Bild, taz und Heldentum

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Lykurg
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Di 1. Mär 2011, 14:35 - Beitrag #1

Bild, taz und Heldentum

Zitat von 009:Die derzeit direkt auf der Startseite von Wir sind Helden veröffentlichte Reaktion von Judith Holofernes auf eine Anfrage der Bild-Werbeagentur, ob die Band sich nicht bei der Anzegenkampagne für Bild beteiligen wolle, mangels passenderem Thread und fehlendem Antrieb, extra einen neuen zu eröffnen, hier "abladen".
Und inzwischen hat es außer einer sehr schön fingierten Antwort (vorgeblich von Jung von Matt) auch ein Interview mit Judith Holofernes in der taz gegeben - in einer Ausgabe, die zugleich den Antwortbrief als ganzseitige Bild-Werbung abdruckt. Eine Tatsache, die - nach den Kommentaren dort im Blog - offenbar einige taz-Leser wegen Paktierens mit dem Bösen erbittert.

Andererseits: Wirkt das - jenseits von 'Aufmerksamkeitsförderung' tatsächlich werbewirksam für Bild? Wird sich irgendjemand wegen einer Anzeige in der taz eine Bild kaufen (bzw. 20.000 Exemplare, damit die Anzeige sich rechnet?) Meines Erachtens unwahrscheinlich.

Ipsissimus
Dämmerung
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Di 1. Mär 2011, 14:59 - Beitrag #2

aus Sicht der Bild dürfte auch Negativ-Werbung Werbung sein. Wobei es sicher nicht auf die Einzelwerbung ankommt; aber im Rudel sind sie stark

009
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Di 1. Mär 2011, 15:02 - Beitrag #3

Erbittert bin ich eher wegen der selbstherrlichen das Urheberrecht ignorierende Vorgehen der Bild, das mir bis gerade gar nicht bekannt war.
Sehr traurig finde ich dabei das angekündigte nicht dagegen vorgehen von Judith Holofernes.

Ich wage zu behaupten, dass die Leute, bei denen diese eine konkrete Anzeige in der taz werbewirksam wird, nasagenwirmal problematisch in der Beeinflussbarkeit von außen sind.

Auch aus den bei dem Interview verlinkten Beitrag hervorgehenden finanziellen Gründen und der Meinung der taz-eigner sit die Akzeptanz der Bild-Anzeige einerseits verständlich. Andererseits habe ich Zweifel, ob es für eine Zeitung grundsätzlich sinnvoll ist, Werbung von Konkurrenten bzw. Leuten die vorgeben, ähnliches zu machen, zu akzepotieren.
Ich persönlich fände es geboten wie sinnvoll als Zeitung neben zB sexistischen und gewaltverherrlichenden Anzeigen auch Anzeigen zu verweigern, mit denen für journalistisch höchst zweifelhafte Medien geworben werden soll.

janw
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Di 1. Mär 2011, 15:24 - Beitrag #4

Ich denke, es geht B*** dabei weniger um eine direkte Absatzbeeinflussung, sondern um Präsenz in einem öffentlichen Teilraum, in dem sie sonst nicht vertreten ist, um "im Bewusstsein bleiben", böse gesprochen um geistige Unterwanderung. Wie Holofernes es ausgedrückt hat, ist B*** nicht eine Zeitung, sondern eine Agenda, Mittel zur Erreichung einer geistig-gesellschaftlich-wertemäßiegn Zustandsveränderung in der Gesellschaft. Bemerkenswert aber, daß sich mit derart dialektischem Vorgehen einer Domäne der anderen Seite bedient^^

009, Springer setzt Werte, da gehört das Übergehen bestehender Regeln dazu^^ wobei Urheberrecht, das sollte sie schon mehr angehen als ein linker langhaariger Bombenleger^^

Ich denke, Holofernes hätte mit einer Antwort die Sache nur weiter befeuert, das wäre nur Wasser auf die Springer-Mühlen gewesen.
Die Anzeige nicht anzunehmen hätte auch als Sich der Diskussion nicht stellen ausgeschlachtet werden können...kann man aber im Sinne der reinen Lehre auch anders sehen.

