mich beschäftigt seit dem Tod eines meiner besten Freunde und dem absehbaren Tod anderer mir tief verbundener Menschen etwas, das ich so nicht erwartet hätte. Ich nenne es "die vollständige Abwesenheit". Es ist nicht der Gedanke an das Todsein als solches, sondern die Konsequenzen, die das Todsein anderer Menschen auf mich hat. Sie sind nicht mehr da. Ich kann über sie in meiner Erinnerung verfügen, aber sie fügen dieser Erinnerung keine neuen Aspekte mehr hinzu; ihre Kommentare in meinen Gedanken sind Reproduktionen oder sogar Projektionen, nicht originäres mehr.
Ich merke, dass ich diesen Umstand in seiner absoluten Endgültigkeit nicht annähernd so gut ertrage, wie ich das angenommen hatte.
Ich benötige eine Hoffnung, Hoffnung auf die Möglichkeit eines Wiedersehens, Hoffnung darauf, dass genügend Substanz übrig bleibt, um ein Wiedererkennen, eine Wiedervereinigung zu ermöglichen, und auch Hoffnung auf eine Perspektive für ein zeitlich unendliches oder zumindest verdammt langes Bewusstsein ohne Agonie aus Einsamkeit, Selbstisolation, Zirkularität und Qual.
Was ich nicht sehe: worauf diese Hoffnung und diese Perspektive aufbauen können.
Um es klar zu stellen, ich erachte es nicht als Option, hinter meine Zeit zurück zu fallen. Jede Antwort muss einem kritischen Bewusstsein standhalten, das unter gar keinen Umständen bereit ist, zu Glaubenswahrheiten zurück zu kehren. Es geht nicht um die Rückgewinnung des Ideals mittelalterlicher Gewissheit, es geht um die Frage, worauf kann ein Mensch des 21ten Jahrhunderts eine spirituelle Orientierung bauen, ohne das Sacrificio intellectu zu begehen. Und wenn die letztliche Antwort lautet, dass Hoffnung nicht zu erhalten ist ohne das Opfer, nun, dann muss es eben ohne Hoffnung gehen.
Im Zentrum einer spirituellen Orientierung müsste also die klare Bewusstheit des Umstandes stehen, dass wir kein Wissen über spirituelle Dinge haben sondern nur Mutmaßungen, dass alle Aussagen über spirituelle Dinge unter dem Vorbehalt der hohen Wahrscheinlichkeit inhaltlicher Leere stehen.