Ich habe Esperanto mal gelernt, oder eher, mir die Grammatik angesehen. Soweit ich mich erinnere, war diese Sprache nicht unbedingt wesentlich einfacher zu erlernen als andere Sprachen, was man sich ja hätte erhoffen können. Ich weiß nicht, ob die Mischung aus romanischem, germanischem und slawischem Wortschatz eine gute Idee war. Wenn es darum ginge, eine möglichst (global) einfache Sprache zu erfinden, wäre dies wohl Italienisch von der Aussprache her, und Chinesisch von der Grammatik her. Das müsste sich doch machen lassen...
Generell sehe ich es aber wie du, Ipsi, es ist unmöglich, eine Sprache in einem Guss zu erfinden und dann so zu belassen, täglich werden neue Wörter (und Gegenstände) erfunden, Sprecher bringen ihre bisherige Sprache ein, oder auch neu erlernte Fremdsprachen, Werbung, Schriftsteller, Jugendliche, Sms-schreiber bemühen sich stets, andere, innovative Wendungen zu (er-)finden. Ich habe dann auch recht schnell aufgehört, Esperanto zu lernen, teilweise war es mir zu nah an Latein, teilweise war mir der Sinn davon nicht ganz klar, denn in welchem Land hätte ich Esperanto sprechen können?
Sprachreformen dagegen finde ich in geringem Maße sinnvoll. Mussolinis Sprachreformen haben einiges bewirkt (was nicht heißen soll, dass ich diese spezielle Maßnahme gutheiße, sonst ende ich noch wie die Italiener mit ihrem "quando c'era lui..."). Manzoni hat in EINEM bombastischen literarischen Werk die Sprache des kommenden Jahrhunderts, das moderne Italienisch, mehr oder weniger erschaffen, indem er sich auf das moderne Florentinisch mit Schwerpunkt auf überregionalem Vokabular stützte. In Norwegen gibt es bis heute zwei Schriftsprachen und keine Standardaussprache, es gibt nur Dialekte; in Anbetracht von nur 5 Millionen Sprechern hielte ich es für angebracht, zumindest die Schriftsprache zu reformieren, sinnvollerweise sich auf Bokmal zu einigen, das von 85% der Bevölkerung verwendet wird. Skandinavien ist ohnehin ein Fall für sich, untereinander herrscht ein hoher Grad an Verständnis zwischen Norwegern und Schweden und Norwegern und Dänen, man könnte sich also auf eine Sprache einigen (lange Zeit wurde auch in Norwegen nur Dänisch geschrieben), aber das muss ja nicht sein, solange in Skandinavien jeder Englisch kann.
Demzufolge: Kleine Reformen innerhalb einer Sprache ja (insbesondere Zahlwörter!!! Insbesondere Französisch!!! In Belgien ist das auch schon geschehen mit "Nonante"); Zusammenlegung von Dialekten in einer Standardsprache ja; Zwangskompletterneuerung i.S.v. deutscher Rechtschreibreform oder Purisierung im Sinne der französischen Sprachbehörde eher nein.
Im Übrigen ist es, wurde mir gesagt, ohnehin ein Irrtum zu glauben, dass die meisten Menschen nur eine Sprache sprechen würden; die meisten Menschen sind, global gesehen, bilingual oder plurilingual. Insofern würde ich mir eine Entwicklung hin zu einem (dann leider wohl vereinfachten) Englisch als Standardzweit- und Weltsprache wünschen; dann wäre auch egal, wenn in irgendeinem Bergdorf mit 50 Sprechern noch Quastuhalani gesprochen wird, solange Englisch auch verstanden wird.
Sinnvollerweise wäre diese Sprache dann tatsächlich eine lebendige Sprache wie Englisch und sinnvollerweise gäbe es jedes wichtige Dokument in jeder Sprache auch auf Englisch, ebenso wie Filmuntertitel (nur) auf Englisch und Nachrichten auf Englisch. Nicht als Zwang, natürlich, aber als stetige Alternative.
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