Bounty bei der Bundeswehr^^

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
Maglor
Karteizombie
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4281
Registriert: 25.12.2001
Mo 24. Jan 2011, 18:55 - Beitrag #21

Die Abberufung ist ziemlich zweckfrei:
- alle Offiziersanwärter sind nach Deutschland ausgeflogen worden
- die Gorch Fock befindet noch immer irgendwo bei Kap Hoorn
- Guttenberg hat die Zukunft der Gorch Fock infragegestellt und den Ausbildungsbetrieb dort bis auf weiteres einstellen lassen

Sicher der ideale Zeitpunkt einen Kapitan auszutauschen. :crazy:

Ansonsten ist es das ja die übliche Haudraufmethode: Beim Skandal einfach irgend ein kleines Licht austauschen und darauf hoffen, dass das irgendwen beindruckt.

009
Lebende Legende
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 2000
Registriert: 10.07.2009
Mo 24. Jan 2011, 19:41 - Beitrag #22

Mehr ein Einhorn sieht die Bild in Guttenberg, wie das Bildblog im verlinkten Artikel diese kritische Allianz von Verteidigungsminister und sogenannter Zeitung berichtet.

fanvarion
Good Member
Good Member

 
Beiträge: 437
Registriert: 04.01.2004
Mo 24. Jan 2011, 20:47 - Beitrag #23

@009
Die Bundeswehr hat genau wie der Sozialdienst weiße und schwarze Seiten.
Auch beim Zivildienst gibt es schlechte Behandlungen z.B. Krankenhäuser wo die Zivis Räume aufräumen mit Asbesthaltigen Materialien oder Abfallcontainer mit giftigen Abfallstoffen ohne Schutzausrüstung auf die Straße zu stellen.

@009 und Ipsi
Zur Gorch Fock, die Ausbildung auf einem Segelschiff können nur wenigen Offiziersanwärtern erleben. Es soll den Offizieren die Möglichkeit geben die Seeausbildung von der Pike auf zu lernen. Es ist etwas anderes ein Segelschiff zu steuern und zu beherrschen als ein U-Boot. Die Deutsche Marine darf keine Atom-U-Boote betreiben.

@Traitor
Bei der Bundeswehr muss die (Kampf)Einheit funktionieren. Deswegen wird ein richtig heftiger Drill angesetzt. Dieser Drill ist je nach Einheit z.B. Jägertruppe oder Transporttruppe unterschiedlich. Was nicht in Ordnung ist, dass es Rituale gibt die Menschenverachtend sind.

@jawn
Karabinerhaken: Die Mannschaften bekommen richtige PSAgA (Persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz) zu mindestens habe ich dies so in Dokumentationen gesehen. Ohne diese dürfen sie laut Aussage in der Doku gar nicht in die Masten.

Fitness von jungen Leuten:
Die Aussage des Kapitäns kann ich zu gewissen Teilen bestätigen. Ein großer Teil der heutigen Azubis können sehr gut mit Computer und Playstation umgehen aber Sport ist Mord. Die Crews müssen – bevor sie auf das Segelschiff dürfen - in ihrem Heimathafen bei Flensburg das Klettern in der Takelage üben und auch andere wichtige Sachen.

Ausbildung bis zur Erschöpfung:
Es wird immer bis an die Leistungsgrenze gegangen. Ich selber –mit einem weiteren Kameraden - habe Kameraden die nicht mehr laufen konnten auf einem Gewehr bis nach Hause getragen. Die Erschöpfungszustände sind nicht schön, aber sie steigern die Leistung enorm.

@009
Der lange Weg einer Meldung bis zum Minister:
Klar dauert es lange, bis eine Meldung durch die Hierarchie läuft. Stelle dir doch einmal vor du hättest ein 2000 Mann Unternehmen und jede wichtige Entscheidung und jede Beschwerde würde über deinen Schreibtisch laufen. Wie viel Zeit wirst du noch haben um das Unternehmen zu führen?


Gruß fanvarion

janw
Moderator
Moderator

Benutzeravatar
 
Beiträge: 8488
Registriert: 11.10.2003
Mo 24. Jan 2011, 22:12 - Beitrag #24

fanvarion, danke für die Informationen zu den Details! Die aber das Problem mit den Abstürzen noch vertiefen - es sind ja einige gewesen, und mit der Schutzausrüstung hätte es sie eigentlich nicht geben dürfen. Oder sollte dese nur pro forma angelegt werden, weil zu hinderlich...?

