Hamburger Bürgerschaftswahl 2011

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
Lykurg
[ohne Titel]
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 6865
Registriert: 02.09.2005
Di 15. Feb 2011, 22:46 - Beitrag #41

Wobei sie es ja beim Schulreform-Volksentscheid in Hamburg immerhin mit vier Antworten und einer Verneinungsaussage versucht haben - und dafür war dieselbe Landesregierung verantwortlich, und die damals zuständige Senatorin gehörte derselben Partei an...^^

Traitor
Administrator
Administrator

Benutzeravatar
 
Beiträge: 17500
Registriert: 26.05.2001
Mi 16. Feb 2011, 00:27 - Beitrag #42

Den Hamburger Bürgerentscheid fand ich wie Lykurg schon verdammt nahe an der Unverständlichkeit oder zumindest (bzw. schlimmer noch) gezielten Irreführung großer Bevölkerungsteile.

Ist für das aktuelle Wahlverfahren eigentlich die bisherige Regierung verantwortlich, oder ein parteiübergreifendes Gremium, oder eine "unabhängige" Stelle? Falls ersteres, und noch nicht allzu lange beschlossen, könnte man ja fast vermuten, dass sie die Wahl gezielt anfechtbar machen wollen, weil sie wissen, keine Chance zu haben, aber sich bei einer Wiederholung höhere Chancen ausrechnen...

Lykurg
[ohne Titel]
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 6865
Registriert: 02.09.2005
Mi 16. Feb 2011, 03:01 - Beitrag #43

Zitat von Hamburger Abendblatt:Die vorgezogene Bürgerschaftswahl – regulär wäre erst 2012 gewählt worden – kostet nach Angaben des Landeswahlleiters voraussichtlich 15,5 Millionen Euro. Für die Stimmzettel allein seien rund 71 Millionen Blatt Papier und etwa 5,5 Tonnen Druckfarbe verbraucht worden. Außerdem seien für die knapp 1300 Wahllokale und Auszählstationen rund 17.000 Wahlhelfer nötig.


Zu den Änderungen im Hamburger Wahlrecht seit 2004 gibt es einen eindrucksvoll langen Wikipedia-Artikel. Dabei ist es fleißig hin und hergegangen zwischen GAL-nahen Volksentscheid(en) und Mauschelei, womit sich die CDU bekleckert hat. Generell wollten die eher ein Zwei-Stimmen-Wahlrecht, während die 10 bzw. 20 ein Kompromißergebnis sind.

Vorbildlich klar formuliert finde ich die Erläuterungen zum Wahlrecht auf der Seite der Grünen. Da sie die Einführung des Systems wesentlich mit herbeigeführt haben, wäre alles andere auch eigenartig gewesen. Zu meiner Frage dort:
Das Ergebnis der Wahlkreisliste ist nicht relevant für die Anzahl der Sitze im Parlament, die auf eine Partei entfallen. Hier entscheidet der Bürger/die Bürgerin, welche Person die errungenen Sitze einnehmen soll. Bei der Abstimmung auf der Wahlkreisliste handelt es sich um eine reine Personenwahl. Die Wählerinnen und Wähler können ihre fünf Stimmen beliebig auf die in den Wahlkreislisten genannten Personen verteilen.

009
Lebende Legende
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 2000
Registriert: 10.07.2009
Fr 18. Feb 2011, 01:13 - Beitrag #44

Wie Jörg Schönenborn im [url=http://blog.tagesschau.de/2011/02/17/das-gab’s-noch-nie-die-schulheft-wahl/]Tagesschau-Blog[/url] berichtet, sorgt das komplexe Hamburger Wahlrecht auch für bisher unbekannte Verzögerungen bei den Hochrechnungen:
Es gibt zwar wie immer um 18 Uhr in der ARD die Prognose. Dann allerdings werden wir im Wahlstudio so lange auf die erste Hochrechnung warten müssen wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Denn eine richtige Auszählung trauen sich die Hamburger Behörden am Sonntagabend gar nicht zu. Um wenigstens ungefähre Ergebnisse zu haben, werden am Sonntagabend die Stimmen auf den Landeslisten „Probe ausgezählt“. Wann die ersten Daten für Hochrechnungen bei uns eintrudeln, weiß keiner so genau.