Viral marketing, spielt das hier hinein?

Lykurg
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Di 1. Mär 2011, 15:46 - Beitrag #5

Den Verstoß gegen das Urheberrecht finde ich vernachlässigbar: JvM hatte im Auftrag der Bild um eine Meinung gebeten, und Judith Holofernes hat eben diese abgegeben. Daß ihre Meinung explizit auch den Wunsch enthält, nicht für Bild instrumentalisiert zu werden, ist ehrenhaft, aber etwas naiv und wirkungslos - denn wer mit Bild interagiert, wird von ihr benutzt (und auch der Widerspruch könnte ja als inszenierter Teil des Statements gesehen werden). Insofern ist es aber mMn nur richtig von ihr, nicht dagegen vorzugehen, schließlich würde Bild auch das wieder nur ausschlachten (da bin ich ganz einer Meinung mit janw). Ein Rechtsstreit in dieser Frage würde innerhalb der Bild-Leserschaft wohl kaum etwas ändern.

Ich finde aber auch die Argumentation der taz nachvollziehbar, daß Werbung ok ist, wenn sie sich ihre Unabhängigkeit bewahrt (was allerdings grundsätzlich auch hinterfragt werden kann, sie sagen ja auch selbst 'wir hätten gern mehr Anzeigen von ihnen'). Ich denke aber, daß die Anzeige hier taz mehr dient als Bild. Insbesondere 009s Hinweis auf das 'für die Konkurrenz werben' kann ich nicht teilen: Ich denke nicht, daß taz-Leser wegen dieser Anzeige zur Bild wechseln würden (und sehr wahrscheinlich auch nicht eine Ausgabe kaufen). Werbung für ein gleichwertiges Konkurrenzprodukt wäre da problematischer.

009
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Di 1. Mär 2011, 18:01 - Beitrag #6

Keine Konkurrenzwerbung meinte ich ja grundsätzlich - und in Bezug auf deisen konkreten Fall gilt mehr das "Leute, die vorgeben ähnliches zu tun" - auch als gedankliche Überleitung, dass wegend er Frage der Grundwerte von verlag und Redaktion neben menschlichen Werten auch ein gewisser journalistischer Ethos mitschwingen könnte bis sollte,

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Di 1. Mär 2011, 18:20 - Beitrag #7

Den journalistischen Ethos thematisieren sie ja explizit mit den Verweisen auf Vattenfall und BP - ein bißchen frech von ihnen, aber eben das paßt ja auch zur taz. Wer als Leser nicht kritisch damit umgehen kann, soll es lassen; solange die Werbung nicht bösartige Falschbehauptungen trifft, ist das mE ok. Wer taz liest, weiß ziemlich sicher, daß Bild bestenfalls vorgibt, ähnliches zu tun.

janw
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Di 1. Mär 2011, 22:04 - Beitrag #8

Dem Gegner Raum für seine Meinung einzuräumen, wobei der noch dafür blecht, ist für mich insofern kein Problem, wenn jener dabei nolens volens sein wahres Gesicht hinter der sonstigen Maske offenbart, was [die Agenda] mit ihrem Verstoß gegen das Urheberrecht ja tut.
Provokativ ausgedrückt, nicht die taz druckt eine Anzeige von ****, sondern jene lässt sich in Gestalt ihrer wahren Natur freiwillig durch die Manege ziehen.
Dialektik rulez^^

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Sa 5. Mär 2011, 19:26 - Beitrag #9

Als Aktion mit "augenzwinkerndem Charakter", und nicht als Grundsatzdebatte um Urheber- und Persönlichkeitsrechte sieht Dr. Matthias Döpfner, Vorstandvorsitzender der Axel Springer, die Bild Anzeige mit Holofernes Text, wie hier zu sehen und hören ist.