009, dieses Verhaltensmuster von Guttenberg ist sicher auffällig, aber ob es wirklich dahinter steckt?
Er stellt es so dar, daß die in der Zeitung dargestellte Vielzahl an Zeugenberichten ihn zu dem Schritt bewogen habe - vielleicht waren diese vorher nicht zu ihm durchgedrungen, oder sie wurden bei Nachforschungen vielleicht abgewiegelt..."Einzelmeinungen", "so hat jeder seine Sichtweise, die nicht der Wirklichkeit entsprechen muss", "hier muss eben Disziplin vermittelt werden, was manchen scheinbar schwer fällt",...vielleicht sogar durch den Kapitän.
Guttenberg hat in einem Interview angemerkt, daß der Kapitän in keiner Weise entlassen oder ähnliches sei, und daß er durchaus auf seinen Platz zurückkehren könne, wenn die Untersuchungen zeigen, daß an den Vorwürfen nichts dran ist. Also vielleicht einfaches Aus-der-Schusslinie-nehmen, das Feld frei machen für die Untersuchungen?

Mich macht die Zahl der "angestauten" Fälle, die da bisher scheinbar weggewiegelt wurden, stutzig, wird da so viel vertuscht, auch dem Minister gegenüber?

Ipsissimus
Dämmerung
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 10251
Registriert: 29.10.2004
Mo 24. Jan 2011, 23:03 - Beitrag #25

Die Bundeswehr hat genau wie der Sozialdienst weiße und schwarze Seiten. Auch beim Zivildienst gibt es schlechte Behandlungen
das mag stimmen, fanvarion. Die schlechten Seiten einer Organisation werden aber nicht dadurch entschuldigt, dass andere Organisationen auch schlechte Seiten haben

Es soll den Offizieren die Möglichkeit geben die Seeausbildung von der Pike auf zu lernen. Es ist etwas anderes ein Segelschiff zu steuern und zu beherrschen als ein U-Boot.
auch das ist zweifelsohne richtig. Aber die Frage bleibt, wann solchermaßen ausgebildete Offiziere noch mal professionell mit einem Segelschiff zu tun haben

Was nicht in Ordnung ist, dass es Rituale gibt die Menschenverachtend sind.
auch das ist richtig. Die Frage ist nur, warum es diese Rituale ausgerechnet überall dort gibt, wo Hierarchien gefestigt werden müssen.

Es wird immer bis an die Leistungsgrenze gegangen. Ich selber –mit einem weiteren Kameraden - habe Kameraden die nicht mehr laufen konnten auf einem Gewehr bis nach Hause getragen. Die Erschöpfungszustände sind nicht schön, aber sie steigern die Leistung enorm.
Schwierig. Manchmal macht ein zu hartes Trainingsprogramm mehr kaputt als es gut macht. Ich weiß nicht, wie professionell die Leute sind, die das körperliche Ausbildungsprogramm bei der Bundeswehr planen. Es erweckt zumindest stellenweise den Eindruck, nicht zur körperlichen Entfaltung zu dienen, sondern zum Brechen von Widerstandsgeist.


Zu Guttenbergs Maßnahme: Im weitesten Sinne ist das eine polizeiliche Untersuchung. Außerhalb der militärischen Einrichtung wäre ein Staatsanwalt zuständig. Es ist daher SELBSTVERSTÄNDLICH, dass eine Person, die einerseits selbst Gegestand der Untersuchung ist und andererseits prinzipiell in der Lage wäre, diese Untersuchung aufgrund ihrer Position zu manipulieren, aus ihrer Position entbunden wird. Es wäre doch noch schöner, wenn der verdächtige Firmenchef im Verdacht gegen ihn wegen Steuerhinterziehung die Untersuchungen selbst leiten würde, mit Zugriff auf alle gespeicherten Daten.

009
Lebende Legende
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 2000
Registriert: 10.07.2009
Mo 24. Jan 2011, 23:56 - Beitrag #26

Zitat von fanvarion:@009
Die Bundeswehr hat genau wie der Sozialdienst weiße und schwarze Seiten.
Auch beim Zivildienst gibt es schlechte Behandlungen z.B. Krankenhäuser wo die Zivis Räume aufräumen mit Asbesthaltigen Materialien oder Abfallcontainer mit giftigen Abfallstoffen ohne Schutzausrüstung auf die Straße zu stellen.

[...]