Lykurg
[ohne Titel]
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 6865
Registriert: 02.09.2005
So 20. Feb 2011, 10:12 - Beitrag #45

Die Landeslisten auszuzählen, wird ja nicht so schwierig, 'nur' fünf Kreuze (man wird da aber ziemlich aufpassen müssen, daß nicht auf irgendeiner Seite ein sechstes steckt oder ein Wort dazugeschrieben ist, allein dieser Wahlzettel hat ja immerhin 24 Seiten). Damit hat man dann die endgültigen Machtverhältnisse, wenn auch nicht die Anzahl der Sitze, die aber anhand der Landeslistenverhältnisse angepaßt werden sollen. Wer die jeweiligen Sitze einnimmt und wieviele es nun wirklich sind, wird wahrscheinlich Mittwoch feststehen (wenn nicht größere Schwierigkeiten entstehen).

---

Ich war in meinem Wahllokal übrigens der erste (8:01, glaube ich), es waren vier Kabinen da (statt sonst zwei bis drei), und ein Wahlhelfer wunderte sich, als ein zweiter Wähler dazukam, um die Zeit wäre sonst nie so ein Andrang. Bild

Ich habe meine Stimmen der zweiten Liste dahingehend genutzt, bei einer von mir minder geschätzten Partei die Kandidatenreihenfolge in meinem Sinne umzubauen (damit das Votum meines ersten Stimmzettels marginal gestärkt). Den völlig überflüssigen vierten Stimmzettel (Bezirkswahlen hier sind eh für den Orkus, was soll ich da noch groß unbekannte Wahlkreiskandidaten rumschieben, von denen noch nicht einmal die jüngeren irgendwo im Internet mit Politik in Verbindung gebracht würden, geschweige denn etwas über ihre Positionen verrieten...) habe ich kunstgerecht ungültig gemacht und meinen Protest gegen das Wahlrecht darauf explizit zum Ausdruck gebracht und kurz begründet. Auch für die Tonne, aber was solls (ich hatte vorher ein paar W20 geworfen, fand das Ergebnis aber zu wenig belastbar^^).

Inklusive aller Niederschriften^^ dauerte die Prozedur unter fünf Minuten, aber ich hatte mir ja auch vorher genau überlegt, was ich machen wollte (mit Wahlrechtverstehen etc. mehrere Stunden Vorbereitungsaufwand), und mußte die Zettel daher kaum noch angucken.
Übrigens hatten die Wahlhelfer mir die Hefte in einer anderen Reihenfolge überreicht als in den Infomaterialien abgedruckt, was mich kurz irritierte. Auf meinen Wunsch haben sie die Stapel dann umgestellt, aber wer weiß, was in anderen Wahllokalen noch alles passiert. Bild

Übrigens: In München hat man bei Kommunalwahlen 80 Stimmen, in Stuttgart 70, in Frankfurt 90. Das Auszählen könnte kompliziert werden... und als Wähler würde mir analog der (echte) W100 fehlen.^^

009
Lebende Legende
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 2000
Registriert: 10.07.2009
So 20. Feb 2011, 11:22 - Beitrag #46

Ich weiss leider nicht, ob es wahr oder eine urbane Legende ist, aber es hat was. Bei mehreren Uni- sowie auch sonstigen "größeren" Wahlen, soll es ungültige Stimmen gegeben haben, die durch die Beschriftung des Wahlzettels mit "Wenn Gott gewollt hätte, das ich wähle, hätte er mir eine wählbare Alternative gegeben" entstanden sind.

e-noon
Sterbliche
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4576
Registriert: 05.10.2004
Mo 21. Feb 2011, 01:59 - Beitrag #47

