Bounty bei der Bundeswehr^^

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Ipsissimus
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Do 20. Jan 2011, 14:31 - Beitrag #1

Bounty bei der Bundeswehr^^

Die "Gorch Fock" muss ihre Route ändern: Nach Berichten über eine Meuterei, Nötigung und sogar sexuelle Belästigung an Bord kehrt das Segelschulschiff in seinen letzten Hafen im Süden Argentiniens zurück. Ein Ermittlungsteam ist auf dem Weg dorthin.

Glücksburg/Ushuaia - Was passierte auf der "Gorch Fock"? Nach dem tödlichen Sturz einer Kadettin aus der Takelage im vergangenen November soll es eine Meuterei der Besatzung gegeben haben. Außerdem ist in einem Bericht des Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus die Rede von massiver Nötigung der Soldaten, trotz Höhenangst in die Masten aufzuentern - und sogar der Vorwurf der sexuellen Belästigung eines Offizieranwärters steht im Raum

Nun soll ein Ermittlungsteam der Marine den Dingen auf den Grund gehen.


http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,740577,00.html

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Fr 21. Jan 2011, 02:39 - Beitrag #2

Tja, als ehem. Zuvieldienstleistender frage ich mich, ob diese Vorkommnisse auf diesem Prestige-Projekt der Bundeswehr wenige bedauerliche, a-typische Einzelfälle sind oder ob es eher systematisch innerhalb der Bundeswehr viel zu oft einen mehr als fragwürdigen Umgang mit konkreten Vorschriften wie letztlich auch den Grund- und Menschenrechten gibt.
Oder krass: ist die Soldatenausbildung so "billig", dass man temporäre Ausfälle durch Unfall/Krankheit oder Tod einfach so billigend in Kauf nimmt? Im Land des TÜV und der DIN ungesichert auf hoher See in ebensolche Höhe kraxlen mutet schon etwas bedenklich an.

Maglor
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Fr 21. Jan 2011, 16:15 - Beitrag #3

Es zeigt einmal mehr auf welchem lächerlichen Niveau die Bundeswehr arbeitet und dass sie wegen ihrer Dekedenz kriegsuntauglich ist.
Die Matrosen meutern, weil sie in der Takelage klettern wollen. Wegen Höhenangst nicht mehr auf den Mast steigen ... besser gleich ein Attest über Islamophobie vorlegen, damit man nicht nach Afghanistan muss.

Übertragen auf die Marine: Wegen meiner Höhenangst, darf ich nicht auf die Takelage. Weil ich Angst vor Piraten haben, darf ich nicht nach Somalia. Wegen bei Dioxinsunverträglichkeit bitte nur vegetarisch und könnten sie mir die Waffe laden, ich brech mir dabei immer die Nägel ab. :crazy:

Was kommt als nächstes? Bundeswehr meutert in Afghanistan und verweigert lustige Waffenspiele wegen der Lebensgefahr.

Ipsissimus
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Fr 21. Jan 2011, 16:28 - Beitrag #4

na ja, prinzipiell d´accord zu deinem Statement, Maglor, aber andererseits wirkt es schon ein bisschen antiquiert, im Zeitalter von Atom-U-Booten und -Flugzeugträgern Leute auf eine Segelschiff auszubilden. Und sexuelle Belästigung hat so oder so nichts mit der Bundeswehr zu tun, das ist ein no-go, egal wo es passiert. Und was das Meutern in Afghanistan angeht: täten sie es doch nur. Es gäbe richtig gute Gründe dafür.

e-noon
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Fr 21. Jan 2011, 20:15 - Beitrag #5

Also nein, dass Soldaten bei der Bundeswehr zu etwas benötigt werden, ist schon ein Skandal :D Damit konnte ja niemand rechnen!
Irgendwie passen die Vorfälle nicht zusammen, dass Soldaten gewöhnliche Befehle verweigern (ich gehe davon aus, dass das in die Seile klettern bei einem Segelschiff nicht ungewöhnlich ist), ist hier eher witzig bzw. etwas unverständlich, aber wer weiß, vielleicht war ja das Wetter schlecht.