@009
Der lange Weg einer Meldung bis zum Minister:
Klar dauert es lange, bis eine Meldung durch die Hierarchie läuft. Stelle dir doch einmal vor du hättest ein 2000 Mann Unternehmen und jede wichtige Entscheidung und jede Beschwerde würde über deinen Schreibtisch laufen. Wie viel Zeit wirst du noch haben um das Unternehmen zu führen?


Auch im Zivildienst vertrete ich die Meinung, dass derartiges nicht vorkommen darf und wenn doch, nahhaltig abgestellt werden muss. Es sit wiederum so, dass die beteiligten (hier Zivis) schon als selbständig denkende Menschen anzusehen sind und mind. ich damals mit den Unterlagen auch Infos bekam, dass ich mich bei Problemen/Mißständen auch direkt und vertraulich an den *bei google such* Regionalbetreuer wenden, eine Art Entsprechung des Wehrbeauftragten. Als ich einmal mit meinem Dienststellenleiter eine sachliche Auseinandersetzung hatte, wollte er zunächst nicht meiner Argumentation folgen - bis ich das wohl entscheidende Argument brachte: den Namen dieses zuständigen...

"Meldewege": da gilt es dann eben mit der Zeit herauszuarbeiten, was wie in welcher Form an den Minister heranzutragen ist, damit dieser sowohl informiert wie nicht überlastet ist. Von einer anderen Organsiation/Bundesbehörde, bei der draussen vor Ort auch Beamte mit Schußwaffen unterwegs sind, weiss ich, dass es klare Vorschriften gibt, wann unter Umgehung des normalen Dienstweges direkt der Minister bzw. sein Referent oder Staatssekretär zu informieren ist. Wenn da also ein Beamter durch Einwirkung dritter zu Schaden kommt oder zB von der Schußwaffe Gebrauch macht, geht die Meldung direkt nach ganz oben.

Lykurg
[ohne Titel]
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 6865
Registriert: 02.09.2005
Di 25. Jan 2011, 00:02 - Beitrag #27

Ipsissimus, ich bin ganz deiner Meinung, was die Beurlaubung des Kapitäns zur Ermöglichung von freien Ermittlungen angeht. Ob nun direkt oder indirekt geschieht - eine Beeinflussung ist, solange er vor Ort ist, kaum zu verhindern. - Einen üblen Beigeschmack hat es nur durch die Mitwirkung der Bild (und sei es nur an der Bekanntmachung der Meinungen). Offenbar ist das Beschwerdewesen der Bundeswehr und sind ihre Dienstwege noch immer viel, viel zu kompliziert. Hoffentlich wird im Zuge ihres nun fälligen Umbaus auch in der Hinsicht etwas verbessert (allerdings stehen bei der zu erwartenden Senkung des geistigen Potentials die Chancen leider schlecht).
Ich weiß nicht, wie professionell die Leute sind, die das körperliche Ausbildungsprogramm bei der Bundeswehr planen. Es erweckt zumindest stellenweise den Eindruck, nicht zur körperlichen Entfaltung zu dienen, sondern zum Brechen von Widerstandsgeist.
Den Punkt körperliches und psychisches Belastungstraining sehe ich allerdings eher wie fanvarion (und meinerseits mit Schwerpunkt auf letzterem). Ich habe in meiner Jäger-Ausbildung ähnliches erfahren; auch beim Leistungsmarsch andere tragen müssen, denke aber eben, daß das viel wichtigere Ziel die geistige Bereitschaft zur unbedingten Leistung ist. Den Einsatzwillen zu formen, ist viel anspruchsvoller als ein reines Kräftetraining, das hier nur nebenher abfällt. Ein Prestigeobjekt wie die Bounty (äh, 'Gorch Fock') dient dabei als verschärfte Maßnahme bei der Marine, das machen ja auch bei weitem nicht all deren Offiziersanwärter. Dabei ist allerdings - ebenso wie an Land in den entsprechenden Schleifereien des Heeres - unbedingt notwendig, daß die Vorgesetzten sich ans Reglement halten und das Wohl ihrer Untergebenen nicht aus den Augen verlieren. Wenn Vorfälle wie diese unvermeidlich sind, sollte man die Ausbildungsstrukturen umbauen.

Wobei eine 'große Zahl von Fällen' sich einerseits über Jahre und andererseits durch die schiere Größe der Truppe auch ansammeln kann, ohne in direktem und mehr als geringfügig strukturell begünstigtem Zusammenhang zu stehen. Schlimm genug zweifellos.