Aftenposten berichtet jedenfalls "Knusende nederlag for Merkel i Hamburg."
Ich entnehme dem Artikel, dass die CDU nicht besonders gut abgeschnitten hat. SPD 49,9%?
Delstat heißt offenbar Bundesland auf Norwegisch. War das hier also Landtagswahl, oder was? (Verweise auf schon in diesem Thread genanntes fruchten zu dieser Uhrzeit nicht mehr)

Lykurg
[ohne Titel]
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 6865
Registriert: 02.09.2005
Mo 21. Feb 2011, 02:36 - Beitrag #48

Ja, die Bürgerschaft entspricht einem Landtag. Nach vorläufigem Ergebnis erreicht die SPD eine absolute Mehrheit, wenn auch deutlich knapper als gegen 20 Uhr hochgerechnet.
Zitat von ARD.de: CDU erreicht: 21,9 (-20,6)
SPD erreicht: 48,3 (+14,2)
GAL erreicht: 11,2 (+1,6)
Linke erreicht: 6,4 (+/-0)
FDP erreicht: 6,6 (+1,9)
And. erreicht: 5,6
Die Niederlage für die CDU ist krachend, aber die von dir genannte Aftenposten-Überschrift greift insofern zu kurz, als es diesmal wirklich fast ausschließlich Landesthemen waren, die die Wahl entschieden haben. Überraschend stark ist das Ergebnis der FDP (wenn auch angesichts der CDU-Verluste nicht allzu groß), auch das lokalpolitisch begründet und wahrscheinlich auch erheblich auf das omnipräsente junge Gesicht der Spitzenkandidatin Suding zurückzuführen. (s.o.) - Daß die Grünen trotz ex-Schwarz-Grün Zugewinne hatten, ist unverdient, wenigstens reicht es aber nicht für eine Regierungsbeteiligung. Denkbar blöde fand ich die Frage in der Elefantenrunde an Scholz, ob er jetzt bei einer hauchdünnen Mehrheit von (zu der Zeit noch) ca. drei Sitzen nicht doch eine Koalition anstreben wolle.

009, das klingt doch noch nach einer recht plausiblen Beschriftung...

Jörg Schönenborn kann ich immer noch nicht leiden, wenigstens hat er heute nicht so viel rumgeredet. Der Eintrag in seinem Blog ist vernünftig.

e-noon
Sterbliche
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4576
Registriert: 05.10.2004
Mo 21. Feb 2011, 02:51 - Beitrag #49

Dank Matrixwissen dachte ich mir schon beim Lesen der Überschrift, dass das Ergebnis wohl diesmal tatsächlich weniger mit Merkel als vielmehr mit Schulreformen in Hamburg und ähnlichem zu tun hatte. Ich klopfe mir an dieser Stelle stolz auf die Schulter.

Denkbar blöde fand ich die Frage in der Elefantenrunde an Scholz, ob er jetzt bei einer hauchdünnen Mehrheit von (zu der Zeit noch) ca. drei Sitzen nicht doch eine Koalition anstreben wolle.
Und hier endet mein Politikwissen auch schon wieder, warum war diese Frage blöde?

Lykurg
[ohne Titel]
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 6865
Registriert: 02.09.2005
Mo 21. Feb 2011, 03:23 - Beitrag #50

Weil auch eine knappe Mehrheit eine Mehrheit ist, und Scholz' Programm sowohl zur FDP (Bildung, Wohnen; außerdem natürlich die Bundesratsstimme, die dann neutralisiert wäre) als auch zu den Grünen (Wirtschaft uvm.) Differenzen aufweist. Warum sollte er also die Macht teilen, wenn es nicht nötig ist? Nur für den Fall, daß mal ein paar Abgeordnete fehlen oder wg. Abweichlerängsten? Er heißt doch nicht Heide Simonis.^^ - Außerdem war es zu der Zeit mit 64 von 121 Sitzen schon eine einigermaßen komfortable Mehrheit (derzeit wohl nur noch 62).

Jetzt eine Koalition zu suchen, wäre ein Zeichen, daß man den eigenen Leuten nicht traut oder nicht genug geeignete Personen hat, um die Senatsposten zu besetzen.