Sexuelle Belästigung hat dagegen, wie schon richtig gesagt wurde, nicht nur bei der nicht bei der Bundeswehr, sondern gleich nirgendwo was zu suchen.

Traitor
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Fr 21. Jan 2011, 23:16 - Beitrag #6

Wird man auf die Gorch Fock eigentlich abkommandiert? Bisher ging ich davon aus, dass es für so ein Prestigeschiff mit gegenüber dem Standard deutlich anderer Tätigkeit eher eine Warteliste Freiwilliger gäbe. Und dann würde es mich sehr wundern, wenn da jemand an Bord geht, der nicht klettern will, und sich dann später darüber beschwert.

Und auch wenn man unfreiwillig auf diesem konkreten Schiff landet, ist Mastklettern meines Erachtens ein Befehlsniveau, auf das man eingestellt sein muss, wenn man zur Armee geht, analog zu Matschrobben und ähnlichem. Seit wir eine de-facto-Freiwilligenarmee haben, sehe ich das etwas weniger kritisch. Sinnvoll und menschenwürdig, nein, aber eben das, worauf man sich bewusst eingelassen hat.

Wie übermäßig in Einzelfällen oder auch systematisch Druck ausgeübt wurde, kann die Lage aber völlig umkehren und zu klarem Fehlverhalten und Machtausnutzen der Offiziere machen, egal, wie die Grundaspekte waren. Mal sehen, was die Untersuchungen noch ergeben.

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Sa 22. Jan 2011, 00:46 - Beitrag #7

So wie ich die Presse wahrnahm ist es wohl so, dass auch auf der Gorch Fock es einige gibt, die (warum auch immer, aber wohl mit Attest) nur bestimmte Sachen tun üssen/dürfen. Wenn die von Vorgesetzten ohne Notlage, ergo nur aus Schikane, befehligt werden, etwas zu tun, dann, ja dann, weiss ich wieder warum ich Zuvieldienstleistender wurde.
Zum Theme Härte und Bundeswehr ein Zitat aus meinem kopf von einer Doku über die Auswahltests und die Ausbildung für die KSK: Das ist das härteste, was sie in einer Demokrati jungen Menschen zumuten können, ohne sich strafbar zu machen.

janw
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Sa 22. Jan 2011, 15:47 - Beitrag #8

Tja, was da passiert ist, verstehe ich auch nicht so ganz. Wirkliche Meuterei, oder ist das ein medialer Hype? Haben da einige Vorgesetzte spontan verlernt, was sie über Menschen?/Personal? führung gelernt haben, und das ausgerechnet gegenüber jungen Soldaten, die gerade zum ersten mal mit der Gefährlichkeit ihres Berufs leibhaftig konfrontiert worden sind?

Zuerstmal...Traitor, die Gorch Fock dient in der deutschen Marine zur Ausbildung von Offizieren, d.h. wer so etwas werden will, muss dorthin.

Ipsi, ich weiß nicht, ob man es wirklich antiquert nennen kann, oder ob es nicht wirklich lernen eines Handwerks von der Pike auf ist, wie es leider in anderen Bereichen verloren geht - ich sag nur, Taschenrechner auf der Grundschule...^^
Seefahrt erfordert bestimmte skills, Navigation, Wetterkunde, das ganze Fertigwerden mit dem großen weiten Wasser drumrum in seinen ständig wechselnden Launen, und auf einem Hightech-Kriegsschiff geht da für mein Empfinden doch einiges verloren.

Der Kapitän meinte mal in einem Interview, eines der Probleme mit den heutigen Auszubildenden sei, daß sie immer weniger körperlich vorgebildet seien, immer mehr Bewegungsarmut, mangelnde Bewegungsfähigkeiten, Körpergefühl, darin könnte für mich ein Grund für solche Unfälle liegen, neben dem, daß es beim Klettern eben einfach nicht mit Karabinerhaken geht. Vielleicht müsste so etwas mehr "trocken" geübt werden, vielleicht fehlte es an Bewusstsein, worauf zu achten ist - oder war der Sturz einfach nur einer der Fälle, die eben passieren, wenn nicht heute, dann in 10 Jahren?