009, für mich greift der taz-Kommentar immer noch zu kurz. Es ist nicht nur zu Guttenberg, der sich offenbar zu sehr von dem beeinflussen läßt, was in der Bild steht, dasselbe gilt auch für Regierung und Opposition (das entsprechende Schröder-Zitat sollte noch nicht vergessen sein). Böse gesagt: "Enteignet Springer" reicht nicht, das betreffende Blatt sollte mindestens mit einem erhöhten Tabaksteuersatz belegt werden, iSv "Lesen schadet Ihrer Intelligenz".

009
Lebende Legende
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 2000
Registriert: 10.07.2009
Di 25. Jan 2011, 00:27 - Beitrag #28

Genau deswegen bin ich auch Fan des Bildblog und mache bei schon nur halb passenden Gelegenheiten im privaten Umfeld nie einen Hehl aus meiner Meinung zu Bild und der Sorge, wie gesamtgesellschaftlich desaströs dieses "Ding" ist.

Führte auch mal dazu, dass ich erst Respekt und wegen vieler anderer Gründe zugegeben auch dann den Kontakt zu jemanden bewusst verloren habe, der Journalist werden wollte und für seinen Weg ernsthaft die Spinger-Akademie/Schule/wie immer dett Ding heisst, in Erwägung zog.

Drum gäbe es in meiner Wunschgesellschaft auch viel mehr relevante Leute, die wie Charlotte Roche und Stefan Raab jegliche Kooperation mit diesem Springer-Unternehmen (der Springer mit den wissenschaftlichen Büchern ist nicht mit den "Bild-lern" verbunden) offen ablehnen.

Ipsissimus
Dämmerung
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 10251
Registriert: 29.10.2004
Di 25. Jan 2011, 11:30 - Beitrag #29

Den Einsatzwillen zu formen, ist viel anspruchsvoller als ein reines Kräftetraining, das hier nur nebenher abfällt.
als früherer Kampfsportler war ich ein extrem schweres Training gewohnt, das gleichermaßen auf den Ausbau der körperlichen Leistungsfähigkeit als auch der mentalen Leistungsbereitschaft und psychischen Robustheit diente. Schon dieses Training hatte aus meiner Sicht problematische, grenzwertige Aspekte, wenn Schüler durch geeignete Manipulationen über ihre aktuelle Leistungsgrenze hinausgeführt wurden, selbst wenn sie innerlich dazu gar nicht bereit waren.

Das war der private Fall - man konnte sich vorbehaltlich möglichen Gruppenzwangs im Prinzip jederzeit entziehen. Im Bundeswehrfall kann man sich normalerweise nicht einfach so entziehen. Die Atmosphäre des Gebrülls, der Androhung von Strafen, des direkten Zwanges - auf meinen Leistungsmärschen wurden zusammklappende Kameraden gerne einfach hochgerissen und vorangetrieben, bis sie wieder zusammenklappten, solange, bis sie schon beim Hochreißen zusammenklappten - entspricht meines Erachtens ganz genau der Atmosphäre menschenverachtender Rituale - sie speisen sich aus derselben Quelle psychischer Brutalität. Insofern sehe ich die Formulierung den Einsatzwillen formen als durchaus synonym zu den Willen eines Untergebenen brechen, bis der bis zum eigenen Tod alles mitmacht, weil er die Gewaltätigkeit der Vorgesetzten mehr fürchtet als selbst den eigenen Tod.

Das ist etwas, was ich während meiner Bundeswehrzeit, in den 70ern war das, selbst miterlebt habe und nicht etwa nur durch Hörensagen vermittelt bekam. Mag sein, die Bundeswehr ist mittlerweile netter geworden, man hört ja in der PR allenthalben, was für mündige Staatsbürger in Uniform und Streiter für Menschenrechte die geworden sind.

Mag aber auch sein, dass das nur PR ist.

Lykurg
[ohne Titel]
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 6865
Registriert: 02.09.2005
Di 25. Jan 2011, 12:16 - Beitrag #30

Ganz so weit gingen meine Erfahrungen nicht, Ipsissimus, auch wenn zusammengeklappte Kameraden durchaus angebrüllt und auch auf subtilere, vielleicht wirksamere Weise über das Kollektiv verbal zur Schnecke gemacht wurden. Ich sehe dabei durchaus auch - trotz aller Bemäntelung - Willensbrechung als angestrebtes und erreichtes Prinzip, habe zumindest letzteres (Angst vor der unmittelbaren Gewalt des Vorgesetzten als existenzielle Erfahrung) selbst sehr direkt empfunden und die Wirksamkeit dieses Verfahrens für den angestrebten Zweck als gültig anerkannt. Nach meinem Verständnis setzt das Konzept der Inneren Führung erst später an, diese Form der Willensbrechung ist die tatsächliche Grundlage für ein Funktionieren des Militärs, entscheidend für die Kampfkraft der Truppe.