Zu einigem Erstaunen hat geführt, daß hier in einem 5-Parteien-Parlament eine absolute Mehrheit zustandegekommen ist.

e-noon
Sterbliche
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4576
Registriert: 05.10.2004
Mo 21. Feb 2011, 03:27 - Beitrag #51

Ach, so ist das!

Ja, kann ich mir vorstellen. Immerhin ein klares Zeichen dafür, dass Wahlen doch durch Sachfragen klar zu beeinflussen sind. Finde ich gut :)

009
Lebende Legende
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 2000
Registriert: 10.07.2009
Mo 21. Feb 2011, 14:28 - Beitrag #52

Und wieder, trotz doch eigentlich spannender wie relevanter Fragen und großer öffentlicher Aufmerksamkeit im Vorfeld, ist die Wahlbeteiligung aber erneut gesunken :-(

Ob es wohl so kommen könnte, dass die CDU, so sich die Stimmung in Hamburg drehen liesse, dann versuchen würde, diese Wahl über die problematischen Wahlrechtsregelungen für nichtig erklären zu lassen?

Lykurg
[ohne Titel]
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 6865
Registriert: 02.09.2005
Mo 21. Feb 2011, 14:59 - Beitrag #53

Ja, die Wahlbeteiligung ist wieder gesunken, wie viele ja auch bereits vermutet hatten.^^ "Der Westen" schreibt, unter Studenten sei die Wahlbeteiligung gestiegen, aber...
Zitat von Der Westen:Erbost blieben vor allem die älteren Hamburger zurück. Sie verzichteten entweder ganz (mit 59 Prozent fiel die Beteiligung miserabel aus), machten haufenweise Fehler (fast 25 000 Wahlzettel waren ungültig im Vergleich zu 8000 vor zwei Jahren) oder beschimpften das städtische Wahlmanagement. Das „Hamburger Abendblatt“ druckte in seiner Montagsausgabe spaltenlang Reaktionen und auch Proteste aus Wandsbek, Winterhude und Wilhelmsburg ab.
Ich denke aber nicht, daß die CDU Einspruch gegen die Wahl einlegen wird. Die sind jetzt viel zu beschäftigt, sich zu zerlegen. Der Wahlverlierer Ahlhaus hat quasi bei Verkündung der ersten Prognosen Anspruch auf den Fraktionsvorsitz angemeldet, der eigentlich dem Landesparteivorsitzenden Schira versprochen war (deswegen tauchte er auch überraschend auf der CDU-Wahlparty auf, statt sich im CCH den Medien zu stellen) - möglicherweise ein ähnlicher Nachwahlauftritt wie seinerzeit Schröder, ich habe es nicht live mitbekommen. Jetzt streiten sich die beiden jedenfalls drum, was dazu führen könnte, daß jemand ganz anderes das Rennen macht.

009
Lebende Legende
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 2000
Registriert: 10.07.2009
Mo 21. Feb 2011, 15:31 - Beitrag #54

Ich spekulierte über die CDU als Prozeßpartei, weil wenn sich die Stimmung gegen die SPD und für die CDU drehen würde (wäre theoretisch beispielsweise bei entsprechend deppertem Vorgehen der SPD möglich), hätte die CDU wohl den größten Nutzen aus Neuwahlen und so ein Motiv dafür.
Inzwischen wurde mir aber auch klar, dass Grüne wie FDP, so sie bei Neuwahlen ein ihnen die Regierungsbeteiligung ermöglichendes Wahlergebnis erwarten würden, Motive hätten.
Das irgendwer des Prinzips wegen, sozusagen nur um prüfen zu lassen ob das aktuelle Wahlrecht den demokratischen Anforderungen dieses Staates entspricht, das Wahlrecht prüfen lässt, wäre sehr schön. Aber aus dem Motiv hätte schon vor der Wahl gehandelt werden können.

