar hat sich das Kennenlernen in diesen paar Tagen erschöpft, wenn wir den diesbezüglichen Aussagen in den Medien gleiche Gültigkeit unterstellen wie allen anderen, also kein Platz für Hoffnung.
Zwar haben es die Medien nicht explizit dargestellt, wie sie auch nicht explizit genannt haben, dass die Beteiligten in den Monaten des Zusammenlebens die Toilette aufgesucht haben, aber unser Allgemeinwissen über Adoptionsvergänge ermöglicht es uns, zu vermuten, dass noch andere Vorbereitungen getroffen wurden als nur dieses Treffen. Eben über die Art der Vorbereitung, nämlich die Informationen über das Kind, herrscht ja nun auch Uneinigkeit.

Verständnis für die Überforderung von Eltern bedeutet kein Verständnis für das Nicht-Hilfesuchen.
Verzeih die Unterstellung, aber dieser Satz klingt für mich danach, als habest du den von mir verlinkten Artikel nicht gelesen.

der Kulturwechsel z.B., das offenbar Zulassen des Verlernens der Muttersprache ist für mich das erste Übel, das dem Jungen angetan wurde, ein Abschneiden der Wurzeln.
Echte Wurzeln hatte der Junge offenbar nicht; hätte er eine funktionierende Familie, wäre er ja nicht zur Adoption freigegeben worden. Ein Kulturwechsel ist wohl unvermeidlich bei einer internationalen Adoption, und muss wohl auch nicht unbedingt etwas schlechtes sein. Und das Verlernen der Sprache finde ich mehr als seltsam. Natürlich, idealerweise wäre er in einem der zahlreichen Grundschulprogramme gelandet, die in Amerika Russisch ab der ersten Klasse anbieten, aber dazu hätte er ja erst einmal in die Schule gehen müssen, was er ja nach eigener Aussage nicht getan hat. In diesen Artikeln sind zu viele Unklarheiten, um sich ein klares Bild zu machen, klar ist nur, dass sich vermutlich alle Beteiligten nicht ideal verhalten haben (auch der Junge nicht, dem man es aber am allerwenigsten anlasten kann).

janw
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Mo 17. Jan 2011, 21:43 - Beitrag #22

Zitat von e-noon:Zwar haben es die Medien nicht explizit dargestellt, wie sie auch nicht explizit genannt haben, dass die Beteiligten in den Monaten des Zusammenlebens die Toilette aufgesucht haben, aber unser Allgemeinwissen über Adoptionsvergänge ermöglicht es uns, zu vermuten, dass noch andere Vorbereitungen getroffen wurden als nur dieses Treffen. Eben über die Art der Vorbereitung, nämlich die Informationen über das Kind, herrscht ja nun auch Uneinigkeit.

Der direkte Kontakt von Mensch zu Mensch vor der Adoption hat sich, wenn wir den Artikeln Glauben schenken, auf diese 4 Tage beschränkt.
Das andere ist Korrespondenz über das Kind.

Verzeih die Unterstellung, aber dieser Satz klingt für mich danach, als habest du den von mir verlinkten Artikel nicht gelesen.

Ich las den Artikel nach dem Schreiben des Beitrags, aus irgendeinem Grunde habe ihn ihn dann nicht editiert.

In diesem Sinne: Diese Eltern haben sich Hilfe geholt. Warum nicht die des kleinen Jungen?

[quote]Echte Wurzeln hatte der Junge offenbar nicht]
Die Muttersprache IST eine Wurzel.
Aus dem Kulturwechsel nicht einen Kulturbruch werden zu lassen, ist eben die Herausforderung. In meinen Augen eine conditio sine qua non.
Der Junge hat sich so verhalten, wie sich Jungen in solch einer Situation eben verhalten.

e-noon
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Mo 17. Jan 2011, 22:05 - Beitrag #23

In diesem Sinne: Diese Eltern haben sich Hilfe geholt. Warum nicht die des kleinen Jungen?
Diesen Eltern hat ihre Hilfe nichts genützt. Sie haben, da sie angelogen wurden, ein schwerstbehindertes Kind mit äußerst kräftezehrenden und finanziell ihre Möglichkeiten ausreizenden Angewohnheiten. Ich kann es in einem solchen Fall verstehen, wenn man nicht den Rest seiner Kraft, Geduld, Liebe, materiellen Güter und Zeit in jemanden investieren will, der sich selbst mit dieser Investition nie so weiterentwickeln wird, wie man das bei einem normalen Kind selbst bei allerbescheidensten Ansprüchen erwarten kann und wie es auch von Seiten des Heimes versprochen (erlogen) wurde. Wir wissen nicht, wie es im vorliegenden Fall war, wir wissen weder, ob diese Eltern sich Hilfe geholt haben, noch, ob es überhaupt Eltern gab oder nur eine alleinerziehende Mutter mit einem Zehnjährigen, der nicht einmal die Schule besuchte.