Zur Herstellung ihrer ethischen Brauchbarkeit als Bürgerarmee und Friedenseinsatzfähigkeit, Verhinderung von Gewalttaten gegen Zivilisten und gegebenfalls Verweigerung vorschriftswidriger (=ungültiger) Befehle ist diese dann notwendig; der Erfolg des Modells Bundeswehr hängt wesentlich von der Austarierung dieser beiden Ausbildungsziele und gedanklichen Konstituenten ab.

Ich halte für sehr wahrscheinlich, daß die Bundeswehr sich hierin seit den 70ern deutlich gewandelt hat, entsprechend ihren veränderten Aufgaben auch in den meisten Verbänden die Kampfkraft zurückgestellt hat gegenüber einer stärker ethisch unterfütterten Ausbildung. PR-Arbeit dafür hat es aber von Anfang an gegeben, da sollte sich nicht viel geändert haben. Bild

009, ich ja auch... (machst du dir auch manchmal Gedanken, wie Du "Deine Meinung zu Bild" auf einem solchen Plakat formulieren würdest?) - Und ich habe auch mal jemandem von dieser Karriereüberlegung abgeraten, ihm war aber auch selbst klar, daß er das Stigma Bild nicht wieder loswerden könnte, und ging zum Stern. Bild

009
Lebende Legende
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 2000
Registriert: 10.07.2009
Di 25. Jan 2011, 12:36 - Beitrag #31

Da diese Plakataktion gerade wenn "Kritiker" beteiligt sind, doch nur der Bild nutzen, weil sie wieder (prominente) Leute letztlich halbwegs positiv mit der Bild in Verbindung bringen (wer für Bild wirbt, muß einen Rest Sympathie für die haben), würde ich mich daran niemals beteiligen.

Eher kreativ wäre, Werbung für Bildblog zu machen oder zB Deutschlehrerinnen dazu zu kriegen, wenn es um Zeitungen geht via Bildblog auch eine angemessen sachlich-kritische Bildhaltung zu vermitteln.

Bin etwas in Eile, durm keine weiteren Anti-Bild oder -Guttenberg-Links, auch wenn die mir derzeit zunehmend begegnen.

Ipsissimus
Dämmerung
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 10251
Registriert: 29.10.2004
Di 25. Jan 2011, 12:42 - Beitrag #32

Nach meinem Verständnis setzt das Konzept der Inneren Führung erst später an, diese Form der Willensbrechung ist die tatsächliche Grundlage für ein Funktionieren des Militärs, entscheidend für die Kampfkraft der Truppe.
Das ist auch mein Verständnis von den Grundlagen des Militärwesens. In einem anderen Kontext werden auf vergleichbare Weise aus ukrainischen Frauen "naturgeile Nutten" gemacht. Der Zweck heiligt die Mittel, und die Mittel offenbar den Zweck.

Lykurg
[ohne Titel]
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 6865
Registriert: 02.09.2005
Di 25. Jan 2011, 13:20 - Beitrag #33

Nein, heilig werden die Mittel damit keineswegs, höchstens ein Gewohnheitszustand fragwürdiger Rechtmäßigkeit. Immerhin sollte Professionalisierung das Problem verschieben und zumindest teilweise lösen. Wer sich freiwillig in die Situation begibt, wird wohl auch die Kampfkraftsteigerung als ein Ziel ansehen, dem er Teile seiner Rechte zu opfern bereit ist (bzw. das ist dann letztlich nur eine Frage des Preises, und für die Gesellschaft eine des Blickwinkels, der Vergleich mit den Ukrainerinnen ist also in der Tat gar nicht so schief, wie ich zuerst dachte).