Lykurg
[ohne Titel]
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 6865
Registriert: 02.09.2005
Mo 21. Feb 2011, 15:52 - Beitrag #55

Die CDU hat gerade den größten Stimmverlust ihrer Geschichte bei einer Landtagswahl eingefahren, minus 20 Prozentpunkte sind schon heftig. Da ist zwar zu vermuten, daß es mit der nächsten Wahl wieder ein bißchen bergauf ginge, aber sie können sich keine Chancen ausrechnen, wenn sie auch nur ein bißchen bei Trost sind.
Olaf Scholz ist Hamburg-erfahren und politisch kompetent genug (war ja u.a. Innensenator und zwei Jahre Bundesminister für Arbeit und Soziales, kein ganz kleiner Job...), um einen vernünftigen Start hinzubekommen, denke ich.

In der Tat war nur sehr fraglich, ob er die absolute Mehrheit schafft, allgemein hieß es bisher, wenn die FDP (und die Linke) reinkommt, schafft er es nicht. Insofern wäre es deren Hoffnung bzw. die der Grünen auf eine Koalitionsregierung. Aber auch da sehe ich wenig Anlaß, ein Gerichtsverfahren zu erwarten: Die FDP wird ihren Wiedereinzug (nach sieben Jahren) nicht riskieren wollen, und die Grünen bestimmt nichts gegen ein von ihnen befürwortetes Vielstimmenwahlrecht tun.

Traitor
Administrator
Administrator

Benutzeravatar
 
Beiträge: 17500
Registriert: 26.05.2001
Mo 21. Feb 2011, 22:26 - Beitrag #56

Ein sehr ungewöhnliches Wahlergebnis, tatsächlich. Der FDP hätte ich den Einzug nicht zugetraut, und dass die SPD dann trotzdem die absolute Mehrheit holt, erschien zuvor schon sehr unwahrscheinlich.

Wie sieht das Wahlanfechtprozedere in Hamburg aus? Wenn ich mich recht erinnere, ist es auf Bundesebene ja für Privatpersonen schwierig bis unmöglich. Wenn das ebenso ist, vermute ich aus Lykurgs Gründen, dass von den Parteien keine eine Klage anstrengt. (Außer vielleicht die CDU, wenn die Frist recht lange ist, gegen deren Ende.) Wenn es aber für kleinere Initiativen oder Privatleute realistisch ist, ist doch eigentlich ziemlich garantiert, dass sich jemand beschwert. Vermutlich würde ein Prüfungsverfahren oder Prozess dann aber so lange verschleppt werden, bis man am Ende beschließt, dass eine Neuwahl nicht mehr praktikabel wäre... ;)

Die irrelevanten Bezirkslisten rühren natürlich aus Hamburgs Hybridrolle als Bundesland und Stadt, die Unterheiten sind da halt schon sehr lokal.

009
Lebende Legende
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 2000
Registriert: 10.07.2009
Mo 21. Feb 2011, 23:57 - Beitrag #57

Zitat von Lykurg: Olaf Scholz ist Hamburg-erfahren und politisch kompetent genug (war ja u.a. Innensenator und zwei Jahre Bundesminister für Arbeit und Soziales, kein ganz kleiner Job...), um einen vernünftigen Start hinzubekommen, denke ich.


Vermutlich und einerseits ja; dagegen spräche nur meine Annahme (oder das Gefühl?), dass letztlich in einem Ministerium eher gemacht wird, was der Chef sagt, als in einer Partei, gerade jetzt, wo es nach der Wahl auch viele Posten auf vielen Ebenen zu verteilen geben dürfte.

Lykurg
[ohne Titel]
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 6865
Registriert: 02.09.2005
Di 22. Feb 2011, 00:42 - Beitrag #58

Sicher kann da was schiefgehen, 009, aber darauf würde ich zumindest nicht wetten. Man wird sehen.

Traitor, offenbar sind alle Wahlberechtigten einspruchsberechtigt (kurioser Fall). Wirklich interessantes Futter dazu gibt aber dieser Artikel, den ich eben erst bei der Recherche hierzu gefunden habe: Man konnte online Briefwahlunterlagen von beliebigen Leuten zu sich nachhause bestellen - ohne weitere Kontrolle der Richtigkeit. Brisant, und wie blöd kann man nur sein.