Zitat von wiki:Vor allem bei älteren Kindern geht der „Adoptionspflege“ ein „Pflegschaftsverhältnis mit dem Ziel der Adoption“ voraus. Erst mit Einwilligung der leiblichen Eltern bzw. der gerichtlichen Ersetzung dieser Einwilligung wird aus der Dauerpflege eine Adoptionspflege.

Vielleicht war die Zeit des Jungen in Amerika ja eine solche "Prüfphase", die leichter rückgängig zu machen ist als die eigentliche Adoption.

Lykurg
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Mo 17. Jan 2011, 22:11 - Beitrag #24

Einverstanden, man hätte ihn lieber im Heim lassen sollen (allerdings konnte das niemand wissen, mangels Informationen). Schaffen wir gleich alle Adoptionen ab, die dazu führen können, daß jemand seine Heimatstadt verlassen muß? Ohnehin bedeutete es ja schon eine Entwurzelung, ihn der angestammten Umgebung des Heimes zu entreißen, am besten ist vielleicht, wenn er sein ganzes Leben dort verbringt...
Der Artikel von e-noon zeigt, daß ein weltweiter Stop wohl eine vernünftige Lösung wäre, bis Rußland seine Gesetzgebung und Kontrollmechanismen verbessert.

janw
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Di 18. Jan 2011, 23:33 - Beitrag #25

Zitat von e-noon:Diesen Eltern hat ihre Hilfe nichts genützt. Sie haben, da sie angelogen wurden, ein schwerstbehindertes Kind mit äußerst kräftezehrenden und finanziell ihre Möglichkeiten ausreizenden Angewohnheiten. Ich kann es in einem solchen Fall verstehen, wenn man nicht den Rest seiner Kraft, Geduld, Liebe, materiellen Güter und Zeit in jemanden investieren will, der sich selbst mit dieser Investition nie so weiterentwickeln wird, wie man das bei einem normalen Kind selbst bei allerbescheidensten Ansprüchen erwarten kann und wie es auch von Seiten des Heimes versprochen (erlogen) wurde. Wir wissen nicht, wie es im vorliegenden Fall war, wir wissen weder, ob diese Eltern sich Hilfe geholt haben, noch, ob es überhaupt Eltern gab oder nur eine alleinerziehende Mutter mit einem Zehnjährigen, der nicht einmal die Schule besuchte.

Naja, die Hilfe hat ihnen genützt, zu wissen, woran sie objektiv sind. Wenn sie es richtig anstellen, werden sie auch noch Hilfen finden, die ihnen das Leben erleichtern und dem Kind bessere Förderung geben, als sie es ihm geben könnten.

Hinsichtlich der mangelhaften Information durch das Kinderheim streiten sich in mir zwei Argumentationen.
Aufgrunddessen, daß eine Mikrozephalie als solches durch einen auffallend kleinen Schädel erkennbar ist, das kleine Hirn nur im Röntgenbild, könte man die Frage stellen, warum der Adoptivmutter der kleine Schädel nicht aufgefallen ist, hinsichtlich des fehlenden Röntgenbefundes könnte auf die finanziell prekäre Situation des russichen Kinderheimwesens verwiesen werden.
Also, sie hat das Kind gesehen, von der perinatalen ZNS-Schädigung erfahren und der psychomotorischen Entwicklungsstörung - und sich trotzdem für dieses Kind entschieden.
Man kann nun einerseits beklagen, daß das Heim nicht die volle Wahrheit gesagt hat (wenn es sie denn selbst gewusst hat).
Was wäre die Folge gewesen? Das Kind wäre dort geblieben, in einer Einrichtung, die mit ihm vollauf überfordert und die für seine Bedürfnisse in keiner Weise angemessen gewesen wäre.
Man könnte auch gerade darin ein Motiv sehen, eben nicht die volle Wahrheit zu sagen - um den Kindern eine angemessene Unterbringung zu ermöglichen und nebenbei sich mit den knappen Ressourcen den anderen Kindern angemessen widmen zu können.
Hat etwas von der Triage bei großen Katastrophen.