009, das sehe ich ja genauso, der indirekte Nutzen ist mir bewußt (und bildblog hat das ja auch mal explizit thematisiert). Trotzdem und völlig abgelöst davon, daß die Teilnahme daran unrealistisch und angesichts des Werbeeffekts nicht erstrebenswert ist, mache ich mir manchmal Gedanken darum, wie eine echte und nicht werbewirksame Kritik auf einem solchen Plakat aussehen könnte. Die bildblog-Ideen mit Mut zur Wahrheit (Goebbels, Käpt'n Blaubär etc.) sind ja auch nicht schlecht und zweifellos wenig werbewirksam für das Blatt. ;) Meine Deutschlehrerin hat das Thema mit Katharina Blum immerhin angestoßen; sinnvoller wäre aber in meinen Augen eine Auseinandersetzung im Rahmen von Medienkompetenz/-kritik in Gemeinschaftskunde.

e-noon
Sterbliche
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4576
Registriert: 05.10.2004
Di 25. Jan 2011, 13:32 - Beitrag #34

Zur Bundeswehr: Jetzt ist es ja egal, aber solange Menschen gegen ihren Willen eingezogen wurden, hätte es das nicht geben dürfen. Man kann natürlich immer dagegenhalten: Aber wenn es um Leben und Tod geht...
Geht es ja aber seit 60 Jahren nicht mehr. Zumindest nicht für die unfreiwillig in das Heer eingetretenen Jugendlichen.

Zur Bild (eigenes Thema?): Man müsste das wirklich völlig ablehnen. Jedes dieser Plakate mit Bild-hintergrund und Bild-unterschrift ist Werbung für die Bild, egal, was draufsteht, man könnte es sicher mit "Bildleser sind dumm" oder "Bildlesen verdummt" oder ""Die Bild schreibt nur Schund" probieren, aber die Bild würde das in ihren Vorteil umwandeln, "seht nur, wir scheuen uns nicht davor, die ungeschönte Meinung deutscher Bürger wiederzugeben, selbst wenn sie gegen uns gerichtet ist; WIR sagen immer die Wahrheit."
Lügen und Ungereimtheiten sind einfach ein zu sehr akzeptierter Teil unserer Medienwelt, als dass ein Bildblog den typischen Bildleser aufrütteln könnte; das ist zumindest meine pessimistische Haltung.

Ipsissimus
Dämmerung
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 10251
Registriert: 29.10.2004
Di 25. Jan 2011, 13:48 - Beitrag #35

im Kontext ganz nett folgende zwei Links

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,741220,00.html
Sämtliche Teilstreitkräfte, so hat es der Minister veranlasst, sollen vom Generalinspekteur durchleuchtet werden - auf Rituale, die "den Grundsätzen der Bundeswehr widersprechen". Es ist seine Reaktion auf die jüngsten Vorfälle in der Truppe, die vermeintliche Meuterei auf der "Gorch Fock", die möglichen Waffenspiele in Afghanistan. Sie haben Guttenberg alarmiert, jetzt sollen alle Disziplinlosigkeiten aufgedeckt werden, auch wenn es weh tut: Mutproben, Trinkspiele, Nötigungen - alles.

Es ist ein heikler Vorstoß, so viel ist klar. Denn Guttenberg droht ein umfangreicher, vor allem aber unangenehmer Katalog über das Innenleben jener Truppe, mit der er sich so gerne schmückt. Man muss kein intimer Kenner der Bundeswehr sein, um zu wissen, dass dort eine ganze Reihe von mehr oder weniger geschmacklosen Ritualen existiert - nicht nur jene, die jetzt von der "Gorch Fock" bekannt sind. Seit Jahren sorgen einzelne Fälle immer mal wieder für Wirbel - in Berichten des Wehrbeauftragten, in Prozessen, in der Presse.
wenn er das schafft, hat er sich, CSU hin oder her, meine Hochachtung erworben

Auch bei der Marine gibt es etliche Bräuche. Viele dringen jedoch gar nicht erst an die Öffentlichkeit. "Wir sind bemüht, alles aufzuklären und Konsequenzen für die Verantwortlichen zu ziehen, aber unsere Führung hat große Angst davor, dass diese Ereignisse öffentlich werden und den Ruf der Marine schädigen", sagt ein Unteroffizier der Marine. So sei das "Kielholen" nach wie vor auf vielen Marineschiffen durchaus üblich. Bis ins 19. Jahrhundert hinein eine Strafe für Seeleute, sei es heute eher "eine Art Partyspaß". Dazu werde ein Soldat per Seil unter den Rumpf des Schiffes gezogen. "Die Offiziere bekommen meist nicht mit, wenn es auf einer Party hoch hergeht und solche Sachen veranstaltet werden."
um Gottes willen, es könnte öffentlich werden. Als wäre das das Schlimme. Und im übrigen: die bösen Unteroffiziere und Freiwilligen


http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,741472,00.html
Der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hellmut Königshaus (FDP), prangert in seinem Jahresbericht erhebliche Führungsschwächen bei der Bundeswehr an. Insbesondere bei unerfahrenen Vorgesetzten sieht er einen Mangel "an Wissen und Gespür dafür, wann die Grenzen zum Dienstvergehen beziehungsweise zur Straftat überschritten werden". Rüde Umgangsformen und herabmindernde Äußerungen würden bei der Truppe oft nicht als unangebracht erkannt, heißt es in dem 70-seitigen Bericht.