Und ja, schon die Bürgerschaft ist eigentlich ein Feierabendparlament. Die Bezirke haben keinen eigenen Haushalt, entsprechend eingeschränkt ist auch der gestalterische Spielraum der Bezirksversammlung. Kein Wunder, daß man die Abgeordneten großenteils nicht kennt - aber dafür dann wieder gleich zwei Hefte davon...

Edit: Lustig, eben hörte ich einen Kommentar aus dem "Standard", in dem es hieß, die Bundes-SPD könne von Hamburg lernen, daß es helfe, Streitigkeiten nicht offen auszutragen. Das ist von Österreich eben recht weit weg, wenn ich an die Skandale um die Nominierung Ilkhanipours vor nicht mal zwei Jahren und den Stimmzettelklau um den schillernden Ex-Pressesprecher Ciftlik zurückdenke, die auf die Wahl offensichtlich keinen Einfluß hatten.

Lykurg
[ohne Titel]
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 6865
Registriert: 02.09.2005
Di 22. Feb 2011, 14:46 - Beitrag #59

Allmählich kommt man dazu, Statistiken auszuwerten; die Bürgerschaft hat schon vor der Wahl eine genaue Erforschung der Auswirkungen des Wahlsystems in Auftrag gegeben. Hier aber nur ein bißchen vorläufiges Material aus den üblichen Quellen. Demnach scheint sich grünes Wahlrecht für die Grünen nicht unbedingt auszuzahlen...
Zitat von www.welt.de:Nach einer Analyse der Meinungsforscher hat die Mehrheit der Hamburger die Möglichkeiten des neuen Wahlrechts nicht genutzt. 86 Prozent der Abstimmenden gaben ihre fünf Landesstimmen laut Infratest Dimap nur einer einzigen Parteiliste oder deren Kandidaten. Nur 14 Prozent nutzten dagegen den Spielraum, für mehrere Parteien oder deren Kandidaten zu stimmen, wobei die meisten aber nur maximal zwei Parteien wählten. Vor allem die Wähler von CDU und SPD verzichteten darauf, noch andere Parteien zu wählen - anders als die Wähler der Grünen. Fast die Hälfte von ihnen machte auch Kreuzchen bei weiteren Parteien, insbesondere bei der SPD. Das dürfte erklären, warum die Grünen mit ihrem Ergebnis auch unter den eigenen Erwartungen blieben.

Lykurg
[ohne Titel]
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 6865
Registriert: 02.09.2005
Mi 23. Feb 2011, 12:39 - Beitrag #60

Hier nochmal 'abschließend' was zum Wahlverfahren. Den Effekt, daß ein junger deutschrussischer Kandidat dank rein russischsprachiger Werbung, passenderweise sehr rechtskonservativer Ansichten und seines großen Freundeskreises in die Bürgerschaft gekommen ist, könnte man ja noch 'positiv' verbuchen im Sinne des Minderheitenschutzes und zeigt, daß spezifische Werbung und Programmatik ihre Wirkung nicht verfehlte. Ansonsten sind aber die Kriterien, nach denen mangels weiterer Informationen bevorzugt ausgewählt wurde ('kommt aus meinem Wahlkreis', 'hat irgendwoher einen Doktortitel' oder 'hat einen interessant klingenden Beruf') sehr zweifelhaft als Nachweis für eine demokratische Meinungsbildung.

Die Sache mit Listenplatz 31 ist besonders dämlich: Wer auf diesem Platz und daher auf der zweiten Seite ganz oben stand, bekam deutlich mehr Stimmen - bei CDU, SPD und GAL jeweils ein Vielfaches an Stimmen gegenüber denen für die Plätze 30 und 32. Dadurch haben die drei Kandidaten den Einzug geschafft. Erinnert mich vage an Schweizer Wahlzettel... Bild

VorherigeNächste

Zurück zu Politik & Geschichte

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 2 Gäste

cron