Er denkt bei der Aktion, das es auch "für die Urheberin in diesem Fall nicht als Bruch von Rechten hoffentlich wahrgenommen wird".
(Zitiertes von mir beim anhören des Videos niedergeschriebenes)

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So 6. Mär 2011, 00:15 - Beitrag #10

Tja, Bild läuft halt dauernd augenzwinkernd durch die Gegend. Und wenn es um Personenschutzrechte geht, werden auch schon mal beide Augen zugedrückt (idealerweise dem Opfer - um nur ein paar von hunderten Beispielen auszuwählen).

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So 6. Mär 2011, 00:41 - Beitrag #11

Das weiss ich leider - als BildBlog-Fan - nur zu gut.
Leider wissen das wohl viel zu wenige Menschen oder/und handeln entsprechend (denn dann wären die Auflageneinbrücjhe der Bild wohl noch deutlich stärker).

Wie es woh wäre, wenn der Springer Verlag oder Bild hier mitläsen? Kömen die eventiell auf die Idee, das "wir drucken holofernes Kritik als werbeanzeige für uns" deutlich auszuweiten? Und so zB wenn Anzeigen in der Bild wegfallen/nicht vekauft werden können statt mit weiterem sogenannten redaktionellen Inhalten mit Beiträgen aus dem BildBlog zu füllen?

Ggeen die Bild hilft wohl nur jeweils nach Kräften missionarischer Eifer^^ Immerhin hatte ich zB Gelegenheit, jeweils am Rande mitzuhelfen, dass einmal ein "Witwenschütteln" doch spontan abgebrochen wurde und einmal statt dem Foto eines frischen nicht unprominenten Pärchens in der Bild nur Verwirrung im Angesicht des Fotografen entstand. Trotz meiner Weigerung Bild selber zu lesen ergab es sich auch mehrfach, dass ich als einer mehrerer Hinweisgeber und einmal als alleiniger unter einem BildBlog-Beitrag stand.

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So 6. Mär 2011, 00:48 - Beitrag #12

Oh, großartig! Das sind doch schon einige Erfolge, auf die du stolz sein kannst - insbesondere das gestörte Foto klingt nach einer lustigen Situation, und Hinweisgabe ist sehr verdienstvoll.

Ich sehe noch nicht, wieso sie aus diesem Thread wirklich das Ergebnis gewinnen sollten, die Werbung habe sich gelohnt, schließlich wird von uns niemand deshalb eine Bild kaufen, und auch der Multiplikatoreffekt ist gering. Ja, wir sprechen über Bild, aber die Zielrichtung wäre idT eher die eines Bildblog-Abdrucks im Blatt selbst.

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So 6. Mär 2011, 01:17 - Beitrag #13

Dachte eher, sie könnten fehlinterpretieren, sich damit bei eher bildungsnahen Schichten stärker ins (positive wohl zugegeben nicht wirkliche) Gespräch zu bringen und die bildungsferneren Schichten nicht zu serh zu irritieren damit.

Lykurg
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Mo 7. Mär 2011, 22:41 - Beitrag #14

Im Gegensatz zur Werbeindustrie, die von derartigen Stereotypen natürlich auch lebt, halte ich Negativwerbung unter bestimmten Umständen für unproduktiv - und die sind hier gegeben. Wenn von uns so niemand zum Bildkauf zu bewegen ist, lohnt es sich nicht, Geld auszugeben, um das zu versuchen. Vielleicht würde ich mir eine Ausgabe kaufen, wenn unsere Diskussion hier im Volltext auf der Titelseite abgedruckt würde - zur Dokumentation. Aber auch dann hätte ich Gewissensbisse.

Den bildlesenden und -ungsfernen Schichten ist die taz im Zweifel weitgehend egal, Irritation und Werbung =0, aber das ist dann auch kein Erfolg.


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