Lykurg
[ohne Titel]
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 6865
Registriert: 02.09.2005
Di 25. Jan 2011, 14:30 - Beitrag #36

e-noon, das war für eine ziemlich lange Periode des Kalten Krieges wirklich nicht so klar. Nach den Lagebeurteilungen der NATO hätte Deutschland im Eskalationsfall ein riesiges Schlachtfeld werden können, und dann wäre jedes bißchen Schlagkraft der truppe gefragt gewesen. Wir können unendlich dankbar sein, daß es nicht dazu kam, aber trotz nuklearem Patt war die Möglichkeit omnipräsent und galt direkt auch für die Wehrpflichtigen, die ja in diesem Fall eingesetzt worden wären (auch die Zivis, nebenbei bemerkt).

Zitat von Ipsissimus:wenn er das schafft, hat er sich, CSU hin oder her, meine Hochachtung erworben
Ja, das wäre wirklich ein großer Schritt, vielleicht auch mit Auswirkungen auf das Mobbing in der Zivilbevölkerung. Um die betreffenden Fragen drückt man sich schon viel zu lange.

janw
Moderator
Moderator

Benutzeravatar
 
Beiträge: 8488
Registriert: 11.10.2003
Di 25. Jan 2011, 22:46 - Beitrag #37

Zitat von e-noon:Zur Bundeswehr: Jetzt ist es ja egal, aber solange Menschen gegen ihren Willen eingezogen wurden, hätte es das nicht geben dürfen. Man kann natürlich immer dagegenhalten: Aber wenn es um Leben und Tod geht...
Geht es ja aber seit 60 Jahren nicht mehr. Zumindest nicht für die unfreiwillig in das Heer eingetretenen Jugendlichen.

Man muss wirklich sagen, es geht seit etwa 20, 25 Jahren nicht mehr darum.
In den 70er Jahren hat es durchaus mal Großalarmübungen gegeben, von den jährlichen Großmanövern in der Landschaft nicht zu reden, und wahrscheinlich waren die Gegner des Nato-Doppelbeschlusses und Helmut Schmidt sich in der Angst vor einem Ende des friedlichem Zustandes einig.

Das Problem ist IHMO, daß die Willensbrechung wohl notwendiges Mittel zum Zweck ist, der da heißt, Menschen auch im absoluten Ernstfall unter äußerster Gefahr einsatzfähig zu haben und vorher all jene auszusortieren, die dann zum Klotz am Bein der Truppe würden (Letztbegründet dadurch, daß der Gegner in mindestens gleicher Weise Willensgebrochene aufbieten wird).

So gesehen stellt sich für mich die Frage des Militärbesitzes an sich.
Von Costa Rica lernen...?

fanvarion
Good Member
Good Member

 
Beiträge: 437
Registriert: 04.01.2004
Mi 26. Jan 2011, 23:11 - Beitrag #38

@009
Ich möchte auf keinen Fall, aufzeigen wenn es bei der Bundeswehr schlimm ist schau dich bei den Zivis um dort ist es genauso.
Aber viele junge (leider auch viele ältere) Menschen wissen gar nicht das sie sich wehren dürfen. Bei der Bundeswehr wird es auch häufiger hochgespült.

Meldung an den Minister: Der einzige sichere direkte Meldeweg zum Minister heißt Presse und tagelanger Dauerbeschuss.

@Ipsi
Drill bei der Bundeswehr hat einige Gründe der wichtigste ist wie Lykurg schon schrieb physische und psychische Belastbarkeit steigern. Warum das so ist hat etwas mit unserer Programmierung zu tun. Erst wenn ich Abläufe solange trainiere das sie als Standardablauf gespeichert sind. Denn dann werde ich im Notfall das Programm ohne Nachzudenken abspulen z.B. Feuerwehr, THW, Kampfsportler, Krankenschwestern, Bundeswehrsoldaten usw.