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So 23. Jan 2011, 00:13 - Beitrag #9

Zum Thema was kann Soldat erwarten denke ich, dass so Dinge wie eben Schlamm robben, Dreck überall am Körper, auch mal Prellungen, Hämatome, Zerrungen usw. durchaus einzukalkulieren sind (und bei Spezialeinheiten wohl auch häufiger Platzwunden und Knochenbrüche). Aber die Frage ist immer, ist das Folge eine nachvollziehbar vernatwortungsvollen Einsatzes/Befehles oder kommen Soldaten ohne wirklichen einstztaktischen Grund zu Schaden bzw. weil in IMHO menschenverachtender Weise mögliche Schutzmechanismen nicht vorhanden sind oder nicht genutzt werden?
Vom im Schlamm robben oder auf glatten Deck auf die Nase fleigen stirbt man eher nicht, beim Sturz aus der Takelage sieht das anders aus, ergo hat es da IMHO einen Absturzschutz zu geben und wenn Soldaten den Befehl wegen (temporärer) körperlicher Unfähigkeit nicht ausfürhren wollen und dadurch nicht wesentliche Einsatzziele verfehlt werden oder die ganze Einheit in Gefahr gerät, dann hat das m.E. so zu sein, also das die Befehle berechtigt verweigert werden.

Zum Thema Ausbildung von der Basis: sowohl damals beim Bundesgrenzschutz wie heute bei der Bundespolizei lernen die Piloten das Fliegen von Helikoptern nicht in diesen schicken neuen Dingern von Eurocopter (die ich irgendwei extrem faszinierend finde), sondern auf der alten Aluette, die noch rein mechanisch funktioniert.

janw
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So 23. Jan 2011, 01:44 - Beitrag #10

Ersten äußerte sich die Mutter der zu Tode gekommenen Frau in den Nachrichten.
Danach ist sie nach einem anstrengenden Flug mit Verspätung nach dem Einschiffen ohne wirkliche Vorbereitung in die Takelage geschickt worden und darauf ein weiteres Mal, wobei sie dann die Kräfte verlassen haben.

Wenn dem so ist, dann wurde hier in meinen Augen wirklich fahrlässig und unsensibel gehandelt. Es mag sinnvoll sein, den Neulingen zu verdeutlichen, daß sie keine Traumreise vor sich haben, sondern eine anspruchsvolle Ausbildungstour, aber dabei müssen die Gefahren berücksichtigt werden - und Segelkletterei ist nunmal eine der gefährlichsten Tätigkeiten auf einem Segelschiff.

Zitat von 009:und wenn Soldaten den Befehl wegen (temporärer) körperlicher Unfähigkeit nicht ausfürhren wollen und dadurch nicht wesentliche Einsatzziele verfehlt werden oder die ganze Einheit in Gefahr gerät, dann hat das m.E. so zu sein, also das die Befehle berechtigt verweigert werden.

Körperliche Unfähigkeit im Sinne von Erschöpfung wird meines Wissens auch problemlos als Grund anerkannt - das Problem ist nur, daß sie vom Betreffenden erkannt und proklamiert werden muss.
Betreffender steht dabei unter Druck durch andere Neulinge - "nu hab Dich nicht so", "klar, Frauen mal wieder...was wollen die auch in der Seefahrt?" -, durch Vorgesetzte, die im Zweifel gerne Simulanten wittern, und durch die Situation - Betreffender will nunmal weiter kommen, und das nicht im Heer oder in der Luft, sondern auf dem Meer, weil Traum vielleicht? und jetzt fehlt schon die kraft, wo es noch gar nicht angefangen hat, im Hafen - soll damit schon alles vorbei sein? "Wäre wohl schon alles vorbei, wenn ich zeige, daß ich nicht mehr kann, jetzt gerade, im Moment?" "Nein, ich muss da jetzt durch, Augen zu und..."
Verantwortliche Führung weiß dies und berücksichtigt dies, weist auf die Gefahren hin, bevor etwas passiert.