Was das "Investieren" von Kraft, Liebe und materiellen Gütern in das Kind betrifft, könnte eine Haltung der Annahme als, ich verwende mal den Ausdruck kismet, weiter helfen, vielleicht auch karma. Es ist qua Geschehen eine Aufgabe, diesen Menschen aufzuziehen, weil er/sie ein Mensch ist und einem anvertraut.

Hinsichtlich des anderen Falles ist der Inhalt der Berichte für mich die Grundlage, und daraus ergeben sich keine Eltern im herkömmlichen Sinne.

Vielleicht war die Zeit des Jungen in Amerika ja eine solche "Prüfphase", die leichter rückgängig zu machen ist als die eigentliche Adoption.

Von einer solchen Prüfphase ist in den Artikeln keine Rede, sie widerspräche auch jeder angemessenen Umgangsweise mit Kindern.

Ipsissimus
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Mi 19. Jan 2011, 00:09 - Beitrag #26

ich glaube, worüber sich diese Adoptiveltern gar nicht so richtig im Klaren sind, ist die Wirkungslosigkeit ihres Schrittes. Wenn diese Adoption rechtliche Gültigkeit erlangte, dann IST das ihr Kind, selbst wenn sie es ins fernste Nirgendwo verbannen. Sie sind unterhaltspflichtig, das Kind ist erbberechtigt; sie haben nichts gewonnen

janw
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Mi 19. Jan 2011, 00:34 - Beitrag #27

In der Tat.

Wenn nicht irgendein Anwalt einen Nichtungsgrund herbeiredet, nicht zugesicherte Eigenschaft oder ähnliches.
Bittere Früchte der Aufklärung.



Lykurg, ich wende mich gar nicht generell gegen Adoptionen, nur eben gegen diese unsensible Art und Weise. Bin ich so leicht zu mißverstehen?

Ipsissimus
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Mi 19. Jan 2011, 01:20 - Beitrag #28

für mich war klar, was du meinst^^

Lykurg
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Mi 19. Jan 2011, 22:08 - Beitrag #29

Richtig, ja - aber wie e-noon finde ich naheliegend, daß es bei einer Adoption aus dem Ausland u.U. schwierig werden dürfte, mehr als eine oder vielleicht zwei Wochen Kennenlernzeit für das Kind 'festzulegen'. Andererseits muß ich zugeben, daß diese Vorbereitungszeit verglichen etwa mit dem Einstimmungszeitraum auf eine biologische Elternschaft sehr kurz ist. Immerhin hat man aber auch schriftliche Kennenlernformen, insbeondere Formulare, die das ganze Verfahren zwangsläufig auf mehr als neun Monate ausdehnen.

janw
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Mi 19. Jan 2011, 23:56 - Beitrag #30

Lykurg, sicher ist das mit der Kennenlern-Zeit schwierig, im Übrigen im doppelten Sinne, man beziehe die Wirkung einer abgebrochenen Kennenlern-Zeit mit ein, zerbrochene Hoffnungen...
Aber der Bruch der Wurzeln, wie in der Sprache repräsentiert, sollte doch vermieden werden können - bzw. dieses Problem zum Teil der grundsätzlichen Entscheidung werden.

Ipsissimus
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Do 20. Jan 2011, 11:35 - Beitrag #31

alle Schwierigkeiten zugestanden, denen Adoptiveltern sich ausgesetzt sehen, ein Kind ist einfach keine Verschiebemasse. Und der Umstand, dass diese spezifischen Adoptiveltern dieses spezifische Kind wieder in sein Heimatland zurück geschickt haben, deutet für mich an, dass sie mit dieser Maßnahme alle die formalen Schwierigkeiten loswerden wollten, die es ihnen bereitet hätte, das Kind in den USA an ein Heim loszuwerden. Es darf bezweifelt werden, dass russische Behörden in den USA Anklage gegen das Paar erheben oder Unterhalt einklagen können.

Insgesamt darf dieser Vorfall aber sicher als Lehrstück über die Notwendigkeit internationaler Vereinbarungen bezüglich der Handhabung über staatliche Grenzen hinausgehender Adoptionen gelesen werden können. So gut es für ein Kind ist, wenn seine Adoption gelingt und es in eine warme soziale Umgebung hinein gelangt, in der es angemessen gefördert wird, um so schlimmer, wenn nach dem verkorksten Beginn eines Lebens auch noch die Adoption schief geht.

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