@e-noon
Freiwillig zur Bundeswehr: Es gab einen Gesetzestext der alle „männlichen“ Bürger dazu verpflichtete sein Land zu verteidigen. Es fanden dazu immer wieder auf dem „geplanten Schlachtfeld – BRD und DDR – Großübungen statt. Auch ich kam in den 90er in den Genuss ein solchen.
Die Menschen wurden freiwillig gezwungen eingezogen. Nach mehr oder weniger realistischen Einschätzung der Tauglichkeit. Die Bundeswehr hat leider einen schlechten Ruf – gehabt und immer noch. Am Anfang durch „Nie wieder Krieg“ und über die Jahre „Mörder“ und „Soldaten sind Schweine Mentalität“ angefeuert wurde.
Die Bundeswehr hat den einen oder anderen gebrochen, den meisten nichts getan und einigen sehr sehr gut getan von Hotel Mama getrennt zu sein.


Gruß fanvarion

009
Lebende Legende
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 2000
Registriert: 10.07.2009
Mi 26. Jan 2011, 23:19 - Beitrag #39

@fanvarion: halten wir ggf. fest, dass wir beide Mißstände ablehnen und hoffen, dass sich zukünftig bei Mißständen wo auch immer die Betroffenen an die vorgesehenen "Hilfskanäle" wenden, damit die Mißstände möglichst schnell und umfassend abgestellt werden können.

Hat jemand gesehen, wie Guttenberg und der SPD-Vertreter heute nach der Anhörung vor die Presse traten? Guttenberg feudestrahlend, überzeugt die Vorwürfe seien in sich zusammengebrochen, frei von Selbstzweifeln und auch mind. auf mich nicht ausstrahlend, dass ihm die zu Tode gekommenen Soldaten (noch) leid täten.

Ich muß es bringen, so wie seine Haare wirte er auf mich schon schmierig.

Der SPD-ler hingegen zeichnete ein Bild eines weiterhin nicht alle - durchaus berechtigten - Fragen gemäß dem eigenen (scheinbaren?) Anspruch folgend offen aufzuklären.
Lustig der CDU-ler zum Schluß, der meinte die Gorch Fock sei ua wichtig auch als Lernort für die sozialen Fähigkeiten der Soldaten. Mein Vater meinte recht trocken wie mE stimmig, das sei richtig, da hätten wohl einige noch einiges zu lernen...

Nachtrag:
Zum m.E. zunehmend erschreckenden und fahrlässigen Umgang mit Waffen bei der Bundeswehr hat der Spiegel noch so einiges zusammengetragen

Lykurg
[ohne Titel]
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 6865
Registriert: 02.09.2005
Do 27. Jan 2011, 02:53 - Beitrag #40

Daß man aus derartigen Auftritten selten etwas fundamental anderes herausliest als man ohnehin schon vertritt, hatten wir hier vor einigen Jahren mal angesprochen. ;)
Der Spiegel-Artikel kommt mir allerdings über erhebliche Strecken ziemlich plump vor. Insbesondere seine Aufregung über 'martialisches Posieren' mit der Waffe für Fotos (an zwei Stellen des Artikels als Dududu-Superlativ aufgeführt) geht irgendwie an der Sache vorbei; die wurden bei uns wohl nur deswegen nicht gemacht oder zumindest nicht herumgereicht, weil wir auf dem Kasernengelände nicht fotografieren durften. Posiert wurde aber trotzdem. Die Waffe auf einen anderen zu richten, ist allerdings idT bescheuert und vorschriftswidrig; daß derartiges (häufig) passiert, finde ich aber nicht sonderlich skandalträchtig, es sei denn, man hat viel Willen dazu, einen Skandal zu konstruieren, und wenig Sachverstand (was offenbar beides der Fall ist).

janw, ich stimme weitgehend mit dir überein. Allerdings kann sich Costa Rica seine Waffenlosigkeit nur leisten, weil es (im überregionalen Vergleich, versteht sich) relativ arm und wenig bedeutend ist; von einem großen, einwohnerreichen und wirtschaftsstarken Land wie Deutschland erwartet die Weltgemeinschaft einen Beitrag zur Konfliktprävention etwa im Rahmen von UN-Missionen. (Und wer etwa einen Sicherheitsratssitz anstrebt, sollte sich da nicht völlig verschließen). Zugleich dient das Militär ja auch deutschen Wirtschaftsinteressen (Schutz der Handelsschiffahrtsrouten vor Somalia etc.), auch hier gelten für Costa Rica andere Spielregeln.

VorherigeNächste

Zurück zu Politik & Geschichte

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 8 Gäste

cron