Ipsissimus
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So 23. Jan 2011, 12:51 - Beitrag #11

Traitor, die Gorch Fock ist ein Ausbildungsschiff für angehenden Offiziere der Marine; da gibt es eine reguläre Mannschaft, die auf jeder Fahrt mit einer bestimmten Anzahl Kadetten aufgestockt wird.

Jan, ich kann dem zunächst nur zustimmen; natürlich ist es im Sinne einer Ausbildung von der Pike auf sinnvoll, sich zunächst mal der Hochtechnologie zu enthalten. Andererseits ist es die Frage, ob eine Ausbildung zum Segler tatsächlich eine Ausbildung "von der Pike auf" ist, denn Segeln ist das letzte, was diese Leute nach Ausbildungsende beruflich noch machen werden. Für mich ist es wirklich die Frage, ob hier nicht aus Traditionsgründen das Klischee eines Berufes hochgehalten wird, das vielleicht im 19ten Jahrhundert noch der Realität des Berufs entsprach, danach aber nie wieder.

Dass im Übrigen ein Soldat dadurch gekennzeichnet ist, dass er/sie prinzipiell dazu bereit ist, prinzipiell darin eingewilligt hat, sein Leben zu verlieren, ist eine Erkenntnis, die man zumindest Offiziersanwärtern abverlangen kann, die den Scheiß immerhin freiwillig mitmachen. Das Kalkül, Offizier zu werden, weil "sowieso nichts" passiert, ist jedenfalls ziemlich dumm. Nur muss das natürlich nicht unbedingt auf eine so törichte Weise erfolgen, dass man sie zu Tode hetzt, noch ehe es zum Einsatz überhaupt gekommen ist.

Ansonsten, es kommt immer wieder mal vor, dass Leute bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit zu Tode kommen, und fast immer steht irgendein Versagen dahinter. Das ist also kein Spezifikum der Bundeswehr.

Maglor
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So 23. Jan 2011, 13:14 - Beitrag #12

Im Grunde ist unverantwortlch. Vorher sollte der Kapitän erstmal überprüfen, ob der Kadett im Kindergarten aufgepasst. Zwischen dem Auf- und Abklettern auf der Tagelage und einem Klettergerüst gibt es keine wesentlichen Unterschiede.
Vielleicht sollte man zukünftige Soldaten im frühsten Kindesalter der Wattebeuschchengesellschaft entziehen und wie die Spartaner zu echten Männern erziehen. Alternativ vielleicht ein paar Philippinos, Gurkhas oder Fidschianer für die Bundeswehr anwerben und nur noch für repräsentative Zwecke einer paar gelackte Arier im der Armee erhalten.

Zum Verantwortngslosigkeit: Die Weigerung der Kadetten zur Fortführung des Segelbetriebes führte offenbar zum Ende ihrer kleinen Kreuzfahrt. Dass sie nun aber die wehleidigen nicht in Südamerika festsitzen, zeigt nur einmal den Zustand der Bundeswehr. Sie werden einfach wieder eingeflogen, ob sie über ein seetauglichen Schiff verfügen.
Wie die Kinder beschweren sie sich über die Kälte, die Märsche, das Wetter, Nutella und so weiter, kommen am Ende mit steter Diskutierei und Beschwerde auch noch durch, leben dann wie die Maden im Speck, und wenn dann von ihnen eine ernstzunehmende Arbeit ansteht, wie sie von jedem Polizisten, Dachdecker oder Fernfahrer verlangt wird, geht das Geheul erst richtig los.
Ob es nun Sinn macht diese auf einem Segelschiff auszubilden, weiß nicht; ich kann mir aber nicht vorstellen, dass dieser labile Haufen mit den Widrigkeiten eines U-Bootes besser zurechtkäme.

