Mehr als vier Monate mussten die beiden Journalisten der Bild am Sonntag (BamS) in iranischer Haft zubringen. Mehr als vier Monate hielten sich viele Medien, so auch diese Zeitung, mit Kritik an möglichem Fehlverhalten der beiden Reporter, der BamS-Chefredaktion und des Springer-Konzerns zurück. Zu unberechenbar waren die Folgen, nichts sollte die Freilassung der beiden gefährden. Zu wissen, dass der Redakteur Marcus Hellwig und der freie Fotograf Jens Koch zurück in Deutschland, zurück in Freiheit sind, ist eine Erleichterung. Nun ist es an der Zeit, noch immer offene Fragen aufzuarbeiten: Inwiefern haben Verlag und Chefredaktion ihre Fürsorgepflicht als Arbeitgeber verletzt? Haben die beiden Journalisten verantwortlich gehandelt oder sich fahrlässig einer unverhältnismäßigen Gefahr ausgesetzt? Immerhin ging ihrer Freilassung nicht nur ein langwieriges Tauziehen zwischen Regierungen voraus. Am Ende bekam sie sogar weltpolitische Bedeutung.
So kann man Guido Westerwelles Treffen mit dem iranischen Präsidenten Ahmadinedschad als Bruch mit den politischen Sanktionen der EU sehen, die unter anderem ranghohe bilaterale Kontakte mit Teheran untersagen. Unabhängig davon wirkt es zumindest seltsam, dass ausgerechnet der Springer-Konzern nun mitverantwortlich ist, dass Ahmadinedschad das Treffen mit einem wichtigen Vertreter der westlichen Welt für Propagandazwecke ausnutzen kann. Schließlich gehört es zu den Unternehmensgrundsätzen des von Axel Springer gegründeten Verlags, die „Aussöhnung zwischen Juden und Deutschen“ herbeizuführen, wozu „die Unterstützung der Lebensrechte des israelischen Volkes“ gehört, während Ahmadinedschad zur Vernichtung Israels aufruft. Zu all dem äußert sich Springer nicht. Ebenso wenig ist bekannt, worin die Entschuldigung besteht, die der Iran als Bedingung für eine Freilassung der beiden Reporter von Springer verlangt und auch bekommen hat.
Aus heutiger Sicht wirklt es also so, dass Westerwelles Reise vermutlich die Erfüllung einer iranischen Forderung - geschuldet dem Wohl der beiden deutschen Staatsbürger und entgegen den eigentlichen politischen Handlungsüberzeugungen - darstellte.
Bin in "der Region" nun nicht so kundig, da auch nicht so im Thema. Ist das eine kleine Nebensache der Geschichte oder hat diese Aktion, die bei anderem Vorgehen der beiden nun freigekommenen vermeidbar gewesen wäre, die Rolle des Iran und seines Präsidenten gestärkt?