Was den Vorwurf der sexuellen Belästigung betrifft, kann ich den Gebrauch dieser nunmehr völlig entleerten Worthülse gar nicht mehr verstehen. Das Wort steht mittlerweile für alles.

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So 23. Jan 2011, 13:48 - Beitrag #13

Zitat von Ipsissimus:Dass im Übrigen ein Soldat dadurch gekennzeichnet ist, dass er/sie prinzipiell dazu bereit ist, prinzipiell darin eingewilligt hat, sein Leben zu verlieren, ist eine Erkenntnis, die man zumindest Offiziersanwärtern abverlangen kann, die den Scheiß immerhin freiwillig mitmachen. Das Kalkül, Offizier zu werden, weil "sowieso nichts" passiert, ist jedenfalls ziemlich dumm. Nur muss das natürlich nicht unbedingt auf eine so törichte Weise erfolgen, dass man sie zu Tode hetzt, noch ehe es zum Einsatz überhaupt gekommen ist.

Ansonsten, es kommt immer wieder mal vor, dass Leute bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit zu Tode kommen, und fast immer steht irgendein Versagen dahinter. Das ist also kein Spezifikum der Bundeswehr.


Ich denke, bei Soldaten & potentieller Tod im Dienst geht es um einen Tod bei der Verteidigung des Heimatlandes, nicht der "Verteidigung" komischer Rituale oder/und strukturellen menschenrechtsverachtenden "Organisationsprobleme" oder Machtstrukturen.
Unbenommen davon ist es doch wohl genauso wie bei anderen Todesfällen, die vor allem/auch Unfälle sind und in Ausübung eines Berufes passieren, strinkte menschliche Pflicht aller Beteiligten, dafür zu sorgen, dass die Wiederholungsgefahr minimiert wird und vor allem keine strukturelle Begünstigung solche Fälle bestehen bleibt.

Wenn ich übrigens hier lese:
"So hätte Sarah Lena Seele gar nicht aufentern dürfen. Sie unterschritt mit 1 Meter 59 die erforderliche Mindestgröße, um sich in der Takelage sicher bewegen zu können. Zudem: Zwei Tage nach ihrem Tod feierten Teile der Besatzung an Bord eine Karnevalsfeier. Man befand sich ja vor Brasilien."
fehlen mir irgendwie schlicht die Worte.

janw
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So 23. Jan 2011, 18:06 - Beitrag #14

Maglor, die Bundeswehr muss sich damit auseinander setzen, daß die Anfänger eben der Gesellschaft entstammen mit all ihren positiv oder weniger positiv zu sehenden Erscheinungen.
Allerdings ist diese grundlegende Auseinandersetzung IMHO Sache des Grundwehrdienstes, danach sollte für Betreffende klar sein, worauf sie sich einlassen - zugleich muss aber natürlich die Führung die Probleme und Gefahren weiterhin im Auge behalten und die Techniken eben so vermitteln, daß Bewußtsein für ihre Gefahren entsteht, ohne daß etwas schwerwiegend schief geht.

Wenn doch etwas passiert, liegt dann gleich Systemversagen vor? Konservative würden jetzt vielleicht auf einen hohen Anteil Nichtgedienter unter den Journalisten verweisen...

009, die Trennlinie zwischen Einsatz und dem davor hat Ipsi ja deutlich gezogen.

Die Sache mit der körperlichen Eignung wirft für mich wirklich Fragen auf, ebenso diese Karnevalsfeier, das zeugt für mich von tiefgreifenden Mängeln in der Menschenführung auf dem Schiff.

Wobei allerdings auch die Informations-Choreographie bedenklich stimmt, weshalb ist der Wehrbeauftragte besser informiert als der Minister, werden Medien mit Infomationen versorgt, während der Minister sich der Falschinformation des Parlaments zeihen lassen muss?
Haben wir es letztlich im Hintergrund mit einer Art Bendlerblock-Gate zu tun, intrigieren Teile des Ministeriums und der Stäbe gegen den Minister?
Ist die Feldpost-Affäre nur zufällig zeitgleich aufgekommen?

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So 23. Jan 2011, 18:36 - Beitrag #15

Möglicherweise nur unglaubliche, aber wahre Bürokratie. Wie auch die Tagesschau berichtet, ist es wohl ein recht langer Dienstweg, bis Informationen den Minister erreichen. Dies mag bei Routinedingen und Nebensächlichkeiten Sinn machen; so können die ganzen hierarchischen Zwischenebenen gewiss viel entscheiden, erledigen, aussieben, womit die begrenzte Zeit des Ministers nicht vergeudet werden muss.

Aber offenbar fehlen da ein paar Regeln (und warum Guttenberg die trotz eigener in dem Bereich schon früher suboptimaler Erfahrungen [was wusste er zu Kunduz] nicht nachgerüstet hat, verstehe ich nicht), die dafür sorgen, dass z.B. immer dann, wenn es - erst Recht mit Waffenbeteiligung - Unfälle oder/und verletzte Soldaten gibt, er unmittelbar über den Vorfall an sich zu unterrichten ist, um dann beispielsweise zu entscheiden, wie sehr/schnell/intensiv er weitere Informationen möchte.

janw
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So 23. Jan 2011, 19:20 - Beitrag #16

Sicher denkbar. Nach meinem Verständnis müsste aber der Wehrbeauftragte grundsätzlich direkten Zugang zum Minister haben und ihn direkt unterrichten.
Vielleicht läuft mit Herrn Königshaus nicht alles so gut wie mit dem allseits hoch gelobten Herrn Robbe.

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So 23. Jan 2011, 19:24 - Beitrag #17

Huch ich denke, das Kommunikation Wehrbeauftragter-Minister mag das eine Problem sein, das andere ist wohl noch viel mehr, dass Gutenberg nur sehr langsam über wirklich relevantes in der Ferne unterrichtet wird.

janw
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Mo 24. Jan 2011, 01:06 - Beitrag #18

...dafür handelt er dann plötzlich sehr schnell und hart.
Wie muss man die Abberufung von Herrn Schatz vor Vorliegen eines Untersuchungsergebnisses bewerten, Bauernopfer, oder aus-der-Schusslinie-nehmen?

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Mo 24. Jan 2011, 01:37 - Beitrag #19

Zunächst bin ich mir unklar, was genau das bedeutet. Ist der Kommendant spontan woanders hin versetzt worden, ist er derzeit zum häuslichen Däumchendrehen verurteilt oder ist er gar (das glaube ich dann doch nicht) aus der Bundeswehr entfernt worden?

Ich sehe in der Abberufung zumindest die faktische Aussage, das die Vorwürfe nicht ganz unbegründet scheinen, denn einen sich sicher tadellos verhaltenden Kommendanten würde man wohl kaum abberufen.

Vor allem denke ich, dass es eine Maßnahme für die Mannschaft der Gorch Fock ist, die nun nicht mehr unter diesem Kommendant dienen muss, bei dem eben erhebliche Zweifel bestehen, ob er das von ihm kommendierte Schill incl. Besatzung so im Griff hat, wie es sein sollte.

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Mo 24. Jan 2011, 17:58 - Beitrag #20

Bewusst nicht als Bearbeitung, die von der Forensoftware nicht bei der Übersicht "Neue Beiträge" angezeigt wird, mit der mind. ich immer gucke, was es neues zu lesen und ggf. zu beantworten gibt, hier zwei m.E. schon etwas erschreckende Texte der taz. Einmal der Artikel und dann der zugehörige Kommentar. Danach scheint es so, als würde Guttenberg nicht zuletzt durch die Bild in seinen Handlungen beeinflusst, mit denen er zudem mehr seine eigenen (Karriere-/Image-)Interessen verfolgt, als so zu handeln, wie man das von einem Bundeminister der Verteidigung erwarten könnte.

Und statt aus dem Kommentaar zu zitieren empfehle ich den jetzt doch zum selber lesen, weil er so lang nicht ist, es aber dafür in sich hat (und offenbar die Annahmen darin auch hinreichend auf andere Quellen gestützt sind).

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